Sonnenaufgang am Lusen

"Waldwoge steht hinter Waldwoge bis eine die Letzte ist und den Horizont schneidet" so beschrieb Adalbert Stifter zutreffend seine Heimat den Böhmerwald. So richtig nachempfinden kann man diese Worte, wenn man sich in den frühen Morgenstunden zu einer Sonnenaufgangswanderung auf den Lusen(Bayrischer Wald) aufmacht. In Begleitung eines Rangers des Nationalparks geht es um 5:15 Uhr den Winterwanderweg schweigend bergan. Schweigend - um das zahlreiche Wild im Nationalpark nicht zu verscheuchen. Nach einer halben Stunde ist das Ziel erreicht und man nimmt mit Blickrichtung Osten auf dem mit Granit-Felsbrocken vollständig bedeckten Gipfelbereich des 1373 m hohen Lusen Platz. Noch sind ca. 10 - 15 Minuten Zeit bis die Sonne aufgeht. Überraschend viele Menschen lassen sich dieses Erlebnis um diese Uhrzeit nicht entgehen und haben sich um dasGipfelkreuz und auf den Granitblöcken niedergelassen. Zwischendurch hört man immer wieder Bemerkungen "Jetzt kommt sie gleich" "Schau mal den Horizont, schon ganz rot" "Pass auf gleich passiert es". Es baut sich eine richtige Erwartungshaltung auf, als ob gleich etwas absolut Ungewöhnliches passiert. Dabei geht die Sonne schließlich jeden Morgen auf, aber es ist einfach eine schöne, besondere fast märchenhafte Stimmung die von der Umgebung auf die wartenden Menschen übergeht. Als der rote Feuerball sich langsam über die Horizontlinie schiebt ist es ein ganz besonderes und unvergessliches Erlebnis. Es herrscht eine angenehme Stille, kaum jemand der seine Stimme erhebt, um nicht den Zauber des Augenblicks zu stören. Als die Sonne den Dunststreifen überwunden hat und ihre Sonnenstrahlen über die morgendliche Landschaft gleiten lässt, verändert sich die morgendliche Stimmung nochmals und viele Vögel fangen an zu singen. Eine gute Stunde bleiben die meisten noch sitzen und genießen dieses friedliche Erlebnis sowie die Stille, bevor sie sich wieder auf den Rückweg begeben oder im Lusen-Rachel-Gebiet weiterwandern.