Wenn (B)Engel reisen … / Achte Fahrt der Hottelner „Alt-Junggesellen“ führt ins Weinanbaugebiet Rheinhessen

Gruppenfoto vor der Weinwanderung entlang des Weinlehrpfades der Gemeinde Gau-Bickelheim
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  • Gruppenfoto vor der Weinwanderung entlang des Weinlehrpfades der Gemeinde Gau-Bickelheim
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33 „Alt-Junggesellen“, Hottelner Junggesellen und Ehemalige, haben sich am 30. September unter der fachkundigen Reiseleitung von Heinrich Klußmann, August Othmer und Heinrich Aue bei bestem Spätherbstwetter zu einer dreitägigen Weinfahrt auf den Weg nach Gau-Bickelheim im Kreis Alzey-Worms in Rheinland-Pfalz gemacht. Ziel war das Weingut Pfennig, das dort die Winzer Hans-Paul Pfennig und sein Sohn Marco betreiben. Zwischen dem Senior Hans-Paul Pfennig und Heinrich Klußmann besteht mittlerweile seit mehr als drei Jahrzehnten eine Freundschaft, die damals mit einem Messegastaufenthalt von Hans-Paul Pfennig in Hotteln begann.

Und so lag es nahe, die sonst liebend gern Bier trinkenden Hottelner mit einer Fahrt in das Weinanbaugebiet Rheinhessen vielleicht auf den Geschmack zu bringen. Allerdings war genügend Bier als Proviant mit an Bord des Reisebusses, was lediglich den Busfahrer staunen ließ. Im Raum Kassel wurde eine Pause eingelegt, um sich bei einer zünftigen Brotzeit für den Tag zu stärken.

Am frühen Nachmittag stand schließlich mit der Führung durch die Sektkellerei der Erzeugergemeinschaft „Winzersekt“ in Sprendlingen ein erster Höhepunkt auf dem Programm. Sachkundig wurde erklärt, mit welchen Arbeitsschritten und Lagerungsprozessen alle sich noch in der befüllten Sektflaschen befindlichen Schwebstoffe entfernt werden, so dass schließlich der Sekt in der Flasche ist, den der Endverbraucher kennt und liebt. Auch die Verkorkungsmaschine wurde extra zur Demonstration des Verschlusses einer Sektflasche mit echtem Korken und Agraffe angestellt. Während an diesem Freitagnachmittag nur eine Flasche verschlossen wurde, wurden zwecks Verkostung mehrere Flaschen entkorkt. Dabei zeigte sich, wer ein Süßer unter den „Alt-Junggesellen“ und wer eher ein trockener Typ ist. Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.

Zurück in Gau-Bickelheim klang in der von Hans-Paul Pfennigs Frau Marlene betriebenen Gutsschänke in gemütlichem Ambiente mit besonderem Flair bei rheinhessischen Spezialitäten der Abend aus. In der Hofwirtschaft auf dem vom Wein überrankten Hof der Winzerfamilie konnte bei einer Weinauswahl „chacun à son goût“ gelebt werden, dass Wein eben nicht nur ein Getränk ist, sondern vor allem auch ein Stück Lebensqualität.

Voll des süßen Weins soll mancher noch am nächsten Morgen gewesen sein. Aber alle waren nach reichhaltigem Frühstück pünktlich abfahrbereit – vom 26jährigen „Küken“ Cord Ladiges bis zum „Alterspräsidenten“ Heiner Peters (74). Der Busfahrer zeigte sich nicht nur vom Hottelner Zusammenhalt über Generationen beeindruckt. „Alle sind so diszipliniert und achten aufeinander. Das finde ich echt gut“, berlinerte er.

An den Hängen des Wißbergs, der mit 271 m Höhe zweithöchsten Erhebung in Rheinhessen, hatte Winzer Pfennig noch Reben stehen gelassen, um den Gästen um seinen Freund Heinrich Klußmann zu demonstrieren, wie heute Wein gelesen wird. „Ich habe gedacht, dass alle Trauben noch einzeln gelesen werden“, zeigten sich nicht nur Tom Alten und Dirk Warneke erstaunt, als ein mechanisierter Traubenvollernter vorfuhr, der maschinell in der Stunde etwa einen Hektar Weinberg ernten kann und dabei mittels ausgereifter Technik Beeren von Blattwerk durch Schütteln und Gebläse fast vollständig trennt.

Landwirt Cord-Daniel Rühmkorf überzeugte sich beim Mitfahren von den Qualitäten der Erntemaschine mit vier einzeln höhenverstellbar einzusetzenden Rädern. Bei so viel Hightech dürfte er sich auch an Mähdrescher oder selbst fahrende Rübenroder zu Hause erinnert gefühlt haben.

Anschließend wurde das Weingut Pfennig intensiv besichtigt und die beiden Winzer mit vielen Fragen regelrecht gelöchert. Dabei interessierten insbesondere Grad Oechsle, Größe der Anbaufläche, Winzerausbildung und die auch im Weinanbau fortschreitende Technisierung durch den Einsatz von Laubschneidern, -heftern oder -saugern. „Rotwein erhält seine Farbe übrigens in der etwa zehntägigen Maischegärung aus den Pigmenten in der Schale der geernteten blauen Weinbeeren“, wurden die Hottelner aufgeklärt. Auch dass beim Weinkenner der Schraubverschluss akzeptiert sei, weil er sich aromaneutral verhalte, überzeugte die Gäste aus Hotteln und erweiterte ihr Wissen über den Wein.

Nachmittags war eigentlich eine Rheinfahrt geplant. Aber durch ein Missverständnis hinsichtlich der Abfahrtszeit des Schiffes ging es statt auf den Rhein von Bingen aus nur über den Rhein. Ziel war immer Rüdenheim gewesen. Dort sollte man bekanntlich die Drosselgasse einmal gesehen haben. Viele Japaner sind heute noch dieser Überzeugung. Alternativ bot sich eine Fahrt mit der Seilbahn zum leider verhüllten Niederwalddenkmal an, von wo aus man an diesem herrlich warmen Spätherbsttag einen wunderbaren Blick auf die Schifffahrtsstraße Rhein und die Stadt Bingen haben konnte. Das Ingelheimer Rotweinfest an der von Weinbergen umgebenen Burgkirche war Abschluss der gemeinsamen Unternehmungen, ehe für einige noch ein Diskobesuch in Bad Kreuznach anstand.

Der Wettergott meinte es auch am Sonntag gut mit den Hottelner „Alt-Junggesellen“: Gestärkt vom Frühstück brachen sie bei strahlendem Sonnenschein zu einer Weinwanderung entlang des Weinlehrpfades der Gemeinde Gau-Bickelheim auf. Quasi nebenbei wurden die die Wanderer auf dem Weg zum Kapellenberg hinauf mit zahlreichen Rebsorten bekannt gemacht. Bei bald 25 Grad Celsius und nur leichtem Wind kam bergauf so mancher ins Schwitzen. Hans-Paul und Marco Pfennig boten an einzelnen Stationen vom Portugieser oder Dornfelder Rotwein über Riesling bis hin zur Scheurebe unterschiedlichste Weine zur Verkostung an und erklärten weiter bereitwillig viele Dinge zum Weinanbau. Zwar dauere die Lese nur vier bis sechs Wochen, aber Arbeit mache der Weinstock das ganze Jahr, berichteten die Winzer. Denn die Weinstöcke müssten gepflegt, angebunden und beschnitten werden, damit auch im nächsten Jahr wieder gut geerntet werden könne. Ein Hektar ergebe pro Jahr bei entsprechend guter Pflege durchschnittlich 10.000 Liter, erfuhren die Hottelner.

Am Ziel der Weinwanderung erreichte man oben am Weinberg ein kleines Häuschen mit großer Aussichtsterrasse. Dort mitten in den Weinbergen feiert die Winzerfamilie Paul ihr jährliches Weinfest. Wolkenloser blauer Himmel und eine Aussicht auf unendliche Rebstöcke entschädigten für die Mühen des Aufstiegs. Und durch Marlene Pfennigs wohlschmeckende Winzersuppe, die sich mit einem kräftigen Gulasch-Eintopf vergleichen lässt, jedoch mit sechs Liters Rotwein abgelöscht wurde, kamen alle Wanderer wieder zu Kräften. Nach dem Mittag ging es wieder nach Hause – leider! „Wir hätten durchaus noch Montag bleiben können“, stellten Achim Huss und Bastian Schütt unisono fest.

Ausgeklungen ist die Weinfahrt nach guter und zügiger Heimreise zurück im heimischen Hotteln auf dem Hof von Lars Hantelmann, der am letzten Reisetag zusammen mit Ralf Schütt 106 Jahre alt wurde. Beide hatten aus Anlass dieses hohen Geburtstages noch zu Imbiss und Umtrunk eingeladen. Und so wurde auch der letzte Abend genutzt, die Reise mit ihren vielen tollen Eindrücken Revue passieren zu lassen, noch einmal abseits des hektischen Alltags miteinander ins Gespräch zu kommen sowie bei einem Bier (!) die eine oder andere Neuigkeit auszutauschen oder zu erfahren.

„Wer nicht mitgefahren ist, ist wirklich selber Schuld“, stellte Hartmut Seifert aus Bledeln zum Ende der Weinfahrt treffend fest. Und außer einem großen Dank an die Organisatoren Heinrich Klußmann, August Othmer und Heinrich Aue für eine höchst informative und doch so gesellige Reise ist dem auch nichts hinzuzufügen.

In zwei Jahren machen sich die Junggesellen zusammen mit den Ehemaligen wieder auf den Weg – dann unter der Reiseleitung von Holger Kuhlemann und Andreas Enderle (Bührlen). Man(n) darf also gespannt sein …

Bürgerreporter:in:

Dirk Warneke aus Sarstedt

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