Irmgard Furchner, eine arme 96-jährige Socke, aber deshalb doch noch lange nicht unschuldig

Mahnmal in Duisburg-Walsum für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
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  • hochgeladen von Helmut Feldhaus

Wir haben doch nur unseren Beruf ausgeübt, sei es als Sekretärin im KZ oder was auch immer in einer Maschinerie, deren Steuermann oder Steuerfrau wir nicht waren. Und wir waren noch jung. Wir haben doch keine Entscheidungen getroffen, sondern sie nur, wie der Beruf es von uns verlangt, begleitet und weitergeleitet. Wir haben keine Anordnungen getroffen, sondern sie nur weitergegeben. Es war unser Beruf. Was wirft man uns vor?

Beispiel: Irmgard Furchner

Wikipedia schreibt: 

"Irmgard Furchner (* um 1925) ist eine deutsche ehemalige Sekretärin und Stenotypistin, die während der NS-Herrschaft im Konzentrationslager Stutthof tätig war. Sie wurde im Jahre 2021 – im Alter von 96 Jahren – angeklagt wegen Beihilfe zum Mord in 11.412 Fällen und wegen Beihilfe zum versuchten Mord in 18 weiteren Fällen. Sie sollte im September 2021 vor dem Landgericht Itzehoe erscheinen, flüchtete jedoch, wurde daraufhin mittels Haftbefehl gesucht und noch am selben Tag, am 30. September 2021, verhaftet.

Über das Leben von Irmgard Furchner ist nur wenig bekannt. Sie war als Sekretärin im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig tätig. Im Jahr 2021 wurde sie wegen Beihilfe zum Mord in 11.412 Fällen und wegen Beihilfe zum versuchten Mord in 18 weiteren Fällen angeklagt. Der Prozess findet vor einem Jugendstrafgericht am Landgericht Itzehoe statt, denn die Angeklagte war zum Zeitpunkt ihrer Taten erst 18 Jahre alt. Bereits im Vorfeld hatte die Angeklagte mitgeteilt, nicht vor Gericht erscheinen zu wollen. Sie ersuchte den Richter, ihr die Peinlichkeit – öffentlich vor Gericht erscheinen zu müssen – nicht zuzumuten. Sie fürchtete Hohn und Spott. In einem Strafprozess ist die Anwesenheit einer Angeklagten jedoch unerlässlich.

Die 96-jährige Frau soll laut Medienberichten in aller Frühe des Verhandlungstages einen Fluchtversuch unternommen haben. Sie verließ das Seniorenheim in Quickborn-Heide, wo sie wohnt, und fuhr mit einem Taxi zur Hamburger U-Bahn-Station Norderstedt-Mitte. Der Vorsitzende Richter Dominik Groß verkündete zum Zeitpunkt der Verhandlung: „Die Angeklagte ist flüchtig, die Kammer hat Haftbefehl erlassen.“ Die alte Dame wurde jedoch rasch gefasst und verhaftet."

Mord verjährt nicht, Beihilfe zum Mord auch nicht. Unser Rechtssystem ist da klar.
Egal, wie der Prozess verläuft, zu welchem Urteil es kommt, es wirft die grundsätzliche Frage nach Verantwortung jedes Einzelnen auf:

Kann man Verantwortung für einen Ablauf, an dem man selbst beteiligt ist, auch wenn nur als kleines Rädchen, als nur Vollziehender, gänzlich abgeben?

Im vorliegenden Fall von Irmgard Furchner ist die Frage sicherlich schwerwiegend, es gibt sie aber auch in anderem Rahmen, der strafrechtlich irrelevant daherkommen mag. Es geht darum, wie viel Rückgrat von Menschen erwartet werden kann, das oftmals Verweigerung verlangt.

Irmgard Furchner hat sich nicht verweigert.   

Eine arme, aber deshalb unschuldige Socke? Zweifel sind berechtigt.

Bürgerreporter:in:

Helmut Feldhaus aus Rheinberg

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