Schünemanns Abschuß-Phantasien

Simulation des ElAl- crash in Amsterdam
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Es ist Dienstag, 20:30 Uhr.
In einem Megakino Hannovers steht ein Terrorist mit einem Koffer voller Sprengstoff. Er droht das Kino zu sprengen wenn auch nur eine Geisel das Gebäude zu verlassen versucht. Er hat sich dreier Geiseln bemächtigt die als lebende Schutzschilde um ihn herum stehen - eine davon ist das Kind von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann.
Der Minister der selbst zum Ort des Geschehens eilt befindet sich unmittelbar neben einem Scharfschützen um die Szene zu beobachten.
Soeben hat der Terrorist die Verhandlungen für gescheitert erklärt und macht sich anscheinend im Schutz der Geiseln daran den Zündmechanismus der Bombe auszulösen.
Der Scharfschütze weigert sich zu schießen da er den Geiselnehmer nur durch den Körper eines der lebenden Schilde hindurch treffen kann. Ebenfalls wäre es wahrscheinlich daß die Bombe dennoch gezündet würde.

Was würde Minister Schünemann in solch einem Fall tun?

Schon mehrfach geistert - und anders läßt es sich nicht beschreiben - das Szenario durch die Köpfe einiger Entscheidungsträger ein Flugzeug das mehr oder weniger wahrscheinlich eine Bedrohung darstellt könnte "mal eben" vom Himmel zu holen.
So ungefähr stellt man sich einen Cowboy (also einen Kuhhirten) vor - erst schießen dann nachdenken.
Ist Uwe Schünemann zu solch einer Aussage fachlich qualifiziert? Wohl kaum. Als Industriekaufmann in Holzminden hatte er sicherlich nur sehr indirekt mit der Luftfahrt zu tun und die Ableistung des Grundwehrdienstes macht ihn kaum zum Sicherheits- und Militärexperten. Nach einer Eignung zur rechtlichen Bewertung einer solchen Angelegenheit sucht man auch vergeblich.
Was jemanden für ein Ministeramt qualifiziert blieb mir bisher ebenfalls verborgen.

Nun mal zur Sachlage.

Da fliegt also ein Verkehrsflugzeug über Deutschland das - wie auch immer; das Szenario ist relativ beliebig - anscheinend eine Bedrohung darstellt. Wie gesagt - es fliegt über einem der dichtbesiedeltsten Gebiete dieser Welt.

Ob es sich bei den Insassen "nur" um zwei Menschen handelt die die Besatzung einer Frachtmaschine darstellen oder um 200 Passagiere ist aus Sicht der Betroffenen und der Menschenrechte relativ unerheblich.

Es steigen also zwei Kampfflieger der QRA (Quick Reaction Alert Interceptor), bewaffnet mit je zwei Lenkflugkörpern und scharf aufmunitionierter Bordkanone auf und steuern das Flugzeug an um sich einen direkten Überblick zu verschaffen.
Man muß sich über Folgendes im Klaren sein: Es wird kaum ein Terrorist am Cockpitfenster stehen und ein Schild hochhalten "Wir stürzen gleich auf Oma ihr klein´Häuschen!" - und wenn, dann nur zu einem Zweck: Damit die Luftwaffenpiloten in ihrer hoheitlichen Aufgabe, das heißt unser Staat die Drecksarbeit erledigt - wenn sich Entscheidungsträger a´la Schünemann durchsetzen sollten. Dazu nochmal später.

Angesichts der Lage hat man ( wer das dann sein soll läßt Schünemann offen - wie so vieles Anderes) sich entschieden daß es eine ernstzunehmende Bedrohung durch dieses Flugzeug gibt. Schünemann schlägt ausserdem vor bei einer solchen Bedrohung den Verteidigungsfall auszurufen.
Kann sich jemand wirklich vorstellen was das praktisch heißt und bedeutet? Nur soviel - es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Nur Eines ist dabei hierfür von Bedeutung: der Oberbefehl über die Bundeswehr geht an den Bundeskanzler über; konkret heißt das zur Zeit: Den Befehl zum Abschuß könnte nur Frau Dr. Merkel geben.
Und: die Piloten würden diesen Befehl zu Recht verweigern denn er wäre unrechtmäßig und dürfte daher nicht ausgeführt werden.

Kann es einen solchen Befehl - also die bewußte Tötung Unschuldiger - überhaupt geben? In Anbetracht unseres Grundgesetz kann ich mir dies nicht vorstellen - allein der Art.1 steht dagegen.

Gut - es gibt also einen Jagdflieger der die Rakete auslöst.
Nun - es gibt ernsthafte Überlegungen auch Verkehrsflugzeuge mit Täuschkörperanlagen, sog. Chaff/Flares auszustatten denn es gab bereits mehrere Fälle bei denen Verkehrsflugzeuge vom Boden aus mit Raketen beschossen wurden - ein Fall davon ist besonders gut dokumentiert.
http://www.aircraftresourcecenter.com/Stories1/001...
In solch einem Fall bliebe der Einsatz der Bordkanone vom Kaliber 20mm im Fall der F4 Phantom, beim Eurofighter ist es eine 27mm-Kanone mit eine Feuergeschwindigkeit von 1000-1700 Schuß/Minute. Anzahl der Geschosse in der ersten Sekunde / Gesamtgewicht: 28 / 7,4 kg Spreng-Explosivmunition.

Da man davon ausgehen kann daß nur ein Bruchteil der Geschosse sein Ziel trifft kann man davon ausgehen daß es wenige Sekunden später am Boden bereits die ersten "Kollateralschäden" gibt - jeder Schuß ein Treffer.
Schon aus diesen Gründen kann der Einsatz von zwei F4-Kampfflugzeugen gegen einen Motorsegler(!) vor einigen Jahren direkt über Frankfurt-City nur als absoluter Wahnsinn bezeichnet werden - beim Einschlag des Motorseglers hätte es vermutlich nur Glasbruch gegeben; beim Einschlag von 20mm Sprenggeschossen ein Inferno!

Das Flugzeug - nehmen wir hier mal den A340 der in seiner größten und schwersten Version bei rd. 180to Leermasse eine max. Abflugmasse von 380to hat. Und die Masse wird bei einem Abschuß ja nicht kleiner, sie verteilt sich nur.
Diese - sagen wir mal nach einem längeren Flug - noch rd. 280to werden von der Sprengmunition und den auftretenden aerodynamischen Kräften in mehrere Teile gerissen die jetzt aus 8-12km Höhe mit einer Anfangsgeschwindigkeut von rd. 700 km/h, später dann einer Fallgeschwindigket (je nach Luftwiderstand) von rd. 300 km/h unserer Bevölkerung entgegenstürzen. Dies ist nur bedingt mit Unfällen wie bei Überlingnen vergleichbar, dort stürzten die Flugzeuge fast am Stück ab und zerlegten sich erst beim relativ senkrechten Fall.
Die Triebwerke reißen erfahrungsgemäß ab; sie wiegen allein je 5to. Sie stellen sich jetzt also mal vor daß Sie mit einem Kleinlaster mit 300 km/h gegen eine Wand fahren. Diese Wand kann durchaus auch Ihr Heimatort sein.

Wo die Trümmer einschlagen kann niemand vorhersagen, nur daß es wahrscheinlich in einem relativ breiten Kegel in Flugrichtung sein wird ....

Es ist auch kaum anzunehmen daß diejenigen die dann die Kontrolle über das Flugzeug haben werden die Freundlichkeit besitzen vor dem Final Countdown in Richtung Nord- oder Ostsee zu steuern oder sich von ihren freundlichen Begleitern abdrängen und/oder zur Landung zwingen lassen wie Minister Schünemann noch erwähnte. Selbst einen betrunkenen Autofahrer zum Anhalten zu bewegen gelingt nicht immer - aber Leute die vorhaben zu sterben?

Auch über das "Danach" hat sich dieser Entscheidungsträger Schünemann wohl kaum Gedanken gemacht.

Opfer- und Schadenmäßig können wir nur verlieren. Bei 9/11 waren eindeutig die Terroristen Schuld.
Wie sähe das bei einem Abschuß aus? Nun - in diesem Fall wird jeder politisch/strategisch denkende Terrorchef abstreiten daß ein Selbstmordattentat a´la WTC überhaupt geplant war und die Opfer - na wem wohl - in die Schuhe zu schieben suchen. Und wie ist da die Beweislage? Kann sich dann Frau Dr. Merkel dem Vorwurf der mehrfachen vorsätzlichen bzw. fahrlässigenTötung durch Notstand entziehen?
Wenn dann die Unrechtmäßigkeit festgestellt wird - wie werden dann die Beteiligten der Befehlskette mit den beiden Piloten am Ende aussehen?

Herr Schünemann wird einen Grund finden nicht verantwortlich zu sein für das was er da mit losgetreten hat.
Was aber ist mit den Angehörigen der Opfer?
Was ist mit den Beteiligten der Befehlskette?
Was ist mit den Piloten die das Sterben, durch sie selbst ausgelöst mit eigenen Augen ansehen müssen?

Angenommen es handelt sich nicht um einen Frachter.
Angenommen es handelt sich auch nicht "nur" um einen Ferienflieger.
Angenommen es handelt sich um einen A380 der "Emirates" mit hochrangigen, internationalen Wirtschaftsvertretern. Deren (US?)Anwälte werden die Bundesrepublik mit ihren Schadenersatzansprüchen in Stücke reissen; von den politischen Auswirkungen mal ganz abgesehen.

Aber vielleicht wird dann ja mal die deutsche AirForce One entführt, mit den Länderministern an Bord...

Bürgerreporter:in:

Edgard Fuß aus Tessin

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