Währungsreform 1948 – Vor 70 Jahren starteten auch die Peiner mit 40 D-Mark ins Wirtschaftswunder.

DM-Schein der Erstausgabe 1948
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Die Generation „Euro“ kennt fast nur dieses moderne Zahlungsmittel, welches bekanntlich den Vorteil hat, beispielsweise in südliche Gefilde Europas reisen zu können, ohne Devisen zu beschaffen. Argwöhnische Zeitgenossen befinden die moderne Währung als „Teuro“, denn nicht nur gefühlt ist nach seiner Einführung etliches Gut doch mindestens doppelt so teuer geworden, wie noch zu alten D-Mark Zeiten! Diese „harte Währung“ aber hatte Jahrzehnte für Aufschwung und Wohlstand in Deutschland gesorgt.
Eingeführt wurde sie vor genau 70 Jahren. Nach 1945 war das übrig gebliebene Reichsgebiet rasch in Ostzone (SBZ) und 3 Westzonen (Trizone) geteilt. Die alte Reichsmark war zwar noch Zahlungsmittel, aber es gab kaum etwas dafür zu kaufen und die ohnehin kriegsgeschädigte Bevölkerung litt Not und Mangel an fast allen Dingen des täglichen Bedarfs! Zigarettenwährung, Brennstoff-Klau und Schwarzhandel gehörten damals zum Alltag!
Am Sonntag dem 20. Juni 1948 aber geschah dann mit der Einführung der D-Mark in den 3 westlichen Besatzungs-Zonen das, was als Auslöser des späteren Wirtschaftswunders galt. Tags darauf waren die Schaufenster und Regale der Geschäfte wieder prall gefüllt mit den lang ersehnten Produkten. Trotz Geheimhaltung kursierten bereits Gerüchte über die bevorstehende Maßnahme und die Bevölkerung erwartete gespannt den genauen Zeitpunkt. Da die Reichsmark bald nichts mehr wert sein würde, versuchten alle „Trizonesier“ vorab noch möglichst viel zu kaufen. Das neue Währungsgesetz sah vor: „Auszahlung des legendären Kopfbetrages von 40 DM gegen Zahlung von 40 RM sofort und weiterer 20 D-Mark gegen 20 RM im August des Jahres.“


Randale und Skandale!

Stadtarchivar Michael Utecht berichtete schon 2002 in einem Sonderblatt des Peiner Stadtarchivs über diese turbulenten Tage in Peine: „Kurz vor dem „Tage X“ steigerte sich die Situation jedoch noch einmal ins Extrem: „Salz und Essig ausverkauft“ lautete eine Schlagzeile am 17. Juni 1948. Sowie: „Die Polizei in Peine musste am Dienstag gegen zahlreiche Geschäfte einschreiten, die wegen Betriebsferien mit und ohne behördlicher Genehmigung, wegen Aufräumarbeiten oder ohne Angabe von Gründen geschlossen hatten. In den Schuhgeschäften drängen sich die Leute vergeblich, um auf ihre Bezugsscheine noch ein Paar Schuhe zu bekommen. Verschiedenen Tankstellen ist das Benzin „ausgegangen“! Auf dem Schwarzen Markt am Bahnhof kosten die Zigaretten bis zu acht Mark – wenn sie überhaupt zu haben sind.“ Dort kam es sogar auch zu Razzien und Festnahmen.
Die DM-Banknoten für die Trizone wurden schon ab September 1947 in Washington, D.C. gedruckt. Der streng geheim gehaltene Geldtransport namens „Operation Bird Dog“ fand von Februar bis April 1948 statt. Er umfasste etwa 5,7 Milliarden DM (500 Tonnen in 23.000 Holzkisten). Das Geld wurde per Schiff nach Bremerhaven und dann mit acht Sonderzügen nach Frankfurt und in 800 Lastwagenfuhren zum ehemaligen Reichsbankgebäude in der Frankfurter Taunus-Anlage (ein ausgedehnter Park mit Wallanlagen) befördert. Von dort aus wurde letztlich die lokale Feinverteilung vorgenommen, d. h. der Weitertransport zu den Ausgabestellen in der gesamten Trizone.


Längst Geschichte: Die DM

Nur wenige Zeitzeugen dieser aufregenden Tage in Peine leben heutzutage noch in der Region. Der ehemalige Peiner Buchhändler und Druckerei-Besitzer Erich Rother ist vom Jahrgang 1929 und erinnert noch immer das Geschehen insbesondere am Tage nach der Geldausgabe. Vor seinem Geschäft in der Breiten Straße beobachten er und Mitarbeiter den Trubel in der Innenstadt. „Die Läden waren voller Käufer; es war kaum zu glauben,“ so der altbekannte Peiner Geschäftsmann.

Christa Kummer aus Ilsede wurde 1935 geboren und war lange Zeit Wirtin des beliebten Gasthauses Kummer an der Fuhse in Ölsburg. „Uns ging es bis dato noch vergleichsweise gut auf dem Lande, denn wir waren weitgehend Selbstversorger, hatten einen Gemüsegarten und hielten sogar Kleinvieh. Ab und an organisierte mein Vater mal einen Sack Zucker von der Zucker-Fabrik in Ölsburg, auch Mehl musste regelmäßig dazugekauft werden,“ so die ehemalige Geschäftsfrau, die damals noch ein junges Mädchen war. Eine besondere Episode erinnert sie aber im Zusammenhang mit den Tagen der Währungsreform: „Ein mittelloses Flüchtlingspaar aus dem Osten, war bei uns einquartiert. Meine Eltern gaben ihnen 400 Reichsmark zum Umtausch um ihnen einen besseren Neu-Anfang zu ermöglichen (Bargeld wurde im Verhältnis RM : DM noch mit 10 : 1 umgetauscht). Als die Flüchtlinge dann das begehrte neue Geld in den Händen hielten, sagte die Frau stockend und gerührt zu meinem Vater: „Aber das werden wir ihnen doch nie wieder zurückgeben können!“

Die alten Kleinmünzen aus dieser Frühzeit der D-Mark tragen noch die Umschrift „Bank deutscher Länder“ und sind teilweise wieder begehrte Sammlerobjekte, wie auch die ersten Klein-Banknoten über Eine oder auch Fünf DM!

DM-Schein der Erstausgabe 1948
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