Römer, Räuber - Schätze und Schlachten - Der Hildesheimer Silberfund

Wenig einladend - Germanien!
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Die Römer in Germanien

Geschichte wird erst richtig lebendig, wenn wir sie anfassen können. In Deutschland finden sich zahlreiche Orte, an denen man einen Hauch von römischer Geschichte atmen kann. Die vielen Funde sind in diversen Museen zu bestaunen. Doch was wollten die Römer in Germanien? Warum sind sie in die kalten und feuchten Wälder des Nordens vorgedrungen?

Die ersten Feldzüge nach Germanien

In den Jahren 58 bis 51 vor Christus eroberte Gaius Julius Caesar Gallien. Dieses Gebiet bestand aus dem heutigen Frankreich, Belgien, der Westschweiz und den größten Teilen des linksrheinischen Deutschlands. Hierdurch wurde der Rhein zur Grenzlinie zwischen den rechtsrheinischen Siedlungsgebieten germanischer Stämme und dem Imperium Romanum. Doch die Römer hatten die Germanen unterschätzt. Regelmäßig fielen germanische Stämme in die gallischen Provinzen ein und sorgten für Unruhe.
Die Sicherheitslage war für Rom unbefriedigend. So erlitt zum Beispiel im Jahr 17/16 vor Christus M. Lollius, der römische Statthalter der gallischen Provinzen, eine schwere Niederlage gegen einfallende germanische Stämme. Dieses nahm Augustus (regierte allein ab 30 vor; ab 27 erster römischer Kaiser; bis 14 nach Christus) zum Anlass, die militärische Strategie gegenüber den Germanen rechts des Rheins entscheidend zu ändern.
Höchste Priorität hatte nun die Sicherung Galliens durch die Verteidigung der Rheingrenze. Die im Inneren Galliens stationierten Legionen verlegte Rom in Militärlager entlang der Rheinlinie. Durch diese strategische Lage konnten sie gleichzeitig mehrere Aufgaben übernehmen. Zum einen dienten sie als Truppenbereitstellungslager, um Einfälle der Germanen nach Gallien rechtzeitig abzufangen. Zum anderen ermöglichten sie als Ausfall- und Versorgungsbasen militärische Operationen in das rechtsrheinische Germanien.
Doch auch diese Strategie ging nicht auf. Im Jahr 12 vor Christus fielen die germanischen Stämme der Sugambrer und Usipeter in Gallien ein. Der Stiefsohn von Kaiser Augustus, Drusus, wurde beauftragt, eine neue Taktik der Grenzsicherung umzusetzen. Die Drususfeldzüge (12 bis 9 vor Christus) in das rechtsrheinische germanische Gebiet sollten eine vorgelagerte Grenzsicherung ermöglichen. Durch Kontrolle und Befriedung der dort siedelnden germanischen Stämme wollte Augustus weitere Einfälle nach Gallien verhindern.
Nach den archäologischen Befunden wurde der Lagerkomplex Hedemünden (an der Werra / A7) um etwa 11 bis 9 v. Chr. gegründet. Es bestand mindestens bis 8 oder 7 v. Chr., eventuell auch noch bis in die Jahre nach Christus und bis zur Varusschlacht. Letztlich kann es noch einmal in den Jahren 15 und 16 n. Chr. während der römischen Revanchefeldzüge unter Germanicus eine Rolle gespielt haben.
Das Lager wurde wahrscheinlich von Drusus angelegt, in Betracht kommen der Feldzug im Jahr 11 v. Chr. an die Weser, auf dem das bislang nicht sicher lokalisierte Lager Aliso gegründet wurde (in das sich Überlebende der Varusschlacht geflüchtet haben sollen) und der Feldzug im Jahr 9 v. Chr. an die Elbe. Mommsen zur Schlacht bei Arbalo 11 vor Christus: "Der Rückweg wäre allerdings, eben wie im vorigen Jahre, fast verhängnisvoll geworden; bei Arbalo (unbekannter Lage), sahen sich die Römer in einem Engpaß von allen Seiten von den Germanen umzingelt und ihrer Verbindungen verlustig; aber die feste Zucht der Legionäre und daneben die übermütige Siegesgewißheit der Deutschen verwandelten die drohende Niederlage in einen glänzenden Sieg."
Pörtner sagt: "Es wird allgemein angenommen, dass Drusus im Jahre 11 v. Chr. nur bis zur Weser (bis in die Gegend des heutigen Hameln) gelangt sei. Es steht aber außer Frage, dass er weiter nach Osten vordringen wollte und zwei Jahre später (9 v. Chr.) sogar bis zur Elbe vorstieß. Grund der Annahme ist der Bericht des Cassius Dio. Folglich wurden alle genannten Orte und Flüsse nur westlich der Weser gesucht. Entgegen Cassius Dio nehme ich an, dass Drusus schon 11 v. Chr. die Weser überschritt und zwar nicht sehr weit, aber bis in die Gegend von Hildesheim kam, bis er auf Widerstand traf und zur Umkehr gezwungen wurde. Die genannten Orte suche ich darum östlich der Weser."

"Die" Germanen gab es nicht !

Wenn wir heute von "den" Germanen sprechen, verwenden wir unkritisch einen Begriff, den die Römer geprägt haben. Das betreffende Gebiet Germanien war kein homogenes Staatsgebiet, sondern weitläufig besiedelt von untereinander konkurierenden, eigenständigen Stämmen.
Mit den Feldzügen, die ihren vorläufigen Abschluss in den Jahren 8 und 7 vor Christus hatten, gelang die Unterwerfung der stärkeren germanischen Stämme, die zwischen Rhein und Elbe siedelten. Es schien fast so, als habe das Imperium die Sugambrer, Usipeter, Cherusker, Chauken, Chatten und Markomannen nun endlich unter Kontrolle gebracht. Der umfangreiche Lagerkomplex bei Haltern (an der Lippe, gut 50 Kilometer östlich von Xanten) stammt aus augusteischer Zeit (7 vor bis 1 nach Chr. erbaut) und wurde von den Römern nur bis zum Jahr 9 n. Chr. genutzt. Anhand von Münzstatistiken (ca. 2900 Fundmünzen) konnte diese Annahme plausibel belegt werden.
Das Römische Imperium setzte nun auf eine Doppelstrategie. Neben der militärischen Unterwerfung versuchte man mit politischen und diplomatischen Mitteln Unruhen und Aufstände zu verhindern. Rom schmiedete strategische Allianzen, um die einzelnen germanischen Stämme gegeneinander ausspielen zu können. Ausgewählte Germanenoberhäupter ehrte man mit römischen Titeln und zahlreiche Germanen traten in die Dienste römischer Legionen. Das Ziel war es, die Germanen Schritt für Schritt zu romanisieren. Einer der Auserwählten war Armin (17 vor Christus bis 21 nach Christus), der unter dem römischen Namen Arminius schon bald einen Legende werden sollte. Tacitus berichtete von Arminius, er habe in einer Rede gegen die Römer von neuen Siedlungen („novas colonias“) gesprochen. Dio beschrieb in seinem Werk "Römische Geschichte", die Römer hätten zur fraglichen Zeit im rechtsrheinischen Gebiet erste Städte („Polis“) und Märkte („Agora“) aufgebaut. Nahe Waldgirmes wurde vor wenigen Jahren erstmals eine solche römisch-germanische Stadtgründung der Jahre 2-3 im freien Germanien archäologisch ergraben.

Varus und Arminius

Der Frieden schien gesichert als 7 nach Christus Publius Quinctilius Varus Statthalter der gallischen Provinzen wurde. In dieser Funktion war er auch Oberbefehlshaber über die Rhein-Legionen. Der um 46 vor Christus geborene Abkömmling alten römischen Adels hatte bereits eine erfolgreiche politische und militärische Karriere hinter sich. Im Jahr 13 vor Christus war er römischer Konsul gewesen, später dann Statthalter in Syrien und Afrika. Varus hatte den Auftrag Germanien unter strenges römisches Provinzialrecht zu stellen. Dies bedeutete Steuern einzutreiben und die Germanen wie Untertanen Roms zu behandeln.
Arminius, Sohn des Cherusker­fürsten Segimer, soll mit seinem Bruder in jungen Jahren als Geisel bei den Römern aufgewachsen sein. Was nicht nur römische Diplomatie war, sondern als früher Tribut zu verstehen ist. Er war im pannonisch-dalmatischen Krieg, der Nieder­schlagung eines Aufstandes im römisch besetzten Illyricum, siegreich. Er kannte sich im römischen Militär­wesen gut aus und war mit römischen Kampf­techniken und -taktiken vertraut. Wohl 8 nach Chr. kehrte er mit der von ihm geführten cheruskischen Reiter­einheit aus diesem Krieg zurück. Durch seinen Einsatz gelangte er als einziger cheruskischer Adliger in den Stand eines römischen Ritters und genoss nicht zuletzt dadurch bei Varus großes Vertrauen. Mit seiner Rückkehr in die Heimat besteht ein zeitlicher Zusammen­hang des Todes seines Vaters, dessen Nachfolge er übernahm. Arminius, gelang es zerstrittene, germanische Stämme (Cherusker, Chattten, Angrivarer, Marser, Brukterer) unter seiner Führung zu vereinen um einen gezielten Angriff auf die Besatzungsmacht zu organisieren.
Im Frühsommer des Jahres 9 n. Chr. zog Varus mit der 17., 18. und 19. Legion – insgesamt etwa 20.000 Legionäre und Hilfstruppen – von Vetera (Bei Birten bei Xanten) entlang der Lippe zur mittleren Weser in das Sommerlager, um noch weiter östlich römische Präsenz zu zeigen. Die beiden anderen Legionen blieben in Mogontiacum (Mainz). Hameln wird in der älteren Literatur als möglicher Standort des Sommerlagers erwägt, archäologische Beweise fehlen jedoch.
2008 wurden in Barkhausen einem Ortsteil von Porta Westfalica ein Römer-Lager entdeckt, das wohl auf das erste Jahrzehnt nach Christus zu datieren ist, also Varus-Bezug hat. 2000 Jahre alte römische Münzen, Gewandspangen, ein Zelthering, ein Mühlstein, Schuhnägel wurden ausgegraben. Die insgesamt eher geringe Anzahl von etwa 20 römischen Funden spricht dafür, dass die Truppen jeweils nur kurze Zeit hier Station machten. Die Archäologen fanden auch Bleilote, wie sie römische Vermessungsingenieure verwendeten. Denn selbst die Anlage der nur wenige Tage genutzten Marschlager, in denen tausende römische Soldaten in Zelten campierten, musste sorgfältig geplant werden. Auch die gefundenen Bodenverfärbungen (Gruben) können mit den Römern in Verbindung gebracht werden. Die Formen der Gruben besitzen starke Ähnlichkeit mit Backöfen in den römischen Lagern an der Lippe. Das Durchgangstal der Weser durch die Porta Westfalica dürfte zumindest ein strategisch wichtiger Kontrollpunkt gewesen sein. Ob der bereits kursierende Begriff "Varus letztes Lager" zutrifft bleibt abzuwarten, immerhin wäre man in 2-3 Marschtagen in Kalkriese gewesen.
Für den Rückweg wählte Varus im Herbst angeblich auf Veranlassung von Arminius eine andere Route, nachdem Arminius ihm von einem angeblichen Aufstand berichtet und gebeten hatte, diesen unterwegs niederzuschlagen. Segestes und einige andere sollen Varus zwar gewarnt haben, Varus entschied sich aber dafür, dem Vorschlag des Arminius zu folgen. Vermutlich hoffte Varus, auf diese Weise leicht militärischen Ruhm erlangen und so seine Karriere krönen zu können.
Eine von der Forschung nahezu einhellig abgelehnte, antike Quelle zur Varusschlacht lautet sinngemäß übersetzt:
"Varus wurde überfallen als er Gericht abhalten wollte"
Könnte ursprünglich gelautet haben:
"Varus wurde überfallen als er Gericht abhalten sollte."
Der Überfall auf den 15-20 Kilometer langen Zug aus 3 Legionen, drei Alen, sechs Kohorten, Hilfstruppen und Tross geriet im Jahre 9 zur "Clades Variana", der Varusniederlage, der so genannten „Schlacht im Teutoburger Wald“. Der Angriff auf den Zug, der sich mit einer Marschgeschwindigkeit von etwa 20 römischen Meilen (30 Km) pro Tag bewegte, kam letztlich doch völlig unerwartet aus Sicht der Heeresführung. Mehr als 20.000 Römer fielen in einer angeblich dreitägigen Schlacht. Zunächst soll ein Angriff auf ein Marschlager der Römer stattgefunden haben, als Reaktion ließen die Truppen schweres Kriegs-Gerät und weiteren Ballast zurück und versuchten möglichst unter Vermeidung von Lärm sich durch eher schwieriges Terrain den Weg zu bahnen. Der Hauptangriff der Germanen am Tag 2 war organisierter; man hatte einen Wall an einem Engpass der wohl bekannten Route angelegt; die nun nur noch leicht bewaffneten Römer konnten sich nicht in Gefechtsstellung formieren. Mit der überlieferten Unwetterlage, die sich vermutlich am Tag 3 einstellte, kamen die Germanen ebenfalls wohl weitaus besser zurecht als die Gegner. Varus selbst nahm sich völlig verzweifelt noch während der Schlacht das Leben. Zu groß war offenbar der Ehrverlust für einen derart getäuschten Mann seines Standes. Experten bewerten die moralischen Auswirkungen seines Suizids auf die restlichen Truppen sehr hoch, die nunmehr ohne Führung agierte. Die 3 Legionsadler wurden Beute der Germanen, die letztlich offenbar völlig unbehelligt das Schlachtfeld plündern konnten. Heilige Haine der Germanen, in denen sie auf "ihren Altären die gefangenen, römischen Offiziere aus der Varusschlacht töteten", lassen sich aus den Angaben in den historischen Texten nicht lokalisieren. Ob es sich tatsächlich um konkrete Opfersteine handelte, oder nur Kultbezirke ist nicht bekannt.
Tacitus: "Von dort wurde der Heereszug zu den äußersten Brukterern geführt und das Land zwischen Ems und Lippe verwüstet, nicht weit entfernt vom Teutoburger Wald, in dem die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben liegen sollten."

Das Haupt des Varus wurde im Rahmen eines Bündnisangebotes an den Markomannenkönig Marbod gesandt. Marbod lehnte die Avance jedoch ab und schickte die Trophäe an die Familie des Varus nach Rom. Das Köpfen von Gegnern erscheint uns sehr grausam; war jedoch durchaus üblich und sehr "römisch", wie Darstellungen auf Siegessäulen und ein Fundkomplex aus London zeigen, der nahe der einstigen Arena geborgen wurde. Varus selbst soll einst in Palästina 2000 Aufständige kreuzigen lassen haben.
WICHTIG: Nach der Varusschlacht erobern die Germanen rasch alle rechtsrheinischen Militärstützpunkte - mit Ausnahme des Haupt-Lagers Aliso (Haltern?). Von Germanen angegriffen, halten die wenigen verbliebenen römischen Truppen dort der Belagerung stand. Schließlich gelingt ihnen sogar der Durchbruch zum Rhein (röm. Quelle !).
In den Jahren 14-16 führte zuerst Tiberius, dann Germanicus Rachefeldzüge ("... mit 1000 Segeln unbeheiligt den Rhein befahren bis zur Ems...") gegen Arminius. Im Jahre 15 wurde der von Arminius eingeschlossene Cheruskerfürst Segestes von Germanicus befreit, wobei Thusnelda, seine Tochter, die Gattin des Arminius, in römische Hände fiel. In den Schlachten bei Barenau (?) und bei den Pontes longi (unbekannter Ort) blieb Arminius strategischer Sieger, erlitt aber im Jahre 16 auf der Ebene Idistaviso, die Mommsen bei Bückeburg vermutet, eine schwere Niederlage. Trotzdem konnte er seine Truppen sammeln und sich Germanicus am Angrivarierwall von neuem zum Kampf stellen. Germanicus siegte zwar, räumte aber dennoch Germanien und wurde 17 nach Rom zurückbeordert. Nach den Annalen des Tacitus konnte Germanicus bereits im Jahr 15 von den Brukterern den ersten Legions-Adler zurückerobern; den zweiten erhielt der Römische Feldherr ein Jahr später nach Hinweisen von dem Volk der Marser zurück. Germanicus durfte einen Triumph in Rom feiern, seine bedeutenste Gefangene war die schwangere Thusnelda. Rom beließ es dabei und handelte nach dem Motto: "Wenn 2 sich streiten, freut sich der Dritte!", denn nun wandte sich Arminius mit Semnonen, Langobarden (die bisher zum Herrschaftsbereich Marbods gehört hatten) und wahrscheinlich Chatten gegen den romfreundlichen Markomannenfürsten Marbod, der sich nach Böhmen zurückziehen mußte. 17 gewann er verlustreich gegen Marbod die entscheidende Schlacht. Bei einem Aufstand der Cherusker wurde Arminius durch seine Verwandten, die seine Machtstellung bekämpften, wohl 21 ermordet. Allerdings lässt sich über diese Ereignisse aus der lateinischen Geschichtsschreibung ebensowenig ein klares Bild gewinnen wie über die wahre Stellung des Arminius in Germanien.

Um die bestehenden Grenzen aufrecht zu erhalten, wurde später, ab etwa 100, ein Bauwerk errichtet, dessen Überreste auch heute noch zu finden sind: Der Limes. Mit einer Gesamtlänge von 549 Kilometern ist der römische Grenzwall das größte Bodendenkmal Deutschlands. Im zweiten und dritten Jahrhundert war er die Grenze zwischen dem Römischen Reich und Germanien, gebildet aus rund 100 Kastellen und Feldwachen sowie 900 Wachtürmen.
Römische Feldzüge im freien Germanien sind für die Zeit nach 9 nachgewiesen; doch nicht "Einbürgerung" war das Motiv, sondern eher Vergeltung (Bestrafung) und wohl auch die Aussicht auf Beute.

Harzhorn - Ein germanisches Waterloo ?

Als vor etlichen Jahren Sondengänger auf dem Höhenzug Harzhorn (Kreis Northeim) einige rostige Metallfunde bargen, konnte noch niemand ahnen, dass sich durch ihre Entdeckung ein jahrhundertealtes Geschichtsbild ändern würde. Die Schatzsucher spürten eigentlich einer mittelalterlichen Burgen-Legende nach, doch unter ihren Fundstücken fand sich römisches Material; Experten erkannten eine sogenannte „Hippo-Sandale“, einen Überschuh für Lasttiere. Umgehend setzten wissenschaftliche Untersuchungen des Areals ein, die rasch zu sensationellen Erkenntnissen führten. Ein Schlachtfeld der Antike wurde 2008 entdeckt, mitten in Niedersachsen, im einstigen freien Germanien. Unzählige Geschosse konnten durch Metalldetektoren geborgen werden, ein kurzer, aber heftiger Schlagabtausch zwischen Römern und Germanen wurde vermutet, zudem auch römisches Geld unter den Metallfunden war. Diese Münzen ermöglichen eine zeitliche Einordnung der Ereignisse am Harzhorn und führten die Forscher an die relevanten Schriftquellen heran. Der Begriff „Vergessener Feldzug“ wurde geprägt, denn in der Tat hatte man bis dato die Beschreibung der Taten des ersten Soldatenkaisers Maximinus Thrax ins Reich der Märchen und Legenden verlegt. Dieser aber war es, der aufgrund gewaltsamer Grenzübergriffe, eine verheerende Strafexpedition durch das freie Germanien durchgeführt hatte, über 200 Jahre nach der Varus-Schlacht, bislang betrachtet als Wendepunkt hinsichtlich der römischen Ambitionen im freien Germanien. Über den weiteren Status, den der sogenannte Befreier Arminius bei den nachfolgenden Generationen innehatte, sagt die ältere Literatur leicht romantisch verklärt: ... "noch lange sangen sie seine Lieder"... Der römische Grammatiker Sextus Pompeius Festus sagt von den ursprünglich keltischen Barden:
„Die Gallier bezeichnen als Barden den Sänger, der das Lob tapferer Männer singt“
233 n. Chr. überschritten germanische Gruppen in großer Zahl den Limes und fielen plündernd in die Provinz Obergermanien ein. Der regierende Kaiser Severus Alexander befand sich jedoch gerade auf einem Feldzug gegen die Perser, brach diesen Krieg ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf Germanien. 234 n. Chr. zog er eine starke Armee in Mainz zusammen und bereitete eine Strafexpedition für das nächste Jahr vor. Herodian nennt zwei besondere Truppenteile, die "maurischen Speerwerfer" und die "osrhoenischen Bogenschützen" (Reich von Edessa in Mesopotamien), die im Einsatz gegen die im Nahkampf gefürchteten Germanen besonders geeignet seien, da "sie leichtbeweglich, plötzlich und unerwartet vorpreschen und sich ebenso rasch wieder zurückziehen können"

Beim von Severus vorbereiteten Feldzug gegen die Germanen leitete Maximinus die Ausbildung der neu ausgehobenen Truppen, wobei er sich Ansehen unter den Soldaten erwarb. Im März 235 wurde er von den unzufriedenen Rheinlegionen bei Mainz zum Kaiser ausgerufen, Severus Alexander wurde ermordet. Der Feldzug aber fand wie geplant statt: Der neue Kaiser "durchzog weite Landstriche, ohne dass sich ihm jemand entgegenstellte, die Barbaren waren zurückgegangen. Er verwüstete das ganze Land, vor allem die fast erntereifen Felder, steckte die Dörfer in Brand und überließ sie dem Heer zur Plünderung.“ Nach einer in der Spätantike verfassten Quelle soll dieser Streifen der Zerstörung 50-60 Kilometer breit gewesen sein. "Als die Germanen in weitläufiges Sumpfgelände flohen und die Römer zur Verfolgung dort hineinzugehen zögerten, stürzte sich Maximinus als erster mit seinem Pferd hinein, und obwohl dieses bis über den Bauch nass wurde, erschlug er die ihm entgegentretenden Barbaren. Dadurch ermutigte er auch die übrige Armee und man rückte in den Sumpf ein. Von den Römern fielen nicht wenige, von den Barbaren aber fast die gesamte anwesende Streitmacht. Der Sumpf füllte sich mit Leichen, und das mit Blut gemischte Wasser bot beim Kampf des Landheeres den Anblick einer Seeschlacht“. Die Schilderung lässt einmal mehr die große Abneigung der Römer gegen die unwegsamen Wälder und Sümpfe Germaniens spüren. Die genaue Lokalität der Schlacht im Sumpf kann auch nur durch die Spatenforschung geklärt werden.

Hinterhalt am Harzhorn

Im Sommer 235 war also das Heer unter der Führung des frisch ernannten Kaisers unterwegs im freien Germanien, auf: "Expeditione Germaniae". Mit Spezialeinheiten (nachweislich auch einer Legion aus Belgrad/Serbien) drang man vermutlich in einer Stärke von 3000 - 10 000 Soldaten bis zur Elbe auf Höhe Hitzacker vor. Sein primäres Ziel war offenbar das Gebiet zwischen Harz und mittlerer Elbe. Um einander zu unterstützen und das Land besser ausplündern zu können, marschierten die Römer vermutlich in mehreren Heeressäulen. Die verstreuten, kleinen germanischen Gehöft-Siedlungen wurden überfallen und niedergebrannt, das Vieh wurde gestohlen, die Bewohner wurden getötet oder versklavt. Der Rückzugsweg aber war offenbar den Germanen bekannt, von denen vermutlich viele in die Wälder geflüchtet waren. Diese organisierten den Widerstand, der in einem Schlagabtausch am Harzhorn gipfelte, wo man den verhassten Römern auflauerte, denn sie nutzten einen uralten Nord-Süd-Weg (in etwa die heutige A7) mit einer engen Passage und gerieten dort in den Hinterhalt. Nach einem anfänglichen Überraschungseffekt formierten sich jedoch die kampferprobten Römer und fügten den etwa 2000 Germanen herbe Verluste bei. Die unzähligen, eindeutigen Spuren werden noch immer ausgegraben; man zählt bereits etwa 2700 Einzelfunde. Ende 2010 wurde drei Kilometer weiter südwestlich ein zweites Schlachtfeld lokalisiert. Deutlicher als das erste offenbarte es ein Motiv, das die Germanen dazu trieb, sich den Römern in den Weg zu stellen: Beute. An dem neu entdeckten Ort stürmten die Germanen offenbar den römischen Tross, bis sie von der kaiserlichen Kavallerie zurückgeworfen wurden.

Der Barbar auf dem Kaiserthron

Der Soldatenkaiser wurde von der römischen Geschichtsschreibung als gigantischer, primitiver Vielfraß und Trunkenbold mit niederer Herkunft überliefert und war wie viele seiner Vorgänger und Nachfolger schnell in Ungnade gefallen, seine Taten wurden vergessen. Germanische Männer waren im Durchschnitt etwa 170 cm groß, die Römer hatten nur eine Durchschnittsgröße von etwa 150 cm. Caesar sagte über sie, die Germanen: "...denn ihnen kommt unsere kleine Statur im Vergleich zu ihrem Riesenwuchs verächtlich vor."
Bei den Funden am Harzhorn handelt es sich um die Zeugnisse einer der heftigsten Auseinandersetzungen zwischen Germanen und Römern im 3. Jahrhundert n. Chr., zu einer Zeit also, als man die Römer nicht mehr so weit im freien Germanien vermuten durfte. Das wohl bedeutendste Zeugnis ist eine Militärspitzhacke/Militäraxt (Dolabra) zu Schanzarbeiten, die im Notfall auch als Kampfwaffe Verwendung finden konnte. Auf der Axt lässt sich die Eigentumsangabe: LEG IIII für Legio quarta erkennen. Die Zahlenangabe IIII statt IV (wie es heute in Schulen und Universitäten gelernt wird) ist keine sonderliche Ausnahme, sondern der Normalfall in der fortgeschrittenen römischen Kaiserzeit. Die Axt lässt sich mutmaßlich der Legio IIII Flavia Felix, damals stationiert in der Nähe des heutigen Belgrad (Serbien) zuschreiben. Ein Mitglied der IIII Flavia Felix starb beim Germanien-Feldzug wie ein rezenter römischer Grabstein beweist. Eine moderne, sinngemäße Übersetzung lautet: Den Totengöttern. Dem Aurelius Vitalis, Soldat der Legio IIII Flavia, im siebten Dienstjahr, der 25 Jahre lebte, Teilnehmer der Expedition gegen Germanien. Flavius Proculus, Soldat derselben Legion, sein (Nach-)Erbe, sorgte (für diesen Grabstein) für seinen Zeltgenossen zur wohlgemeinten Erinnerung. Die siegreichen Römer ziehen ohne längeren Aufenhalt gen Süden weiter. Das Schlachtfeld wird kurz nach dem Kampf von den Germanen nach wertvollen Gegenständen durchkämmt, gerät dann aber vollständig in Vergessenheit, bis zur Entdeckeung 2008. Doch der Feldzug bringt keinen Frieden. Der Limes wird von den germanischen Stämmen nicht mehr respektiert, Einfälle häufen sich, die Römer ziehen sich um 268 zurück. Somit bilden in der Spätantike die Flüsse Rhein und Donau wieder die Grenze Roms zu Germanien. Aus dieser Phase liegt ein bedeutender Fundkomplex vor. Es ist die Beute eines Germanen-Raubzuges, ausgebaggert bei Neupotz (nahe Speyer). Sie stammte aus römischen Gutshöfen, Siedlungen und Heiligtümern. Als ihr Boot bei ihrem Rückzug von einer auf der Lauer liegenden römischen Patrouillenflotte auf dem Rhein abgefangen wurden, versank bei den Kampfhandlungen der Großteil ihrer Beute von über 1000 Metallobjekten im Rhein.

Krieg und Frieden

In der Region Peine sind mehrere aufgelassene Siedlungen aus der römischen Kaiserzeit bekannt und erforscht. Die kaiserzeitlichen Siedlungsstellen Stederdorf, Schmedenstedt, Vallstedt, Berkum und eingeschränkt Solschen wurden teilweise eingehend durch Grabungen und Feldbegehungen untersucht. In Schmedenstedt fand sich sogenannte Drehscheibenware; ein römischer Import. Als Streufund aus Peine ist noch unter Mitarbeit Rehbeins ein römischer Schlüssel gemeldet worden. In der kaiserzeitlichen Siedlung westlich von Berkum waren Spuren gewaltsamer Zerstörung erkennbar, etliche große Gefäßreste fanden sich mit starken Holzkohle-Konzentrationen vergesellschaftet.
Es könnte eine Brandkatastrophe gegeben haben, in der eher kleinen, cheruskischen Siedlung, deren „Friedhof“ vor einigen Jahren endlich auch durch 2 Urnenfunde im Neubaugebiet lokalisiert wurde. Ähnliche Befunde ergaben systematische Ausgrabungen einer kaiserzeitlichen Siedlung bei Stederdorf, die man erstmals schon um 1954 durchführte. Zwei Speerspitzen-Fragmente und ein Schildbuckelnagelfund barg Rehbein in den 1970er Jahren innerhalb eines wohl ehemaligen Holz-Hauses. Sie belegen die vielfach überlieferte, übliche Bewaffnung der Germanen, über die Tacitus sagt, dass sie "kaum bewaffnet" sind, was man aber angesichts der Bandbreite der weitaus moderneren, römischen Waffentechnik verstehen könnte. Ob diese Stederdorfer Waffen jemals zum Einsatz kamen und warum sie dort beschädigt deponiert waren ist unbekannt. Funde römischer Waffenteile liegen jedoch aus der Region Peine nicht vor.
Man hatte jahrelang durchaus auch friedlich am Nordrand des Trentelmoores unweit des Fuhselaufes gewohnt, Vieh gezüchtet, Getreide angebaut, Textilien produziert und Eisen gewonnen.
Eine ausgedehnte ältere Siedlung der vorrömischen Eisenzeit; (abweichend C-14: 70 -240 nach Chr. ; mögliche Töpfergrube!) lag südwestlich vor dem Luhberg. Ihre Ausgrabung 1988 erbrachte besonders Siedlungskeramiken in außergewöhnlicher Qualität. Die Bestattungsplätze der einstigen Bewohner sind bisher unbekannt, der Luhberg würde sich allerdings anbieten. Die Erhebung könnte nach germanischen Bedürfnissen auch als bedeutender Thing-Platz gedient haben, zumindest ein Todesurteil wurde dann hier wohl gefällt, wie der Fund einer männlichen Moorleiche in eisenzeitlicher Tracht im Trentelmoor nahelegt. Sie wurde 1890 beim Torfabbau gefunden und wieder vergraben. Weitere Opfergaben/Weihefunde wie 2 Wendelhalsringe, eine verzierte Bronzenadel, (1865 nach Hildesheim übergeben) aus einem „Moor bei Peine“ sind ebenfalls bekannt. Bei den Halsringen dürfte es sich um eher rituelle Objekte handeln, die nicht für den täglichen Gebrauch geeignet waren. Jürgen Sonnenberg aus Stederdorf hat nicht nur die beschriebenen Siedlungen und Verhüttungsplätze zwischen Fuhse und Stederdorf entdeckt, sondern bei Erdarbeiten in den 1970er Jahren auf dem Luhberg eine ausgeprägte Brandschicht mit frühgeschichtlichen Scherben beobachtet.

Vom Wort “Thing” kommen auch allerhand heutige Begriffe wie “Bedingung”, "Bedenken", “dingfest” oder “unabdingbar"; der englische Begriff "to think" ist nahezu unverändert in den Sprachgebrauch als "denken" eingeflossen. Die Orte, an denen man sich traf, mussten zentral liegen und gut zu finden sein. Häufig wählte man deshalb Hügel (oft alte Grabhügel) oder Plätze mit markanten Landmarken, wie Steinen oder Bäumen aus. Unter den Bäumen bevorzugte man die Linde (Gerichtslinde) und die Eiche. Beliebte Thingplätze waren auch die Stammesheiligtümer, die meist in Hainen oder auf Bergen lagen. Der Thingplatz wurde ringsherum eingehegt (meist mit Steinen oder Haselstangen) und in ihm galt der Thingfriede. Die Termine der Versammlungen waren genau festgelegt und an den Mondphasen orientiert. Man traf sich regelmäßig, laut Tacitus zum mehrtägigen Thing, wobei man sich am ersten Tag stets betrank um freier sprechen zu können. Je nach Größe des Stammes konnten die Abstände der Versammlungen einen Monat oder sogar drei Jahre auseinander liegen. Zu besonderen Ereignissen wie dem Kriegsfall traf man sich auch außerplanmäßig. Die ältesten Belege des Wortes Thing finden sich auf Altarsteinen, die von friesischen Söldnern in römischen Diensten entlang des Hadrianswalls errichtet wurden. Darauf verehren sie den Gott Tyr als Mars Thingsus (Gott des Things).
Tacitus sagt über die Germanen: "Ihre Siedlungen legen sie nicht nach unserer Art an, dass die Häuser eng nebeneinander stehen und eine Straße bilden: Jeder umgibt seinen Hof mit einem freien Raum - vielleicht versprechen sie sich davon Hilfe für den Fall der Feuersgefahr, vielleicht verstehen sie auch nicht zu bauen."

Die Söldner aus Peine

Kaum 25 Jahre nach Maximinus ergibt sich ein ganz anderes Bild der hiesigen Beziehungen zu den Römern, wie eine gelochte Postumus-Münze beweist, die Dorothea Münstedt einst im Ortskern von Solschen ausgrub. 260 wurde auch Postumus von seinen Truppen in Köln zum Kaiser ausgerufen und wurde Begründer des gallischen Sonderreiches. Ein germanischer Söldner in Diensten des Soldatenkaisers kehrte, wohl vom Heimweh geplagt, zurück nach Solschen; verlor irgendwann die Münze, die er anlässlich der Erhebung erhalten hatte. Wirkliche römische Importe aus den kaiserzeitlichen Siedlungen in der Region Peine sind jedoch kaum vorhanden. Das Bild, eines in jenen Zeiten friedlich durch unsere Gegend zuckelnden, reich bestückten, römischen Händlerkarrens, lässt sich aus archäologischer Sicht nicht erkennen.

Wer waren die Cherusker?

Die genauesten Angaben hinterließ uns Claudius Ptolemäus, der schrieb, dass die Cherusker südlich der an der Elbe lebenden Caluconen wohnten und sich ihr Gebiet bis zum Harz erstreckte. Man geht deshalb davon aus, dass sich das Siedlungsgebiet der Cherusker zwischen Weser, Elbe und Harz befand. Allerdings weisen andere Berichte darauf hin, dass sich dieses Gebiet auch noch westlich der Weser erstreckte. Im Norden trennte angeblich der Angrivarierwall die Cherusker von den Angrivariern. Letzteres ist jedoch umstritten, da eine solche befestigte Grenzanlage eher ungewöhnlich für germanische Stämme war. Es könnte sich dabei um eine nur temporäre Befestigung aus dem Jahre 16 handeln, die unter Arminius im späteren Schlagabtausch mit Germanicus aus rein strategischen Gründen errichet wurde. Mommsen nennt sie bei seiner Aufzählung der germanischen Stämme schlicht: "die mächtigen Cherusker!"
"Der Spiegel" Heft 23 / 1950 zum Thema 75 Jahre Hermannsdenkmal: "Die Fosen": "Sie wohnten um Peine, im heutigen Gebiet von Celle, Braunschweig, Hildesheim und Hannover". Jedoch nur Tacitus erwähnt für die Zeit um 100 den eher kleinen Stamm der Fosen östlich der Cherusker bis wohl zur Elbe, politisch und wirtschaftlich stark abhängig von ihnen.

Die Fuhse ist ein 98 km langer, südlicher Nebenfluss der Aller in Niedersachsen. Der Name Fuhse stammt vermutlich vom althochdeutschen "funs" (schnell, zielstrebig). Die Rolle der Fuhse als Verkehrsweg ist nicht hinreichend geklärt. In der ehemaligen archäologischen Sammlung der Stadt Peine befand sich jedoch ein Altfund, den schon Rehbein als mutmaßlichen frühen Ankerstein ansprach. Sie sind besonders aus England für kleine Händlerschiffe der Antike nachgewiesen; waren preiswerter als die damals üblichen Bronzeanker; allerdings wohl üblich bis um etwa 1200.
Fünf Tonnen Getreide pro Tag - so viel benötigten die Soldaten einer römischen Legion vor 2.000 Jahren. Diese Menge ließ sich in Germanien nicht ohne Weiteres auftreiben. In den Niederlanden wurde kürzlich ein kleines, römisches Binnentransportschiff geborgen und rekonstruiert. Je nach Größe transportierten diese Fahrzeuge 15 bis 50 Tonnen Ladung. Der Nachschub für die an der Lippe zu tausenden stationierten Soldaten sei vor allem aus Gallien geliefert worden. Die germanischen Höfe hätten nur geringe Erträge erzielt und den Bedarf der Legionäre nicht decken können. Auf ihren Wegen durch Germanien begleiteten ferner Militärschiffe die Transporter. Sie hatten ihre Basis wahrscheinlich in Haltern. Befahrbar war die Lippe zudem für schwere Kriegsschiffe, so genannte Liburnen, die mehr Tiefgang als das geborgene Flussschiff hatten. 1967/68 wurde das Römerlager Anreppen in Delbrück an der Lippe ergraben; 2011 das Lager Olfen, wohl um 4 - 5 angelegt. Neben den Militärtransporten verkehrten jedoch auch private Geschäftsleute auf der Lippe, die in der großen Schar an Soldaten einen attraktiven Verbraucherkreis sahen. Daher scheuten die Händler auch drohende Gefahren nicht, um die Legionäre zu beliefern.

Im Zusammenhang mit der Varusschlacht ist es bemerkenswert, dass keiner der drei Legionsadler den die Germanen erbeuteten, anschließend bei den Cheruskern, aufgefunden wurde. Nachdem er im Jahr 35 Suffektkonsul (Folgekonsul) gewesen war, wurde Gabinius unter Caligula Kommandant des untergermanischen Heeres. Zu Beginn der Herrschaft des Claudius führte er dann im Jahr 41 einen erfolgreichen Feldzug gegen den an der Nordseeküste zwischen Elbe und Ems siedelnden Stamm der Chauken, die sich durch ihre Raubzüge und die Verbundenheit mit den benachbarten Friesen bei den Römern unbeliebt gemacht hatten. Die Chauken hatten zudem auch in der Varusschlacht auf Seite des Arminius mitgekämpft. Die Römer hatten diese Schmach nicht vergessen und sahen es als großen Erfolg an, als Gabinius Secundus endlich den letzten der drei in der Varusschlacht verloren gegangenen Legionsadler zurückeroberte. Der Feldherr erhielt als Auszeichnung dafür das Recht, den Ehrentitel "Chaucius" zu führen. Allerdings war keine völlige Unterwerfung der Chauken gelungen. Bereits im Jahr 47 nahmen sie ihre Raubzüge wieder auf und brandschatzten mit ihren leichten Piratenschiffen die gallische Küste.

Der Hildesheimer Silberfund

Der umfangreiche Fundkomplex aus Silber wurde am 17. Oktober 1868 auf dem Westhang des Galgenberges, der mittelalterlichen Richtstätte Hildesheims, bei der Anlage eines militärischen Schießplatzes entdeckt. Itzum ist einer der größten Stadtteile von Hildesheim und dehnt sich an den Südhängen des Galgenberges aus. Ortsnamen die auf „um“ enden, gelten in der Forschung als germanische Gründungen. Im Radius von etwa 3-7 Km um Hildesheim liegen ferner die "um"-Orte: Achtum, Einum, Hönnersum, Machtsum, Hüddessum, Sorsum, Harsum, Borsum, Ochtersum.
Bei den erforderlichen Ausschachtungsarbeiten stieß der Gefreite August Armbrecht auf verzierte Metallteile. Die Bergung erfolgte durch beteiligte Soldaten. Der größte Teil des Schatzfundes wurde per Karre zum Reinigen in die Kaserne transportiert. Noch am Fundort nahmen Hildesheimer Bürger Funde in Gewahrsam, die später teilweise wieder abgegeben wurden, teilweise jedoch auch in Hildesheimer Haushalten verblieben. Der Silberfund bestand aus überaus prunkvollen, silbernen und teilweise vergoldeten Tafel- und Trink-Geräten (ca. 62 - 70 - 80 (Quelle: NDR) Stücken). Es sind römisch-hellenistische und z.T. auch galloromanische Gegenstände, die höchstwahrscheinlich aus augusteischer Zeit und davor stammen. Schnell wurden sie als Beutegut der Varus-Schlacht deklariert, offenbar auch weil Stücke aus Gallien darunter sind, dem einstigen Machtbereich des Varus. Die aus Göttingen angereisten Professoren Pernice und Winter erkannten schließlich die römischen Inschriften und stilistischen Merkmale. Oberst August von Cohausen, der im Rheingebiet römische Feldlager erforscht hatte, befragte wenige Tage nach dem Fund die an der Auffindung beteiligten Soldaten bezüglich der Fundaufstellung. Er wurde außerdem damit beauftragt, nähere Untersuchungen am Fundort vorzunehmen, die er 1869 durchführte. August von Cohausen fand während dieser Grabungen zahlreiche Pferdegerippe und auch Fragmente römischer Fibeln.
Bei dem Fundort handelte es sich offenbar um eine Grube, in der die Fundgegenstände in relativ geordneter Form als Dreieck aufgestellt waren. Es handelt es sich um Tischgerät aus Silber, man kann insgesamt von einem Tafelgeschirr sprechen. Aus eingepunzten antiken Nummerierungen und Gewichtsangaben schlossen Experten, dass es sich um die Hälfte eines Tafelgeschirrs handelt. Da für eine Reihe von Bestandteilen des Geschirrs genau die Hälfte des angegebenen Gesamtbestands gefunden wurde, gehen einige Wissenschaftler davon aus, dass hier einst eine bewusste Teilung (?) eines ehemals doppelt so großen Silberensembles vorgenommen wurde.
Einige der gefundenen Gegenstände zeigen starke Nutzungsspuren. Eingravierte Besitzernamen weisen darauf hin, dass die Geschirrbestandteile unterschiedlichen Vorbesitzern gehörten und das Tafelgeschirr offenbar aus verschiedenen Quellen zusammengestellt wurde.
1897 und 1927 grub Carl Schuchardt (Grub auch im Lagerkomplex Haltern) an dem Platz und fand in ca. 500 Meter Entfernung eine germanische Siedlung(!) mit merkwürdig erweiterten Kellergruben.
Aus den Inschriften mancher Stücke lässt sich laut Pörtner darauf schließen, dass sie einst römischen Soldaten gehörten: 2 Schalen z. B. gehörten einem Quintus Agrius aus der Centurie des Nasonius und waren wohl Tapferkeitsauszeichnungen. Besitzer waren also keine höheren römischen Offiziere (oder gar Varus), sondern eher eine Gruppe besser gestellter, verdienter Legionäre. Pörtner lehnt ferner die Grabbeigabentheorie ab und spricht von ungeordneter Deponierung.
Hobby-Historiker Rainer Friebe nennt die ursprünglichen Besitzer eine "Zeltgemeinschaft" von Legionären der 18. Legion. Der Begriff Kumpane stammt aus dem lateinischen; es ist derjenige mit dem ich mein Brot teile. Friebe glaubt jedoch ferner das Zilly bei Halberstadt der Hauptort der Varusschlacht gewesen sei.
Das ursprüngliche Silberensemble bestand also eher aus ca. 150 Stücken. Es stellt sich die Frage, wem gehörte dieser Schatz zum Zeitpunkt seiner Deponierung bei Hildesheim?

War der Hildesheimer Silberfund „nur“ ein Götteropfer?

Die 1869 auf dem Fundplatz Silberfund-Galgenberg festgestellten Pferdebestattungen, vergesellschaftet mit römischen Fibeln deuten auf einen Opferplatz hin.
Die heutzutage gängige Theorie der Verwalter der Stücke, dass ein römischer Händler diesen Schatz angesichts einer akuten Bedrohung vergraben hat, wurde schon von anderen Autoren mit logischen Argumenten verworfen. Es gab zwar den erwähnten römisch-germanischen Handel, aber welcher Händler hätte einen so umfangreichen Silber-Schatz in das noch unsichere germanische Gebiet verbracht, in dem es keine potentiellen Käufer dafür gab? Die Erwähnung in der älteren Literatur, dass aus der Gegend um den Galgenberg 2 römische Merkurstatuen-Funde stammen sollen, dürfte eine Ursache für die "Händler-Depot-Theorie" sein. Die Kaufleute folgten dem römischen Militär. Durch ihren regelmäßigen Sold (Bezahlung) waren die Soldaten geschätzte Kunden. Die römischen Händler nutzten, sobald es möglich war, die Gewässer zum Transport von Gütern. Für den Weitertransport zum Markt und zu Kunden in Siedlungen abseits schiffbarer Flüsse war ein Lastwagen erforderlich.
Der römische Gold/Silber-Hort von Backworth wurde um 1811 gefunden, an der Ostküste Englands, am Hadrianswall. Er wurde vermutlich um 140 dort deponiert. 280 Münzen, mit 2 Schlußmünzen des Antoninus Pius (138 - 161) sollen u. a. Bestandteil des umfangreichen Hortes gewesen sein. Eine Schöpfkelle in Form einer Kasserolle mit Inschrift ist im Britischen Museum erhalten (1850 wurden Stücke erworben). Die Inschrift lautet angeblich: "Ein Geschenk von Fabius Dubitatus an die Mütter". Der Vor-Name Fabius war jedoch ein Nachname und der Nachname "Dubitatus" existierte seinerzeit nicht. Logischer wäre die abweichende Übersetzung:
"Von Fabius der zweifelt (oder: Bedenken hatte) zu den Müttern". Oder sehr frei: " Vom Fabius der im Zweifel ist (oder war) den Göttinnen geweiht". Demnach handelt es sich um ein offensichtliches Bitt-, oder Dank-Opfer. Ferner ist in einen der gefundenen Ringe eine Widmung an die "Matres" eingraviert. Das bekannte Repertoire der männlichen, römischen Vornamen der frühen römischen Kaiserzeit umfaßt ohnehin nur 18 Namen; durch Kombinationen waren Unterscheidungen möglich.
Fabius (eingedeutscht Fabier, römisch abgekürzt FAB) war der Nach-Name einer der führenden Patrizierfamilien Roms. M. Fabius Iulianus Heracleo Optatianus aus einer sehr reichen Region in Spanien stammend, war ein Arvalbruder unter Hadrian und Antoninus Pius von 135 bis 155.
Aufgrund einer Inschrift aus Rom wissen wir, dass Caracalla mit seinem Heer am 11. August 213 oder kurz danach den Raetischen Limes überschritten hatte - allen Hinweisen zufolge auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Rainau im Ostalbkreis. Was hat es nun mit der Inschrift, die zum Bestand der so genannten Arvalakten gehört, auf sich? Das Kollegium der Arvalbrüder (lat. fratres arvales) umfasste zwölf Priester, die im Dienste der Fruchtbarkeitsgöttin Dea Dia standen. Der Name der Arvalbrüder leitet sich vom lateinischen Wort "arvum" ab, was Acker oder Feld bedeutet. Der Kult, der mit der Fruchtbarkeit der Felder und deshalb untrennbar mit dem Wohlergehen Roms verbunden war, reichte in die Frühzeit der römischen Geschichte zurück. Unter Augustus wurde der Kult wieder zu neuem Leben erweckt. Ab nun waren die Arvalbrüder auch für das Wohlergehen der Kaiser und ihrer Familien zuständig. Auszüge aus den Protokollen des Kollegiums wurden in Stein gemeißelt und dann im Heiligtum der Dea Dia an der Via Campana, dem Hauptsitz der Arvalbrüder außerhalb der Stadt, angebracht. Dort wurde im Jahr 1868 bei Ausgrabungen die Inschrift entdeckt, die wichtige Angaben zum Germanenkrieg des Caracalla enthält. Sie berichtet von der Zusammenkunft und dem Opfer der Arvalbrüder für das Wohle des Kaisers am Tempel der Iuno Regina auf dem Kapitol in Rom. Die Textpassagen, die Informationen über den Germanenkrieg geben, lauten in der Übersetzung:
Am 11. August [213] … sind die Arvalbrüder zusammengekommen, weil unser Herr und Imperator, der Heiligste, der Fromme, Marcus Aurelius Antoninus Augustus, oberster Priester, dabei ist, über den Raetischen Limes in das Land der Barbaren einzudringen, um die Feinde zu vernichten …
am 6. Oktober [213] … wegen des Heils und des Germanensiegs des Imperators und Caesars Marcus Aurelius Antoninus Pius Felix Augustus, des größten Parthersiegers, des größten Britanniersiegers, des größten Germanensiegers, des obersten Priesters …
Caracallas Feldzug brachte den Grenzprovinzen noch einmal eine Generation lang Frieden, bevor mit den schon erwähnten Germaneneinfällen ab 233 das Ende des Limes eingeläutet wurde und letztlich Maximinus Thrax 235 seinen Feldzug startete.
Der Hadrianswall war bis zur Regierungszeit des Antoninus Pius, auf dessen Veranlassung etwa ab 141 (vermuteter Zeitpunkt der Deponierung des Hortes) an der Schwelle zum schottischen Hochland ein neues Holz-Torf-Wallsystem („Antoninuswall“) gebaut wurde, die nördlichste Grenzzone des römischen Reiches gegen die Pikten. Die Erweiterung konnte jedoch nicht aufrechterhalten werden (etwa von 141 bis 161). Der Hadrianswall und dessen Kastelle wurden nach Aufgabe des Antoninuswalles erneut zur Sicherung der Grenze genutzt. Denkbar ist, dass ein Fabier einst das Götter-Opfer von Backworth für das gewagte, letztlich gescheiterte, kaiserliche Vorhaben darbrachte.
Woher stammt der Hildesheimer Silberfund?
Die Plünderung des befestigten Legionslagers Vetera I (Birten) nahe dem heuigen Xanten (fälschlich: Colonia Ulpia Traiana; erst um 100 gegründet, Trajan war erst ab 98 Kaiser) im Bataveraufstand kommen für seine Herkunft in Frage. Der Bataveraufstand war eine Revolte der germanischen Bataver, bisher treue Verbündete Roms, weiterer germanischer sowie gallischer Stämme gegen die römische Herrschaft in Niedergermanien unter ihrem Anführer Julius Civilis (ein Überläufer). Die batavische Reiterei, hatte bisher als Leibgarde des Kaisers Nero gedient, der 68 zum Suizid genötigt wurde, es folgten Wirren in Rom (Vierkaiserjahr 69).
Aufgrund eines raschen Abzuges von etwa 70 000 Soldaten aus dem Gebiet am Niederrhein, griffen die Bataver 69 die nun stark geschwächten Römer an. Im März 70 wurde das lange belagerte Vetera I zur Plünderung freigegeben, den ausgehungerten Legionären wurde freier Abzug gewährt. Sie wurden jedoch nur fünf Meilen südlich Veteras von Germanen aus dem Hinterhalt überfallen und niedergemacht. Durch "frische", römische Truppenverbände wurde der Aufstand letztlich aber doch verlustreich niedergeschlagen.
Die Vespasiansmünze (1905 bei Handorf gefunden) könnte aufgrund ihrer Zeitstellung ein Mitbringsel aus diesem Kampfgebiet sein, vorausgesetzt ein hiesiger Cherusker war beteiligt. Es handelt sich um eine (Propaganda-)Münze mit der Aufschrift JUDAEA CAPTA, die nach der Niederschlagung des jüdischen Aufstand bereits ab 69 n. Chr. geprägt wurden. Als Motiv diente ein römischer Legionär (Symbol für die siegreichen römischen Truppen), eine Palme (Symbol für die Provinz Judaea) und eine trauernde Witwe (Symbol für das zerstörte Jerusalem) (Frank Berger hält es für wenig wahrscheinschlich, dass es ein Cherusker in römischen Diensten war, der den Sesterz verlor, denn es wurden Denare als Sold ausbezahlt).
Eine weitere Herkunfts-Variante ist eine gezielte Schenkung an einen Germanenfürsten in der Phase vor 9, immerhin soll Varus sehr vermögend gewesen sein. Die Cherusker unter Arminius könnten jedoch auch zur Stärkung der Einheit mit den verbündeten Stämmen ganz bewußt auf die 3 erbeuteten Legionsadler aus der Varusschlacht verzichtet haben, wohl aber das Silber beansprucht haben, wenn es tatsächlich mitgeführt wurde.
Sollte Varus und seine Soldaten schon im Raum Hildesheim vor den Plänen des Arminius gewarnt worden sein, so könnten gar die Legionäre selbst (Zeltgemeinschaft) ihr Silber dort vergraben haben, was jedoch voraussetzt, dass keine Cherusker mehr in der Nähe waren. Im Gegensatz zu Varus selbst sollen seine Untergebenen starke Zweifel an der Loyalität des Arminius gehabt haben. Furcht vor Kampfhandlungen könnte also ein guter Grund für eine Deponierung (in einer Transportkiste ?) in geringer Tiefe auf dem Berg gewesen sein.

Versank Haltern wirklich im "Dornrösschenschlaf"?

Die Herkunft des Silbers aus der Plünderung des Heerzuges des Varus setzt voraus, dass man den umfangreichen Besitz mit sich führte. Haltern könnte das gesuchte Aliso sein, in die sich die überlebenden Römer aus Kalkriese und der Lippe-Lager flüchteten. Im Siegestaumel werden alle römischen Lager von den Germanen zerstört, angeblich gelingt es aber den belagerten Römern sich unbeschadet aus Aliso zum Rhein zu retten. Die archäologischen Befunde weisen für Haltern tatsächlich keine Objekte nach 9 aus! Dass ausgerechnet Haltern von den vermutlich noch durch Aussicht auf Beute personell verstärkten Verbänden der Germanen verschont blieb, ist eher unwahrscheinlich.
Spätestens jetzt wird wohl klar, dass die latente Reduktion auf Kalkriese als Örtlichkeit der Varusschlacht uns den Blick vertsellt auf die wahren Ereignisse des Jahres 9, denn begrifflich richtig war es der Arminius-Angriff, der nun zum Arminius-Feldzug mutiert.
Pörtner deklariert das Silber als Besitz einfacher Soldaten! Diese hätten es weit im Vorfeld der Ereignisse als Ehrengaben erhalten haben können; die von der Kunstgeschichte vermutete Herkunft aus Gallien wäre somit kein Widerspruch, es wurde auch von Varus verwaltet. Trifft das zu, stellt sich die entscheidende Frage, ob diese einfachen, aber ausgezeichneten Legionäre ihr Silber auf ihre heikle "Dienstreise/Mission" zu den Germanen mitnahmen, oder es in der gut befestigten und bewachten Garnison, dem Lager Aliso, ließen? Ohne Proviant konnten die Belagerten in Aliso nicht lange überleben. Sollte sie jedoch noch über das Silber verfügt haben, deren Besitzer mehrheitlich schon in Kalkriese getötet wurden, hätten sie es leicht für einen "Freikauf" verwenden können, in dem man eventuell mittels eines geeigneten Unterhändlers an den Großmut des Arminus appelierend um Gnade bat; genug Blut war wohl geflossen. Dieser könnte ein ehemaliger Begleiter und Vertrauter aus Arminius römischer Vergangenheit gewesen sein. Die gerechte Aufteilung, der noch nach 2000 Jahren faszinierenden Stücke (und vermutlich weiterem Luxus-Inventar), wird die Germanen einige Zeit beschäftigt haben. Stimmt diese Theorie, stellt die Angelegenheit wahrlich keine Ruhmestat dar, die die römische Geschichtsschreibung gern erwähnt, wäre wohl aber doch eine logische Erklärung für den unbehelligten Rückzug der Bedrängten an den Rhein! Das gleiche Muster wurde wie schon erwähnt später, (70), auch im Bataveraufstand angewendet.
In der Spätantike bilden die Flüsse Rhein und Donau wieder die Grenze Roms zu Germanien. Aus dieser Phase liegt ein bedeutender Fundkomplex vor. Es ist die Beute eines Germanen-Raubzuges, ausgebaggert bei Neupotz (nahe Speyer). Sie stammte vermutlich aus römischen Gutshöfen, Siedlungen und Heiligtümern. Als ihr Boot bei ihrem Rückzug von einer auf der Lauer liegenden römischen Patrouillenflotte auf dem Rhein abgefangen wurden, versank bei den Kampfhandlungen der Großteil ihrer Beute von über 1000 Metallobjekten im Rhein.
Der Silberschatz von Kaiseraugst (Schweiz, am Oberrhein) vereint 270 Objekte aus reinem Silber und wiegt insgesamt 58 Kilo. Er stammt aus der Mitte des 4. Jahrhunderts. Das Silber war von römischen Soldaten über lange Jahre hinweg gehortet worden. Zusammengetragen aus kaiserlichen Geschenken und aus Erbschaften, stellte der Schatz ein beträchtliches Vermögen dar. Nach 273/74 errichteten die Römer in der Unterstadt ein Kastell, das als Hauptquartier der Legio I Martia diente. Bei einem Angriff/Belagerung durch Alamannen auf das Kastell in Kaiseraugst, musste das wertvolle Gut in höchster Eile innerhalb der Mauern vergraben werden. Vermutlich kamen die Besitzer danach aber ums Leben, denn der Schatz geriet bis zur Auffindung 1961 in Vergessenheit. Der Freikauf war in der Vergangenheit nicht unüblich. Es kam später häufiger vor, dass Eindringlinge wie Wikinger oder Kelten Tribut forderten anstatt den Ort zu überfallen, so dass sich dieser durch die Zahlung einer bestimmten Menge von Wertgegenständen freikaufen konnte. Das sogenannte "Danegeld" war ein regelmäßiger Tribut an die Normannen. Der Begriff "Gjald" ist schon auf einem Runenstein aus dem Anfang des 4. Jahrhunderts belegt.
2014 barg ein Raubgräber bei einer illegalen Grabung in einem Wald bei Rülzheim (Rheinland-Pfalz, 80 Km südlich von Mainz, ca. 5 Km links des Rheines) einen umfangreichen Hortfund aus der spätrömischen Zeit. Bei diesem sogenannten "Barbarenschatz" handelt es sich laut Landes-Archäologe Axel von Berg um Gold und Silbergerät (u.a. Reste eines Feldherrenklappstuhles und Besatz eines Prunkgewandes) aus dem 5. Jahrhundert. Die Beute eines Germanenraubes; offenbar einst hastig in geringer Tiefe vergraben an einer alten Römerstraße, als die germanischen Räuber von Römern gestellt wurden.
Die Fundinterpretation nach dem Neupotz-Schema ist jedoch fraglich. Demnach hatte eine Bande Germanen erfolgreich einen hochgestellten Römer beraubt und die Beute über eine Römerstraße in Rheinnähe transportiert. Aufgebracht von überlegenen, römischen Soldaten vergraben sie hastig das Diebesgut und unterliegen (sterben) tatsächlich im Kampf. Die Sieger sollen davon nichts bemerkt haben, der Schatz verbleibt im Erdreich. Am 31. Dezember 406 - 1. Januar 407 überschritten germanische Stämme wohl bei Mainz den Rhein; 410 wird Rom bereits von den Westgoten geplündert.
Wer in den räuberischen Zeiten der Völkerwanderung Kostbarkeiten vergrub, begnügte sich nicht damit, sie fünfzig Zentimeter tief zu betten. Da aber die Goldornamente und silbernen Statuetten, die Silberteller und die goldverzierten Teile eines Klappstuhls, gepresst in eine Holzkiste, in eben dieser geringen Tiefe am Rand einer einstigen Römerstraße bei Rülzheim gefunden wurden, spricht alles dafür, dass sie während einer Flucht unter die Erde kamen. Ob das Fund-Ensemble noch vollständig ist, bleibt unklar, nach ersten Aussagen des Raubgräbers waren wohl das Gewand und auch der Stuhl vollständig deponiert worden. Experten erkennen darunter sowohl provinziale Arbeiten, als auch Importe aus dem oströmischen Reich.

Wer floh vor Wem?

Flucht war oft das einzige, was seit dem Jahreswechsel 406 den römischen Gutsherren, Kaufleuten und Beamten übrig blieb, die links des Rheins lebten. Das Römische Reich, jahrhundertelang relativ sicher, brach unter dem Ansturm von Germanen zusammen; Grenzen fielen, Städte und Landsitze wurden gebrandschatzt, die Verwaltung vernichtet. Raffte also ein reicher Römer in der heutigen Vorderpfalz seine Güter zusammen, verbarg sie, hoffend, bald zurückkehren zu können, hastig am Straßenrand und verschwand dann ungewollt für immer?
Der schlichte, einzig zerhackte Teller, muß nicht zwingend durch Germanenhand ungleich gedrittelt worden sein. Für eine Flucht gen Süden war Geld nötig, um frische Zugtiere oder Proviant zu kaufen; allerdings ist es wichtig, dass dem Ausgräber Informationen über die Fundanordnung entlockt wurden, also Stuhl und Zermonien-Gewand wohl vollständig deponiert waren und das Hacksilber eventuell obenauf lag. Einen hohen römischen Würdenträger jener Epoche, könnte man in Mainz vermuten. Das gezielte Verbergen seiner Macht-Insignien bedeutete für den Fall einer Gefangennahme auf seiner Flucht gleichzeitig auch mögliche Schonung vor schwerer Bestrafung, durch die Tarnung als Zivil-Person. Der Druck der südwärts nachrückenden Germanen, oder eine drohende Rheinüberquerung im weiteren Verlauf der Flucht könnten Grund zur Deponierung gewesen sein. Das Überschreiten des Rheines 406-407 dürfte nicht nur an einer Stelle stattgefunden haben, denn leicht hätten die Römer Truppen zusammenziehen und den Übergangspunkt besetzen können. Wahrscheinlicher ist, dass man unterhalb von Mainz an mehreren geeigneten Stellen unbemerkt übersetzte, als eine direkte Konfrontation zu wagen.
Die geordnete Einbringung des Hildesheimer Silberfundes spricht eher für ein sorgfältiges Verstecken! Letzteres ist in Bezug auf die neuen Erkenntnisse um das Gefecht am Harzhorn eine Überlegung wert. Die Handlung steht auch im Gegensatz zur althergebrachten nordischen Opfertradition. Es sind Opfer-Funde der Germanen reichlich bekannt. Es handelt sich zumeist aber um Depots aus Metall, wie Waffen, Trachtenteile, Münzen oder Schmuck, die man fand, fast immer jedoch in Mooren, Sümpfen, Flüssen und Quellen. Allein über 15.000 Waffenteile haben Archäologen bereits aus dem feuchten Boden der dänischen Moore geborgen (Unterlegene Agressoren, wohl aus dem heutigen Norwegen, sind ferner regelrecht abgeschlachtet worden, wie schwerste Verletzungen an Schädelfunden zeigen).
Einen weiteren Sonderfall diesbezüglich stellt allerdings auch der kaiserzeitliche Quellopfer-Fund aus dem unweit gelegenen Bad Pyrmont dar. Der 1863 von Rudolph Ludwig geborgene Pyrmonter Brunnenfund umfasst allein 250 Fibeln des 1. - 4. Jahrhunderts, römische Münzen, einen Löffel und eine emaillierte römische Kasserolle. Hier aber kann es sich kaum um einen einmalig abgelegten Schatz handeln, sondern nur um über lange Zeit, wahrscheinlich über Jahrhunderte, in die Quelle geworfene Opfergaben. Die drei Silbermünzen datieren vom späten 1. bis frühen 3. Jh. n. Chr.

Schlachtpläne „made in Hildesheim“?

Wenn aber der Hildesheimer Fundkomplex angenommen noch im Spätsommer 235 „ererbtes“ Eigentum einer ranghohen germanischen Sippe war, wie wird deren Vorsteher auf die schlimmen Nachrichten über den massiven Zerstörungs-Feldzug des Maximinus Thrax reagiert haben? Denkbar wäre, dass man mit wenigen Getreuen im Vorfeld der Vorbereitung des Hinterhaltes am Harzhorn den kostbaren Besitz an der exponierten Fundstelle auf dem Berg heimlich vergrub; man konnte ihn unmöglich für das geplante Vorhaben sicher mitführen! Dazu der Hildesheimer Jürgen Martin Regel: "Der Schatz scheint hastig vergraben worden zu sein, mit dem Ziel, ihn nach kurzer Zeit wieder zu bergen."
Wenn aber die wenigen eingeweihten Protagonisten der Silberfund-Deponierung in einer Schlacht getötet wurden, so haben sie ihr Wissen um die Örtlichkeit nicht mehr weitergeben können! Der zeitliche Abstand zur fraglichen Übernahme des Silbers im Jahre 9 ist jedoch enorm. Es kann wahrscheinlicher auch ein innergermanischer Agressor gewesen sein, der den späteren Besitzer des Silbers ernsthaft bedrohte, die ständigen Konflikte unter den Stämmen sind uns überliefert. Auch ein solcher Schlagabtausch kann mit dem Tod des Besitzers geendet haben. Auch wissen wir nicht wo Arminius wohnte, dem nach dem Sieg über Varus einen heftiger Schlagabtausch gegen Germanicus und anschließend auch Marbod bevorstand.
Treffen diese Überlegungen zu, weisen sie den Raum Hildesheim wieder einmal als einen ehemaligen Standort der einstigen cheruskischen Stammes-Elite und Führung aus!
In einer 1983 ausgegrabenen Siedlung in Hildesheim-Bavenstedt wurden zwei Pferdegräber gefunden. Die Siedlung bestand vom 3. - 5. Jahrhundert n. Chr. Die Bestattungsform belegt die besondere Wertschätzung dieser Tiere, denn andere Pferde dienten als Schlacht- und Arbeitstiere, wie das Knochenmaterial aus der Siedlung zeigte. Das Pferd gilt als das heilige Tier der Germanen, die Stammes-Elite ritt. Auch Beibestattungen mit Hunden sind aus germanischen Füstengräbern bekannt.
Auch in Giften bei Sarstedt wurde 2011 eine kaiserzeitliche Siedlung gleicher Zeitstellung ausgegraben.

Die Elite von Gehrden

Die heutige Stadt Gehrden (Entfernung zu Hildesheim beträgt: Luftlinie 30 Km) war in den Jahrhunderten nach Christi Geburt kein "normales" germanisches Dorf. Die laufenden archäologischen Untersuchungen im Bereich des künftigen Gewerbegebiets Bünteweg lassen vielmehr darauf schließen, dass hier ein "Big Man" - Angehöriger der germanischen Elite - zuhause war. Als überregional bedeutende "Schlüsselfundstelle" bezeichnet die bei der Region Hannover und Hildesheim beschäftigte Kommunalarchäologin Ute Bartelt die Grabung: "Die systematische Erforschung des Bereichs wird die Archäologie des 1. Jahrtausend n. Chr. entscheidend voranbringen."
Die Fachleute legten in Gehrden Überreste einer Siedlung aus der späten römischen Kaiserzeit/frühen Völkerwanderungszeit, also aus der Zeit des 3. bis 6. Jahrhunderts nach Christus, frei. Zu Tage getreten sind bislang neben Befunden wie Pfostengruben, Vorrats- und Abfallgruben sowie Grubenhäusern auch ein Flechtwerkbrunnen und vor allem eine Vielzahl von Scherben. Sie lassen darauf schließen, dass den Bewohnern der Siedlung sog. Drehscheibenware nicht fremd war. Ute Bartelt: "Schnell rotierende Töpferscheiben waren in der Germania Libera, dem nicht durch die Römer besetzten 'freien' Germanien, unbekannt, die handgefertigte Keramik war vorherrschend." Für die Kommunalarchäologie nicht nur ein starkes Indiz dafür, dass die Bewohner intensive Kontakte zum Römischen Reich unterhielten: "Am heutigen Bünteweg müssen Angehörige der germanischen Elite mit weitreichenden Kontakten zuhause gewesen sein. Dies belegen auch die Funde von Glas und Metallobjekten aus römischer Produktion." Die germanische Siedlung profitierte damit von ihrer Lage an einem überregional wichtigen Verkehrsweg (Hellweg im ungefähren Verlauf der B 65); den ihre Bewohner vermutlich einst ähnlich kontrollierten wie die Cherusker den Innerste-Übergang bei Hildesheim. Als Hellweg bezeichnete man im Mittelalter eine große Königs- oder Heerstraße oder eine wichtige Durchgangsstraße für den Fernhandel, die in der Breite einer Lanzenlänge von etwa drei Metern dauerhaft von Bewuchs freigehalten werden musste.
1902 gab es auf dem Gehrdener Berg (!) bereits einen bedeutenden Münz-Hortfund. Ein Maurer fand beim Stuckenroden in einer nach Degersen gelegenen Fichtenparzelle 30 römische Silber-Münzen. Die ältesten stammen noch aus der Zeit von Gaius Julius Caesar, die jüngsten aus dem Jahre 2 nach Chr. (eventuell noch etwas jünger). Vielleicht war es Cherusker-Besitz, der vor den zu erwarteten Kampfhandlungen mit Varus vorsorglich vergraben wurde? 1935 wurden 4 weitere römische Münzen gefunden; ferner liegt ein Einzelfund eine Augustus Denars vor, der zwischen 8 - 10 vor Chr. in Lyon geprägt wurde (Frank Berger).
Autoren wie Werner Thiel sehen in der Lage Gehrdens am Hellweg (heute teilweise B 65), der über Sarstedt nach Hildesheim führte, einen Hinweis, dass die Römer unter ihrem Feldherrn Varus im Jahre 9 auch an Gehrden vorbeigezogen sind und am Burgberg möglicherweise Station gemacht haben. Schließlich liegt das vermutete Schlachtfeld in Kalkriese bei Osnabrück in der Verlängerung dieses alten Weges. Der Marsch der Legionen des Varus führte möglicherweise aus der Region Kalefeld entlang der Leine bzw. im Tal der Leine bis in Höhe des heutigen Nordstemmen. Entlang der Route sind zeitlich entsprechende Münzfunde belegt. Nördlich des Höhenzuges "Deister" war ein Abbiegen Richtung Nordwesten möglich, da hier kein Berg den Marschweg der Legionen und dem Tross behinderte, bis zum heutigen Bad Nenndorf. Zwischen Gehrden und dem "Deister" bietet ein flaches Tal optimale Marschbedingungen.
Moderne Deutung zur Varusschlacht mit Harz-Bezug
Gibt man bei Google-Maps als Suchkriterium ein "von Halberstadt nach Kalkriese" und wählt die Option "Fußweg", so wird eine Route errechnet, die genau durch Hildesheim führt. Gibt man als Zwischenstation Winzenburg ein, errechnet Google-Maps einen Weg durch den Römergrund am Thüster Berg und der Porta Westfalica vorbei nach Kalkriese. Dieses könnte der kleine Umweg gewesen sein, auf den Varus gelockt wurde.

Welchen Stellenwert hatte Silber bei den Barbaren?

Ganz interessant als Abschlußbemerkung ist eine Übersicht über die Preise im Europa der Wikingerzeit, zu finden in der Publikation "Wikinger am Rhein", der Niederländerin Annemarieke Willemsen: "Münzgeld wurde von Herrschern geprägt und ausgegeben und hatte oft nur eine regionale Bedeutung. "International" reduzierte man die Münzen auf das, woraus sie bestanden: Silber. Sie wurden zerhackt und so zu "Hacksilber". Für 1g Silber bekam man schon 10 Hühner, ein Schaf kostete immerhin schon 15g, ein Schwein das Doppelte, ein gutes Schwert mit Scheide kostete 500g. Mit 820g Silber führt das Kettenhemd die Liste an".
2012 wurde in Bath der bisher größte römische Silberfund Englands ausgegraben. Es handelt sich um 30 000 Silbermünzen (5-6 Mio. €)aus der Zeit um 270, also wiederum der Phase der sogenannten Krise des 3. Jahrhunderts, in der seit Postumes Erhebung Spaltung und Zerfall des Reiches drohten. Kaiser Claudius II., genannt Gothicus, kämpfte zu dieser Zeit gegen eine Invasion der Goten. Er starb 270 an der Pest. Das milde Klima in Bath (Golfstrom), gelegen am Fluß Avon (röm. Avona) und die einzigen heißen Quellen Englands qualifizierten den Ort zu einer römischen Metropole mit einer Thermenanlage nach mediterranen Vorbildern. Ein weitere englischer Hortfund römischen Silbergerätes soll aus dem 4. Jahrhundert stammen, er wurde bereits vollständig zerhackt deponiert.
Die Zuwendung zu Edelmetallen; ihr horten und verstecken, besonders in Krisenzeiten, ist eine menschliche Eigenheit, die die Jahrtausende überdauert hat. Die berühmten Peiner Münzfunde bestätigen das. Wer auch immer letzter Besitzer der Hildesheimer Silberobjekte war; die Faszination, die diese Stücke noch nach über 2000 Jahren auf Menschen ausüben, dürfte sie vor einem schlimmeren Schicksal bewahrt haben! Dass die Region Hildesheim in den römisch-germanischen Beziehungen der Kaiserzeit eine bedeutende Rolle spielte ist wohl klar, was natürlich auch für Arminius gilt, der noch immer als ein deutscher Nationalheld und Befreier verklärt wird.

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