Müller, Mehl und Münzen – Bei Knüppels Mühle wurde auch gebadet

Die Peiner Wassermühle im März 1952
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Fast 5 Jahrhunderte war die Neustadtmühle, eine Wassermühle an der Fuhse, ein wichtiger Eckpfeiler der Peiner Wirtschaft. In historischen Dokumenten ist die Mühle 1622 erstmals genannt, dürfte aber noch wesentlich älter sein. Der im Mittelalter eingeführte gesetzliche Mühlenzwang band die Bauern an bestimmte Mühlen und sicherte den Müllern gute Einkünfte. Die Silber-Münzschätze, die 1906 und 1966 in der Peiner Neustadtmühle bei Umbauten ausgegraben wurden, umfassten über 500 große Taler, die jeweils mehrheitlich noch vor Ort entwendet wurden; sie sprechen für den Wohlstand der Betreiber. In 2 Keramik-Töpfen fanden sich internationale Prägungen u.a. aus den spanischen Niederlanden datiert von 1352 bis 1632; wohl deponiert im Dreißigjährigen Krieg, als die Stadt Peine belagert und eingenommen wurde.
Am 29. Oktober 1868 ersteigerte Wilhelm Knüppel die Neustadtmühle für 9595 Taler und erwarb neben der Mühle und ihren Wohn- und Wirtschaftsgebäuden die dazugehörigen Gärten, Äcker und Wiesen. Knüppel betrieb auch Landwirtschaft und verkaufte Stangen für den Anbau von Erbsen, Stroh, Kalbfleisch, Butter, Milch und sogar Mist.
Das Geschäft florierte und Knüppel stellte 1873 von der Lohnmüllerei zur Handelsmüllerei um, kaufte also Getreide ein und verkaufte das Mehl weiter.
In der Mühle wurden sogar Nachtschichten eingeführt um auf Vorrat zu mahlen, falls einmal eine wasserarme Zeit einbrach. 1904 übergab Wilhelm Knüppel die Mühle seinen Söhnen Wilhelm und Otto und erbaute für sich ein Wohnhaus westlich der Fuhse, die ,,Knüppelsche Villa'', in der er aber nicht mehr lange leben sollte, denn Knüppel Senior starb am 29. Mai 1905 im Alter von 67 Jahren.

Im Mühlenbecken wurde auch gebadet

Das gestaute Fuhsewasser erwärmte sich bisweilen im Sommer angenehm und lockte die Peiner Jugend an. Damals wurde noch in der Fuhse gebadet. Es gab in Peine zwei solche Badestellen: Die eine im Mühlenkolk bei Knüppels Mühle und eine weitere an der Stelle des heutigen Stadtbades.
Die Brüder Wilhelm und Otto hinterließen keine männlichen Erben, die geeignet waren die Mühle zu übernehmen, denn Wilhelms einziger Sohn war nach Südamerika ausgewandert. Ottos Tochter Margarete heiratete jedoch am 31. Januar 1931 den aus Schlesien stammenden Diplom-Ingenieur Otto Scheiblich, dessen Sohn Hans-Otto 1957 Geschäftsführer der Mühle wurde.

Billiges Brot für Alle – Richard Vetter revolutionierte das Peiner Backwesen

In der Nachkriegszeit machte der Strukturwandel in der Landwirtschaft den Mühlen zunehmend zu schaffen, so das Otto Scheiblich mit Richard Vetter, der sehr erfolgreich seine Brotfabrik in Dungelbeck betrieb, ins Gespräch kam. Da Vetter aber unter Ausnutzung moderner Technik das Brot rationell in Massen herstellte und es als Billigware verkaufte, war die Stimmung der umliegenden Peiner Handwerksbäckern so gereizt, dass die Neustadtmühle letztlich keinen Kontrakt mit Vetter einging. Das Risiko, dass die Bäckereien aus Protest die Mühle boykottierten war zu groß. Die immer schlechter werdende Lage der Mühlen einerseits und der von der Vetter-Fabrik ausgehende Wettbewerbsdruck brachte Scheiblich auf die Idee mit den Bäckern des Kreises Peine eine Gemeinschaftsbäckerei an der Mühle zu errichten. Scheiblichs Projekt scheiterte dann kurz vor dem Bau, wobei auch die städtischen Planungen für den heutigen Fuhsering hineinspielten. Stattdessen setzte sich mehr und mehr die Überzeugung durch, die Mühle müsse aus verschiedenen Gründen stillgelegt werden. Vor gut 50 Jahren, im Januar 1965 dann, kam das endgültige Aus für die alte Peiner Wassermühle.
Bis zum 1. Juli 1972 war die Anlage zwar noch als Landhandel verpachtet, trotz intensiver Bemühungen fand sich leider keine Möglichkeit das Mühlengebäude sinnvoll zu nutzen; es wurde vor 35 Jahren im Sommer 1981 abgerissen. Heute steht auf dem historischen Grundstück ein Alten- und Pflegeheim.

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