Ich will Gesang, will Spiel und Tanz....

Plastik "Immortality" im botanischen Garten in Wichita/KS, USA
  • Plastik "Immortality" im botanischen Garten in Wichita/KS, USA
  • hochgeladen von Edgard Fuß

.... will, daß man sich wie toll vergnügt;
ich will Musik, will Spiel und Tanz wenn man mich unter´n Rasen pflügt...
(Nach Klaus Hoffmann)

Letzt war es mal wieder soweit.
Ein guter Bekannter, schon sehr betagt, ist verstorben.
Die Nachricht ging herum, Ort und Zeit der Trauerfeier bekanntgemacht.
In der Friedhofskapelle der Sarg, Blumen, Tränen, ein Pastor der eine in meinen Ohren ziemlich schauerliche Rede hielt. Eine Enkelin mit tränenerstickter Stimme, ein Freund der noch einmal an dieses vergangene Leben erinnerte. Scharze Anzüge, Traurigkeit, Tränen.
Und ich habe mich gefragt – warum ist das so; willst Du das wirklich wenn es dereinst so sein wird weil es so sein muß.

Oder?

Unser Tod ist in unserer Kultur ein ziemlich deprimierender obwohl wir doch garnicht wissen können was danach ist, ob überhaupt etwas ist, und ob es nicht für jeden etwas anderes ist.
Natürlich gibt es viele die davon überzeugt sind, die daran glauben daß danach die Selektion kommt – gut (rechts raus) oder nicht gut (links raus).
Und viele tun ihr Leben lang nichts anderes als sich darüber Gedanken zu machen ob ihr Denken und Handeln für ein „Gut“ genügt. Und andere profitieren davon, von dieser Angst und behaupten sie hätten Hoffnung anzubieten.
Andere fürchten sich davor als Ameise wiedergeboren zu werden.
Andere tragen einen Piepmatz als ihren Vorfahren mit sich herum.
Noch andere sind froh und glücklich das da wieder jemand dieses irdische Jammertal hinter sich gelassen hat.
Andere die gern von Haus zu Haus ziehen erzählen was von der ( zum x-ten Mal kurz bevorstehenden) Wiederauferstehung, ewig glücklichen Menschen – wer da mal ernsthaft drüber nachdenkt dem muß es einfach schauern.
Eine Ewigkeit immer dieselben dauerglücklichen Visagen sehen?
Nee – dann lieber tot.

Gerade diejenigen die vor vielen Jahren - noch zu Zeiten von Thron und Altar - in ihrer Existenz ständig einen frühen, schlimmen Tod vor Augen hatten – ob den Hungertod, weil ihnen ihre weltlichen oder kirchlichen Herren unbarmherzig den Zehnten aus den leeren Scheunen pressten, sie der „göttlichen Strafe“ der Pest anheimfielen; die Soldaten, oft für niedere Gelüste ihrer Herrscher auf den Blutacker zum Gemetzeltwerden geschickt, Seeleute, bei denen von der ursprünglichen Besatzung oft genug weniger als die Hälfte in den Heimathafen einlief – wenn überhaupt – all diese hatten oft eine ganz andere, eine trotzige Einstellung zum Tod, haben ihn verlacht und verachtet.
Es gab dann auch kein großes Brimborium, oft nicht einmal ein kurzes Gedenken.
„Fell versaufen“ und vergessen.
Vergessen und versaufen und verachten daß man selbst vielleicht der Nächste ist.

Ich habe keine Angst vor dem Tod – es ist fast mehr eine Art von Neugier. Ich hoffe nur wie die meisten daß der Übergang nicht allzu schlimm werden möge.
Ein Freund von mir sagte seiner Frau daß ihm etwas kalt sei und er sich ein wenig hinlegen werde. Er stand nicht mehr auf.
So ähnlich wünsche ich es mir.

Und dann?

Vielleicht ist mein Organspenderausweis ja nützlich. Ich mag es gar nicht Brauchbares, was anderen Nützlich sein kann, einfach wegzuwerfen. Ich würde mich jedenfalls freuen (wenn ich es denn noch könnte) wenn da noch etwas Brauchbares dabei ist was einen anderen Menschen vielleicht glücklich macht.
Der Rest? Jedenfalls kein Friedhof wo meine Reste sowieso nach gerade mal einer Generation entsorgt, wo Gebühren fällig werden, Blumen gepflegt und Gedenksteine geputzt werden müssen. Gräber bedeuten mir kaum etwas, auch wenn ich ab und zu durch Begräbnisstätten laufe. Es ist für mich ein Einblick in die jeweilige Kultur und kann, wie z.B. in Hamburg – Ohlsdorf sehr beeindruckend sein – das Massengrab der Bombenopfer, die Begräbnisstätten der Opfer des Faschismus, der islamische Teil.

Ich brauche kein Grab das bezahlt und gepflegt werden muß; es gibt andere Wege.
Eine Aschekapsel ins All, das hätte was. Lieber wäre ich aber zu Lebzeiten hingeflogen.
Der Friedwald – ja, auch dies käme vielleicht infrage. Unterpflügen damit aus dem vergangenen etwas Neues entstehen kann.
See- oder Luftbestattung – auch eine Möglichkeit der Wiedervereinigung mit der Natur. Ascheteilchen die mit dem Wind über die Bretagne verteilt werden – ein reizvoller Gedanke für mich.
Ich – besser gesagt, meine Frau, könnte meine Asche auch zu einem Diamanten pressen lassen, allerdings muß man da immer noch die deutsche Gründlichkeit, also den Friedhofszwang überwinden. Bürokratie des Todes – widerlich.

Dazwischen, also zwischen Abgang und dem endgültigen Verbleib liegt ja noch der Abschied.
Natürlich würde ich mich freuen (ja, natürlich – wenn ich denn noch könnte, aber wer weiß?) wenn sich recht viele Mitmenschen von mir verabschieden wollen.
Abschied, nicht Trauer. Nicht Schwarz sondern bunt (Ok, die Brüder dürfen natürlich im Anzug zur Kette kommen). Laßt uns noch einmal zusammen feiern, mit einem hübschen Bild von mir in der Mitte, vielleicht auch einer Art Gallerie die noch einmal die Stationen meines Lebens mit meine Freunden, meinen Wegbegleitern zeigt.
Mit der Musik die ich mag – natürlich darf ein Abschiedslied zum Schluß dabeisein. Abschied ist immer auch traurig – aber nicht nur. Vor allem fröhlich soll es sein.

Laßt uns noch einmal mein Leben feiern, nochmal das erinnern was uns zusammen glücklich gemacht hat. Und dann winkt mir nochmal nach wie auf dem Bahnsteig.
Und dann dreht Euch um und geht.

Und ich werde überlegen ob mein Leben so war wie ich es mir gewünscht hätte, ob es wert war gelebt zu werden, ob ich Spuren hinterlassen habe.
Und wenn auch nur einer von Euch denkt „Schön war´s mit uns - mach´s gut und Danke für die Party!“ dann war es das wert.

Bürgerreporter:in:

Edgard Fuß aus Tessin

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