Auf einem Schleppkahn im Arabischen Golf

Jebel Dhanna Anleger mit Versorger Imsalv Light und Dhau
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Ein Schleppkahn (engl. Barge) ist ein Schiff ohne eigenen Antrieb. Er wird von Schleppern auf eine bestimmte Position geschleppt und dort verankert. So eine „Barge“ wurde für über ein Jahr 1995/96 mein Arbeitsplatz. Im Arabischen (Persischen) Golf wurde sie in der Nähe der Insel Muhaiyimat verankert. Der nächste Hafen ist Jebel Dhana, ein Ankerplatz für zwei Boote und war mit einem Versorgerboot in 6 Stunden zu erreichen. Von dort waren es dann noch einmal 4 Stunden durch eine Wüstenautobahn nach Abu Dhabi.
Alle zwei bis drei Tage brachte das Versorgerboot „Imsalv-Light“ neue Verpflegung, Personal, „neue“ Zeitungen, Briefe und andere Güter. Normale Post aus Deutschland brauchte 4 Wochen, Luftpost 2 Wochen, DHL 3 Tage. Mit teurem Satellitentelefon (Imarsat) konnte man auf eigene Kosten Kontakt zur Außenwelt halten. Die Minute für 20 US$. E-Mail wurde gerade eingeführt aber nur für kurze dienstzwecke über das Imarsat System benutzt. Bei uns zu Hause hatte ich gerade das Fax-Gerät angeschafft.
Mehr als 170 Leute leben und arbeiten auf so einer Barge. Davon waren 29 Leute internationaler Senior Stab, mit 2:1 in Wechsel, d. H. 8 Wochen Arbeit, 4 Wochen frei, 90 Philippinische Seeleute für die volle Tour (ohne Wechsel), 10 Navigatoren als Subkontraktoren, 15 Caterer und 37 angeheuerte Crewmitglieder (auch aus Indonesien und Ozeanien) als weitere Schiffsbesatzung. Die Messe (Kantine) und der Videoraum waren getrennt in Junior und Senior Stabsmitglieder. Entsprechend war das Essensangebot.
Die Temperaturen waren draußen bei 40 Grad Celsius und wurden mit (lauten) Klimaanlagen auf 24 Grad herab gekühlt. Die Luftfeuchtigkeit war mehr als 80% und bereitete speziell in der EDV Probleme, so dass wir extra Entfeuchter einsetze mussten. Die Kleidung fühlte sich immer ein wenig klamm an.
Es wurde jeden Tag 12 Stunden von 6 bis 6 gearbeitet. Das galt aber nur für die Arbeiter. Bei Stabsmitgliedern wurden auch 16 Stunden die Regel. Für das Aufnehmen und die Überprüfung der Messdaten benötigten Computer füllten mehrere Räume. Heute kann man das gleiche mit einem Laptop.

Der Sicherheitsstandart auf so einem Schiff ist sehr hoch. No alcohol, no swimming, no smoking & no girls on board. Die Raucher hatten ihre spezielle Ecken, um die Zigaretten zum glimmen zu bringen. Feuerlöschübungen sowie Mann über Bord Manöver wurden regelmäßig abgehalten. Es war immer ein Arzt für die Grundversorgung an Bord.
Die vielen kleinen Arbeitsboote und größeren Transport - und Messboote kamen abends immer zum Festmachen an den Schleppkahn. Bei Sturm (auch Sandstürmen) wurden die kleinen Boote mit einem Kran an Bord genommen. Die Anwesenheit wurde mittels eines einfachen Systems immer überprüft.
Als Freizeitbeschäftigung konnte man Angeln, Videos sehen oder Bücher lesen. Zeitungen waren meist 1 Monat alt. Für mich war Deutsche Welle Radio mit spezieller Antenne auf Kurzwelle mein Kontakt zur Außenwelt. Besonders samstags, wen es Bundesliga “live“ gab. Ich hatte mir extra ein Programm geschrieben, mit dem ich mir nach den Ergebnissen eine Tabelle erstellen konnte. Diese Stunde durfte mich keiner stören. Sonst konnte man auf dem Hubschrauber-Landedeck seine Runden laufen, aber nach einigen Törns bekam man einen Drehwurm. So blieben dann noch die täglichen Sonnenuntergänge, Delphinbeobachtungen mit dem Fernglas oder doch der neuste „Ken Follett“ auf Englisch.
Englisch war die Umgangssprache (kein Oxford). Ein englischer Mechaniker aus Newcastle bat mich mehrmals für ihn doch die Briefe zu schreiben. Als ich mich mit dem Chefnavigator (auch aus Deutschland) auf Deutsch unterhielt, kam von einem englischen Kollegen die Phrase: „Please speak English, we have won the war!“

Bürgerreporter:in:

Karl-Heinz Mücke aus Pattensen

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