Reisesplitter - von Rügen nach Ägypten mit dem Boot

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Lesung von Wolfgang Nieschalk im Kunstkreis Laatzen am 26. 10 2014

Text: Karlfried Rose, Bennigsen. Fotos: Monika Gorbuschin, Laatzen

Von Rügen nach Ägypten – aber mit dem Boot

Am Anfang stand ein Traum, der Gedanke, mit dem eigenen Boot die Meere und Binnengewässer zu befahren, einer Motorsegelyacht, die er selber bauen wollte.
Wenn er geahnt hätte, was da auf ihn zukommt, hätte er diesen Plan wohl kaum realisiert. Doch wer Wolfgang Nieschalk kennt und weiß, wie zäh er ein einmal gesetztes Ziel verfolgt, ist sich da nicht ganz so sicher. Alles in allem waren es dann 4 ½ Jahre, die er zum Bau des Schiffes von der Kiellegung bis zur Jungfernfahrt benötigte, alles Zeit, die er neben einer arbeits- und zeitintensiven Berufstätigkeit aufbringen musste.
Das 11,30 m lange, 3,35 m breite und 12 Tonnen schwere Stahlboot hat Nieschalk inzwischen mehrfach umgebaut und modernisiert, zuletzt 2008. Takelage, Steuerung, Motor und die komplette Navigation wurden ausgetauscht und auf den neuesten Stand gebracht.
Knapp 35 Jahre fährt Wolfgang Nieschalk nun mit seinem Boot und hat dabei neben den europäischen Binnengewässern Ostschweden, Gotland, Dänemark, Nordsee, Atlantik, Spanien, Marokko, die Kanaren und weite Bereiche des Mittelmeers kennengelernt.
Bei seinen Segeltörns hat der Skipper manches erlebt, das er zu Geschichten verarbeitete und über das er in Laatzen einem interessierten Publikum berichtete.
Mit mehreren großformatigen Tafeln mit Fotografien zur Entstehung der Segelyacht und über seine diversen Reisen stimmte Nieschalk seine Zuhörer auf seinen Vortrag ein.
In den mit über 30 Personen ausnehmend gut besuchten Ausstellungsräumen des Kunstkreises Laatzen breitete das Mitglied des Calenberger Autorenkreises dann in sechs Geschichten eine bunte Palette seiner Erlebnisse und Eindrücke aus: Dramatisches Geschehen, das bei ihm auch heute noch in lebendiger Erinnerung ist und beim Vorlesen die Gefühle von einst wieder zum Leben erweckte, beeindruckende Naturerlebnisse, die nur derjenige erfahren kann, der sich so wie er bewusst auf das Segeln und die Einsamkeit einlässt, Grenzerfahrungen, die den Menschen, der sich ihnen aussetzt, verändern und prägen. Insbesondere in seinen Naturschilderungen, sei es der stimmungsvolle Sonnenuntergang, sei es das Gewitter auf dem See, sei es das Tosen des Meeres im Mistral, wird Nieschalk zum Fotografen, ja zum Maler, der präzise und farbig den Hörer oder Leser seiner Geschichten teilhaben lässt am eigenen Erleben.
Die Zuhörer im Kunstkreis Laatzen ließen sich einfangen von der Spannung und Lebendigkeit der Segelgeschichten, die durch den lebendigen Vortrag des Autors unterstützt wurden, und dankten ihm mit herzlichem Beifall. Auch Monika Gorbuschin, die amtierende Vorsitzende des Kunstkreises Laatzen, dankte Wolfgang Nieschalk mit zwei Flaschen Wein für zwei Stunden, die mit seinen Erlebnissen wie im Fluge vergangen waren.

Karlfried Rose
29.10.2014

Kurze Ausschnitte aus der Lesung. Text Wolfgang Nieschalk

...........Bevor ich zum ersten "Reisesplitter" komme, möchte ich Ihnen kurz mein hochseetüchtiges Segelboot vorstellen, mit dem ich rund 35 Jahre über das Wasser geschippert bin, dass mir zusätzlich viereinhalb Jahre Bauzeit aufgebrummt hat und das mir immer noch Arbeit ohne Ende bereitet.
Bevor ich überhaupt zum Hochseesegeln kam, baute ich mir das passende Boot dazu. Der Selbstbau kostete mich bis zum Stapellauf rund 4500 Arbeitsstunden und ich erledigte das einsam bei Wind und Wetter in meiner Freizeit - die meistens die Nacht war.
Es sollte eine Typyacht aus Stahl nach einem Bauplan eines international bekannten Konstrukteurs werden. Möglich wurde der Erfolg nur durch tägliche telefonische Seelsorge dieses Konstrukteurs. Er war nicht nur Ratgeber und Mutmacher, sondern auch Vermittler bei kniffligen Materialbeschaffungen wie zum Beispiel des Motors und Endkontrolleur, der das Boot nach dem Stapellauf auf Herz und Nieren in der stürmischen Nordsee testete und danach das Typyachtzertifikat ausstellte.
Geld habe ich dabei nicht gespart. Ich wollte das einfach nur machen, mal was anderes tun, mal ein ungewöhnliches Projekt neben meiner Geschäftstätigkeit als Selbständiger durchziehen.

Kommen wir zum ersten Reisesplitter.

"Es war eine dunkle, stürmische Nacht und eine schicksalhafte Verkettung von Umständen", und der Reisesplitter handelt von einem Segeltörn von Dänemark nach Rügen.
Segeln kann angenehm und traumhaft sein. Das sind die Tage, denen man im Winter nachtrauert. Viel zu oft aber ist Segeln Entbehrung, und Unbequemlichkeit. Gelegentlich ist Segeln sogar ausgesprochen widerlich.
Heute ist so ein Tag, an dem ich mich in den ersten Stunden frage:
„Warum mache ich das eigentlich?“ ..............Trotzdem bricht immer wieder mal das Wasser einer nachlaufenden Welle am Heck und schickt mir am Ruder kalte Spritzer von Salzwasser in den Kragen meines angeblich wasserdichten Segleranzuges.
Kurz nur zuckt bei mir der Gedanke auf, zurück zu segeln, um im nächsten Moment schon wieder fallen gelassen zu werden. Zurücksegeln kommt nicht in Frage. Zurückkreuzen - gegen Starkwind und gegen Seegang? Im besten Falle würden wir auf der Stelle treten! Vorankommen würden wir nicht.
Weitersegeln, Wind und Wasser abwettern ist die logische Entscheidung und hat einen wichtigen Vorteil: Wir kommen schnell voran. Doch dass mit dieser Entscheidung, weiterzusegeln, eine nicht vorhersehbare schicksalhafte Verkettung von Ereignissen ihren Anfang nehmen würde, ahnen wir nicht.............

.............Heiß und blendend und unerbittlich brennt die Mittagssonne auf das gelbe Boot und den Segler, der sich ermattet im kärglichen Schatten des Großsegels ausgestreckt hat. So wie jetzt brennt sie schon den vierten Tag seit seinem Ablegen im Hafen von Valetta auf Malta und sie wird auch den nächsten Tag weiter ihre Glut über ihm ausschütten, denn der Wetterbericht meldet keine Wetteränderung.

Der Bug zeigt nach Osten und jeden Morgen erhob sich vorn, durch sein Licht die Schwärze der Nacht wegwischend, der rotglühende Feuerball und neues Leben erwachte in dem müden, vom Hocken in seiner Cockpitecke ungelenkig gewordenen Mann. Der Frühdunst, den die fliehende Dunkelheit stets zurückließ, verzögerte den Übergang etwas, doch mit jeder Minute entfaltete die Sonne ihre Kraft mehr und mehr und ließ die Nebel über dem Wasser verdampfen. Dann überflutete sie den frierenden Segler mit ihrer Wärme, und begann, ihm die Feuchtigkeit aus den Kleidern und Knochen und seiner Seele zu saugen.

Der Segler war ungeduldig, weil ihm immer noch kalt war, und um schneller warm zu werden, zog er Kleidung und Gummistiefel aus um nun barfuß, nur im klammen Unterzeug, die Sonnenwärme in sich aufzusaugen. Er schloss die Augen, und langsam drehte er sich um sich selbst - so - als ließe er sich über einem Rost grillen. Wie ein Bratapfel im Backofen langsam wärmer wird, wurde auch er erwärmt und erst dann, als der letzte Rest von Kälte und Feuchte von der Haut und aus seinem Inneren verschwunden waren, ging er in die Kajüte, um zu frühstücken.

Mit höher steigender Sonne wurde der Wind stärker, und die nun prall gefüllten, grellweißen Segel vor tiefbauen Himmel ließen das Boot .............

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Nieschalk aus Nordstemmen

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