Frühkindliche Erfahrungen

Mit der eigenen Schubkarre im Garten
  • Mit der eigenen Schubkarre im Garten
  • hochgeladen von Peter Perrey

Wer kann sich noch erinnern, wann er ein bestimmtes Wort gelernt hat? Für das Wort 'Deserteur' weiß ich es noch ganz genau. Es war auf der verschneiten Gottschedstraße an jenem bitterkalten Spätjanuarmorgen als wir unser Haus kurz nach 7 Uhr für immer abgeschlossen hatten und uns auf einen unbestimmten Weg machten. Da stand ein Karabiner an einen Baum gelehnt am Straßenrand und meine Oma bemerkte: "Aha, die ersten Deserteure." Ein Wort, das ich noch nie zuvor gehört hatte. "Was sind Deserteure, Omi?"

Dabei war der frühkindliche Wortschatz zuvor schon recht umfangreich gewesen, denn es wurde regelmäßig vorgelesen und das ständige Gespräch war sowieso selbstverständlich.

Noch heute erinnere ich die Reime und Liedtexte aus den frühen Jahren:

Bauer, bind' den Pudel an,
dass er mich nicht beißen kann.
Beißt er mich, verklag ich Dich,
tausend Thaler kost' es Dich!

oder:

Bub und Spinne, Bub und Spinne gingen in den Wald.
Da wurd'n dem Bub, da wurd'n dem Bub die Beinchen kalt.
Da macht' die Spinn', da macht' die Spinn' ein Feuer an,
damit der Bub, damit der Bub sich wärmen kann.

Fuchsteufelswild konnte ich werden, wenn jemand - zur Kontrolle, ob der Unterschied zwischen "hartem und weichem B" gehört wurde - den "Bub" gegen das Wort "Pup" austauschte.

So manches wurde natürlich auch außerhalb des Hauses aufgeschnappt:

Ich taufe Dich mit Kaffeegrund:
Du bist ein alter Pudelhund!

Ein Vers, der mir so witzig erschien, dass ich einmal beschloss, ihn - an der Hand meiner Mutter - auf einen zufällig Entgegenkommenden anzuwenden. Was mir allerdings einigen Ärger einbrachte.

"Versuch macht klug!" ist ja überhaupt ein kindliches Grundmotto.

Wenn die Erwachsenen telefonieren können, warum sollte man es nicht einmal selbst versuchen? Man hatte ja schließlich beobachtet wie es ging! Also in einem unbewachten Augenblick auf den Stuhl geklettert, den Hörer abgehoben und die Wählscheibe gedreht. Es meldete sich 'das Fräulein vom Amt', wie es damals noch der Fall war. - "Ich möchte meine Tante Anna sprechen!" - "Ja, wie ist denn die Nummer?" - "Nummer weiß ich nicht!" - "Wie heißt sie denn und wo wohnt sie?" - "Sie heißt Tante Anna." - "So kann ich aber keine Verbindung herstellen!" - "Ich will aber meine Tante Anna sprechen - alte Ziege!" Und ich legte auf. Nicht lange und das Telefon klingelte. Meine Mutter kam, hob ab und musste sich nun für mein Tun entschuldigen.

Mit Blessuren ging ein anderer Versuch ab. Mein Opa benutzte bei der Gartenarbeit eine eiserne Schubkarre, die mir sehr viel besser gefiel als meine eigene hölzerne in Kindergröße. Unbeobachtet, versuchte ich als Zweijähriger die große Schubkarre zu bewegen. Sie fiel auf die Seite und riss mich mit um, so dass ich schließlich eine Beule und eine aufgeschlagene Lippe davon trug. Natürlich gab es dann ein Verbot, die Karre zu bewegen. Doch ich beobachtete meinen Opa, wie er mit ihr umging und meinte dann, ich könnte es wieder probieren. Das nächste Mal versuchte ich, eine abschüssige Stelle zu nutzen, an der die Schubkarre von selbst Fahrt aufnehmen würde - was sie auch tat. Das Geschrei war anschließend groß.

Heute, da die Gottschedstraße nun Uliza Sershanta Mischina heißt, wäre ein solcher Kinderunfall nicht mehr möglich. Die Stelle, an der er einst passierte, versperrt ein hoher, blau gestrichener Bretterzaun.

Bürgerreporter:in:

Peter Perrey aus Neustadt am Rübenberge

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