„Neusäß ist außerordentlich familienfreundlich“: Neusäß Bürgermeister Richard Greiner über das Jahr 2015 in Neusäß

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Alles andere als langweilig war das Jahr 2015. Auch in Neusäß beschäftigten viele Themen die Bürger. Im Interview zieht Neusäß Bürgermeister Richard Greiner Bilanz über die Themen Stadtmitteentwicklung, Kinderbetreuung und die Flüchtlingsproblematik.

mh bayern: Die Stadtmitte von Neusäß entwickelt sich: Das Haus der Musik und Jugendkultur ist nun endlich fertig und wurde seiner Bestimmung übergeben. Auch gibt es Pläne, das Schuster-Areal mit einem Supermarkt und neuen Wohnungen zu bebauen. Knackpunkt: Das Grundstück ist in Privatbesitz. Gibt es mittlerweile Maßnahmen, die konkrete Formen annehmen?

Richard Greiner: Bereits konkret ist, dass sich dort wieder ein Supermarkt ansiedeln und damit künftig die so wichtige Nahversorgung sichern wird. Nach Auskunft des Eigentümers laufen die Ausschreibungen und der Discounter „Netto“ wird hier eine Filiale eröffnen. Der beantragte Abriss des Gasthauses ist seit längerem genehmigt – auch in diesem Bereich ist also Handlungsfähigkeit gegeben. Ansonsten sind wir mit dem Eigentümer regelmäßig in Kontakt, um mit seinem Architekten die städtebaulich relevanten Belange und die weiteren Planungen abzustimmen.

mh bayern: Sieht man sich den Ausbau der Kinderbetreuung an, kann man Neusäß als familienfreundliche Stadt bezeichnen. Bezahlbarer Wohnraum in Neusäß ist jedoch knapp. Wie will die Stadt diesem Problem begegnen?

Richard Greiner: Neusäß ist eine außerordentlich familienfreundliche Kommune: Derzeit haben wir 894 anerkannte Plätze in Krippen, Kindergärten und Horten, verteilt auf 15 wohnortnahen Einrichtungen im gesamten Stadtgebiet. Stark ausgebaut haben wir zuletzt unsere Krippenangebote, 191 Plätze entfallen inzwischen allein auf die unter 3-jährigen Kinder in Neusäß. Da die Bedarfe aber weiter steigen und das Provisorium im Steppacher Schulgebäude ausläuft, werden wir hier weiter investieren und planen sogar einen Kindergartenneubau in diesem Stadtteil, wofür 2016 1,9 Millionen Euro vorgesehen sind. Übrigens: Die Betreuung unserer kleinsten Mitbürger wird jedes Jahr mit rund 3,3 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt bezuschusst.

Die dringende Notwendigkeit, ausreichend Wohnraum für alle Generationen in Neusäß zu schaffen, wurde seit längerem erkannt. 2015 haben wir energisch die Planungen für die Aufwertung des früher als Mineralöllager genutzten Sailer-Areals von einer unansehnlichen Industriebrache zu einem wertigen Wohnquartier mit rund 250 Einheiten vorangetrieben und hier sind wir ein gutes Stück vorangekommen.

mh bayern: Vor einem Jahr senkte das Titania die Eintrittspreise, um familienfreundlicher zu werden. Kamen so im vergangen Jahr mehr Besucher? Welche Pläne gibt es für das Bad langfristig?

Richard Greiner: Die Entwicklung des Titania ist eine Erfolgsgeschichte: Wir haben die Krisensituation nach dem Legionellenbefall gemeistert, die Besucherzahlen sind 2015 erfreulich gestiegen. Insgesamt haben rund 228.000 Gäste das Titania besucht, circa 10.000 Besucher mehr als im Vorjahr. Bei den Kindern verzeichnen wir sogar einen Besucherzuwachs von 13,8 Prozent.

Was die künftigen Pläne für das Bad betrifft, so gibt es ein Weiterentwicklungskonzept, das eine weitere Attraktivierung des Bades für Familien sowie Verbesserungen im Außen- und Innenbereich vorsieht. Insbesondere seit Schließung der Königstherme platzt der hochprofitable Saunabereich aus allen Nähten. Wir wollen daher die Stärken unseres Bades weiter stärken, eine Erweiterung der vorhandenen Kapazitäten vornehmen und auch das hochwertige gastronomische Angebot weiter verbessern.

mh bayern: Auch in Neusäß leben einige Asylbewerber. Wie gestaltet sich das Zusammenleben bisher in Neusäß?

Richard Greiner: Erfreulich gut. Es hat sich bewährt, dass wir auf kleinere, überschaubare Einheiten setzen, die dezentral im ganzen Stadtgebiet verteilt sind. Es herrscht zwischen Flüchtlingen und Nachbarn im Wesentlichen ein gutes Miteinander. Dabei ist ganz wichtig, dass wir in der glücklichen Lage sind, in Neusäß an jeder Unterkunft hilfsbereite Menschen zu haben, die sich ehrenamtlich um die Betreuung der Flüchtlinge kümmern. Ihnen gilt mein herzlicher Dank für die wertvolle Unterstützung.

mh bayern: „Wir schaffen das“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einigen Wochen und hält nach wie vor daran fest. Laut Landrat Marin Sailer sind jedoch bereits alle „über dem Limit“. Wie sehen Sie die Flüchtlingssituation?

Richard Greiner: Wir müssen in ganz Deutschland anständig mit den Menschen umgehen, sie gut versorgen und integrieren. Wir müssen das schaffen, weil wir gar keine andere Wahl haben und sonst Parallelgesellschaften und Verhältnisse wie zum Beispiel in den französischen Vorstädten entstehen könnten. Und das wollen wir nicht.

Gleichzeitig muss die Politik schnell Instrumente entwickeln, um den Zuzug von derzeit rund 6.000 Menschen am Tag gerechter zu verteilen und zu begrenzen. Wir dürfen unsere Gesellschaft nicht überfordern, denn wenn wir die Leistungsfähigkeit unserer Bevölkerung überdehnen, ist ja auch den Flüchtlingen irgendwann nicht mehr geholfen. Jeden Tag allein in Bayern eine Menschenzahl in Größe einer mittleren Kommune aufzunehmen – diese Kraftanstrengung schafft eine verantwortungsbewusste und solidarische Gesellschaft wie die unsrige sicher für ein oder zwei Jahre. Aber in dieser Dynamik sicher nicht auf Dauer.

mh bayern: Wie kann das in Neusäß funktionieren?

Richard Greiner: Erstens durch das Bemühen um eine Steuerung, soweit das möglich ist: Wir brauchen überschaubare kleinere Unterkünfte im Sinne der betroffenen Asylbewerber. Zu viele Menschen in zu großen Einheiten – das kann zu Problemen führen. Zweitens versuchen wir, die Unterbringung über alle Stadtteile zu verteilen. Das erleichtert die Integration. Zu dieser gehört auch, dass insbesondere Flüchtlingskinder in unseren Kindergärten und Schulen schnell gut aufgenommen werden. Drittens: Die aktuelle Situation ist für uns aber auch eine doppelte Herausforderung, weil wir darauf achten müssen, dass die Versorgung für unsere gesamte Bevölkerung gewährleistet ist. Wir müssen immer die ganze Bevölkerung im Auge behalten und daher investieren wir in ausreichend Betreuungsplätze, gute Bildung und eine optimale Infrastruktur für alle Generationen. Und schließlich treiben wir auch die Schaffung von qualitätvollem, bezahlbarem Wohnraum für junge Familien und unsere älteren Mitbürger voran.

mh bayern: Großbaustelle herrscht in der Eichenwaldschule: Mittel- und Grundschule werden bis 2017 umfassend saniert und sollen für die nächsten 30 Jahre zukunftsfähig gemacht werden. Was genau bedeutet das für Schüler und Lehrer - während und nach der Sanierung?

Richard Greiner: Da es sich um eine Großbaustelle handelt, bedeutet dies naturgemäß für den laufenden Betrieb Einschränkungen für Schüler und Lehrer. So werden die Schüler teilweise in Containern unterrichtet. Dafür können sie sich nach der Sanierung auf eine moderne Schule freuen, welche an die aktuellen Anforderungen angepasst ist. Als wichtigste Verbesserung wird die Eichenwaldschule dann über eine großzügige Mensa und Gruppenräume für die immer wichtiger werdende individuelle Lernförderung verfügen. Neu hinzu kommen wird auch ein Aufzug und der Pausenhof wird zu einem Ort mit echt hoher Aufenthaltsqualität.

mh bayern: Vielen Dank für das Interview!

myheimat-Team:

Tanja Wurster aus Augsburg

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