Beraterschweine, Politikerdeppen und Erkenntnistheorie auf bayerisch: Bruno Jonas in Neusäß – Runde 2

Kabarettist Bruno Jonas hat sich eine Fernsehpause 2009 genommen.
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Der Flieger wurde gecancelt, weswegen der Unternehmensberater Hubert Unwirsch am Flughaften in München Zeit totschlagen muss. Er berichtet arrogant von Firmenübernahmen und verbrecherischen Machenschaften in seinem Job. Das Studium hat er abgebrochen und sich nötiges Wissen in sechs Wochen BWL-Ultra-Kurzstudium beigebracht – das reicht aus für einen Berater. Doch die deus ex machina schlägt zu und seine Consulting Group wird von der Staatsanwaltschaft zerschlagen. Job und Frau weg, Gefängnis droht.
Soviel zu Rahmenhandlung in Bruno Jonas’ aktuellem Programm „Bis hierher und weiter“, das der Kabarettist am 4. und 5. Februar in der Stadthalle Neusäß ablieferte. Das Publikum brauchte am Donnerstag, den 05.02 keine Warmlaufzeit und war voll Begeisterung in einem vollen Saal dabei. Auch Jonas, der sich 2009 eine Fernsehpause vom „Scheibenwischer“ gönnt, war schon am Mittwoch warmgelaufen und zeigte keine Ermüdungserscheinungen. In bayerischer Mundart wechselte er hin und her zwischen der Rolle des geleckt-charmanten Beraters und sich selbst als zynischen Ankläger Jonas. In der ersten Hälfte bekamen die Themenbereiche Wirtschaft, Politik und Kirche ihr Fett weg. Drohende Rezension und aktuelle Finanzkrise trafen die Gemüter der Zuschauer. Politiker wurden locker aus dem Handgelenk aufs Korn genommen. Aber besonders beim Thema katholische Kirche machte sich Jonas mehr Luft als bloß lustig. Die aktuelle Diskussion um Papst Benedikt und seinem Verhalten gegenüber der Pius-Bruderschaft brachte Jonas regelrecht zur Weißglut. Er erinnerte an die Kabarettzeit in Passau als er wegen Religionsbeschimpfung angezeigt wurde – was im Vergleich zu der Wiederaufnahme der exkommunizierten Bischöfe eine Bagatelle gewesen ist. Das Publikum stimmte Jonas mit Lachsalven zu – was auch verdeutlichte wie gut man in Bayern über die katholische Kirche heute herziehen kann.
Für Fans gab es in der Pause die Chance ein Autogramm in einem frisch erworbenen Bruno Jonas-Buch zu ergattern oder ein Foto von ihm zu machen.
In der zweiten Hälfte forderte Bruno Jonas sein Publikum ein Stück weiter heraus. Da wurden die Synapsen mit philosophischem Gut angeregt oder vielleicht sogar überfordert. Metaphysik ist sein Ding, sagte Jonas und gab einen Philosophie-Crashkurs für Eilige. Sehr amüsant war dabei die Ontologie auf niederbayerisch – also wie zünftig banal man die Lehre vom Sein im Freistaat anwendet. In seiner Erkenntnis deutete er Kant um und zeigte lehrreich, dass die Welt für den menschlichen Verstand zu komplex geworden ist. Fazit: Wer denkt, wird blöd.
Bruno Jonas bewies einmal mehr, dass er einer der ganz Großen des deutschen Kabarett ist, der nicht nur ein Programm abspult, sondern auch auf aktuelles Tagesgeschehen eingehen kann. Nebenbei spielte er auch gerne mit Publikumsreaktionen, lullte es nicht ein, sondern kritisierte es auch liebevoll – wenn mal eine Pointe verpasst wurde. Themenabweichungen seinerseits beherrschte er auf geniale Weise und führte zum Rahmenprogramm mit Witz zurück. Die immerwährenden Sprachauskostungen mit Anglizismen und deren Erklärung rundeten sein satirisch-amüsantes Programm mit Hang zur Selbstkritik gekonnt ab. In knapp zweieinhalb Stunden Programm gab es dabei viel zu lachen und auch viel über unsere Wirklichkeit zu lernen.

Bürgerreporter:in:

Juan Carlos Oliver-Vollmer aus Augsburg

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