Best of Guadalajara

Mexikos Schönheit Ximena Navarette war Miss Universe 2010.
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Guadalajara ist die zweitgrößte Stadt in Mexiko. 1,5 Millionen Einwohnern leben in ihrem Zentrum, 4,3 Millionen Einwohner im Ballungsraum. Im Südwesten des Landes im Bundesstaat Jalisco gelegen, gilt sie als mexikanisches Köln oder Florenz mit einer eigenen Zona Rosa. Viele Traditionen der mexikanischen Kultur wie Mariachis oder die Charrería haben ihre Wurzeln in Guadalajara oder Jalisco. Auch die Stadt Tequila, Herkunftsort des gleichnamigen Getränks, liegt in Jalisco und bietet sich für Liebhaber der aus blauer Agave gewonnenen Spirituose als Ausflugsziel an. Zu meinen Programmpunkten gehörten im März 2016 allerdings andere Destinationen. Eine Auswahl:

Altstadtbummel: Beginnend am Templo Expiratorio mit einem benachbarten Universitätsgebäude zu Fuß zum Teatro Degollado, hinein ins Teatro Hidalgo, weiter zu dem zum Kunstmuseum umfunktionierten Hospicio Cabanas mit bizarren Sitzmöbeln direkt davor, dem Museo Ripley, das dem Besucher den größten Mann der Welt und andere kuriose und teils zweifelhafte Dinge präsentiert. Wer noch ins benachbarte Wachsfigurenkabinett mit Märchenabteilung, dem reichsten Mann der Welt Carlos Slim Helú, Päpsten, mexikanischen Präsidenten, einer Miss Universe und Tennisstar Rafael Nadal sowie Fußballer Chicharito von Bayer Leverkusen und anderen Berühmtheiten möchte, nutzt den kombinierten Eintritt. Während des Spaziergangs ist die Chance groß, tolle Straßenmusik (z.B. ein Trio, das Eimer und Schüsseln zu Percussion-Instrumenten umfunktioniert) zu hören und die ein oder andere Skulptur zu sehen. Ansonsten gibt’s noch die Mariachis, außerdem viel Street Art an den Häuserwänden.

Charrería: Charros sind Westernreiter, eine Charrería der Wettbewerb dazu. Vor allem in den Bundesstaaten Jalisco und Hidalgo steht dieser Nationalsport hoch im Kurs, allerdings verliert er kontinuierlich an Zuschauern. Eng verbunden ist dieser Wettbewerb mit Mariachi-Musik, da sich beide Traditionen etwa gleichzeitig im Westen Mexikos entwickelten. Wir inspizieren das berittene Treiben am Palmsonntag 2016 in Guadalajara. Die Reiter aus Jalisco traten gegen wen eigentlich an? Ein gegnerischer Charro kam aus Tijuana, es könnte sich also um einen „Bundesliga-Spieltag“ Jalisco gegen Baja California gehandelt haben. Die Veranstaltung kann je nach Geschick der Charros mehrere Stunden dauern, deren Können (Schnelligkeit, Stil, Präzision) in mehreren Disziplinen von Punktrichtern bewertet wird. Zu den Disziplinen gehören anscheinend:

1. Im Galopp bremsen, das Pferd danach im Kreis tänzeln lassen und dabei 180°-Wende schaffen.
2. Ein Pferd mit dem Lasso an den Hinterläufen einfangen.
3. Bullenreiten mit anschließendem „Erlegen“ des Stiers im Team. Ein wütendes Exemplar schafft es fast über eine Absperrung; der Umgang der Charros mit den Tieren ist nicht gerade zimperlich.
4. Ein Pferd nach wildem Ritt gemeinsam mit dem Lasso einfangen und zu Boden bringen (mehrere Varianten).
5. Das Pferd mitten im Ritt wechseln.

Offiziell sind es neun Disziplinen, wobei offenbar unterschiedliche nacheinander ausgeführte Varianten als eigene Disziplin gelten. Das sind ziemlich viele Disziplinen und Reiter für recht wenige Zuschauer, denn die Tribüne ist nur zu einem Bruchteil gefüllt. Man könnte zumindest an jenem Palmsonntag behaupten: Es gibt höchstens so viele zahlende Zuschauer wie Mitwirkende. Die Charros, die gerade selbst nur Zuschauer sind, genehmigen sich auf dem Rücken ihres Pferdes Bier in Bechern oder tippen auf ihrem Smartphone herum. Die nächste Generation der Charros zeigt ihre Fertigkeiten mit dem Lasso und sorgt (in manchen Situationen gemeinsam mit erwachsenen Charros) dafür, dass nicht gefangene Tiere nicht ausbrechen bzw. in ihr Gatter zurückkehren. Nicht alle Tiere verlassen die Arena verletzungsfrei, viele Pferde sind von Peitschenhieben oder vom Fall gezeichnet.

Guachimontones: Diese Rundpyramiden einer regionalen Kultur liegen rund 60 bis 80 Kilometer von Guadalajara entfernt in Teuchitlán. Eineinhalb Stunden soll die Fahrt im Bus nach Teuchitlán dauern, durch Staus bedingt brauchen wir hin und zurück fast doppelt so lang. Immer wieder steigen Verkäufer ein, um Churros (in heißem Öl frittierter und mit Zucker bestreuter Brandteig in länglicher Form), Nüsse oder andere typische Schmankerl an den Mann zu bringen. Wir probieren auf diese Weise Zuckerrohr. In kleine Stücke geschnitten, heißt es: abbeißen, Zuckersaft aussaugen, Rest in Tüte spucken. Generell werden viele Snacks wie z.B. Kartoffelchips mit Chili-Saucen in durchsichtigen Plastiktütchen ausgegeben. Bevor wir die Rundpyramiden aufsuchen, schlendern wir noch durch das 3000-Seelen-Dorf Teuchitlán. Die Dorfkirche mit Buchs-Tieren im Garten und Jesus-Bildern in modernem Kontext im Gotteshaus lohnt einen Abstecher.

Vorbei an einem toten Leguan am Straßenrand geht’s dann zu Fuß aufwärts nach Guachimontones. Einen ganz kurzen Streckenabschnitt legen wir auf der Ladefläche eines Pick-Ups zurück. Einfach draufklettern und beim Fahrer bedanken. Die Rundpyramiden sind interessant, der Ausblick von oben mal wieder klasse. Es ist mehr als 30 Grad heiß, zwischendurch geht aber ein Wind, der Hüte von den Köpfen weht und Staub in die Augen treibt. Im kleinen Museum zu den Guachimontones gibt’s eine Tanzvorführung in Kostümen bzw. Bemalung. Auf dem Rückweg liegt der tote Leguan auf dem Gehweg, die kostümierten Tänzer und deren Hund untersuchen ihn auf dem Heimweg. Guachimontones ist verkehrsbedingt ein Ganztagesausflug.

Märkte: San Juan de Dios ist ein riesiger, weitgehend überdachter Markt über mehrere Stockwerke. Hier werden unter anderem auch in viel zu engen Käfigen gehaltene Vögel verkauft. Außerdem gibt es Kleidung, Lebensmittel aller Art und eigentlich so ziemlich alles, was man braucht oder nicht braucht. Wer in Reiseführern vom Mercado Libertad gelesen hat – San Juan de Dios ist nicht nur der Name der richtigen U-Bahn-Station, sondern ein anderer Name für diesen Markt. Donnerstags und wohl auch sonntags ist Kunsthandwerksmarkt im Randbezirk Tonalá, wobei dieser Begriff den Ständen der - keine Ahnung wie vielen Hundert - Händler direkt an der Hauptverkehrsader des Viertels nicht gerecht wird. Denn natürlich gibt es hier nicht nur Bilder und geschnitzte Möbel zu kaufen, sondern alles mögliche. Vom Zentrum nach Tonalá dauert die Fahrt in städtischen Bussen mehr als eine Stunde.

Minerva: Die Minerva-Statue inmitten eines Kreisverkehrs wird nachts in verschiedenen Farben bestrahlt. Einen Steinwurf entfernt, kann man im Ruta 40 bei freundlichem Service und sauberer Toilette große Pizzen mexikanischer Art speisen. Mexikanische Pizzen werden in der Regel mit bereitgestellten Soßen gewürzt, was den unabhängig vom Belag, eher faden Pizzen einen ordentlichen Geschmack verleiht. Italiener werden mit Pizza in Mexiko vermutlich nicht glücklich, Amerikaner eher.

Mirador und Zoo: Der Mirador, also Aussichtspunkt, hat seine eigene Macrobus-Haltestelle und markiert das nördliche Ende von Guadalajara. Denn die Aussicht auf Berge und eine Schlucht verdeutlicht eindrucksvoll: Hier weicht die Zivilisation der Natur. Zwei Haltestellen davor haben sich der Zoo sowie ein in die Jahre gekommener und dem Hörensagen nach mit deutschen TÜV-Prüfungen sicherlich inkompatibler Freizeitpark namens Selva Mágica angesiedelt. Der Tierpark ist relativ groß und dies trifft auch auf einige der Gehege zu. Mit dem „Diamantpaket“ für zirka 13 Euro hat man Zugang zu allen Attraktionen. Kauft man nur eine Standard-Eintrittskarte und möchte drinnen doch einige der coolen Optionen ziehen, fallen zusätzliche Kosten an, die in Summe für alle Attraktionen den Preis des Diamantpakets weit übersteigen.

Zu den Höhepunkten im Zoo zählt das begehbare Zuhause der putzigen Primaten Mono Ardilla („Eichhörnchenaffen“), die Kinderwägen nach Fressbarem durchsuchen. Aber auch der Australien-Teil des Zoos, der zwar klein ist, aber ebenfalls begehbar. Emus und Kängurus sind von den Besuchern nur durch Holzpflöcke mit zwei Querbalken (als Zaun möchte ich das nicht bezeichnen, da es den Tieren frei steht, den Kopf drüber zu strecken und den Beuteltieren sogar, ganz drüber zu hüpfen). Sehr gut gemacht und ein tolles Erlebnis für die ganze Familie ist die Safari. Die meisten afrikanischen Tiere sieht der Zoobesucher nur im Rahmen dieser Tour, die ihn an diversen Antilopen, Zebras, Krokodilen und direkt an einem Nashorn vorbei zu den Giraffen führt. Die Langhälse sind das Highlight im Zoo von Guadalajara, denn der Safari-Guide im offenen Wagen teilt zu Beginn der Fahrt Karottenstückchen an alle Gäste aus, mit denen die Giraffen gefüttert werden können.

Ein weiteres Schmankerl: Ein Aquarium mit Haien (und der Möglichkeit, in einem Glaskäfig dort einzutauchen), Meeresbewohnern zum Anfassen in flachen Becken sowie der Sky Zoo – eine Gondel, von der aus man mehr Löwen und Wölfe erspähen kann, als vor dem Gehege stehend. Leider hat der Zoo auch einen Tiefpunkt im Angebot, den er gerade als Neuheit offensiv bewirbt und für den er – ausgenommen Diamantpaket - einen Aufpreis von 40 Pesos verlangt: Die Pinguine. Sie sehen nicht gerade glücklich aus hinter den angelaufenen Fensterscheiben, an denen die Besucher per Rollband vorbeiziehen. Fotos? Schwierig und nicht lohnenswert. Zoo und Mirador eignen sich zusammen als Tagesausflug.

Schöne Parkanlagen: Eine begehbare Vogel-Volière und eine für Schmetterlinge zählen zu den Höhepunkten im Parque Azul. Schmetterlinge waren im März aber praktisch kaum vorhanden. Die kleineren Vogelkäfige außerhalb der Volière bieten den Tieren dagegen etwas wenig Platz, vor allem die Papageien sind in einem bedauernswerten Zustand. Dennoch ein hübscher Park, der jedoch vom viel größeren Bosque los Colomos in den Schatten gestellt wird. Gerne wird der japanische Garten im Bosque Colomos (das „los“ wird im Sprachgebrauch bei diesem Park oft unterschlagen) als Freiluft-Fotostudio für eine Quinze genutzt. Außerdem gibt es in dem weitläufigen Areal noch einen mexikanischen Garten, eine Wasseraufbereitungsanlage, jede Menge zutrauliche, auf Bäumen lebende Hörnchen, einen Bach und diverse Freizeitmöglichkeiten. Besonders beliebt scheint es zu sein, graue, handgroße Tonfiguren (v.a. Minions) mit Wasserfarben zu bemalen. Tonfiguren und Wasserfarben kauft man am entsprechenden Stand, Pinsel gibt’s als Leihgabe. Um 19:15 Uhr beginnen die Parkwächter, die Besucher hinaus zu scheuchen, um 20 Uhr sollen die Tore geschlossen werden.

Tlaquepaque: Das Künstlerviertel von Guadalajara sollte man gesehen haben. Zwar gibt es inzwischen keinen Danza del Volador mehr zu bestaunen, doch hier werden offenbar immer wieder mal ganz Straßenabschnitte umdekoriert. Als wir im März 2016 da waren, hingen über einer Straße lauter bunte Schirme. Jede Menge Kunstgalerien und Skulpturen sowie Bars und Cafés säumen den Weg. Oft sind Galerien und Restaurants in einem Haus untergebracht, sodass man quasi direkt neben Antiquitäten oder Kunstwerken speist. Kirchen gibt’s natürlich auch reichlich zu besichtigen. Vor den Gotteshäusern verkaufen überwiegend Frauen geflochtene Jesus' am Kreuz. Tipp: Auf eine Parkbank setzen und die Straßenszenen beobachten – beispielsweise, wie kleine Kinder noch unfassbare Freude an Seifenblasen oder ganz einfachen Spielzeugen haben – oder selbst darin eintauchen.

Abends wird in einer Bar Pulque getrunken. Pulque gilt als das Nationalgetränk der Mexikaner. Es handelt sich dabei um ein alkoholisches Gärgetränk aus dem fermentierten Saft verschiedener Agaven – oft mit einem Geschmackszusatz verstärkt. Bananen-Pulque schmeckt ausgezeichnet. Agavenbier mundet mir besser als das durchschnittliche, wässrige mexikanische Bier. Zu knabbern gibt es Chapulines (frittierte Grashüpfer). Essbar. In Guacamole eingetaucht, sogar ein passabler Snack.

Als Unterkunft empfehle ich in Guadalajara das La Perla Boutique Bed & Breakfast. Es hat nur drei Zimmer, ist aber beinahe prunkvoll eingerichtet. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist hervorragend. Die Inhaber und Angestellten des Hotels sind überaus freundlich, zuvorkommend, um das Wohl ihrer Gäste besorgt und an deren Unternehmungen in Guadalajara sehr interessiert. Dabei stehen sie auch tatkräftig mit Ratschlägen zur Seite. Fast alle Kontaktpersonen vor Ort sprechen Englisch. Das Frühstück ist bis auf das süße Gebäck eher nicht mexikanisch: Es gibt Orangensaft, Joghurt, Müsli, frisch geschältes Obst, Toast, Eier, Frischkäse und Marmelade. Mindestens ein Inhaber und ein Angestellter frühstücken mit, abends gibt es erst einen beliebig langen Plausch mit den Anwesenden, ehe es ins Bett geht. Die großzügige und gut ausgestattete Dachterrasse eignet sich für Grillfeste, die hier regelmäßig stattfinden. Wir haben es mit einem Spielenachmittag allerdings gemütlicher angehen lassen. Das La Perla ist Gästen seiner Gäste gegenüber sehr aufgeschlossen. Spezialisiert ist das Hotel auf Homosexuelle, die hier durchaus alleine anreisen, aber in Gesellschaft von Übernachtungsgästen gut gelaunt frühstücken. Aufmerksame Details wie eine eigene Hotel-Visitenkarte mit deinem Namen und einem Stadtplanausschnitt (z.B. für Taxifahrer, die sich mit der Adresse nicht immer leicht tun) auf der Rückseite runden den tollen Aufenthalt im La Perla ab.

Reise-Bausteine Mexiko in Eigenregie:
* Mehr zum Verkehr in Mexiko mit Schwerpunkt auf Guadalajara
* Guanajuato
* Yucatan-Trip 2012

Chronologie meiner Mexiko-Reise 2016:
Etappe 1: Mexico City mit Teotihuacan
Etappe 2: Danza del Volador: El Tajin und Coatepec
Etappe 3: Xico: Mit der Machete durch den Bergnebelwald, Kaffee und ein Kleidermuseum
Etappe 4: Am Catemaco-See auf den Spuren von Apokalypto und Medicine Man
Etappe 5: Villahermosa: Olmeken, Nasenbären und Kakao
Etappe 6: Mundo Maya: Palenque, Calakmul und Uxmal

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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