Zeit für ein Märchen IV

Der geheimnisvolle alte Mann

Es lebten einmal zwei Kinder und ihrer kranke Mutter auf einem alten, verfallenen Bauernhof. Außer der Katze Molli hausten keine weiteren Tiere dort. Der Vater der beiden Kinder war seit zwei Jahren verschollen und niemand wusste, wohin oder wieso.
Deswegen wurde die Mutter sehr krank. Eines Tages standen die beiden Kinder Allonsus und Laila vor dem Sterbebett ihrer Mutter. Sie überreichte ihren Kindern letzte Geschenke: für ihren Sohn einen mit Gold verzierten, kleinen Dolch, für ihre Tochter ein kleines silbernes Armkettchen, außerdem einen Brief, in dem stand, dass eine Tante von ihnen auf sie aufpassen werde, wenn ihre Mutter gestorben ist.

Nach wenigen Tagen kam Tante Dagmar und war den Kindern auf den ersten Blick unsympathisch. Sie hatte eine Warze neben der fetten Knollennase und war fürchterlich dick. Dagmar quälte die Kinder und wollte Molli sogar umbringen, nur weil sie Tiere abgrundtief hasste. Schließlich verkaufte Dagmar Laila Allonsus und Molli auf einem Markt im Dorf an einen ziemlich verrückt aussehenden Mann. Er hatte einen Zauberhut auf dem Kopf und einen mindestens zwei Meter langen Schneeweißen Bart.
“Kommt mit”, sprach er mit dunkler Stimme zu ihnen. Der geheimnisvolle alte Mann führte sie in einen dunklen Wald. Die Kinder und die Katze folgten ihm ohne Widerstreben. Was hätten sie auch tun sollen? Ihre Mutter war tot, der Vater verschwunden. Auf einmal erblickten die drei mitten auf der Lichtung einen aus roten Backsteinen gebauten Brunnen. Der alte Mann murmelte: ”Walle Wasser walle und werde nicht zu Falle. Fließe Wasser fließe, ins Märchen uns ergieße.” Er schubste die beiden Kinder samt Katze in den Brunnen und diese dachten schon, es sei aus mit ihnen. Doch zu ihrem Erstaunen hüpfte der Zauberer hinterher. Ein riesiger Strudel tat sich auf und schwups waren alle verschwunden. Sie landeten unsanft auf einem moosbewachsenen Boden vor einer schäbigen Hütte.

Die Kinder schauten sich verwirrt um. Endlich begann der Zauberer zu sprechen: ”Hallo, ihr zwei, ich heiße Rudi und wurde dazu verbannt ein Zauberer zu sein. Wie heißt ihr?” Vorsichtig stellte Allonsus sich und seine Schwester vor. “Ihr müsst mir unbedingt helfen”, flehte Rudi, “eine Böse Hexe hat mich dazu verbannt, dass ich nicht mehr König vom Märchenland sein kann, sondern nur ein nutzloser Zauberer. Der Bann kann erst gebrochen werden, wenn ich mir die Rubinhalskette der Hexe umlegen kann. Entschuldigung, dass ich jetzt so überstürze, aber in wenigen Tagen hat die Hexe Tuna so viel Macht, dass sie über das Märchenland regieren kann! Werdet ihr die Aufgabe erfüllen?”

“Natürlich”, antworteten die Kinder aus einem Munde, “uns ging es bei Tante Dagmar so schlecht, das wir froh sind, eine sinnvolle Aufgabe zu bekommen.” Rudi erklärte: ”Ich weiß nicht, wo das Hexenhaus ist, aber ihr werdet schon jemanden treffen, der euch helfen kann. Viel Glück!” Von dem Blick des Zauberers verfolgt, stapften sie los. Eine halbe Stunde liefen sie, dann sahen sie ein paar riesige Füße.

Der Riese entdeckte auch die Kinder und fragte: ”Wollt ihr was von mir?” “Äh, weist du vielleicht, wo die Hexe Tuna wohnt?”, fragte Laila ängstlich. “Nein, und jetzt haut ab!”, keifte sie der Riese an. Sie nahmen die Beine in die Hand und rannten davon. Nach ein paar Minuten bleiben sie erschöpft stehen und merkten, dass sie Molli beim Zauberer vergessen hatten. “Nicht so schlimm”, meinte Allonsus, “sie hätte uns sowieso nicht bei der Suche helfen können.” So liefen sie weiter und trafen einen Zwerg. Ihn fragten sie dasselbe wie den Riesen. Dieser antwortete mit einem Lied: ”Lala, lala, der Trimpel, der ist da! Nein, nein, ich weis es nicht, bin ein dummer Wicht! Immer heiter gehen wir weiter zu Silberhorn, das weis es schon!”

Nach einem anstrengenden Zwerges-Fußmarsch kamen sie an einem kleinen Pferdestall an, in dem ein wunderschönes Einhorn stand. “Hallo, was wollt ihr von mir?” FRAGTE ES: Die Kinder sprachen hastig: “Kannst du uns bitte zur Hexe Tuna führen?” “Wenn`s weiter nichts ist”, meint das Einhorn, “steigt nur auf.” Das ließen sich die Kinder nicht zweimal sagen. “Danke Trimpel!”, riefen sie noch, als sie schon in der Luft waren und winkten sie dem Zwerg. Da Einhorn berührte während des Fluges Lailas Armkettchen und erweckte dieses damit zum Leben: “Hi, ich bin Luck und bringe Glück.” Die Kinder kamen aus dem Staune gar nicht mehr heraus und dachten an ihre gute Mutter, die ihnen das Kettchen auf dem Sterbebett überreicht hatte. In der Nacht kamen sie endlich am Hexenhaus an. “Klettert durch das rechte Fenster”, flüstert Luck, “dort schläft die Hexe. Nehmt ihr die Kette vom Hals ab!” Gesagt, getan, doch nicht vorsichtig genug. Die Hexe erwachte verwirrt und guckte sich grimmig um. Im letzten rettenden Moment hüpften die Kinder durch das Fenster und landeten auf Silberhorn.

Dies flog mehr als es rannte sofort zur Hütte des Zauberers, es war nämlich der fünfte Tag bereits angebrochen. Rudi freute sich sehr darüber, dass sie ihm die Kette brachten und legte sie sofort um seinen Hals. Die Wirkung war verblüffend. Er verwandelte sich mit einem großen Knall in einen König und seine Hütte wurde zum Märchenschloss.

Jetzt sprach er feierlich: “Hier ist eure Belohnung.” Er machte eine große Flügeltür auf und da standen die guten Eltern von Allonsus und Laila. “Besonders nette Menschen kommen manchmal nach ihrem Tod ins Märchenland”, erklärte Rudi, “bei eurem Vater verheilt es sich so, als er in den Brunnen gefallen war.

Das hatte ich gesehen und schnell den Zauberspruch aufgesagt.” Die Kinder waren sprachlos. Sie stürmten auf ihre Eltern zu und waren einfach nur glücklich. Ab jetzt lebten sie im Schloss von Rudi und sogar Moll fand zu ihrer Familie zurück.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Bürgerreporter:in:

Susi Zander aus Meitingen

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