"Die Bibel ist ‚meine große Liebe!‘“: Interview mit Pastor und Wandergeselle Klaus Deckenbach

Der Wandergeselle Klaus Deckenbach | Foto: Klaus Deckenbach
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Wandergeselle Klaus Deckenbach, Pastor bei der freien evangelischen Gemeinde Donauwörth, ist derzeit mit seinem Vortrag „Mehr als ein Abenteuer! – Ein Wandergeselle, Drei Kontinente, Seine Geschichte“ unterwegs. Unter anderem ist er am 11. März in Wertingen und am 12. März in Meitingen zu Gast. Wie kam es zu seinen großen Reisen? mh bayern wollte es wissen und stellte Klaus Deckenbach einige Fragen.

mh bayern: In Ihrem Vortrag „Mehr als ein Abenteuer!“ berichten Sie über Ihre Zeit als Wandergeselle. Warum zog es Sie in die große weite Welt?

Klaus Deckenbach: Gute Frage! Ich liebe meinen erlernten Schreinerberuf. Als junger Mann wollte ich mich selbstständig machen. Nach der Anmeldung auf der Meisterschule habe ich aber einen „Rückzieher“ gemacht. Ich wollte erst noch etwas mehr Fachkenntnis und Menschenkenntnis erwerben, dachte ich mir. Dann kam mir eine Info-Broschüre der Rechtschaffen-Fremden-Wandergesellen in die Hand. Ich war am „flügge werden“ und habe jetzt die Chance gesehen, eine traditionelle Sache mit einem völlig alternativen Lebensstil zu kombinieren. So ist im Laufe der Zeit meine Entscheidung gereift, mich auf diese außergewöhnliche Sache einzulassen.

mh bayern: Welche Länder haben Sie bereist? Wo hat es Ihnen am besten gefallen und wo am wenigsten?

Klaus Deckenbach: Ich war in 40 verschienen Ländern. In den meisten gab es schöne und unschöne Erlebnisse. Der afrikanische Regenwald - zum Beispiel in Kamerun, Gabun, Kongo und Zaire - war sehr beeindruckend. Die Macht, mit welcher sich der Regenwald „Straßenpisten“ und andere Errungenschaften der Zivilisation zurückerobert, ist sehr beeindruckend. Das Reisen während der Regenzeit ist völlig verrückt und sehr anstrengend. So habe ich mich dort häufig in schwierigen Situationen wiedergefunden, die es zu meistern galt.

In Nigeria habe ich offene Korruption sehr intensiv erlebt: Auf einem Streckenabschnitt von 40 Kilometern gab es 17 Straßensperren. Die herkömmliche Polizei, die Immigrationspolizei und die Armee haben teils Gitter, teils Betonblöcke oder Nagelbretter aufgebaut, um Fahrzeuge zu stoppen. Mit verschiedenen Einschüchterungsarten wurde (in diesem Fall 17 x) versucht, Fahrern und Insassen beim Öffnen des Geldbeutels etwas nachzuhelfen.

mh bayern: Ohne zu viel vorneweg zu verraten: Welches Erlebnis hat Sie auf Ihrer Reise am meisten geprägt?

Klaus Deckenbach: Langzeitwirkung hatten meiner Meinung nach zwei Dinge: Erstens: Der Lebensstil an sich: Einfach so unterwegs zu sein. Es gab beim „Tippeln“ (Reisen) meistens keinen „Anschlusstermin“ und auch niemand, der auf mich gewartet hat. Einfach so unterwegs zu sein und mal sehen, was passiert: Mal sehen, wem ich heute begegne, in was ich hinein gerate, wo ich essen und schlafen werde… - das ist schon ein „durchgeknallter“ Lebensstil. Zweitens: Ich war noch keine acht Wochen weg von zu Hause, da kaufte ich mir auf einem Flohmarkt eine Bibel. Der Verkäufer sagte bei der Geldübergabe: „Dieses Buch hat mein Leben verändert!“ Mich hat das Buch allerdings zunächst sehr gelangweilt. Im Kreise der Wandergesellen habe ich darüber Witze gemacht und gespottet. Aber es hat mich nicht losgelassen. Heute ist das Buch „meine große Liebe“.

mh bayern: Sie waren ja insgesamt fünf Jahre unterwegs und haben auch viele Extremsituationen erlebt. Warum sind Sie immer weiter gereist und nicht einfach nach Hause zurückgekehrt?

Klaus Deckenbach: In der Tat habe ich mich öfters danach gesehnt, zu Hause zu sein und unter dem Gefühl der Einsamkeit gelitten. Manchmal hatte ich gar nicht die Gelegenheit nach Hause zu kommen. Konkret bedeutet das: Als ich in einem afrikanischen Gefängnis war, hätte ich das gemütliche Bett in meinem Elternhaus schon vorgezogen. Aber ich konnte ja nicht raus aus der Zelle. Zu anderen Zeiten hatte ich auch gar nicht das Geld für eine Rückkehr. Vor allem wollte ich aber das, was ich angefangen hatte, auch zu Ende bringen. Und da gab es ja immer wieder interessante, schöne und erstaunliche Begegnungen mit Menschen und der Schöpfung.

mh bayern: Sie sind ja gelernter Schreiner: Wie wurde aus dem Handwerker ein Pastor?

Klaus Deckenbach: Nach meiner Rückkehr wurde ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Sehr besorgt dachte ich: „Jetzt wird es sehr schwer, die nächsten 30 Jahre als Handwerksmeister zu arbeiten!“ Dann kam ein Befreiungsschlag: Die ganze Zeit schon gärte es in meinem Herzen. Ich wollte die Bibel besser kennenlernen. Es eröffneten sich Möglichkeiten für ein theologisches Studium. Die Absicht mal Pastor zu werden, hatte ich in diesen Jahren nicht. Bei dem fast zehnjährigen Lernen und Studieren hat mich vor allem die Vorstellung motiviert, wieder nach Afrika zu gehen, um meine Einsichten und Erfahrungen dort einzubringen. Dass es anders kam und ich zurzeit in Bayern bin, wundert mich selbst.

mh bayern: Glaubten Sie vor Ihren Reisen auch bereits an Gott?

Klaus Deckenbach: Wenn Ja, dann nur sehr vage.

mh bayern: Neben Ihren Vorträgen über Ihre Zeit als Wandergeselle bieten Sie verschiedene Seminare an, die der Lebenshilfe dienen. Dabei geht es oftmals um Krisen wie z.B. um Burnout oder Tod. Inwiefern können Sie den Menschen helfen, die Sie aufsuchen? Spielt Ihr Beruf als Pfarrer dabei eine Rolle?

Klaus Deckenbach: Meine Tätigkeit als Pastor, meine Einsichten als Theologe und meine Geschichte als Wandergeselle gehören zusammen. Auch die jahrelangen Erfahrungen in der Lebensberatung zählen zu mir und meinem Erfahrungsschatz. Aus eigenen überwundenen Krisensituationen weiß ich, wie gut es tut, wenn andere zuhören, mich nicht verurteilen und mir Mut zum Leben machen. Ob und inwieweit ich anderen in Krisensituationen helfen kann, können vorwiegend die Betroffenen Personen selbst besser beurteilen.

mh bayern: Herzlichen Dank für das Interview, Herr Deckenbach.

myheimat-Team:

Tanja Wurster aus Augsburg

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