Tatsächliche Arbeitslosigkeit im Juni 2013

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Marburg, Juli 2013

Lage am Arbeitsmarkt nicht länger schön reden

Eigentlich sollte die Bundesregierung die Lage am Arbeitsmarkt nicht länger schönreden. Es gibt 1,3 Millionen Beschäftigte, die ihr Einkommen durch Hartz IV aufstocken müssen. Es gibt 56.000 Arbeitslose mehr als vor einem Jahr. Und die wirtschaftlichen Aussichten sind aufgrund der Krise in den meisten EU-Ländern ungewiss. Notwendig wäre jetzt eine Offensive für mehr gute und sichere Arbeitsplätze. Doch statt zu handeln, setzt die Bundesregierung auf das Prinzip Hoffnung. Und auf Gesundbeterei. Das ist in meinen Augen unverantwortlich.

Ein arbeitsmarktpolitischer Kurswechsel ist notwendig. Prekäre Jobs wie Leiharbeit, befristete Beschäftigung und Minijobs müssen abgeschafft oder zumindest eingedämmt, der längst überfällige Mindestlohn endlich eingeführt werden. Die Bundesagentur für Arbeit muss nachhaltiger vermitteln und sich um alle Erwerbslosen kümmern. Und statt der Sparpolitik in Europa brauchen wir Investitionsprogramme auch in Deutschland, um gegen Krisenentwicklungen anzugehen und Arbeitsplätze zu sichern beziehungsweise neu zu schaffen.

Bei den Zahlen wie jeden Monat dasselbe Spiel: Die Bundesregierung bleibt dabei, die Arbeitslosenzahlen schön zu rechnen. Arbeitslose, die krank sind, einen Ein-Euro-Job haben oder an Weiterbildungen teilnehmen, werden bereits seit längerem nicht als arbeitslos gezählt. Viele der Arbeitslosen, die älter als 58 sind, erscheinen nicht in der offiziellen Statistik. Im Mai 2009 kam eine weitere Ausnahme hinzu: Wenn private Arbeitsvermittler tätig werden, zählt der von ihnen betreute Arbeitslose nicht mehr als arbeitslos, obwohl er keine Arbeit hat.

Wer die tatsächliche Arbeitslosigkeit erfassen will, muss ehrlich rechnen. Dazu sagte der damalige Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) am 4. Juni 2009 in der Fernsehsendung Panorama: „Alles, was an Effekten durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen entsteht, wird jedes Mal zusammen mit der Arbeitsmarktstatistik veröffentlicht. ... Ich glaube, dass man sich auf die Seriosität dieses Prozesses verlassen kann.“ Wer anders rechnen wolle, könne ja „seine Zahl veröffentlichen - und dazu ein Flugblatt drucken.“ Das tue ich gern. Hier sind die tatsächlichen Zahlen, die auf amtlichen Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit beruht.

Von allein kommt die Wirtschaft nicht in Gang

Die heute veröffentlichten Daten zum deutschen Außenhandel sowie zur Entwicklung des produzierenden Gewerbes sind nicht nur nicht berauschend, sie wecken Befürchtungen. Die Exporte sinken, die Produktion schwächelt und Angela Merkel lässt alles einfach laufen – das ist verantwortungslos. Von allein kommt die Wirtschaft nicht in Gang.

Deutschland droht ein anhaltender wirtschaftlicher Stillstand oder sogar ein Einbruch der Konjunktur, wenn jetzt nicht entschieden gegengesteuert wird. Die Bundesregierung hat es in der Hand, die Wirtschaft durch eine Steigerung der Binnennachfrage wieder in Gang zu bringen. Dies kann durch eine Stärkung der gewerkschaftlichen Durchsetzungsmacht erreicht werden, die kräftige Lohnerhöhungen begünstigt.

Zur Lage ökonomischen Lage in Europa einige Grafiken von J. Jahnke in der Bildergalerie.

Es zeigt sich, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Europa zu größter Besorgnis Anlass gibt. Die Zahlen für die Bundesrepublik sind ebenfalls kein Grund zur Freude. Die Auftragseingänge der Industrie gehen seit 2011 wieder zurück und die bundesdeutschen Reallöhne sinken wieder. Da müssen dann so dubiose Indikatoren wie der Geschäftsklimaindex oder der Konsumklinaindex für gute "Stimmung" sorgen. Mehr Artikel und Hintergründe zum Beispiel bei Heiner Flassbeck in seinem Blog.

Quellen: Bundesagentur für Arbeit: Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland. Monatsbericht Juni 2013, Seite 66. Die dort aufgeführte Altersteilzeit sowie Gründungszuschüsse und sonstige geförderte Selbstständigkeit haben wir in der Tabelle nicht berücksichtigt. Die dort ebenfalls aufgeführten älteren Arbeitslosen, die aufgrund verschiedener rechtlicher Regelungen (§§ 428 SGB III, 65 Abs. 4 SGB II, 53a Abs. 2 SGB II u.a.) nicht als arbeitslos zählen, befinden sich in der Gruppe Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I oder ALG II.

Zahlen Landkreis Marburg-Biedenkopf: Arbeitsmarktreports nach Ländern, Kreisen und kreisfreien Städten, Regionaldirektionen und Agenturen für Arbeit - Juni 2013 - Marburg-Biedenkopf, Tabellenblatt Unterbeschäftigung

Zahlen „Arm trotz Arbeit“: Erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Bezieher - Deutschland mit Ländern und Kreisen - Februar 2013, Tabellenblatt „4.erwerbstätige ALG-II-Bezieher-Region“

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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