WENN BRIEFMARKEN ERZÄHLEN: 9. DEUTSCHE FLAGGENPOST IN KAMERUN

Flagge mit im Stiel eingeklemmten Brief
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Philatelisten in aller Welt begeistern sich für ein ganz besonderes Sammelgebiet:
Den Postwertzeichen und Entwertungen der Deutsche Postanstalten in den ehemaligen Schutzgebieten (Kolonien) und im Ausland vor dem 1. Weltkrieg.
Der Grund für den hohen Zuspruch der Sammler für dieses Thema liegt einmal in dem geographisch und zeitlich überschaubaren Sammelgebiet und in den vielen exotischen Ereignissen und philatelistischen Raritäten.

Zur Erinnerung: das Kaiserreich hatte Auslandspostämter in der Türkei, Marokko und China,
sowie die „Schutzgebiete“ Tsingtau (Kiautschau, gepachtet von China); Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Südwestafrika, Togo, Kamerun, Deutsch-Neuguinea (die Ostecke der Insel), Samoa, die Marianen, Marshall Inseln und Karolinen im Pazifik. Viele Geschichten und Anekdoten sind überliefert und in Büchern festgehalten. Die spannendsten Ereignisse sind aber in der Literatur der Philatelisten festgehalten. Hier nun zwei kleine Kostproben aus Kamerun (Westafrika).

Diese Kolonie umfasste 1914 rund 761000 qkm und war umgeben von britischen und französischen Kolonien. Gut 50 deutsche Poststationen nahmen zwischen 1887 und 1914 den Betrieb auf. Nur in Küstennähe wurde eine Eisenbahn gebaut. Postsendungen in das Landesinnere wurden auf den Flüssen oder Sandpisten befördert. Besondere Boten gab es für die Post zwischen den Regierungs- und Militärstationen, die sich nicht in der Nähe von Postämtern befanden. Diese Läufer erhielten eine kleine deutsche Fahne, in deren Stiel der Brief eingeklemmt war. Per Trommelzeichen wurde das nächste Dorf davon informiert, dass der „Flaggenläufer“ startete, so dass sich schon der nächste Läufer für die nächste Etappe rüsten konnte. An ihn wurde der Brief mit Flagge ausgehändigt und ab ging die Post ins nächste Dorf, das schon per Trommelzeichen informiert wurde. Da die Boten auch nachts liefen, konnten bis zu 400 Kilometer in 24 Stunden zurückgelegt werden. Diese Briefe wurden einfach durch Aufschrift „Flaggenpost“ oder, da viele Läufer nicht lesen konnten, durch eine aufgemalte Flagge gekennzeichnet (siehe Zeichnung).

Der deutsche Forscher und Entdecker Georg Escherich berichtete, dass seiner Expedition Telegramme und Frischgemüse vom Postmeister in Akoafim mittels Flaggenpost übersandt wurden. Sogar gefüllte Untersuchungsgläser auf Malaria wurden von allen Expeditionsteilnehmern per Flaggenpost nach Kumbe gesandt, wo sich eine Malariastation befand. Nach Kriegsbeginn durfte dann auch private Korrespondenz per Flaggenpost befördert werden.

Klar, dass durch die Kriegswirren und Evakuierungen der deutschen Besatzer nicht viele Briefumschläge aus Kamerun erhalten und deshalb begehrte Sammlerobjekte sind.
So auch dieser Brief von Longji am 19.5.1911 nach Berlin. Es gab an diesem Tag keine Briefmarken mehr für die Portostufe von 10 Pfennig. Also halbierte man, entgegen der Dienstvorschrift, 20 Pfennig-Marken und verkaufte beide Hälften zu je 10 Pfennig. Man setzte neben die halbe Marke das Dienstsiegel, um die Richtigkeit der Frankatur zu bestätigen. Bereits am nächsten Tag kam die Ersatzlieferung der fehlenden 10 Pfennig Marken in Longji an. Der Postbeamte wurde amtlich gerügt, weil er gegen die Vorschriften der kaiserlichen Post verstoßen hatte. Doch diese philatelistische Rarität konnte man nicht mehr rückgängig machen.
Zur Freude der Sammler.
Zur Blechbüchsenpost im Pazifik geht's hier entlang:
http://www.myheimat.de/marburg/beitrag/58919/blech...

Flagge mit im Stiel eingeklemmten Brief
Das seltene Longji-Provisorium
Bürgerreporter:in:

Hans-Rudolf König aus Marburg

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