In das Untertage-Labyrinth einer ehemaligen Uranmine im Erzgebirge abgetaucht.

Herr Augustin erläutert die Geologie anhand einer Tafel Foto: W. Döhler
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Bergwerksführung mit Joachim Augustin in Bad Schlema.
Jahrgang 1937 ist er und 44 Jahre ist er hier im Uranbergbaugebiet Bad Schlema/Aue/Schneeberg Bergmann gewesen. Heute führt der Bergingenieur im Ruhestand interessierte Gäste in die als Besucherbergwerk ausgebaute, bis 1990 aktive Uran Zeche "Markus-Semmler Stollen, Schacht 15 IIb". Hier wurde von 1945 bis 1990 Uranerz gefördert, was als Reparationsleistung in die Sowjetunion abgeliefert werden mußte und dort in der Atomindustrie Verwendung fand. Der Bergbau geht in dieser Region in das 13. Jahrhundert zurück: In den tiefen Fahrspuren der "Salzstraße", die von Halle/Saale kommend, über die Erzgebirgspässe nach Böhmen hinein führte, entdeckte man durch Zufall erzhaltiges Gestein. Man baute zunächst Eisen und Kupfer, später Silber, Wismut und Kobalt ab. Nach 1945 wurden russische Prospektoren bei der Suche nach Uran fündig. Alles war geheim. Arbeiter, selbst Frauen, wurden von den Sowjets zur gefahrvollen Arbeit des Uranerzabbaues in die Bergwerke gezwungen.
"Auch für eine Person gibt es eine Führung", sagt Herr Augustin, da außer mir weitere Interessenten fehlten. Die Schutzkleidung, bestehend aus Helm, Overall und Gummistiefeln werden angepasst. Nach wenigen Minuten sind wir "per Du". Ich spüre, welch enormes bergbauliches Fachwissen von diesem Mann ausgeht, gepaart mit einer großen Portion Mitteilungsfreudigkeit. Ebenso treffe ich bei ihm auf die typische "erzgebirgische Herzlichkeit", die für den Menschenschlag dieser Gegend sprichwörtlich ist. Nach wenigen Metern sind wir am Schachtkorb und bereit zur Einfahrt. "Funktioniert noch alles", sagt er, "in über 40 Jahren noch nie ein Seil gerissen oder größere Unfälle, nur einige Selbstmörder, die sich in den Schacht gestürzt haben". Er meldet beim Maschinisten über Telefon eine Selbstfahrt auf die erste Sohle in 48m Tiefe an. Schon rauscht der Fahrkorb hinab. Unten ist noch alles betriebs-und fahrbereit. Die pressluftbetriebenen Bohrmaschinen sind leicht angerostet. "Halt dir die Ohren zu!" Laut donnernd hämmert sich der Bohrkopf ins harte Granitgestein. Mit Messsonden wurde ehedem über das Bohrloch geprüft, ob genügend Uranerz im Gestein vorhanden war. Dann wurde gesprengt, das Erz auf die Grubenbahn verladen und zum Füllort am Schacht transportiert. Nun erreichen wir über einige Leitern die Stollengänge des Altbergbaues. "Alles ging vor 1850 nur mit Eisen und Schlägel, erst danach konnte man sprengen" sagt Herr Augustin. Ich staune über die gut ersichtlichen Mineralisierungen und Vererzungen im Gestein der Stollenwände. Ich bin sehr beeindruckt, was die damaligen Bergleute mit einfachsten Werkzeugen, ohne Elektrizität, unter schwersten Gegebenheiten wie Kälte und Feuchtigkeit, nur mit Ölfunzeln ausgerüstet, von Hand geleistet haben. "Wir könnten hier noch 144 km weitergehen, soweit verläuft dieses Untertage Labyrinth, bis weit unter die Stadt Schneeberg. Aber wir müssen in einer Stunde wieder oben sein" so der Bergführer. Wieder oben angekommen, steht die nächste Besuchergruppe von ca 20 Personen schon fertig in Schutzkleidung bereit zur Einfahrt. "Du hast es gut gehabt" sagt einer der Bergingenieurs-Kollegen zu Herrn Augustin,"du hast ja nur einen Besucher führen müssen!". Herr Augustin darauf: "Ja, aber ein feiner Kerl, ein feiner......."

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Döhler aus Marburg

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