WELTREISE 2013, Teil 17 - HUNDESTADT VALPARAÍSO & VIÑA DEL MAR

Chilenisches Empfangskomitee
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Langsam ging es mit uns nordwärts, dem Äquator entgegen. Valparaiso, wichtigster chilenischer Hafen wartete auf uns. Sollten wir wirklich die Busfahrt bis Santiago de Chile auf uns nehmen, um dort den Präsidentenpalast „La Moneda“ zu sehen, wo Salvador Allende regierte und starb, oder wäre das nahe gelegene, berühmte Seebad Viña del Mar nicht interessanter? Wir entschlossen uns einmal gegen Geschichte und Politik und statt dessen für Viña del Mar, von dem uns schon einige Leute vorgeschwärmt hatten. Doch zunächst schauten wir uns in Valparaiso um.

In Wikipedia hatten wir zuvor gelesen (Zitat):
„Valparaiso liegt an einer nach Norden offenen Bucht des Pazifischen Ozeans. Der Hafen ist einer der bedeutendsten des Landes. Der Charakter der Stadt gilt als weltberühmt und ist Inhalt zahlreicher literarischer, musikalischer und künstlerischer Interpretationen. Die Stadt gilt als kulturelle Hauptstadt Chiles. Im Juli 2003 wurde der historische Stadtkern mit seiner Architektur aus dem 19. und 20. Jahrhundert von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.“

Wir waren gespannt und wollten zunächst mit einem Taxi durch die Stadt fahren, um einen Überblick zu erlangen. Doch wir wussten nicht, dass es verschienen Klassen von Taxis gibt, die der Kenner auseinander halten kann. Wir waren absolut ahnungslos, hoben den Daumen, winkten und pfiffen. Kein Taxi hielt an. Einige Fahrer zeigten mit dem Finger vorwärts in Fahrtrichtung. Was das wohl bedeutete? Zu Fuß liefen wir von den Markthallen zur Plaza Simon Bolivar, die es wohl in jeder südamerikanischen Stadt gibt, und weiter zur hübschen „Plaza de la Victoria“ (Siegesplatz).

Auf dem Platz sprach ich einen Herrn an, der uns erklärte, dass es verschiedene „Taxi-Linien“, mit unterschiedlichen Tarifen und Routen gibt. Es gab markierte Haltestellen in fast jeder Strasse, wo man ein Taxi der betreffenden Linie heranwinken konnte. (Gerade so wie bei den Linienbussen in Mexiko). Es sind zumeist Sammeltaxis, in denen man den Tarif mit anderen Fahrgästen teilt. Hier im Zentrum kreuzten an die zwanzig verschiedene Taxi-Linien, und guter Rat war teuer. Doch der freundliche Valparaiseño erklärte uns, wo wir die Taxi-Haltestelle für die Linie zu unserem Ziel, der „Plaza Aduana“, finden würden. Also tippelten wir gar nicht weit zur Haltestelle, hoben die Hand, und siehe da, ein schwar-gelbes Taxi hielt, in dem sich schon zwei Fahrgäste befanden. Wir quetschten uns dazu, sagten unser Ziel, und los ging’s quer durch das Stadtzentrum, das in keiner Weise über die von der UNESCO so hoch gelobte Attraktivität verfügte. Da hatten wir schon einige schönere Städte gesehen. Unterwegs stiegen die beiden anderen Gäste aus und zwei andere ein. An unserem Ziel zahlten wir einen winzigen Obolus, waren um eine neue Erfahrung reicher und stiegen aus. Sofort waren wir von einer Meute streunender Hunde umgeben.

Direkt neben der „Plaza Aduana“ stiegen wir in eine der berühmten Standseilbahnen, die uns auf den Hügel „Cerro Artileria“ brachte. Die klapprige, von einem Stahlseil gezogene Bahn aus dem 19. Jahrhundert war total ungepflegt. Zwischen den spröden Holzbodendielen konnte man hindurch blicken, und die hölzernen Sitzbänke an der Seitenwand waren splittrig. Wir verstanden, warum die anderen Fahrgäste beim Eintreten das Kreuz schlugen. Doch wir sahen wieder einmal dem Tod ins Auge und kamen nach spannenden fünf Minuten oben an.

Der „Artillerie-Hügel“ befindet sich nicht weit oberhalb des Hafenbeckens, das damals sicherlich leicht von hier oben aus kontrolliert und beschossen werden konnte. Noch heute befindet sich hier das Seefahrtsmuseum, das wir jedoch nicht besuchten. Wir genossen den Ausblick auf Hafen und Stadt und wollten zu Fuß durch das angrenzende Altstadtviertel hinab ins Zentrum steigen. Doch das verlassen scheinende, enge Altstadtviertel machte einen wenig vertrauenswürdigen Eindruck auf uns. Eine freundliche Dame empfahl uns, besser wieder mit dem Aufzug hinab zu fahren, denn die Polizei konnte hier in den engen Gassen nicht patrouillieren. Obwohl wir auf unseren Ausflügen nie ängstlich waren, so war doch stets, wie in diesem Fall, eine gewisse realistische Einschätzung der Lage angebracht.

Als wir mit dem Klapperkarren wieder unten vor dem Zollhaus ankamen, erblickten wir einen uralten Oberleitungsbus (O-Bus), wie er in den 60-er Jahren nach Abschaffung der Straßenbahn in Marburg herum kurvte. Unsere ungeliebten Freunde, die Hundemeute, umkreiste uns lauernd, bis ich schließlich so tat, als würde ich einen Stein aufheben. Daraufhin ergriffen sie endlich mit eingekemmten Schwänzen die Flucht.

Wir bummelten zur Plaza Soto Mayor, dem Hauptplatz des Stadtzentrums das von der Kommandantur der Marine, dem Justizgebäude und dem berühmten Hotel „Victoria“ eingerahmt wird. In der Mitte der Plaza steht das Denkmal der Helden von Iquique. Der Jahrestag dieser Seeschlacht vor dem ehemaligen peruanischen Hafen Iquique, bei dem der chilenische Kommandant und Nationalheld Arturo Pratt ums Leben kam, wird in Chile immer wieder frenetisch gefeiert, denn schließlich hatte man nach dem Sieg eine ganze Provinz von Peru "anektiert".

Vor der Kommandantur der Marine fand eine eindrucksvolle Demonstration gegen die Verschmutzung der Meere durch Plastikabfälle statt. Man hatte tausende leerer Plastikflaschen auf endlose Seile aufgezogen, die zuvor durch die Stadt gezogen worden waren. Eingerahmt wurde der Demo-Platz von alten Autoreifen und anderen Plastikabfällen. Zu diesem Thema der Verschmutzung der Weltmeere werde ich noch an anderer Stelle meines Reiseberichtes schreiben.

Wir hatten genug von der schmutzigen, von Strassenkötern bevölkerten Stadt gesehen. Im nahe gelegenen Bahnhof stiegen wir in einen modernen, gepflegten S-Bahnzug ein und erreichten Viña del Mar nach 20 Minuten Fahrtzeit. Als wir dort im Zentrum aus dem unterirdischen Bahnhof hinauf ins Tageslicht traten, waren wir von lautem Verkehr umbrandet. Stinkende Abgase nahmen uns den Atem. Dies war also der angeblich so mondäne, exklusive Badeort. Wir flüchteten zunächst in einen nahen Park. Von dort schlenderten wir am Ufer eines künstlichen Wasserarms am Casino vorbei bis zum „Schloss Wulff“ am Strand. Die Brandung war stark, das Wasser kalt, und niemand badete. Schließlich war Herbst auf der Südhalbkugel, und der eiskalte Humboldtstrom tat das Seinige dazu.

Fazit: schön und gut, die Parks gepflegt, die Strassen und der endlose Strand sauber. Doch wo waren die Sehenswürdigkeiten, das Bäderflair, das Mondäne und Exklusive der Prospekte? Möchten wir hier Urlaub machen? Oder gar wohnen? Nein danke! Auf uns wirkte die Stadt kalt und unpersönlich, ohne Ambiente, vom Verkehr zerstört. Da leben wir doch lieber zu Hause auf unserer Insel.

Alle Mann an Bord, es geht weiter nordwärts, dem Äquator entgegen.

Fortsetzung folgt.
Siehe auch: http://www.myheimat.de/marburg/freizeit/weltreise-...

Bürgerreporter:in:

Hans-Rudolf König aus Marburg

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