Wanderung über den „Marburger Rücken“ - Teil 4: Über die Elsenhöhe zum Behring-Mausoleum

Behring-Mausoleum
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Das Ziel dieser Wanderung ist das Behring-Mausoleum. Dieses Grabmal für den Träger des ersten Nobelpreises für Physiologie oder Medizin wird im Jahr 2017 eine besondere Bedeutung erfahren. In zwei Jahren jährt sich der Todestag von Emil von Behring, der am 31. März 1917 verstorben ist, zum hundertsten Mal. Behring wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung dort beigesetzt. Geboren wurde Emil Adolf Behring am 15. März 1854 in der preußischen Provinz Westpreußen.

Marburg wird sich auch hundert Jahre später seines größten Mitbürgers mit dem offiziellen Titel und der Anrede „Wirklicher Geheimrat Professor Dr. Emil von Behring Exzellenz“ in würdiger Form erinnern. Behring selbst hat sein Mausoleum, das er noch zu Lebzeiten geplant und dessen Baubeginn er noch begleitet hatte, bewusst in einem Park auf eigenem Grund und Boden angesiedelt. Durch die parkähnlich gestaltete Landschaft ringsum ist das Mausoleum zu jeder Jahreszeit eine Wanderung wert.

Mehrere Wanderwege führen zu dem Bereich des Grabmals. Aus dem Tal der Ketzerbach kann man sowohl über Augustenruhe und Kirchspitze den Weg wählen als auch durch den Brümmelsgraben über Wilhelm-Roser-Straße und Wannkopfstraße. Von Westen her leiten Wege über den Grassenberg und vom Vorort Marbach zur Elsenhöhe. Die Elsenhöhe ist somit der Einstieg zum Teil 4 der Wanderung über den Marburger Rücken von der Elisabethkirche zum Mausoleum. Von diesem kleinen Tal ist der Weg nicht mehr weit bis zum Wanderziel. Der Wanderweg führt am Zaun oberhalb von Elsenhöhe entlang und biegt dann zur Umrundung der Behringwiese ab.

Teil 4 der Wanderung über den Marburger Rücken ist geschichtsträchtig wie die anderen drei Teile zuvor. Aber das Zurückschauen leitet nicht bis ins Mittelalter oder in die Vorzeit. Vielmehr begegnet man hier auf Schritt und Tritt Erinnerungen an die Zeit um 1900. Es gilt dem Andenken, wie Emil von Behring in Marburg gewirkt hatte. Deshalb enthält dieser Bericht einige Informationen über das Wirken des Nobelpreisträgers in dem Bereich Elsenhöhe.

Der Name „Elsenhöhe“ erinnert an Else von Behring (1876-1936), der Frau des Nobelpreisträgers. Der obere Teil des Brümmelsgrabens, durch den man bis vor hundert Jahren über den „Michelbacher Weg“ (der Name wurde aufgegeben) nach Michelbach kam, befindet sich vollkommen im Besitz der Behringwerke bzw. der Nachfolgefirmen. Behring hatte von den Geldern, die ihm seine Preisverleihungen einbrachten, großflächig in Grundstückskäufe am Marburger Schlossberg und westlich davon Richtung Marbach und Brümmelsgraben investiert. In der Wannkopfstraße hatte Behring sein erstes Labor eingerichtet. Das Haus steht noch heute.

Der Bereich der Elsenhöhe ist seit jeher eingezäunt. Wichtig war die Einzäunung auch deshalb, weil oft Quarantäne-Situationen in diesem Teilbetrieb der Behringwerke auftraten. Noch heute kann man innerhalb der Einzäunung die Anlagen der Viehställe erkennen. Sie dienten zur Unterbringung der Tiere, meist rassige Pferde, aber auch Kleinvieh. Deren entnommenes Blut wurde zur Herstellung der Seren benötigt. Nicht nur die größeren Wiesenflächen, sondern vor allem zwei Rundläufe – am oberen und unteren Ende der Elsenhöhe – wurden für den Auslauf der zahlreichen Pferde genutzt. Heute werden die Pferde nicht mehr zur Produktion gebraucht.

Der aufmerksame Wanderer wird auf der Wanderung zum Mausoleum mehrere kleine runde Teiche entdecken. Sie wurden angelegt, um das Gesamtbild eines kleinen Parks vor dem Mausoleum zu formen. Vor allem der kleine Teich am oberen Ende von Elsenhöhe diente im Sommer als Laichplatz vieler Kriechtiere. Im Winter bei Eisgang war er Eislauffläche für viele Generationen von Schlittschuhläufern. Bis zum 2. Weltkrieg wurde noch der Springbrunnen genutzt, der in einem Aufbau von Felssteinen in der Mitte angebracht ist.

Ebenfalls einen Springbrunnen hat der Teich innerhalb des eingezäunten Bereichs der Elsenhöhe. Dieser Springbrunnen war noch längere Zeit in Funktion. Vielleicht erreichen diese Anlagen zum Jubiläumsjahr 2017 wieder eine Auferstehung – es wäre wünschenswert. Das gesamte Gelände bis hoch zum Mausoleum hat noch heute einen prächtigen parkähnlichen Charakter und würde mit der Wiederinstandsetzung der Springbrunnen sehr gewinnen.

Nachdem der Wanderer den kleinen Teich oberhalb Elsenhöhe erreicht hat, liegt schon das Mausoleum im Blick. Die große Wiese davor, die Behringwiese, wurde und wird auch noch heute im Winter bei Schneefall als erste Lernwiese für kleine Skifahrer genutzt.

Das Mausoleum ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Sarkophage der Familie sind im Untergeschoss des Gebäudes untergebracht mit Zugang hinter dem Rundbau. Im Erdgeschoss im Hauptraum befindet sich eine Büste des Verstorbenen. Die gepflegte Anlage bietet einen Platz der Ruhe in intakter Natur.

Der an dieser Stelle mit einem Mausoleum Geehrte ist wegen seinen erfolgreichen Forschungen von Kaiser Wilhelm II. in den erblichen Adelsstand erhoben worden. Er wurde lange Zeit als „Retter der Kinder“ tituliert. Hier einige Erläuterungen zu seiner Tätigkeit. Behrings wissenschaftliche Erfolge gründeten auf seinen Forschungsarbeiten an der Diphtherieerkrankung. Nahezu jedes zweite Kind starb noch im 19. Jahrhundert an dieser Erkrankung. Wichtige Eindrücke, die seine Forschungserfolge beflügelt haben dürften, erhielt Behring in seiner Zeit als Assistent von Robert Koch in Berlin.

1893 zum Professor ernannt, nahm er zwei Jahre später einen Ruf nach Marburg an. Schon einige Jahre vor der Verleihung des Nobelpreises (1901) hatte Behring einen hoch dotierten Forschungspreis in Frankreich erhalten. Von diesem Geld kaufte Behring Grundstücke in Marburg, um Versuchsanlagen zu erhalten. 1904 gründete er mit Marburger Apotheker Carl Siebert als Teilhaber und Partner die Behringwerke, die in der Folgezeit sehr erfolgreich arbeiteten.

Aus den Marburger Behringwerken kamen im Ersten Weltkrieg die wichtigen Impfstoffe für die Soldaten. Der Betrieb, inzwischen eine GmbH, wurde enorm ausgeweitert und insgesamt viele Millionen Impfstoffampullen hergestellt. Viele deutsche Soldaten wären im Dreck der Schützengräben kläglich an Blutvergiftung und dem tödlichen Wundstarrkrampf gestorben, wenn es nicht das Tetanusheilserum der Behringwerke in ausreichender Menge gegeben hätte. Aus Marburg kamen auch das Gasbrandserum sowie der Choleraimpfstoff an die leidende Front.

Die Wanderung zum Behring-Mausoleum kann man ergänzen durch einige Anlaufpunkte ringsum. Links hinter dem Grabmal befin¬den sich im Wald die Brunnenröhren. Das Wasser dieser Quelle versorgte früher das Schloss durch eine Röhrenleitung. Über Jahrhunderte floss von hier das Wasser über den Grassenberg hinunter ins Marbachtal und wieder hinauf in kommunizierenden Röhren hoch zum Schlossberg. Zuerst wurden Röhren aus Weidenholz, danach aus Ton und später aus Eisen verwandt.

Wendet sich der Wanderer direkt hinter dem Mausoleum nach rechts in Richtung Abhang zum Lahntal und nimmt den Weg hoch oben am Abhang entlang in Richtung Norden, so gelangt er in mehrere Steinbrüche. Aus dienen Steinbrüchen wurden die Steine der Elisabethkirche geholt. Die Sandsteine besitzen eine sehr hohe Festigkeit und Haltbarkeit. Noch nach dem 2. Weltkrieg wurden hier Steine gebrochen, um mit diesen hervorragendem Material den teilzerstörten Reichstag in Berlin wieder aufzubauen.

Wer will, kann von hier aus auf der östlichen Seite des Marburger Rückens den Rückweg antreten. An der Kante zum Lahntal entlang – immer nach Süden - kommt man geradewegs in deutlich weniger als dreißig Minuten zurück zum Ausgangspunkt Michelchen/Elisabethkirche.

Hier auf kurzem Weg zu den drei ersten Teilen:

Teil 1:
http://www.myheimat.de/marburg/freizeit/wanderung-...

Teil 2:
http://www.myheimat.de/marburg/freizeit/wanderung-...

Teil 3:
http://www.myheimat.de/marburg/freizeit/wanderung-...

Und zu einem Bericht über eine Schneewanderung vom Michelchen zum Behring-Mausoleum:
http://www.myheimat.de/marburg/natur/schneewanderu...

Bürgerreporter:in:

Karl-Heinz Gimbel aus Marburg

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