Mit Gisela in Polen - mit der Bimmelbahn durch Swinemünde

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Wir fahren mit der Bimmelbahn durch Swinemünde. Durch den Lautsprecher erfahren wir in deutscher Sprache, dass Swinemünde eine Stadt mit über 41.000 Einwohnern ist. Sie liegt auf zwei Inseln und zwar der Insel Usedom und der Insel Wollin. Świnoujście heißt die Stadt auf Polnisch.

Bis zum 2. Weltkrieg war Swinemünde das drittgrößte deutsche Ostseebad. Danach gehört es seit dem 6. Oktober 1945 zu Polen.

Das Seebad wurde bekannt vor allem durch die regelmäßigen Besuche von Kaiser Wilhelm II. Er kam immer während der Kaisertage am ersten Augustwochenende seit 1882. Swinemünde ist mit den Kaiserbädern Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin über die längste Strandpromenade Europas seit 2011 verbunden. Sie hat eine Länge von über 12 km. Ebenso lang ist der feine Sandstrand von Swinemünde bis Bansin. Er ist durchschnittlich 40 m breit. Der Strand zieht sich bis nach Peenemünde über 42 km dahin.

Der Tourismus und auch der Hafen sind die beiden Hauptwirtschaftszweige in Swinemünde.

Wir fahren mit der Bimmelbahn durch das Kurviertel und den Stadtkern von Swinemünde, welche auf der Insel Usedom liegen. Im Osten wird der Stadtkern von dem Hafen begrenzt, der wiederum von der 1020 m langen Westmole und der 1372 m langen Ostmole. Beide Molen wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut. Der Leuchtturm am Ostufer der Swine wurde 1859 errichtet. Auf der Westmole steht eine weiße Bake in der Form einer Windmühle. Sie ist ein Wahrzeichen des Swinemünder Hafens.

1824 wurde in Swinemünde die erste offizielle Badesaison eröffnet. Das brachte dem Seebad einen neuen Erwerbszweig mit weit reichenden Folgen. Fast die Hälfte aller Gäste kamen aus Berlin angereist. Anfangs konnten ca. 620 Badegäste gezählt werden.1913 waren es bereits 40.247 Besucher. Somit war Swinemünde vor dem Zweiten Weltkrieg hinter Kühlungsborn und Kolberg das drittgrößte deutsche Ostseebad.

Wir fahren durch den Kurpark, der zwischen dem Zentrum und dem Kurviertel mit der Strandpromenade liegt. Er besteht nicht nur aus Park, sondern auch aus Kiefernwald.

Unsere Fahrt geht zuerst bis zur deutschen Grenze beim deutschen Nachbarort Ahlbeck an der Bundesstraße 111. Ich erinnere mich noch daran, dass er von 1990 bis 2007 nur zu Fuß und als Radfahrer passiert werden konnte. Erst ab April 2007 wurde ein weiterer Straßengrenzübergang nur für Reisebusse und Radfahrer geöffnet. Dann 21. Dezember 2007 trat Polens dem Schengener Abkommen bei und auch die „grüne Grenze“ zum deutschen Teil der Insel Usedom wurde geöffnet und die Kontrollen an den Grenzübergängen ganz eingestellt. Seitdem sind beide Grenzübergänge für den Straßenverkehr freigegeben, außer für LKW über 3,5 t.

Auch die Usedomer Bäderbahn über die Bahnstrecke Wolgast Hafen-Zinnowitz-Heringsdorf-Ahlbeck wurde verlängert bis zum Bahnhof Świnoujście Centrum.

Auf der Rückfahrt von der Grenze sehen wir auf unserer linken Seite den großen Polenmarkt. Er ist der größte Flohmarkt Europas.

Noch etwas ist wichtig zu erwähnen: Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bestand die Einwohnerschaft aus Deutschen mit überwiegend evangelischer Religionszugehörigkeit. Nach Kriegsende wurde durch die zugewanderte polnische Bevölkerung Swinemünde überwiegend katholisch.

Weiter geht die Fahrt durch die Stadt zum Hafen. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Dampfschiffverbindungen nach Ostpreußen, Bornholm und Kopenhagen.

Ebenfalls um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden rechts und links der Swine von der preußischen Armee Küstenforts angelegt. Auch an der Mündung der Peene entstanden Forts. Swinemünde wurde dadurch zur Festung III. Ranges mit einem Bataillon Fußartillerie. Die Festung Swinemünde, auch Engelsburg genannt, ist noch heute gut erhalten und wir werden sie bei einem Spaziergang erkunden.

Nach 1933 wurde auf einer Insel ein U-Boot-Hafen angelegt, und in Swinemünde Torpedoboote stationiert. Im zweiten Weltkrieg wurden die alten Festungsanlagen weiter ausgebaut und intensiv genutzt. Der Hochbunker der entstand wurde nach dem Krieg nicht gesprengt, sondern er dient bis heute als Feuerwachturm. Wegen seiner eigentümlichen Form heißt er „Glocke“.

Am 12. März 1945 bombardierten die Amerikaner Swinemünde mit 671 Bombern und 412 Begleitjägern. Die Bombardierung galt dem Marinehafen bei der allerdings die Stadt zum größten Teil zerstört wurde. Da am Ende des Zweiten Weltkriegs sich in Swinemünde Massen von Flüchtlingen aus dem Osten Deutschlands auf der Flucht vor der heranrückenden Roten Armee aufhielten und hier auf ihren Weitertransport warteten, gab es unendlich viele Todesopfer. Die Angaben reichen von 4000 bis 23.000. Die meisten der Opfer wurden auf dem Golm in Massengräbern beigesetzt.

Am 5. Mai 1945 wurde Swinemünde von der sowjetischen Armee besetzt. Am 6. Oktober des gleichen Jahres kam die Stadt zu Polen Es wurde eine polnische Verwaltung eingesetzt und der Name Swinemünde in Świnoujście umbenannt.
Weiterhin blieb Swinemünde eine Garnisonsstadt, nun von der Roten Armee. Anfang der 1990er Jahre, als ich das erste Mal hier war, war die Rote Armee hier noch stationiert. Im Dezember 1992 verließen die letzten Einheiten der sowjetischen Armee Swinemünde.

Peenemünde ist ja fast allen ein Begriff. Alle technischen Überreste wurden bis 1947/48 von Swinemünde aus in die Sowjetunion verschifft. Später folgten alle internierten Techniker und Ingenieure aus Peenemünde, die sich nicht vorher nach Westen zu den Amerikanern absetzen konnten.

Die Einwohner von Swinemünde wurden durch die ständige Anwesenheit der sowjetischen und polnischen Garnisonen sehr in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Die gesamten Hafenanlagen, die Festungsanlagen östlich und westlich der Swine und das ganze Kurviertel waren für die Bewohner der Stadt tabu, da Militärsperrzone.

Ab dem Jahr 1958 hatten die sowjetischen Streitkräfte das Kurviertel wieder geräumt. In Swinemünde entwickelte sich wieder der Kurbetrieb, und die Stadt wurde neben Kolberg und Sopot eines der bekanntesten Ostseebäder in Polen.

Swinemünde ist bis zum heutigen Zeitpunkt Marinestützpunkt, jetzt der NATO.

Seit 1989 profitiert die Stadt von ihrer Nähe zur deutschen Grenze. Seither wächst ständig der Strom der zahlreichen deutschen Touristen an.

Bürgerreporter:in:

Gisela Görgens aus Quedlinburg

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