Jüdische Beerdigung und Vorbereitung des Toten.

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Das Begräbnis findet traditionell noch am Todestag statt, außerhalb Israels wird jedoch meist eine Wartepflicht von 48 Stunden verlangt. Die Achtung gegenüber dem Toten gebietet dies, da die Seele des Verstorbenen erst dann aufsteigen kann, wenn der Tote zur ewigen Ruhe gebracht wird.

Alle Verstorbenen werden ungeachtet ihres Ansehens in weißen Sterbekleidern in einer einfachen Holzkiste beigesetzt. Die Chewrah Kadischa, (wörtl. Heilige Bruderschaft) wäscht und kleidet die Verstorbenen ein. Dies wird nach der jüd. Tradition als eine der größten Liebestaten gegenüber dem Mitmenschen angesehen.

Die Trauerfeier findet in einer Leichenhalle statt. Ein Rabbiner hält eine Trauerrede Das zentrale Gebet bei einer Beerdigung ist das "Zidduk ha Din"- Gebet, das mit den Worten beginnt: "Der Fels, vollkommen ist sein Tun, denn all Seine Wege sind gerecht. Er ist der G-tt der Treue, ohne Fehl gerecht ist Er." Keine Anklage, auch im Moment des größten Schmerzes glauben und beteuern die Juden die Gerechtigkeit Gottes.

Danach wird der Tote zum Grab begleitet. Ihn zum Grab zu begleiten, gilt als Mizwa, als religiöse Pflicht und gute Tat. Auf dem Friedhof reißen sich die Angehörigen zum Zeichen ihrer Trauer die Kleider ein, heute meist symbolisch durch das Abreißen eine Krawatte oder ein auf die Kleidung geheftetes Band. Am Grab wird zum ersten mal für die Verstorbenen das Kaddisch, das Totengebet, in dem Gott gepriesen wird. gesagt. Nicht die Teilnahme an einer Beerdigung, sondern der Akt des Schaufeln am Grab wird als die eigentliche Erfüllung der Mitzwah (religiöse Pflicht), einen Toten zu bestatten, angesehen. Es ist daher Tradition, dass Jedermann an einer jüdischen Beerdigung mindestens drei Schaufeln Erde ins Grab gibt.

Chewrah Kadischah (heilige Gesellschaft)
ist eine Organisation von jüdischen Frauen und Männern die dafür sorgen, dass die Beerdigungen nach der Halacha (Jüdische Gesetze) stattfinden. Ab dem Eintritt des Todes kümmert sich die hl. Gesellschaft um den Toten.

Die Gedanken der hl. Gesellschaft beim Toten: „Vor uns liegt die Hülle, in der bis vor kurzem ein von uns geliebter Mensch gelebt hat. Und was bleibt zurück? Eine leblose Materie. Der Körper, der einen Menschen darstellte, den wir kannten.
Ein Mensch - mit allen Tugenden und Mängeln - ein »Ebenbild« G-ttes. In dieser Hülle wohnte eine Seele, war also auch ein Aufenthalt G-ttes. Die Ehrfurcht vor der sterblichen Hülle sollte nicht vor dem lebenden Menschen zurückstehen“.

Mit diesen Gedanken werden dem Toten die letzten notwendigen Liebesdienste erwiesen. Diese Gefühle bewegen die Männer und Frauen der Chewra Kadischa, die dieses Liebeswerk vollbringen. Sie haben den Toten schön gerade ausgestreckt. Wenn möglich, legen sie ihn auf den Fußboden. Auf jeden Fall entfernen sie Bettlaken und Decken. Der tote Körper wird nur mit einem weißen Tuch bedeckt. Schon bald darauf wird er für die Waschung, Reinigung und Einsargung vorbereitet. Auch diese Aufgaben erledigen Mitbrüder für die Männer und Mitschwestern für die Frauen.

In Israel werden die Toten nicht eingesargt, sondern aufgebahrt und in einem schwarzen Leichentuch bestattet. Dagegen werden Soldaten, die bei der Verteidigung ihres Landes gefallen sind, meistens im Sarg nach Hause gebracht und auch in ihm beerdigt.

Die Familie sorgt nicht alleine für den Toten und er wird auch nicht allein gelassen. Jemand bleibt bei ihm Tag und Nacht. In den größeren Gemeinden geschieht das meistens durch einen Gemeindeangestellten, der nach einem bestimmten Zeitraum von einem anderen abgelöst wird. Auch am Totenbett wird »studiert«, d. h., die jüdische Lehre wird gepflegt und die entsprechende jüdische Literatur studiert. Aus der Bibel werden Abschnitte und Psalmen vorgelesen. Manchmal ununterbrochen von dem Augenblick an in dem der Tod eingetreten ist, bis zur Beerdigung. Das ist jedoch nicht überall möglich. Es geschieht in dem Raum, in dem der Tote aufgebahrt ist, allerdings nicht direkt vor ihm. Auch wird sich nicht eingehüllt in den Tallith (Gebetsmantel, Gebetsschal), noch werden die Tefillin (Gebetsriemen) angelegt.

Der Raum, in dem der Tote liegt, wird bis zur Beerdigung ehrfürchtig abgeschirmt.

In der Zwischenzeit wird die Beerdigung vorbereitet. Auch dabei hilft die hl. Gesellschaft. Sie erledigt eine Reihe von Formalitäten wie das Melden des Todes beim Standesamt und andere, für die die Beerdigungsvereinigung zuständig ist. Sarg und Totenkleid werden vorbereitet. Beide sind schlicht und einfach. Das gilt für Männer und Frauen gleichermaßen schon seit achtzehn Jahrhunderten.

Vorher herrschte bei Begräbnissen eine solche Prunksucht , dass sich der Mittelstand arm vorkam und die Armen sich schämten und deswegen sogar die Beerdigung ihrer Toten verschoben. Der Patriarch Gamliel von Jabne bestand im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung auf eine schlichte und schmucklose Beerdigung für sich selbst. Seither wird diese Sitte unverändert beibehalten und geheiligt.

Der Sarg ist eine Kiste aus ungehobeltem weißem Holz. Das Totenkleid wurde aus weißem Linnen hergestellt. Dem Toten wird keinerlei Schmuck angelegt, genauso wenig wie ihm Schmuck oder Wertgegenstände ins Grab mitgegeben werden. Nur was zum Körper gehört, gibt man ihm mit. Auch was zu einem festen Bestandteil davon geworden ist, wie zum Beispiel eine Beinprothese.

Eine solche Kiste und ein Leichentuch, für einen bestimmten Toten vorgesehen, dürfen nie für eine andere Person noch für einen anderen Zweck verwendet werden. Denn der Tote ist wehrlos und kann nicht mehr um sein Recht kämpfen.

Tachrichim (Leichentücher, Totenkleider)
Viele besorgen sich schon lange vorher ihre Sterbekleider. In früheren Zeiten gehörten die Totenkleider zur Aussteuer. Auch heute legen Menschen wenn sie älter werden diese Kleider bereit, nähen sie selbst oder lassen sie anfertigen. Ist kein Totenkleid da, was meistens der Fall ist, sorgt die hl. Gesellschaft dafür. In kleinen Gemeinden kommen die Frauen jedes Mal zusammen, wenn jemand stirbt, und nähen im Haus des Toten alles Notwendige. Eine Mütze oder Haube, eine Hose, ein Hemd, ein Gürtel und ein Paar Socken. Für die Frauen werden die Frauenkleider vorbereitet. Alles aus ganz gewöhnlichem Leinen, einfach zugeschnitten und mit der Hand ordentlich, aber nicht besonders fein genäht. In größeren Gemeinden sind solche Kleidungsstücke fast immer vollständig vorrätig.

Zu diesem Zweck treten die aktiven Mitglieder der hl. Gesellschaft jedes Mal zusammen, wenn der Vorstand der Frauen es für notwendig hält. Für diese Arbeiten verwendet man heute auch schon eine Nähmaschine, aber noch nicht überall und oft. Immer und überall gibt es noch genug Frauen, die auf diesen letzten Dienst nicht verzichten wollen.

Taharah (Reinigung)
Sobald alles vorbereitet ist, kommen Männer für den Verstorbenen und Frauen für die Verstorbene, um den Toten zu waschen, und zwar tatsächliche als auch als symbolische Reinigung. Ein Brett wird über ein Gestell gelegt und der Tote behutsam und ehrerbietig daraufgelegt. Mit der gleichen achtungsvollen Rücksicht wird er entkleidet, falls das nicht schon vorher geschah. Dabei ist der Körper stets völlig mit einem großen Tuch bedeckt. Auch beim Waschen. Mit einem Topf wird lauwarmes Wasser über den Körper gegossen, und alle Teile werden vorsichtig gewaschen. Alles in feierlicher Stille.

Vor dem Waschen sagen alle zusammen ein Gebet. Während der ganzen Behandlung des Toten unterrichtet ein Kantor oder eine andere Person, ebenso werden Psalmen vorgetragen.

Zum Schluss findet die Tahara, die eigentliche rituelle Reinigung, statt. Mit Wasser, das schon vorher bereitgestellt wurde, wird der auf dem Rücken ausgestreckte Körper dreimal zu den folgenden Bibelworten begossen »Denn an diesem Tage geschieht eure Entsühnung, dass ihr gereinigt werdet, von allen euren Sünden werdet ihr gereinigt vor dem Herrn« (3 Mose 16,30)

Dann wird der Tote schonend getrocknet und ihm das Totenkleid angezogen Da alle Beteiligten darin meistens geübt sind, geht alles glatt und ordentlich vor sich.

Diesen Dienst überwacht ein Leiter, der Vorsitzende oder ein anderes Vorstandsmitglied der hl. Gesellschaft. Bei den Frauen ist das natürlich die Aufgabe der Vorsitzenden oder ihrer Stellvertreterin.

Auch nahe Verwandte und andere Familienangehörige können, falls sie es wünschen, dem Toten einen letzten Liebesdienst erweisen und beim Waschen, Reinigen und Ankleiden seines Leichnams helfen.

Der Sarg steht bereit für den Toten. Boden und Wände sind mit einem großen Laken ausgelegt. Ist der Tote ein Mann, wurde auch sein Tallith im Sarg ausgebreitet und wird gleich den Toten umhüllen Jetzt wird der Leichnam hochgehoben und in den Sarg gelegt, wozu die Anwesenden zum Abschied von dem Toten den folgenden Bibelvers sagen »Du aber, Daniel, geh hin, bis das Ende kommt, und ruhe, bis du auferstehst zu deinem Erbteil am Ende der Tage« (Dan 12, 13)

Dann wird der Deckel auf den Sarg gelegt und dieser vorläufig verschlossen. Manchmal auch schon endgültig.

Vorher wird jedoch noch feierlich Erde aus Israel in den Sarg gestreut. Auch vor der Beerdigung ist das möglich, aber in vielen Orten wartet man damit doch bis zur Beerdigung.

Alle, die bei diesem letzten Liebesdienst am Toten mitgewirkt haben, danken dem Leiter der Zeremonie für die Mizwot (religiöse Handlungen), mit deren Erfüllung sie beehrt wurden. Nachdem das Zimmer des Toten wieder ganz aufgeräumt ist, verlassen sie es mit dem beruhigenden Gefühl der erfüllten Pflicht.

Vor der Beerdigung
Praktisch überall liegt ein Säckchen Erde aus Eretz Israel bereit, wenn der sterblichen Hülle eines Kindes Israels die letzte Ehre erwiesen wird. Behutsam werden nochmals die Augen zugedrückt. Denn schlafen wird der Tote, im Staub schlafen bis zum Tag wo der Messias kommt. Der mit der Erde aus Israel gefüllte Beutel wird geöffnet. Feierlich wird jedem, der bei den Vorbereitungen für die Beerdigung geholfen hat, etwas davon gegeben. Alle streuen die Erde auf das Gesicht des Toten, auf sein Sterbekleid und um ihn herum. Dazu sagen sie die Bibelworte: »... und wird ... entsühnen das Land seines Volks!« (5. Mose 32, 43).

In letzter Zeit schicken viele Menschen ihre Toten nach Israel. Selbst wenn sie schon vorher beerdigt wurden. Das ist möglich und auch erlaubt. Obwohl es verboten ist, Leichen auszugraben und es gegen das jüdische Empfinden geht, die Ruhe der Toten zu stören, gelten diese Einwände nicht, wenn eine erneute Beisetzung in Eretz Israel beabsichtigt ist.

Bevor der Sarg endgültig geschlossen wird, löst man auch die Zizith ("Fransen" oder "Quasten", Schaufäden an den Ecken des Gebetsmantels ) von einem der Zipfel. Jetzt hat das Symbol ausgedient, denn es ist für das Leben bestimmt, das jetzt zu Ende gegangen ist. Mit den Zizith, die für das religiöse Leben bestimmt sind, wird kein Toter beerdigt.

Ner tamid (Ewiges Licht in der Synagoge )
Im Trauerhaus oder im Trauerzimmer eines Krankenhauses wird neben den Leichnam ein brennendes Licht gestellt, das sofort nach dem Verlöschen des Lebenslichts angezündet wurde. Es symbolisiert die Seele, die noch im Raum weilt.
Nach der Reinigung, wenn der Sarg geschlossen und mit dem schwarzen Sargtuch bedeckt wurde, wird dieses kleine Licht auf den Sarg, und zwar ans Kopfende, gestellt.

Die Bräuche sind in dieser Hinsicht in den verschiedenen Ländern und Gemeinden leicht unterschiedlich.

weitere Beiträge zum Thema:
http://www.myheimat.de/linz-am-rhein/beitrag/70350...
http://www.myheimat.de/linz-am-rhein/beitrag/65503...

Bürgerreporter:in:

Gisela Görgens aus Quedlinburg

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