Nordsee-"Granat"en

12Bilder

Wir mögen die Nordsee. Richtig wohl fühlen wir uns auf den Inseln. Nach Langeoog fahren wir jedes Jahr 2-3 Mal für einige Tage.

Und wir mögen Krabben. Also, auf dem Teller.

Frisch gepult, einen Hauch gemahlenen Pfeffer drüber. Auch etwas Weißwein schadet dem Vergnügen keinesfalls.

Oder auf gebuttertem Schwarzbrot, Rührei dazu? Köstlich!

Aber bis die kleinen Meeresbewohner den Gaumen erfreuen können, ist manch harter Arbeitstag vorangegangen.

Die bei uns besonders geschätzten Nordseekrabben (auch als „Granat“ bezeichnet) pflanzen sich überwiegend nachts im Alter von einem Jahr von April bis Juni und von Oktober/November bis März fort.

Die Männchen finden das Weibchen vermutlich über Duftstoffe, drehen es auf den Rücken und setzen Samenbröckchen an die weiblichen Genitalporen. Das Weibchen wehrt danach weitere Begattungsversuche ab. Nach 1 bis 2 Tage danach treten die befruchteten Eier aus.

Das Weibchen befestigt diese an speziell herangewachsenen Borsten an der Unterseite des Hinterleibs. Im Laufe eines Jahres erzeugt eine Garnele 3 bis 6 Eigelege (insgesamt ca. 10000 bis 20000 Eier).

Die Larven schlüpfen im Sommer nach einem Monat, im Winter nach drei Monaten. Nach etwa 25 Häutungen (ca. nach 1 Jahr) entwickeln sich daraus wieder geschlechtsreife Nordseegarnelen.

Und nun kommen die Krabbenfischer ins Spiel.

Es heißt: „Zum Krabbenfischen wird man geboren.“ Meist geht der Beruf vom Vater auf den Sohn über.
Aber Krabbenfischer ist auch ein schlechtbezahlter Knochenjob mit unsicherer Zukunft. Und ein Job mit hohem Risiko.

Ganz selten wird auch heute noch „vom Pferd“ gefischt.

In gelbem Ölzeug reiten diese Fischer aus dem belgischen Oostduinkerke auf Brabantern über den breiten Strand ins Meer.

Die Kaltblüter ziehen große Netze durch die Nordsee-Brandung, bis sie bis zum Hals im Wasser stehen. Bis heute lebt die ungewöhnliche Tradition der Garnelen- und Krabbenfischer zu Pferde fort. Es ist eine harte und immer weniger erträgliche Arbeit.

Für ein wachsendes Zubrot sorgen heute meist die Touristen. Für sie wird das Krabbenfischen zu Pferd regelrecht inszeniert.

Wir haben bei uns aber meist die typischen Krabbenkutter mit den beiden Netzen an zwei Auslegern vor Augen.

Erfunden wurde diese Fangmethode der Krabbenfischerei in Tönning. An den so genannten "Baumkurren" sind die Fangnetze befestigt, die dann seitlich des Schiffes ins Wasser gelassen werden.
Die an den Netzen befestigten Rollen gleiten somit über den Meeresboden, wodurch die Krabben aufgeschreckt werden und ins Netz ("Kurre") gelangen.

Wo die guten Fangstellen liegen, haben die Fischer „im Blut“. Aber natürlich gehört auch Erfahrung dazu.

Hightech hilft nicht, denn Krabben lassen sich nicht orten. Die Technik unterstützt die Fischer nur beim Navigieren.

Gefischt wird (fast) immer, mindestens ca. 40 Wochen im Jahr.

Die richtige Krabbensaison beginnt meist kurz vor Ostern. Die Erträge sind im Sommer, wenn das Wasser warm ist, am Höchsten. Die Saison endet je nach Wetterlage Mitte bis Ende November.

Krabbenfischer verdienen in den besten drei Monaten gute 60 – 80 000 €.

Der Haken sind Arbeitszeiten, mehr als 16 Stunden am Tag und nach den guten 3 Monaten ist die Saison praktisch vorbei.

Im der Winterpause (von circa November bis April sind die Krabben in tieferen, wärmeren Gewässern) bekommt er oft nur 1400 € vom Arbeitssamt.

Und die Spritkosten (ca. 70 000€/Jahr) und Löhne steigen. Dabei gehen die Fänge zurück (nicht wegen der kleinen Krabbenkutter. Aber es werden zunehmend „schädliche“ Großschiffe eingesetzt).

Ungefähr fünfmal holt der Fischer pro Nacht seine Netze ein.

Möwen kreisen dann um den Kutter. „Die fliegen nur auf, wenn wir unser Ölzeug anlegen. Dann wissen sie, es geht los“, sagen die Fischer.

Über Förderbänder und eine Waschtrommel werden die Krabben vom Beifang getrennt.

Wittlinge, die kleinen Dorschen ähneln, gehören dazu. Auch Seesterne und Krebse sind darunter, genauso wie die schlauchähnlichen Tobiasfische und Hornhechte.

Die frischen Krabben, die zunächst gräulich-durchsichtig sind, werden noch an Deck in Meerwasser gekocht, bis sie ihre typisch rosa Farbe annehmen.
Dann kommen sie zum Kühlen unter Deck.

Etwa 10.000 Tonnen Nordseekrabben werden noch jährlich in Deutschland gefangen. Neben Dänemark und Deutschland, ist Holland am stärksten am Krabbenfang beteiligt und mittlerweile Marktführer auf diesem Gebiet geworden.

Der Großteil, den man dann im Supermarkt kauft, oder auf dem Teller im Restaurant bekommt, geht nach Polen, Weißrussland, Marokko und in andere Billiglohn-Länder, wo sie von Hand gepult (geschält) werden.

Tiefgefroren/gekühlt machen sie sich auf den Weg in diese Länder.

Krabbenpulen in Deutschland ist heutzutage nicht mehr profitabel.

Ein Schälchen Krabben würde dann so viel Kosten, wie guter Kaviar.
Auch die schnellsten Krabbenpuler schaffen nur etwa 8 Kilogramm am Tag.

Ein neuer Großversuch in Wilhelmshaven, Krabben maschinell zu pulen, ist erst kürzlich gescheitert.

Bürgerreporter:in:

Wilhelm Kohlmeyer aus Hannover-Groß-Buchholz

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

59 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.