Der Hurlacher Hofmarksherr Sebastian von Pemler

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- Das Hurlacher Schloss und zugehörige historische Personen -
 
 
Aus der langen Reihe der Hurlacher Hofmarksherren und Besitzer des Schlosses von Hurlach (Oberbayern) hat v. a. ein Name eine gewisse Bekanntheit in der Region erlangt: Sebastian Josef von Pemler (1718-1772). Der kurfürstliche Kammerherr bewohnte das Schloss im 18. Jahrhundert und überlieferte in seinen sorgfältig geführten Aufzeichnungen der Nachwelt wertvolle Nachrichten über die Lebensweise des Landadels in seiner Zeit.

Pemlers relativ hohe Bekanntheit ist einerseits den Veröffentlichungen von Walter Drexl (Anm. 1) und Barbara Kink (Dissertation, veröffentlicht in der Reihe „Studien zur Verfassungs‐ und Sozialgeschichte“; vgl Anm. 2) zu verdanken, andererseits aber auch den Bemühungen der derzeitigen Besitzer des Hurlacher Schlosses (JMEM-Schulungszentrum, Anm. 3): Sie wollen das Schlossgelände und seine Geschichte auch historisch interessierte Besuchern zugänglich machen (Anm. 4). Dies beruht auf der Überlegung, dass es gerade in einem Schloss nahe liegt, Besucher über die Lebensweise von Eliten vergangener Epochen zu informieren und den sozialgeschichtlichen Kontext zu erläutern. Dies geschieht beispielsweise bei Schlossführungen; als besonders erfolgreiches Format haben sich dabei aber v. a. die kommentierten Lesungen aus den Tagebüchern Pemlers (Anm. 5) erwiesen. Diese Veranstaltungskonzepte wurden entwickelt vor dem Hintergrund der Überlegungen, wie auch interessierten Menschen aus unserer Zeit historische Vorstellungs- und Erfahrungsräume erschlossen werden können; dazu hat die Museumsdidaktik und Erlebnispädagogik‎ in den letzten Jahrzehnten brauchbare Hinweise gegeben und Vorbilder geschaffen.

Dieser Zielsetzung entspricht das Ziel, auf möglichst viele verlässliche Informationen über Personen, die im Hurlacher Schloss gelebt haben, zurückgreifen zu können. Die Quellen (vor allem Pemlers Schreibkalender mit Tagebuch-Eintragungen) und die Forschungsergebnisse von Barbara Kink, die nicht nur die Schreibkalender, sondern auch die Ausgabenbücher ausgewertet und vor dem Hintergrund des sozialgeschichtlichen Kontexts der damaligen Zeit erläutert hat, ermöglichen es, vor allem über Sebastian von Pemler und die Lebensweise in seinem Haushalt gesicherte Informationen weiterzugeben. Im Folgenden sollen diese gesicherten Erkenntnisse über Sebastian von Pemler zu einer Persönlichkeitsskizze zusammengefügt werden:

Die Quellenlage

Unsere wichtigsten Quellen über Sebastian Joseph Freiherr von Pemler seine Tagebücher. Er hatte die Angewohnheit, jeden Abend einen Eintrag über den Tagesablauf in seinen Schreibkalender zu machen, der immer mit einer Notiz über das Wetter begann. 6 Jahrgänge seiner Tagebücher sind erhalten (1748, 1749, 1750, 1763, 1764 und 1765).

In den erhaltenen Schreibkalendern begegnen uns zwei verschiedene Zeitabschnitte aus dem Leben Pemlers:
- die Tagebücher ab 1748: Pemler als 30-jähriger unverheirateter Edelmann ohne Verpflichtungen
- die Tagebücher ab 1763: Pemler als 45-jähriger Besitzer der Schlösser Leutstetten und Hurlach und Hofmarksherr der dazugehörigen Orte, der gerade im Begriff ist zu heiraten

Pemlers Werdegang und Bildung

Sebastian Josephus Antonius von Pemler wurde am 8. März 1718 in München geboren, wie es im Taufbuch der dortigen Stadtpfarrei St. Peter vermerkt ist. Zu seiner engeren Verwandtschaft gehörte auch die Familie von Donnersberg, die auf dem Schloss in Igling residierte. Pemler hat offenbar das Landsberger Jesuitengymnasium besucht (Drexl S. 61), es ist aber unsicher, ob er auch ein Universitätsstudium absolviert hat. (Drexl S. 63)

Pemler gehörte - nach den Maßstäben seiner Zeit - zu den gebildeten Menschen: Er verfügte über Griechisch-, Latein- und Französisch-Kenntnisse, war ein Bücherfreund (Drexl S. 66), galt als geschickt in der Formulierung lateinischer Verse, war belesen (Drexl S. 63) und konnte mehrere Instrumente spielen. Zu seiner Lektüre gehörten nicht nur Meditationen (Drexl S. 63), sondern auch gründliche theologische und philosophische Abhandlungen (Drexl S. 64). Pemler hat auch regelmäßig Zeitungen gelesen und sich über das Weltgeschehen informiert.


Pemler als Hofmarksherr

Die Grundherrschaft des Adels bedeutete u. a., dass die Bauern ihre Höfe nur gegen Leihgelder oder andere Dienstleistungen bewirtschaften konnten. (Nur etwa 5 % der Höfe waren damals freies Eigentum von Bauern.)

Zu seinen Pflichten als Hofmarksherr gehörte es, der Hurlacher Gemeindeversammlung zu präsidieren und mit den "Dorfvierern" (gewählte Vertreter der Dorfbevölkerung) die dörflichen Belange zu regeln. (Drexl S. 182)

In Hurlach gab es seit 1516 eine Posthalterei. (Drexl S. 248) Pemler setzte sich gegen die geplante Verlegung der Poststraße ein, die für Hurlach eine wirtschaftliche Verschlechterung bedeutet hätte. (Die endgültige Verlegung kam erst im Jahre 1805). (Drexl S. 246)

Pemler übte auch administrative Funktionen aus, die mit der Tätigkeit eines heutigen Notars verglichen werden können. So berichtet er beispielsweise, dass er am 26.8.1763 in einer Testamentsangelegenheit tätig wurde: Er hat das Protokoll angefertigt; das Testament wurde beim "allhiesigen Hofmarksgericht ad acta hinterlegt".

Pemler als Schlossbesitzer

Ein wichtiger Einschnitt war das Jahr 1760, als der Vater (Franz Joseph von Pemler) starb. So wurde Sebastian Hofmarksherr zu Hurlach mit allen Rechten und Pflichten.

Als 1762 ein Onkel starb, erbte er außerdem Hofmark und Schloss Leutstetten bei Starnberg und ein Haus in München. Dieses Haus in München war vermutlich das Pemlersche Stammhaus. Pemler hat es 1763 verkauft (Drexl S. 170). Möglicherweise besaß er noch ein zweites Haus in München (Drexl S. 217).


Pemlers Hobbys

Bei der Durchsicht der Tagebücher fallen die zahlreichen und zum Teil recht sorgfältig beschriebenen Liebhabereien des Hurlacher Hofmarksherrn auf:
- Hausmusik (Drexl S. 200): Pemler hat die Mandora, ein lautenähnliches Zupfinstrument (eine Großform der Mandoline) (Drexl S. 71), Violine (Drexl S. 73) und andere Saiteninstrumente - zum Beispiel Kalichon (Drexl S. 72) - gespielt.
- Pemler hat auch komponiert und gemalt (Drexl S. 79).
- Er hat er an vielen Jagden teilgenommen. Auch von seinem Zimmer aus hat er auf Hasen, die er im Schlossgarten gesehen hat, geschossen (Drexl S. 93), ebenso auf Vögel.
- Wetterbeobachtungen (Pemler besaß ein Barometer) (Drexl S. 31)
- Lektüre von Büchern und Zeitungen (Drexl S. 63/64/66)
- Planungsüberlegungen zur Verschönerung des Schlossgartens
- Spiele: Wie man Pemlers Tagebuchaufzeichnungen entnehmen kann, gehörte es zu seinem alltäglichen Lebensstil, dass er sich die Zeit mit verschiedenen Spielen vertrieb. Diese Art des Zeitvertreibs war typisch für den Adel der damaligen Zeit. Seine Gewinne oder Verluste hat er jeden Abend im Tagebuch festgehalten.


1763: Begegnung mit Anna Maria, Hochzeit und Flitterwochen

Pemler residierte ab 1762 zeitweilig in München und war dort Gast in den Salons der bayrischen Adelsfamilien. Dort begegnete er Anna Maria von Karwinski. Einige Hochzeitsvorbereitungen sind in Pemlers Tagebüchern erwähnt. Bevor er mit der künftigen Schlossherrin in Hurlach eintraf, eintraf, ließ er einige Vorbereitungen treffen: So stellte er einen neuen Gärtner ein und ließ den "Schreiner von Meitingen" kommen, der "die blaue Bettstatt in unser künftiges Schlafzimmer” stellen sollte (Drexl S. 184).

Am 10. Mai 1763 wurden die beiden in München getraut (Drexl S. 162); die Flitterwochen verbrachten sie im Schloss Leutstetten (Drexl S. 163). Am 31. Mai 1763 fuhr man mit mehreren Wagen nach Hurlach, wo die neue Schlossherrin am 1. Juni mit beträchtlichem Aufwand begrüßt wurde (Drexl S. 198). Danach wohnten die Pemlers vor allem in Hurlach.

1763: Pemler wird kurfürstlicher Kammerherr

Vor der Hochzeit verkaufte Pemler sein Münchner Haus für 5200 Gulden, weil er sowohl für die Hochzeit Geld brauchte als auch für den Erwerb eines für ihn sehr wichtigen Titels: Er wollte kurfürstlicher Kammerherr werden (Drexl S. 185). In diesem Zusammenhang musste er u. a. seinen Stammbaum lückenlos vorlegen, was einigen bürokratischen Aufwand erforderte (Drexl S. 189).

Die Würde eines kurfürstlichen Kammerherrn wurde ihm im Oktober 1763 vom bayerischen Kurfürsten Maximilian III. Joseph verliehen (Drexl S. 210ff.); dafür musste er eine Gebühr (“Tax”) von 342 Gulden und 36 Kreuzern entrichten (Drexl S. 212). Damit hatte Pemler die Möglichkeit, an den gesellschaftlichen Veranstaltungen des kurfürstlichen Hofstaats teilzunehmen. Höhepunkte des Jahres waren die sommerlichen Besuche des Kurfürsten auf dem Schloss Lichtenberg (abgebrochen erst im 19. Jahrhundert), an dessen Vergnügungen nun auch Pemler teilnehmen durfte.

Die Grabstätten von Sebastian und Anna Maria von Pemler

Sebastian von Pemler starb am 17. August 1772 nach schwerer Krankheit im Alter von 54 Jahren. Er wurde in der Hurlacher Pfarrkirche beigesetzt. Ein Grabdenkmal im Chor der Kirche (auf der linken Seite) erinnert an den "edlen Herrn Sebastian Joseph Freiherr von Pemler, Herr in Hurlach und Leutstetten, erlauchter und auserlesener bayerischer Kämmerer ..." (Drexl S. 281f.)

Seine damals erst 37 Jahre alte Gattin Anna Maria heiratete 1773 Franz Joseph von Donnersberg, einen Vetter von Sebastian von Pemler, der Herr von Kaufering war. Damit kam auch Hurlach in den Besitz der Donnersberg von Igling. Franz Joseph nahm seinen Sitz im Hurlacher Schloss, von wo aus er auch seinen Kauferinger Besitz verwaltete (Drexl S. 282). Auch diese Ehe ist kinderlos geblieben. Der Hurlacher Besitz war schon im Jahr 1815 an Wilhelm von Karwinski, einen Neffen von Anna Maria, übergegangen. (Drexl S. 282) Anna Maria von Pemler/Donnersberg starb 1821 im Alter von 86 Jahren. Sie liegt an der Seite ihres zweiten Gatten begraben. (Drexl S. 282)

Anmerkungen

1   Walter Drexl, Gugu-Pamperln und Schnig Schnag Schnur oder das verspielte Leben des Landadels im 18. Jahrhundert. Aus den Tagebüchern des Sebastian Joseph Freiherr von Pemler von Hurlach 1718-1772, Landsberger Verlagsanstalt, Landsberg 1987 (ISBN 3920216474).

2   Barbara Kink, Adelige Lebenswelt in Bayern im 18. Jahrhundert. Die Schreibkalender und Ausgabenbücher des Freiherrn Sebastian von Pemler von Hurlach und Leutstetten (1718–1772), München 2007 (Studien zur Verfassungs‐ und Sozialgeschichte 26; ).

3   Das Hurlacher Schloss wird seit über 40 Jahren von dem internationalen ökumenischen Missionswerk Jugend mit einer Mission e.V.” (JMEM) für Schulungszwecke und für Veranstaltungen verschiedener Art genutzt (http://www.jmem.de/de/jmemzentren.html).

4   Dies geschieht vor allem am „Tag des offenen Denkmals“ im Rahmen eines „Schlossfests“. Dieser Event fand 2002 zum ersten Mal statt und wird vom Leitungsteam des ökumenischen Schulungszentrums im Hurlacher Schloss folgendermaßen beschrieben: "Unser alljährlich stattfindendes Schlossfest ist immer wieder eine gute Gelegenheit zu Begegnungen verschiedenster Art - zu Begegnungen mit der Geschichte, aber auch zu Begegnungen mit unseren Nachbarn aus Hurlach und mit interessierten Besuchern aus der Umgebung. Dieser heitere ,Denkmal-Event' ist ein Höhepunkt in unserem Jahresablauf und wir freuen uns auf die Gäste." (Pressemitteilung vom 04.09.2015)

5   Nach Angaben von W. Drexl sind die Tagebücher aus den Jahren 1763, 1764, 1765 im Besitz des Archivs der Stadt Landsberg; die Tagebücher aus den Jahren 1748 bis 1750 wurden durch einen Zufall im alten Pfarrhof der Stadtpfarrei Maria Himmelfahrt in Landsberg entdeckt (offenbar um das Jahr 1985; so Drexl S. 21) und werden im Pfarrarchiv von Maria Himmelfahrt aufbewahrt (Drexl S. 286). Das Hurlacher Hofmarksarchiv befindet sich im Augsburger Staatsarchiv.

Rolf-Dieter Braun

Bürgerreporter:in:

Rolf-Dieter Braun aus Landsberg am Lech

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