Kita oder Kindergarten?

Kindergarten in Aachen, Stadtzentrum
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  • hochgeladen von Wilhelm Heise

Noch vor wenigen Jahrzehnten hießen die Kindergärten einfach und unmissverständlich „Kindergarten“. Weil Kinder sich dort aber auch ganztags aufhalten konnten, genügte diese Bezeichnung irgendwelchen korrekten Leuten nicht mehr. Sie führten den Begriff „Kindertagesstätte“ ein. Da diese Bezeichnung aber zu sperrig war, wurde dem Kürzel-Wahnsinn gehuldigt und daraus das Wort „Kita“ konstruiert.

Dieser typisch deutsche Unsinn (man denke beispielsweise an „Azubi“ / „Auszubildender/Auszubildende“ statt "Lehrling") wurde mir bei einer Stadtbesichtigung in Aachen wieder bewusst. Stadtführer Vlad, geboren in Bukarest, aufgewachsen in Rumänien, viel gereist, wohnhaft gewesen in Italien, Österreich und Malta, studierte in Aachen Geschichte. Er wies auf ein Haus hin, in dem sich eine „Kita“ befand und sagte:
“Ich kann die Deutschen nicht verstehen. Da gibt es das schöne Wort Kindergarten. Es ist eines der wenigen deutschen Worte, welches in vielen Teilen der Welt verwendet und ohne Übersetzung begrifflich verstanden wird. Aber die irren Deutschen machen daraus eine Kita“.
Ich kann ihm nur zustimmen.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts entstanden die ersten Kinderbetreuungseinrichtungen. Sie wurden notwendig wegen der beginnenden Industrialisierung, der damit verbundenen Landflucht und der sich auflösenden Großfamilien. Da Frauen zunehmend in den Produktionsprozess einbezogen wurden, drohten die Kinder in den rasant wachsenden Großstädten mit Massenquartieren und unzureichenden Wohnverhältnis zu verwahrlosen. Die im Entstehen begriffenen Einrichtungen waren aber lediglich Kinderbewahranstalten.

Der Begründer des Kindergartens im heutigen Sinne war Friedrich Fröbel. Er entwickelte ein neues pädagogisches Konzept, das sich aus der Dreiheit „Betreuung, Erziehung und Bildung“ zusammensetzte. Im Jahre 1840 rief er in Blankenburg die erste Einrichtung dieser Art ins Leben.
Der Name „Kinder-Garten“ fiel ihm auf einer Wanderung in Blankenburg und Umgebung ein. Er wollte, dass die Kinder wie junge Pflanzen in einem Garten gehegt und gepflegt werden.

Und aus dieser wunderschönen fröbelschen Wortschöpfung hat man in unserer Zeit die dürre Bezeichnung „Kita, Kindertagesstätte“ gemacht, deren statische Endung „stätte“ mehr auf die veraltete Kinderbewahranstalt als auf den dynamischen, aktiven „garten“ hinweist.

Aber Gott sei Dank, in Groß Lafferde gibt es ihn noch, den Kindergarten.

(Quelle über Fröbel: Wikipedia)

Bürgerreporter:in:

Wilhelm Heise aus Ilsede

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