Das Märchen von der Seejungfrau Teil II

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In der kommenden Nacht kam Hilde etwas früher an das Ufer des Sees und begab sich in das Pavillon. Langsam brannten Zimmer für Zimmer Kerzen, deren Schein auf den See leuchtete. Doch sie wollte sich selber ein Bild von allem machen was da drinnen vor sich ging. Im Versteck der Dunkelheit schlich sie sich zu dem Schlösschen hin, ging langsam die Treppen nach oben zum Eingang. Noch bevor sie etwas berührte öffnete sich die große Tür und ein Kerzenschein ließ sie in einem wunderbaren Licht erscheinen. Niemand war zu sehen, kein Schatten, der zu ihr sprach war zu hören. Sie bekam ein wenig Angst, ein mulmiges Gefühl durchfuhr ihre Haut, ihren Körper. Doch ihre Neugier war stärker, sie wollte Klarheit, wollte wissen welches Geheimnis sich da drinnen verbirgt.

Dann ging sie wieder eine Treppe nach oben, woher noch mehr Licht zu sehen war und woher Musik erklang. An der nur einen Spalt geöffneten großen schweren Türe blieb sie stehen. Sie traute sich kaum zu atmen, da sah sie um einen großen runden Tisch herum Schatten an Schatten stehen. Sie alle hatten kein Gesicht, waren durchsichtig, und doch bewegten sie sich. Dann war es einer, musste wohl der Besitzer Ludwig – Gustav sein, der sein Glas erhob und sprach „Musik bitte – unser Lied!“. Rechts im Eck sah Hilde weitere Schatten, die Instrumente spielten, die jedoch deutlich zu erkennen waren. Ein Cello, eine Geige, eine Klarinette, eine Flöte und ein Klavier waren es, welche die Schatten spielten. Dann erklang die Musik und alle standen ganz still da, keiner rührte sich, keiner gab einen Ton von sich.

Als die Musik verklang, nahmen die Schatten ihre Gläser, hielten sie hoch und versprachen „auf das wir uns in kürze bessern und unsere Seelen Frieden finden mögen...“ sie schauten sich gegenseitig an und führten das Glas zum Munde, damit sie es in einem Zug leerten.
Da musste die Seejungfrau plötzlich niesen und konnte ihre Anwesenheit nicht mehr verborgen halten. Alle Schatten drehten sich zu ihr herum und auch wenn sie ihre Augen nicht erkennen konnte, so bemerkte sie wie sie alle anstarrten. Sie ist ganz verlegen, und stammelt kurz „Entschuldigung, wollte nicht stören.“ Doch das hatte sie nun offensichtlich schon, denn aus dem Raum konnte sie ein leichtes Murren entnehmen.

Einer der in der runde stehenden Schatten trat auf die Seejungfrau Hilde zu, die es jetzt doch leicht mit der Angst bekam und schon wieder gehen wollte. „Halt, bleib ruhig hier“ hörte sie dann sagen und diese Stimme kannte sie doch. Ja, sie erinnert sich daran, es war jene von gestern Nacht. „Entschuldigen Sie nochmals, aber ich wollte Ihre Party nicht stören, die Neugier trieb mich hier her, ich geh gleich wieder“ entschuldigte sie sich nochmals bei dem schon bekannten Schatten. „Nein, nein, wir kennen uns zwar noch nicht richtig, aber das ist nicht so wichtig“ winkte der Schatten ab und drehte sich zu seinen Kollegen hin. „Diese junge Dame habe ich gestern Nacht am Ufer beim Rosenpavillon getroffen und mich sehr gut unterhalten“ stellt er die Seejungfrau den anderen vor. Begeisterung kommt nicht auf, eher als wenn sie so ein Eindringling wäre, ihrem Gefühl nach.

Doch er nahm Hilde bei der Hand und führte sie in die Runde. Dann erzählte er was sich gestern zugetragen hat und was er ihr alles erzählte, leider aber wegen des Sonnenaufgangs abbrechen musste. Ein unverständliches Murren setzte wieder ein. Dann hob der Schatten seine Hand und bat um Ruhe. Er stelle in die Runde die Frage „wollen wir nicht alle unseren Seelenfrieden? Können wir ihn nicht erst haben wenn wir etwas gut gemacht haben? Meine Herren, wollen wir bis in die ewige Unendlichkeit täglich hier sitzen, singen, trinken, feiern?“ Er nahm sie richtig ins Gebet. Es herrschte eine Stille, so dass man das Fallen eines Haares gehört hätte. „Und was schlägst Du vor“ drang eine heißere Stimme aus der Mitte hervor. „Diese junge Frau wird uns den seligen Frieden bringen“ antworte er und ging mit der Seejungfrau zur Tür hinaus und begleitete sie bis zum Ufer. Dort führte er mit ihr noch ein längeres Gespräch, ehe sie wieder ihren Waller rief, sich auf ihn setzte und in der Dunkelheit des Sees verschwand.

Bürgerreporter:in:

Luis Walter aus Krumbach

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