Landkreisfusion (Teil5) – Folgen für den Haushalt

Die für die Landkreise geltenden Haushaltsvorschriften finden sich im sechsten Teil: Kreiswirtschaft des NLG (Niedersächsische Landkreisordnung) und zwar im Paragraphen 65, der lautet:
§ 65; Anwendung von Vorschriften der Niedersächsischen Gemeindeordnung
Für die Kreiswirtschaft gelten nach Maßgabe der §§ 36, 51 und 57 [Zuständigkeit von Landkreis, Kreisausschuss, Landrat] dieses Gesetzes die Vorschriften des Sechsten Teils der Niedersächsischen Gemeindeordnung und die dazu erlassenen Rechtsvorschriften mit Ausnahme des § 83 Abs. 1 und 2 Nr. 2 sowie der §§ 106 [Gemeindegliedervermögen, gibt es bei Landkreisen nicht] und 117 [Rechnungsprüfungsamt] entsprechend.
Die NLO verweist also auf die NGO (Niedersächsische Gemeindeordnung) vom 28.10.2006 (in der zum 16.02.2010 aktuellste verfügbare Fassung) mit ihren umfangreichen Vorschriften. Besonders interessant ist der Paragraph 83 NGO, der lautet:
§ 83; Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung
(1) Die Gemeinden erheben Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften.
(2) 1 Die Gemeinden haben die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel
1. soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihnen erbrachten Leistungen,
2. im Übrigen aus Steuern
zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. 2 Eine Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen besteht nicht.
(3) Die Gemeinden dürfen Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.
(4) 1 Die Gemeinde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Spenden, Schenkungen und ähnliche Zuwendungen einwerben und annehmen oder an Dritte vermitteln, die sich an der Erfüllung von Aufgaben nach § 2 Abs. 1 beteiligen. 2 Die Einwerbung und die Entgegennahme des Angebots einer Zuwendung obliegen der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister. 3 Über die Annahme oder Vermittlung entscheidet der Rat. 4 Die Gemeinde erstellt jährlich einen Bericht, in welchem die Geber, die Zuwendungen und die Zuwendungszwecke anzugeben sind, und übersendet ihn der Kommunalaufsichtsbehörde. 5 Das für Inneres zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Verordnung Wertgrenzen für Zuwendungen zu bestimmen und das Verfahren für Zuwendungen unterhalb der Wertgrenzen abweichend von den Sätzen 2 bis 4 zu regeln.
Dieser Paragraph 83 der NGO gilt für die Landkreise nur mit zwei wichtigen Änderungen:
1.Der Absatz 1 gilt nicht. Im Klartext: die Landkreise dürfen keine „Abgaben nach gesetzlichen Vorschriften“ erheben.
2.Die Nummer 2 im zweiten Absatz gilt nicht. Im Klartext: die Landkreise dürfen keine Steuern erheben.
Die Landkreise beziehen also die: „zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihnen erbrachten Leistungen“, zum Beispiel Müllgebühren. Dann aus den „sonstigen Finanzmitteln“, das sind die Zahlungen aus dem Landeshaushalt sowie die Umlagen zu Lasten der Gemeinden. Und zum Schluss dürfen die Landkreise „Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre“. Damit sind die finanziellen Grenzen für die Landkreise gezogen. Landkreisfusionen ändern daran nichts.
Die Zusammenlegung der bisherigen Einzelhaushalte zum neuen fusionierten Haushalt des neuen fusionierten Landkreises ist ein wenig Arbeit aber bringt keine grundsätzlichen Probleme. Die durch die Fusion entstehenden Einsparungen werden in den ersten ein bis zwei Jahren durch die Fusionskosten gemindert. Die über Jahre erzielbaren Einsparungen werden aber nur einen Teil der strukturellen Defizite abbauen können. Man darf sich hier keine Wunder erwarten. Die eigentliche Haushaltssanierung bleibt weiter ein Problem, das auf andere Art gelöst werden muss.
Ein Problem wird bisher übersehen: die Schulden. Liegt die Verschuldung je Einwohner bei allen beteiligten Kreisen wenigstens ungefähr gleich hoch, gibt es keine Ungerechtigkeiten. Hat aber ein Kreis eine deutlich höhere Verschuldung je Einwohner, dann werden mit der Fusion die Bürger der anderen Kreise damit anteilig belastet. Dies kann Durchschlagen über die Kreisumlage auf die Gemeinden und weiter auf höhere Gemeindesteuerhebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer. Gut wäre es, die fusionswilligen Landkreise vor der Fusion zu zwingen, ihre Haushalte auszugleichen und ihre Schulden zu tilgen. - Eine schöne Aufgabe für den Kreistag, schließlich hat er ja auch mit seinen Beschlüssen dieses Schuldenproblem erst geschaffen.

05.03.2010
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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