Kürbisfeste in Niederösterreich

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Originaltext 2016:

Anlässlich des heutigen Halloween-Tages Impressionen von Kürbisfesten in Niederösterreich. Entstanden sind die Aufnahmen während meiner 12-jährigen Zeit als Journalist in Niederösterreich.

2018 ergänzte ich den Beitrag um diese Geschichte:

Kapitel 46.: Kürbisfest im Retzer Land

Kapitel 46. 1.: Präsentation der Kürbisfest-Briefmarke

27. Oktober 1994

Noch während der Abendveranstaltung im Ratssaal hatte ich den dazugehörigen Artikel verfasst:
"Die Vorstellung der Sonderbriefmarke zum Kürbisfest aus der Serie 'Volksbrauchtum und volkskundliche Kostbarkeiten' fand am 28. Oktober 1994 im Retzer Rathaussaal statt.
Min.Rat Erich Oberlechner präsentierte die Kürbisfest-Briefmarke, die von Maria Schulz entworfen und von Prof. Wolfgang Seidel gestochen wurde. Im Kombinationsdruck der Österreichischen Staatsdruckerei wurden 2,4 Millionen Exemplare hergestellt. Für ihr Engagement zeichnete Bürgermeister Adolf Schehr Min.Rat Erich Oberlechner und Reg.Rat Franz Bulin mit dem 'Goldenen Ehrenzeichen der Stadt Retz' aus."

Kapitel 46. 2.: Kürbiskochkurs in der Tourismusfachschule

28. Oktober 1994

Als Einstimmung auf das Kürbisfest hatte die Tourismusfachschule am Freitagabend einen Kürbiskochkurs in ihren Räumlichkeiten veranstaltet. Ich war da, um zu berichten.
Und ich durfte beim Kochen auch so mitmachen, ohne Kursgebühr.

Nach Abschluss der Veranstaltung übergaben mir die Fachlehrer Jürgen Kirchner und Robert Preyer zwei von ihnen kreierte Rezepte mit der Bitte um Veröffentlichung. Es waren die für den Kürbisstrudel und den "HLT Kürbispunsch", die sie auch auf dem Kürbisfest kredenzen würden.

"Kürbisstrudel:
Zutaten:
Strudelteig: 250 g glattes Mehl, 1 Ei, 1 EL Öl, 1 TL Essig, ca. 1/8 l lauwarmes Wasser, Öl zum Ausbacken.
Fülle: 1 – 1 ½ kg Kürbis, Salz, 80 g Margarine, 70 g Mehl, 1 Bund Petersilie (fein gehackt), 1 Bund Dill (gehackt), 150 g Zwiebel (fein gehackt), 1/8 l Rahm, Paprika.
Zubereitung:
Strudelteig: Einen Strudelteig zubereiten, 20 min rasten lassen. Auf einem bemehlten Strudeltuch den Teig ausziehen, die Fülle aufstreichen, einrollen, handbreite Stücke abschneiden und in heißem Öl in einer Pfanne goldbraun backen.
Fülle: Kürbis schälen, würfelig schneiden, salzen, 75 min stehen lassen. Eine Einmach zubereiten, Zwiebel und Kräuter darin anlaufen lassen, den gut ausgedrückten Kürbis beifügen, gut durchmischen, mit Paprika und Rahm verrühren und im eigenen Saft weich dünsten."

"HLT Kürbispunsch
Zutaten für einen Liter:
¾ l Wasser,
3 Beutel Hagebuttentee,
80 g Kristallzucker,
4 cl Holunderblüten,
8 cl Kürbisbrand,
8 cl Schankrum (dunkel).
Einlage: geröstete, karamellisierte Kürbiswürfel."

Danach gaben sie mir noch drei weitere Kürbisrezepte mit, die an dem Abend zwar auch gekocht worden waren, die jedoch nicht von ihnen stammten, sondern von irgendwoher:

"Kürbissuppe
Zutaten für 4 Personen:
500 g Kürbisfleisch,
2 Kartoffeln (mehlig kochend),
3 EL Butter,
750 ml Gemüsebrühe,
125 ml Schlagobers,
2 EL Kürbiskerne (gehackt und geschält),
5 Pfefferkörner,
1 TL Korianderkörner.
Zubereitung:
Das Kürbisfleisch klein schneiden, die Kartoffeln schälen und würfeln. Die Pfeffer- und Korianderkörner zerstoßen und zum Kürbisfleisch geben. Das Ganze bei geringer Hitze mit etwas Butter etwa 20 min dünsten. Die Gemüsebrühe erhitzen und dazu geben. Die Suppe kurz aufkochen lassen und pürieren. Vor dem Servieren die Kürbiskerne in etwas Butter knusprig rösten. Die Suppe auf den Tellern verteilen und mit je 1 EL geschlagenem Obers garnieren. Obendrauf die Kürbiskerne verteilen."

"Kürbis-Ingwer-Suppe
Zutaten für 4 Personen:
200 g Hokkaido-Kürbis,
1 1/2 Dosen Kokosmilch (á 330 ml),
1/4 l Wasser,
1/2 TL geriebene Muskatnuss,
5 cm klein gehackter Ingwer,
1 klein geschnittenes Chili,
etwas Zitronensaft,
Salz,
Zucker.
Zubereitung:
1. Hokkaido-Kürbis gut waschen, nicht schälen, in kleine Stücke schneiden, in einen Topf geben, Wasser und Kokosmilch beigeben, mit Muskatnuss und Ingwer würzen und weich kochen.
2. Chili und einen Schuss Zitronensaft zugeben und mit dem Stabmixer pürieren. Maximal 5 Minuten bei kleiner Flamme köcheln lassen. Mit Salz und Zucker abschmecken. Suppe auf Teller aufteilen."

"Kürbis-Chilli-Risotto mit Ziegenkäse
1 Zwiebel,
1 frische Chilli Schote,
150 g Muskatkürbis,
250 g Risotto Reis,
1 l Gemüsefond,
1 EL Paprikapulver,
Schnittlauch,
Muskatnuss,
Olivenöl,
Salz.
Zubereitung:
Die Zwiebel fein schneiden und in etwas Olivenöl glasig anschwitzen.
Den Reis und Chilli dazugeben und mit dem Paprikapulver paprizieren – mit Salz und Muskat stark würzen.
Jetzt nach und nach mit warmen Gemüsefond aufgießen bis das Korn bissfest ist – mit der kalten Butter und dem Parmesan vollenden.
Kurz vor dem Anrichten frisch geschnittenen Schnittlauch unterheben und mit dem Ziegenkäse garnieren."

"Kürbissuppe mit Esskastanien
Zutaten für 4 Personen:
1 Zwiebel,
2 Knoblauchzehe,
30 g Ingwer,
etwa l kg Kürbis,
3 EL Rapsöl,
etwa 700 ml Gemüsesuppe,
300 g vorgegarte Esskastanien,
60 g Sauerrahm,
Salz,
Pfeffer,
50 g Kürbiskerne.
Zwiebel, Knoblauch und Ingwer schälen, fein hacken. Den Kürbis waschen und einen großen Deckel abschneiden. Kerne und Fruchtfäden entfernen. Das Fruchtfleisch bis auf einen etwa 2 cm dicken Rand aushöhlen. Das Fruchtfleisch abwiegen und 400 bis 500 g in grobe Stücke schneiden. 2 EL Öl erhitzen und Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer glasig andünsten. Den Kürbis zugeben, kurz mitbraten, dann mit Suppe ablöschen und ungefähr 30 min köcheln lassen. Die Kastanien in grobe Stücke schneiden, Etwa die Hälfte zur Seite legen, die übrigen ungefähr 10 min vor Ende der Garzeit zur Suppe geben. Mit dem Stabmixer fein pürieren. Den Sauerrahm einrühren und die Suppe mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Kürbiskerne in einer Pfanne ohne Fett anrösten bis sie duften. Dann herausnehmen und die übrigen Kastanien im übrigen Öl kurz anbraten. Zum Servieren die Suppe in den Kürbis füllen und mit den Kürbiskernen und den gebratenen Kastanien bestreuen."

"Gebackener Kürbis mit Zupfsalat
Muskatkürbis in Spalten schneiden und im Ofen vordämpfen.
Spalten in Mehl, Eiern und Bröseln wenden und herausbacken.
Für den Salat Ruccola, Vogerlsalat und andere kleine Salatblätter waschen, abtupfen und auf einem Teller anrichten.
Frische Kräuter über den Salat streuen, mit Balsamico-Essig und Olivenöl beträufeln.
Zum Zupfsalat die gebackenen Kürbisspalten anrichten."

"Geräuchertes Forellenfilet mit Butternusskürbis und Pilzen
Zutaten für 4 Personen:
Grundzutaten:
200 g Butternusskürbis,
4 dünne Scheiben magerer, kleinwürfelig geschnittener Speck,
150 g Wildpilze, gereinigt und geschnitten,
2 Packungen Bachforellen-Filets geräuchert,
12 Weintrauben,
2 Handvoll herbstliche Salate,
1 EL Olivenöl,
1 EL Balsamico.
Zutaten für die Kürbis-Marinade:
300 ml Orangensaft,
Zesten von je 1 Orange und Zitrone,
4 EL Apfelessig,
2 EL Honig.
Zutaten für die Kren-Marinade:
4 EL Sauerrahm,
1 EL frisch geriebener Kren,
Zucker,
Zitrone,
Kräuter-Gewürzsalz.
Zubereitung:
Den Kürbis schälen und in dünne Scheiben schneiden.
Alle Zutaten der Kürbis-Marinade verrühren und den Kürbis, wenn möglich, über Nacht marinieren lassen.
Alle Zutaten der Kren-Marinade verrühren.
Pilze und Speck kurz anbraten und würzen.
Forellenfilets in schöne Stücke teilen und mit den Pilzen, dem Butternusskürbis, den Weintrauben sowie mit den Salaten auf einem Teller anrichten und mit je einem EL Olivenöl und Balsamico beträufeln. Dazu die Kren-Marinade servieren."

"Kürbiskerne-Müsli
Zutaten für 8 Portionen:
30 g Kürbiskerne,
80 g Haselnüsse,
80 g Sonnenblumenkerne,
80 g Haferflocken,
80 g Kokosflocken,
6 EL Honig.
Zubereitung:
Backrohr auf 200 °C (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
Kürbiskerne und Haselnüsse grob hacken und mit Sonnenblumenkernen, Hafer- und Kokosflocken sowie Honig gut vermengen.
Masse auf einem Backblech verteilen und im vorgeheizten Rohr auf oberster Schiene etwa 10 min rösten. Öfter wenden.
Müsli vollständig auskühlen lassen.
Das Müsli ist in einem gut verschließbaren Glas einige Wochen haltbar.
Zum Anrichten Milch oder Jogurt dazugeben und je nach Geschmack mit Obst verfeinern."

"Kürbis im Speckmantel
Zutaten für 4 Personen:
1 mittelgroßer Hokkaido-Kürbis,
20 Blatt Speck,
Thymianzweige,
Zimt,
Salz und Pfeffer,
Olivenöl,
Feldsalat,
Kernöl,
1 Zitrone.
Zubereitung:
Kürbis in Spalten schneiden. Jede Spalte salzen und pfeffern, nach Geschmack auch mit etwas Zimt bestreuen und mit Speckscheiben umwickeln. Aufs Backblech geben, Thymianzweige darüber legen und bei 180 Grad Celsius rund 25 Minuten backen. Dazu passt Feldsalat mit Zitronen-Kernöl-Marinade."

"Putenschnitzel mit Kürbisgemüse und Butter-Reis
Zutaten für 2 Personen:
2 Putenschnitzel,
100 ml Cremefine,
½ Zwiebel,
300 g Butternuss Kürbis,
150 g Reis.
Zubereitung:
Reis nach Packungsanleitung kochen. Zwiebel und Kürbis in Würfel schneiden. Zwiebel und Kürbis mit Olivenöl in einem Topf anschwitzen. Die Putenschnitzel in einer Pfanne mit Öl je Seite 3 Minuten anbraten. Das Gemüse mit Cremefine ablöschen und einreduzieren lassen und mit Kürbiskernöl verfeinern. Danach mit Salz und Pfeffer abschmecken. Putenschnitzel mit dem Reis und Kürbisgemüse anrichten."

"Kürbis mit Füllung
Zutaten für 4 Personen:
180 g Bandnudeln,
200 g Lauch,
150 g geräucherter Schinken,
1 EL Öl,
125 ml Weißwein,
250 g Crème fraîche,
50 g geriebener Parmesan,
Salz,
Pfeffer,
4 kleine Kürbisse.
Zubereitung:
Die Bandnudeln in reichlich Salzwasser nach Packungsanweisung al dente kochen, abgießen. Inzwischen Lauch putzen, abspülen und in Ringe schneiden. Schinken in feine Stückchen schneiden. Öl in einer beschichteten Pfanne erhitzen. Lauchringe und Schinken bei mittlerer Hitze ungefähr 5 Minuten andünsten.
Den Weißwein angießen, alles gut durchrühren und aufkochen lassen. Crème fraîche und Parmesan hineinrühren und weitere 3 Minuten kochen lassen, bis die Sauce etwas eingedickt ist.
Die Bandnudeln zugeben und miteinander vermischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Backofen auf 180 Grad Celsius vorheizen. (Umluft: 160 Grad Celsius, Gas: Stufe 2 bis 3.) Die Deckel der Kürbisse abschneiden und die Kürbisse entkernen.
Die Nudelmischung auf die Kürbisse verteilen und auf ein Backblech setzen. Etwas Wasser angießen. Ohne Deckel im Backofen 40 bis 50 Minuten garen, bis die Kürbisse weich sind. Zum Servieren die Deckel wieder aufsetzen."

"Kürbis-Gnocchi
Zutaten für 4 Personen:
500 g Spaghetti-Kürbis,
300 g Kartoffeln,
Salz,
Pfeffer,
200 g Mehl,
2 Eigelb,
frisch geriebene Muskatnuss,
1 Knoblauchzehe,
1 Peperoni,
Butter zum Braten,
roter Pfeffer zum Bestreuen.
Zubereitung:
Kürbis und Kartoffeln garen und anschließend fein pürieren. Mit Salz, Mehl, Eigelb, Pfeffer und Muskatnuss mit dem Knethaken des Handmixers zu einem glatten Teig verarbeiten.
Aus dem Teig mit 2 Teelöffeln Gnocchi ausstechen und formen. In siedend heißes Wasser gleiten und bei schwacher Hitze etwa 10 Minuten ziehen lassen, bis die Gnocchi an die Oberfläche steigen. Mit einem Schaumlöffel herausnehmen und auf Küchenpapier abtropfen lassen.
Knoblauch schälen und sehr fein hacken, Peperoni ebenfalls sehr klein schneiden. Butter bei mittlerer Hitze zerlassen und darin Gnocchi mit Knoblauch und Peperoni schwenken. Mit Pfeffer bestreuen und servieren. Dazu passen Kurzgebratenes und Salat."
(Quelle: "Kürbis – das große Kochbuch mit Zucchini, Melone & Co". Edition Fackelträger.)

Kapitel 46. 3.: Auf dem Retzer Bahnhofsplatz

29. Oktober 1994

Der leere Retzer Bahnhofsplatz lag wie ausgestorben im intensiven Gelb der langsam sinkenden Oktobersonne. Fast leer lag auch die Park-and-Ride-Anlage auf der gegenüberliegenden Seite da. Nur zwei zusätzliche Autos wurden in den zehn Minuten, in denen ich schon anwesend war, zu den bereits dastehenden hinzugeparkt.
Ebenfalls wenige Fahrgäste waren es, die einen der Züge aus Richtung Wien verlassen hatten. Einige von ihnen steuerten gleich auf die Autos auf der anderen Seite zu. Andere gingen auf dem schmalen Fußweg zwischen Bahngelände und Bahnhofsplatz direkt an mir vorbei. Nach einer Weile verschwanden sie dann in der Landesbahnstraße oder der Bahnhofstraße.
Einzig auf dem Bahngelände hinter mir fanden irgendwelche Rangierarbeiten statt. Was genau vor sich ging, konnte ich jedoch aufgrund der blickdichten Hecke zwischen Fußweg und Gleisen nicht erkennen.
Auch bei den in der Gebüschlinie verankerten Bushaltestellenschildern hielt sich außer mir sonst niemand auf.
Per Zufall sah ich in Richtung der Park-and-Ride-Anlage geradeaus. Der Himmel über den Kastanien davor versprach optimale Wetterbedingungen für den Nachmittag. Nur ein ganz leichter Schleier lag über dem darunter gänzlich wolkenlosen Herbsthimmel. Ein leichter Windstoß kam auf. Er wirbelte die auf dem Asphalt des Platzes liegenden farbigen Blätter auf, ließ sie im Kreis tanzen.

Etwa zehn weitere Minuten waren ereignislos vergangen. Aus Richtung der Landesbahnstraße hörte ich dann auf einmal das charakteristische Motorengeräusch eines Busses. Er fuhr zunächst auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes vorbei. Von dort aus verschwand hinter dem Busdepot. Dahinter drehte er eine Schleife und begann sich auf meiner Seite des Platzes meinem Standort zu nähern.
Ich nahm meine leere Schulsporttasche an die Hand, die die ganze Zeit neben mir auf dem Fußweg gestanden hatte.
Das Gefährt blieb direkt mit der Fahrereingangstür vor mir stehen. Der Lenker öffnete von innen.
"Was kostet die Fahrt?" fragte ich beim Einsteigen.
"Goa nix, dös is im Eitrittpreis mit inbegriffn."

Kapitel 46. 4.: Ankunft in Obermarkersdorf

Der Bus hielt wenige Meter vor dem Ortsrand von Obermarkersdorf. "Wann fährt denn der letzte Bus zurück?" fragte ich den Fahrer beim Aussteigen.
"Um Neinzehn Uah, wieda vuan dera Stöll hia."
Ich verließ das Fahrzeug, warf die Sporttasche über die Schulter. Hinter mir startete der Bus bereits wieder. Wenige Augenblicke später war er verschwunden.
Ich sah mich um. Die anderen Fahrgäste hatten bereits die Absperrung des Festgeländes erreicht, an welcher Eintritt kassiert wurde. Sie lag nur in wenigen Metern Entfernung. Rechts der einfachen Gemeindestraße erstreckte sich ein Weinrebenfeld. Dessen Blätter standen gerade in knallbunter Herbstfärbung. Links von der Straße fielen mir etliche lebensgroße Kürbisfiguren auf. Sie bestanden aus ausgestopfter Kleidung und Kürbissen als Köpfen, denen mit Farbe Gesichter aufgetragen worden waren. Aus Gründen der Stabilität hatte man sie aufrecht an Bäume am Rande eines längst umgeackerten Feldes gebunden. Alle möglichen Berufszweige und sozialen Schichten waren dargestellt: ein Bauer, ein Mediziner, ein Feuerwehrmann, ein kleines Mädchen ... Bei dem Anblick erinnerte ich mich an die zahlreichen ausgehöhlten Kürbisköpfe, die ich bereits in Retz auf dem Weg zum Bahnhof gesehen hatte.
Auf der Straße vor mir tauchte die Eintrittskasse auf.

Am Eintritt hatte jeder Gast zusätzlich noch kostenlos eine kleine Papiertüte mit Sonnenblumenkernen zum Selbstanbauen bekommen. Ich verstaute daher zunächst das Portemonnaie in der Brusttasche meiner Jeansjacke. Als nächstes stellte ich die Tasche auf dem Boden ab, um die Papiertüte in eine der Seitentaschen zu stecken. Danach ging ich wieder in der Mitte der abgesperrten Einfahrtsstraße in Richtung Dorfinneres.

Kapitel 46. 5.: Bei den ersten kulinarischen Stationen

Nur kurz darauf tauchte am rechten Straßenrand der erste Stand auf. "Kürbiskernroulade, Kürbiskernöl, Kürbiskernbrot" stand auf einer Tafel geschrieben, die am rechten vorderen Bein des Markttischs lehnte.

Gleich etliche solche Schilder befanden sich rings um den nächsten Tisch. Ich blieb in einiger Entfernung stehen, um sie mir durchzulesen. Kürbis-Pfirsich-Marmelade wurde auf ihnen angeboten. Kürbiscremesuppe. Kürbisschnitzel. Kürbispizza. Kürbis-Strudel. Kürbis-Spalten im Speckmantel.

Nach etlichen weiteren Ständen endete die Straße direkt vor der Kirche, wo sie sich nach links und nach rechts gabelte. Vor dem kleinen Metallzaun, der den Kirchenpark absperrte, stand ein kleiner Holzwegweiser mit der Aufschrift "Zum Anger". Seine Spitze zeigte nach rechts. Ich beschloss, der Richtung zu folgen.

Die schmale, dörfliche Gasse endete unvermittelt. An ihrer statt tat sich ein für die Größe des Dorfes ungewöhnlich lang wirkender Anger auf. Sein Ende war von meinem Standpunkt aus mit bloßem Auge gar nicht abschätzbar. Auf seiner grasbewachsenen Mitte führten etliche kleine Holzbrücken über den künstlich angelegten Entwässerungsgraben. An den Bauernhöfen entlang der Ränder des Platzes standen überall Tore auf, hinter welchen Heurigenbetrieb herrschte.

Kurzentschlossen ging ich auf den mir nächstgelegenen Bauernhof zu. An seinem Eingang stand abermals eine Tafel mit den kulinarischen Angeboten: Kürbis-Törtchen, Kürbis-Weckerl, Kürbis-Marmelade, Kürbisfestwein, Kürbis-Pürreesuppe, Kürbis-Gemüse nach Altwiener Art, Kürbis-Rohkost, Kürbiswein.
In seinem Inneren war ein verschachtelt wirkendes System von Strohballen aufgebaut worden. Zwei Schichten der würfelförmigen Objekte standen übereinander. Als ich um die Anlage herumging, fiel mir auch ein Schild auf, das ihren Zweck erklärte: "Kürbissuchspiel im riesigen Strohlabyrinth".

Kapitel 46. 6.: Die Eröffnung

Bereits lange vor der Eröffnung hatte sich ein beträchtlicher Auflauf um die kleine Holzbühne gebildet, auf welcher das Ereignis stattfinden sollte. Mit einem Male machte sich Beifall unter den Massen breit. Der Schrattenthaler Bürgermeister Schally, in dessen Zuständigkeitsbereich auch Obermarkersdorf gehörte, bahnte sich seitlich der Bühne den Weg durch die Massen. Zu Füßen der Plattform angekommen, bestieg er sie mit einem großen Schritt.
Es folgte das übliche lange Begrüßungszeremoniell der Ehrengäste. Als prominentester Vertreter wurde Landtagspräsident Franz Romeder willkommengeheißen.
Danach begann der Bürgermeister seine Festrede. Er erwähnte zunächst, dass der lateinische Name des Kürbis Cucurbita sei.
Dass der Kürbis oft "größte Beere der Welt" genannt wird. Dies sei darauf zurückzuführen, dass er vom Botanischen her tatsächlich eine Beerenfrucht sei. Es handelt sich deshalb botanisch um eine Beere, da die samenhaltige Frucht aus nur einem einzigen Fruchtknoten entsteht und bis zur Reife fleischig bleibt. Aufgrund der harten Schale spricht man beim Kürbis auch von einer Panzerbeere.
Kürbisse sind außerdem mit Gurken und Melonen verwandt, deren charakteristisches Aroma sie teilen. Typisch für praktisch alle Kürbissorten sei ein Geschmack zwischen nussig und süßlich.
Innerhalb der großen Familie der Kürbisgewächse bilden die eigentlichen Kürbisse, die Cucurbita, eine eigene Pflanzengattung, die wiederum in zahlreichen Sorten kultiviert werden. Von Bedeutung seien heute vor allem drei Arten: Riesenkürbis, wozu unter anderem Hokkaido, Hubbard oder Turban gehören. Als zweite Gruppe der Moschuskürbis mit Sorten wie Butternuss oder Moschata de Provence. Als Drittes Gartenkürbisse, bei denen etwa der Zucchini oder der Pumpkin erwähnenswert sind.
Man unterscheidet zwischen Sommer- und Winterkürbissen. Sommerkürbisse werden unreif geerntet und sofort verarbeitet. Mit Ausnahme der Zucchini sind sie hierzulande jedoch eher unbekannt. Die Zucchini gehören übrigens zur gleichen Art wie die berühmten steirischen Ölkürbisse. Lässt man den Zucchini auf dem Feld ordnungsgemäß ausreifen, wird aus seinen Kernen Kürbiskernöl gepresst, das Fruchtfleisch jedoch zerhackt und wieder in den Boden eingepflügt.
Den allergrößten Teil machen jedoch die Winterkürbisse aus. Damit bezeichnet man alle Sorten mit harter Schale, die eine längere Reifezeit benötigen und erst im Spätherbst im Zustand der Vollreife geerntet werden. Reif und unversehrt lassen sie sich an kühlen, trockenen, luftigen Orten bis in den Frühling hinein lagern.
Dass seine Dialektbezeichnung "Bluza" auch Computer oder Idiot heißen kann.
Wenig später folgten dann landwirtschaftliche Fakten zum Thema Kürbis. So zum Beispiel, dass er eine der ältesten Kultur- und Naturpflanzen der Erde sei. Über 800 verschiedene Sorten existierten heute von ihm. Die bekanntesten Sorten seien Atlantic Giant – mit einem Weltrekordgewicht von 523 Kilogramm –, Butternut, Hokkaido, Muscade de Provence, Roter Zentner und Sweet Mama.
Von der Form her können sie gerippt oder glatt, kugelig oder birnenförmig sein.
Auch ihre Größe variiert, von der eines Tennis- bis hin zu der eines Medizinballs.
Ihre Färbung kann gestreift, gefleckt oder ebenmäßig sein. Manche tragen alle Farben des Herbstes auf einmal in sich, andere leuchten in grellem Orange. Das Fruchtfleisch eines reifen Kürbisses ist gelb, orange oder rötlich.
Die Heimat des Kürbisses dürften die tropischen Regionen Mittel- und Südamerikas gewesen sein, wo man die Frucht schon vor rund 8.000 Jahren kultivierte. Sämtliche heutigen Kürbissorten sind aus amerikanischen Wildformen entstanden. Wie die Tomate und die Kartoffel fand auch der Kürbis mit der Kolonisation Amerikas in die Alte Welt.
In der Küche ließe er sich ausgesprochen vielfältig verwenden, da er nur über einen geringen Eigengeschmack verfüge. Aufgrund dessen ließe er sich sehr vielfältig verarbeiten, wofür Beispiele auf dem Fest im Überfluss angeboten würden.
Zur Vorspeise serviert man Kürbisse als Suppe, Rohkost oder Salat.
Zum Hauptgang kann man sie füllen und backen, panieren und braten, dünsten und mit Butter genießen, mit Reis zu Risotto verkochen, mit Käse zu einem Auflauf überbacken, in Strudelteig hüllen oder zu einem Gulasch garen.
Will man sie lieber als Beilage servieren, kann man das etwa in Form von Püree, Gnocchi, Knödel oder Spätzle. Abrunden lässt sich das Kürbismenü mit Kürbiskuchen, Kürbiskompott oder Kürbispudding.
Rund 30 bis 50 Ölkürbisse benötigt man, um einen Liter Kürbiskernöl zu gewinnen. Dieses Speiseöl enthält zahlreiche ungesättigte Fettsäuren, Mineralstoffe und Spurenelemente. Es eignet sich hervorragend zum Verfeinern von Salaten, Suppen, Saucen, Nudelgerichten und Aufstrichen.
Kürbisse zeichnen sich durch eine harte Schale und monatelange Lagerfähigkeit aus. Das Fruchtfleisch eines reifen Kürbisses ist ziemlich fest und einigermaßen schwer zu schneiden. Davon darf man sich jedoch nicht abschrecken lassen, denn beim Kochen verliert es rasch diese Härte und verwandelt sich binnen kurzer Zeit in zartes Gemüse mit süßlicher Note.
Auch für die Gesundheit spiele die Frucht eine maßgebliche Rolle. Sie wirke erfrischend, abführend, entwässernd, aber auch beruhigend, abwehrstärkend und aufbauend. Kürbis bestehe zu rund 90 Prozent aus Wasser, sei reich an den Antioxidantien Vitamin A, C und E, an Mineralien wie Kalium, Kalzium, Kieselsäure, Natron und Zink und enthalte den Naturfarbstoff Carotin bis zur zwölffachen Menge der Karotte. Dieser sorge nicht nur für die intensive Färbung der Früchte, sondern unter anderem auch für den Schutz vor schädlicher Strahlung. Schließlich liegen Kürbisse wochenlang in der prallen Sonne. Eine vergleichbare Schutzfunktion übernehmen Carotinoide auch beim Menschen – als effiziente Binder freier Radikale im Körper.
Auf der anderen Seite enthalte er so gut wie kein Fett, Kohlenhydrate und Cholesterin. Außerdem sei er aufgrund des hohen Wassergehaltes ausgesprochen kalorienarm, auf 100 Gramm kämen nur 25 bis 28 kcal.
Auch die traditionelle chinesische Medizin setze den Kürbis ein und schreibe ihm harntreibende, entgiftende und Wasser entziehende Effekte zu, aber auch lindernde Wirkung bei Husten und Asthma bronchiale.
Der regelmäßige Verzehr von Kürbiskernen fördert aufgrund ihres hohen Zinkgehaltes Hautstruktur und Wachstum.
Lange Zeit habe man den Kürbis verkannt, da er ursprünglich als Viehfutter und Arme-Leute-Essen galt, darüber hinaus nur als Zierpflanze gezüchtet wurde. Erst seit wenigen Jahren erlebe er einen ungeahnten Aufschwung.
In der Rede kam auch vor, dass der Kürbis ein ähnliches Klima wie Wein bevorzuge, er sei ähnlich Wärme liebend. Das Durchsetzen dieser Erkenntnis habe zur Folge gehabt, dass allein in der Weinregion Pulkautal mittlerweile auf 500 bis 600 Hektar Kürbisse angebaut werden. Es sähe ganz danach aus, als ob sich das Weinviertel jetzt auch zum Kürbisviertel entwickeln würde. Was lag da näher, als dieser ertragreichen Frucht auch ein eigenes Fest zu widmen?
Am Rande der Bühne sah ich wieder Hermann Neumayr mit der Kamera auftauchen. In diesem Augenblick war ich froh, ausnahmsweise pressemäßig mal nichts zu tun zu haben, da Thomas die Sache selber machen wollte. Auch wenn mir die Pressearbeit immer ziemlich leicht von der Hand ging, dachte ich, war es trotzdem ganz gut, ab und zu auch noch ein wenig Privatleben zu haben.
Der nächste Teil der Rede des Bürgermeisters beschäftigte sich mit Details zum Fest. Insgesamt 15.358 beleuchtete Kürbisse wurden in allen Straßen der Retzer-Land-Gemeinden ausgelegt – für jeden Bewohner einen. Darüber hinaus stellten auch viele Leute privat solche Kürbisse hin. Schließlich machte das Gemeindeoberhaupt auf Höhepunkte aufmerksam, die noch am selben Tag stattfinden würden: Prämierung des Besuchers, der den weitesten Weg nach Obermarkersdorf hatte, Prämierung des größten Kürbisses, Beleuchtung der Kürbispyramide am Abend.

Der offizielle Teil war vorüber. Nach dem Bürgermeister hatten auch noch die Kürbisprinzessin und der Präsident des Niederösterreichischen Landtages eine Ansprache gehalten. Danach waren sämtliche der Redner zum Ende des Auflaufes vor der Bühne gegangen. Dort stand schon einige Zeit eine offene Kutsche bereit. Auf dem Bock saß ein Kutscher, der von seiner Aufmachung her irgendwie ein wenig an den herrschaftlichen Kutscher eines seinerzeitigen Grafen erinnerte. Die Ehrengäste bestiegen einer nach dem anderem das Gefährt. Der Kutscher fuhr ein paar Mal mit der Peitsche kräftig durch die Luft. Laut schlugen die Hufe der Pferde auf dem Pflaster auf, worauf sich quietschend der Wagen in Bewegung setzte. Nach kurzer Zeit war von der Kutsche nichts mehr zu sehen.

Kapitel 46. 7.: Der kulinarische Marathon

Ich beschloss, meine Runde von Hof zu Hof, welche ich vor der Eröffnung unterbrochen hatte, wieder fortzusetzen. Nur wenige Meter lag das nächste Gehöft entfernt.

Auf dem Hof herrschte so wie auf der Straße davor ziemlich viel Betrieb. Alles Mögliche wurde auf Schildern ringsherum angepriesen. Gefüllter Patisson. Kürbis-Guglhupf. Kürbis-Teigwaren. Kürbis-Gulasch. Kürbis-Kompott.
In einer Ecke des Geländes bemalten Kinder Kürbisse. Gleich daneben hatte man, ebenfalls für Kinder, einen Streichelzoo eingerichtet.
Hinter mir hörte ich ein paar Leute erzählen, dass man im Jahr zuvor beim Kürbisfest in Pulkau, als es schon dunkel wurde, beleuchtete Kürbisse auf der Pulkau ausgesetzt hatte, und dass ihnen das sehr gut gefallen habe.
Mir fiel auf, dass etliche Gäste einen Holzschuppen betraten beziehungsweise ihn verließen. Ich ging ebenfalls auf sein Eingangstor zu.
Innen befand sich eine kleine Kunstgalerie. Sie bestand aus lauter Aquarellen mit Kürbismotiven, wie ich mit einem Blick erkannte. Ich beschloss, mir die Bilder näher anzusehen und begann damit gleich links neben dem Eingang.

Wieder auf der Straße angekommen, folgte ein Tisch, an dem Kürbisse aus auf dem Boden stehenden Holzkisten verkauft wurden.

Kürbiskernaufstrich, Kürbis-Strudel, Kürbis-Kipferl, Kürbis-Brot, Kürbis-Sparfait und "Zellerndorfer Kürbiskernbrot" gab es am nächsten Stand, wie ich diversen Schildern entnahm.

Ein Stand folgte, hinter dem jemand etwas erklärte. Es handelte sich um ein Rezept, wie sich herausstellte, als ich näher trat. Das Rezept vom "Gebackenen Kürbis 'Retzer Land'". Welcher auch an dem Stand angeboten wurde.
"Die Zutaten sind: ein kleinerer Kürbis, Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle, etwas Mehl. Den Weinteig aus: ungefähr ein Achtel Grüner Veltliner, drei Eidotter, zwei Eiklar, fünf Gramm Kürbiskernöl, 170 Gramm Weizenmehl Type 480 und eine Prise Salz.
Die Zubereitung: Einen kleinen Kürbis schälen, der Länge nach halbieren, entkernen und in ein Zentimeter dicke Scheiben schneiden. Die Scheiben mit Salz und weißem Pfeffer würzen, in Mehl wenden, durch den Weinteig ziehen und in heißem Pflanzenfett bei 160 Grad schwimmend und goldbraun backen. Gut abgetropft mit Knoblauchrahm oder Wiener Paradeissoße servieren. – Mahlzeit!"

Auch die Retzer Hotelfachschule war mit einem Stand vertreten. Verschiedene Kürbisgerichte wurden an ihm angeboten. Die Hauptaktivität schien dabei im Bearbeiten einer riesigen Pfanne zu bestehen, in der irgendein Kürbisgericht briet. Unter den verkaufenden Schülern befand sich auch diese hübsche blonde Fabiola Stiegler, die ich von Presseterminen in der Schule her kannte.

Die nächste Station befand sich wieder in einem Bauernhof. Ein Schild mit der Aufschrift "Kürbisausstellung" hing über seinem Eingangstor. Unzählige Kürbissorten in allen möglichen Farben und Formen hatte man in seinem Inneren aufgebaut. Bei jeder Sorte stand auch ein Schild mit der jeweiligen Bezeichnung. Wenige Meter vor mir begannen sich die Tischreihen vorerst senkrecht durch den Hof zu ziehen. Ich bewegte mich auf jene Stelle hinzu, um dort den Rundgang zu beginnen.

Ohne dass ich es gemerkt hatte, war es mittlerweile kurz vor Um Drei geworden. An unzähligen Ständen auf der Straße und in unzähligen Höfen war ich inzwischen gewesen.
Wieder folgte eine Station auf einem Bauernhof. Gleich rechts neben seinem Eingang tat sich eine kleine Ausstellung mit Kürbisstilleben auf. Wie ich anhand der kleinen Aufkleber an den rechten unteren Bildecken feststellte, standen die Werke zum Verkauf. Ich nahm mir vor, sie mir später anzusehen. Stattdessen betrat ich zunächst eine offenstehende Tür an der linken Seite, hinter der ich eine Reihe von Stimmen gehört hatte.
Ein kleiner Flur mit Holzbrettern auf dem Boden folgte zunächst. Gleich rechts führte eine offenstehende Tür in einen kleinen Raum. Angehörige sämtlicher Altersgruppen saßen in ihm und machten Kürbisschnitzereien.
Ich machte mich wieder auf den Weg nach draußen. Wieder im Hof angekommen, steuerte ich auf die erste der Stellwände mit den Kürbismalereien zu und begann, sie näher zu betrachten.

Als ich mich wieder auf der Straße befand, kam ich an einem Tisch vorbei, an dem Kürbiskraut, Putenschnitzel in Kürbispanier, Zwergkürbis-Cordon-bleu, Kürbisweckerl mit Speck und "Pulkauer Kürbisauflauf mit Äpfeln" verkauft wurden.

"Bluza-Kegeln" wies ein Schild auf eine Station hin, an der mit Kürbissen gekegelt werden konnte.

Am Nachbartisch begann dann der "Längste Kürbisstrudel im Retzer Land". Er erstreckte sich gleich über etliche aneinandergestellte Holztische. Wie ich mich erinnerte, betrug seine Länge 104,6 Meter.

Ich sah in einen weiteren Hof hinein. In seinem Inneren waren etliche Kinder damit beschäftigt, Kürbisse mit speziellen Farben Gesichter anzumalen.

Ich blieb nur kurz und setzte meine Route gleich wieder fort. Ein Stand folgte, bei dem auf der schwarzen Tafel Kürbisbrot, Kürbisbaguette, Kürbiswachauer, Essigkürbis, Kürbiskuchen und Kürbiskekse angepriesen wurden. Nebenbei hörte ich jemanden erzählen, dass der Kürbis auch eine sehr schöne Blüte habe. Sie ginge von Weiß bis Dottergelb und fände im Mai statt.

Auf dem nächsten Tisch befanden sich mehrere Reihen Keramik-Kürbisköpfe, in die man eine Kerze hineinstellen konnte. Somit konnte man sie wie echte ausgehöhlte Kürbisse beleuchten. Anhand ihrer Machart erkannte ich sofort, dass sie aus der Keramikwerkstatt in Mitterretzbach stammten.
Mit einem Male tauchten meine beiden Klassenkolleginnen Maria und Isolde vor mir auf. Bei ihnen befand sich Wilhelms jüngere Schwester Magda.
"Hallo, Christoph", riefen mir Maria und Isolde zu.
"Grüß Euch", antwortete ich ihnen.
Kurz darauf waren die Mädchen auch schon wieder aus meinem Blickfeld verschwunden.

Wieder folgte ein Kürbisverkauf. Früchte in weißer, goldener, grüner, gelber, gelbgrün gestreifter, roter, grauer, oranger, blauer und fast schwarzer Farbe lagen in mehreren Kisten verteilt. Höchst verschieden sahen auch die Formen aus. Einige waren eher Zierkürbisse, andere ähnelten Zucchinis, wieder andere Melonen.

Die nächste Station lag abermals in einem Bauernhof. Ein Holzpfeil mit der Aufschrift "Kürbisbrotbacken" wies nach rechts in das Innere des Gebäudes.
Ich trat durch die geöffnete Tür. Ein horizontal verlaufender Flur tat sich auf. An der gegenüberliegenden Wand fiel mir gleich darauf ein paar Meter weiter links eine geöffnete Tür auf. Hinter ihr waren die Stimmen von mindestens zwanzig Personen zu hören. Als ich an die Tür heranging, sah ich, dass in dem Raum das erwähnte Kürbisbrotbacken stattfand.

Draußen auf der Straße folgte ein Stand, an dem es Kürbistorte, Kürbisstrudel süß und sauer, Kürbispunsch und Haussulz mit Kürbiskernöl gab, wie auf den Schildern zu lesen war.

Der Stand der Bäckerei von Finanzstadtrat Cyrill Gold schloss sich an. Geflochtene Körbe mit allen möglichen Gebäcksorten standen auf dem Tisch ausgebreitet.
Auch die Frau vom Stadtrat verkaufte selbst mit. "Grüß Gott, Herr Altrogge", rief sie mir im Vorbeigehen zu. "Deaf i eahna umasunst zwa frische Semmeln mitgebn?" Sie steckte mir zwei Semmeln mit eingebackenem Käse zu.
"Oh danke, das ist nett!" Ich steckte die Gebäckstücken in die Jackentaschen und ging weiter.

Kürbisgemüse, Kürbiswürstel, Kürbispfanne, Kürbiskäse, Schnitzelsemmel mit Kürbiskruste, Wildragout mit Kürbisknödel und Kürbistiramisu wurden am darauffolgenden Stand angeboten.

Vor mir auf der Straße hörte ich plötzlich Akkordeontöne. Gleich darauf erkannte ich auch den Grund: Eine Trachtentanzgruppe trat auf. Etliche Frauen und Männer in blauroten Trachten hatten sich im Kreis aufgestellt. Klatschend und stampfend führten sie im Uhrzeigersinn einen Bändertanz auf. Er führte um einen Stamm in der Mitte, den ein weiteres Mitglied hielt. Die Tänzer hielten rote und weiße Bänder in der Hand, sodass auf der Stange ein Schachbrettmuster entstand. Etwas abseits davon stand der Akkordeonspieler, welcher sie auf seinem Instrument musikalisch begleitete.

Ein Stand folgte, an dem es Kürbisspaghetti, Kürbiseintopf, Ofenkartoffel mit Kürbissauce und Kürbissuppe in Brotteig gab. Hinter ihm wurde auf einem Schild Reklame für einen Abhof-Verkauf von Kürbissen gemacht.

Ich hatte mich gerade soweit von den Trachtentänzern entfernt, dass ich die Musik des Akkordeonspielers nur noch entfernt vernahm, als bereits wieder eine neue Melodie zu hören war. Kurz darauf kam auch die Quelle in Sicht. Es war ein Leierkastenmann. Angezogen im Stil der Jahrhundertwende, stand er mit seinem Gerät am Rande des Angers.
Gleichzeitig tauchte gegenüber vor der Häuserzeile ein Stand auf, an dem Kürbiskompott, Kürbisgeschnetzeltes, Kürbisleberkäse, Kürbiskrautfleckerl und Kürbisfladen angeboten wurden.
Hinter mir liefen ein paar Gäste, aus deren Gesprächen ich zufällig heraushörte, dass sie aus Wien kamen. Sie seien mit einem von einer alten Dampflok angetriebenen Nostalgiesonderzug gekommen. Ab dem Bahnhof Zellerndorf fuhren dann Shuttlebusse bis Obermarkersdorf. Organisiert wurde der gesamte Transport vom "Retzer Land".

Rechts tauchte ein Stand auf, an dem es unter anderem auch Bäckereien auf Kürbisbasis gab. Ich las im Vorbeigehen die Aufschriften auf den Schildern durch. Kürbisfleischlaibchen. Kürbiskerntorte. Kürbisgraumohntorte. Kürbisschweinsbraten. Kürbis im Zimtbackteig.

Als nächstes folgte ein Stand mit Süßigkeiten auf Kürbisbasis. Kürbispralinen mit Kürbisnougatfüllung gab es an ihm, Kürbismarmelade, Riesenkrapfen mit gesüßtem Kürbismus, süße Kürbisherzen, Kürbispunschkrapfen und noch einiges mehr.
Gleich neben den Punschkrapfen lag ein mir unbekanntes Süßwarenerzeugnis, das sich nach dem handgeschriebenen Schild dahinter "Kürbistaler" nannte. Es war klein, scheibenförmig und hatte eine Zuckergussoberfläche. Die Abbildung von zwei ausgehöhlten Kürbissen in Farbkopiererqualität befand sich auf ihr. Alles in allem erinnerten sie stark an die "Retzer Taler", die ich zum Weinlesefest in der Konditorei Wiklicky gegessen hatte. Ohne Zweifel musste es sich auch hierbei um eine Kreation des Konditors handeln, dachte ich.
Etwas weiter weg entdeckte ich eine Kürbiskernschokolade. Ich drehte eine Tafel davon um, weil ich sehen wollte, woher sie kam. Eine Firma aus Wien stellte sie her.
Ich beschloss, mal spaßeshalber einen der Riesenkrapfen mit gesüßtem Kürbismus zu probieren. Obwohl ich mir nicht sicher war, ob man da mit der Kreativität bei der Kürbisverarbeitung nicht doch langsam etwas zu viel des Guten getan hatte.
Nachdem ich ihn bezahlt hatte, trat ich mit ihm an die Seite des Standes, wo nicht soviel Betrieb war, damit ich ihn in Ruhe essen konnte.
Kurz darauf erreichte ich auch schon die Füllung. Ich war angenehm überrascht. Mein anfängliches Misstrauen war wie weggeblasen. Die Füllung war etwas würziger und in der Konsistenz etwas fester als die der Marmeladen in normalen Krapfen. Vom Geschmack her aber war sie auf jeden Fall sehr gut.

Wenig später kam ich wieder an der Stelle an, wo kurz zuvor noch der längste Kürbisstrudel im Retzer Land verkauft wurde. Die Tische waren inzwischen völlig leer. Ich hörte jemanden begeistert erzählen: "In ana Dreiviatl Stund haum ma ois vakaft! 2047 Portionen woans gnau!"
Da werden sie sich im nächsten Jahr bestimmt bemühen, einen noch größeren Rekord aufzustellen, was die Länge betrifft, dachte ich.

Ein Stand folgte, an dem Kürbiswurst, Kürbiskrautfleisch, Kürbisspeckstangerl, Kürbisaufstrich und Kürbisschnitte mit Kaffee verkauft wurden.

Die nächste Station war abermals in einem Bauernhof untergebracht. Ich ging auf seinen Eingang zu. Familie Rastenberg. Weinbau seit 1783, stand auf einem Holzschild mit eingeschnitzter Inschrift über der Spitze des Torbogens zu lesen. Gleich hinter dem Tor entdeckte ich rechts im Winkel von 15 Grad über den Hof hinweg eine offenstehende Tür. Zahlreicher Publikumsverkehr spielte sich hinter ihr ab.
Eine kleine Mehrzweckhalle mit Holzverkleidung an den Wänden tat sich hinter der Tür auf. Fast auf ihrer gesamten Fläche hatte man Heurigentische und –bänke aufgestellt.
Ich stieg über die Bank gleich in unmittelbarer Nähe der Tür und nahm auf ihr Platz. Auf dem Tisch davor entdeckte ich daraufhin die Speisekarte. Ich schlug sie auf, um sie mir durchzulesen.
Kürbiscremesuppe, stand da geschrieben. Rindsuppe mit Kürbisfritatten. Surbraten mit Knödel und Kürbiskraut. Schnitzel mit Kürbispanier und Erdäpfelsalat. Kürbisgulasch mit Gebäck. Ich entschied mich schließlich für das Kürbisgulasch mit Gebäck und als Vorspeise eine Kürbiscremesuppe.
Auf der Getränkeseite entdeckte ich ein "Kürbisbier". Ich beschloss, auch das mal zu probieren.
Meine anfänglichen Zweifel, ob denn nicht ein fürchterlicher Einheitsbrei entstehe, wenn man jede x-beliebige Speise auf Kürbisbasis zubereitet, waren inzwischen völlig ausgeräumt. Es schien eher das Gegenteil eingetreten zu sein. Die Anzahl der Möglichkeiten schien sich ständig exponentiell fortzupflanzen. Der einzige Wermutstropfen an dem Fest ist, dachte ich, dass man nie im Leben so viel essen und trinken kann, wie hier an guten Sachen angeboten wird. Die Wahl wird da zu einer ausgesprochenen Qual. Da bräuchte man gleich drei Mägen auf einmal.
Auch der ursprünglich im Portemonnaie befindliche Geldbetrag hatte sich aufgrund der zahlreichen Konsumationen inzwischen erheblich verringert. Aber was soll's, dachte ich. Ich wirtschafte das ganze Jahr über mit meinen Honoraren derart sparsam. Da schlägt zwischendurch mal eine größere Ausgabe wie diese hier kaum zu Buche.
Kurz darauf erschien ein junges Mädchen vor mir am Tisch. "Haum Se scho gwöhlt?" fragte sie mich.
"Ja, ich nehme eine Kürbiscremesuppe, ein Kürbisgulasch mit Gebäck und zum Trinken eine Flasche Kürbisbier." Während sie schrieb, fragte ich: "Sagen Sie, bei dem Kürbisbier, wird da richtig Kürbismasse vergärt?"
"Joa, a Fiama in Laa an der Thaya moacht dös."

Ungefähr zehn Minuten später hatte ich dann die Kürbiscremesuppe und das Kürbisbier hingestellt bekommen. Danach goss ich mir zuerst aus der geöffneten Flasche etwas ins Glas ein. Ich beschloss, die Flasche, wenn sie erst einmal leer wäre, in die Tasche zu stecken. Daheim würde ich dann das Etikett ablösen und in meinem Regionalarchiv unterbringen, das ich mir in meinem Heimbüro für Pressezwecke angelegt hatte.
Ich zog die Tasse mit der Kürbiscremesuppe heran. In ihrer Mitte war der Berg Sahne, der die Suppe so unverwechselbar cremig machte, bereits etwas geschmolzen. Ich begann zunächst den Rest davon umzurühren, bevor ich den ersten Löffel nahm.

Als ich das Anwesen wieder verließ, zog gerade die Trachtenkapelle Obermarkersdorf vorbei. Wie bei all ihren Auftritten hatte sie wieder ihre braunschwarzen Uniformen mit den weißen Mützen an. Wie jedes Mal erinnerten mich die Kopfbedeckungen ein wenig an die von Seekapitänen.

Gleich am nächsten Stand nach dem Bauernhof wurden Spanferkel mit Kürbiskraut, Kürbisleberkäsesemmeln und Kürbispuffer angeboten.

Nur wenige Meter davon entfernt traten die Zimbalmusiker aus Tschechien auf, welche ich schon auf dem Weinlesefest gesehen hatte. Ich will ja aufgrund solcher Kleinigkeiten noch nicht zu euphorisch werden, dachte ich. Aber dieser rasche Wiederauftritt ist sicherlich ein gutes Zeichen. Denn vielleicht wird ja als erster Schritt in Richtung grenzüberschreitende Zusammenarbeit zunächst einmal das hier etwas ganz Natürliches. Dass Ensembles dieser Art aus beiden Ländern einige Kilometer ins jeweilige Ausland geschickt werden. Und daraus entwickelt sich dann mit der Zeit vielleicht auch das eine oder andere Sonstige.
Ich erinnerte mich daran, wie einer der Lehrer von der Hotelfachschule erzählt hatte, wie er kürzlich in Prag (!!!), wo er beruflich zu tun gehabt hatte, eine private tschechische Übersetzung des Werbeplakates für das Kürbisfest in Obermarkersdorf entdeckt habe.

Ein Stand folgte, an dem Kerzen, Taschen und Handarbeiten mit Kürbismotiven verkauft wurden.

Am Tisch darauf gab es Kürbispalatschinken, Kürbisstangerl und Kürbisbrezeln.

Einen Tisch weiter wurden wieder Kürbisse verkauft. Der Bauer hinter dem Stand zeigte gerade einen Kürbis, dessen Schale über und über mit eingeritzten Mustern verziert war. Gleich darauf erklärte er einem Kunden: "De Musta wean scho aufm Föd einegschniattn un woachsn mit."
Am Ende seines Tischs entdeckte ich eine ganze Batterie von Henkeltassen mit Kürbiskopfaufdrucken. Ein Schild mit der Aufschrift "Kürbisfesthäferl" machte dahinter auf das Angebot aufmerksam.

Der nächste Tisch gehörte einer Kunsthandwerkerin aus dem 18. Bezirk in Wien, einer gewissen Nihal Aydin, wie aus einem Schild hervorging. Klingt türkisch, dachte ich. Sie fertigte aus Flaschenkürbissen Ziergegenstände wie Lampen oder Kerzenhalter.

Am Nachbarstand wurden ebenfalls Kürbisse verkauft. Ich bekam nebenbei mit, wie ein Kunde bedauerte, dass er jetzt nicht mehr Transportmöglichkeiten habe. Der Bauer entgegnete darauf: "Se kennan a in de nechstn Toag nau amoi vuabeikumman. Mia vakafn de Kiabisse de goanze Saison iwa oab Hof."

Kapitel 46. 8.: Auf dem Kürbisfeld

Gleich daneben steckte im Boden ein Holzpfeil mit der Aufschrift "Kürbisse zum Selbstpflücken". Seine Spitze zeigte in Richtung Ortsausgang. Ich beschloss, ihr zu folgen.
Unterwegs überholte ich den Führer eines Ponys, auf dessen Rücken ein kleines Mädchen saß. Wie ich wusste, wurde hier auch Ponyreiten für Kinder angeboten.

Kurze Zeit später hatte ich die Ortschaft ein Stück in Richtung Felder verlassen.
Zahlreiche, ziemlich akkurat gewachsene Kürbisreihen taten sich auf. Das intensive Licht der bereits tieferstehenden Sonne hatte sich über ihnen ausgebreitet. Fast blendete es ein wenig.
Es war völlig menschenleer. Erst nachdem ich ein paar Schritte weitergegangen war, entdeckte ich auch ein paar Leute auf dem Feld. Offensichtlich war es das mit den Kürbissen zum Selberpflücken. Vor allem junge Familien mit Kindern waren dort gerade dabei, die Früchte abzuschneiden.

Kapitel 46. 9.: Die historischen Sehenswürdigkeiten des Ortes

Wieder zurück im Ort, kam ich bei der Statue des Heiligen Johannes Nepomuk vorbei. Wie ich wusste, stammte sie aus dem Jahr 1714. Ich blieb kurz davor stehen und versuchte, mich an all das zu erinnern, was ich bereits über seine Biographie gelesen hatte. 1345 in Pomuk bei Pilsen in Böhmen geboren. Weigerte sich, ein brisantes Beichtgeheimnis preiszugeben. Wurde deswegen 1393 von Herzog Wenzel gefangengenommen, der ihn schließlich in der Moldau ertränken ließ. Bald darauf als Märtyrer verehrt. Als man 1719 sein Grab öffnete, fand man seine Leiche fast unversehrt vor. 1729 heiliggesprochen. Innerhalb kurzer Zeit standen überall in Böhmen und im nördlichen Niederösterreich in der Nähe von Brücken und Bächen seine Statuen. Auch in Retz befand sich eine Statue von ihm, erinnerte ich mich. Sie stand ein Stück neben dem Beginn des steilen Kleinpflasterweges vor dem Volksschuleingang. Nach ihm ist auch die Nepomukgasse im zweiten Wiener Gemeindebezirk benannt. Ebenso auf zahlreiche Wappen von Wiener Gemeindebezirken hielt er Einzug.
Als Angehöriger des Domkapitels in Prag wird er mit Talar, Rochett – einem engärmeligen, weißen Leinengewand, einem Almutia genannten Schulterkragen, Hermelin oder Mozetta, einem Schultermäntelchen und Birett dargestellt. In der Hand hält er meistens ein Kreuz, manchmal auch eine Märtyrerpalme. Über seinem Kopf schweben oft fünf Sterne.
Wieder mal ein unschlagbarer Beweis für die gemeinsame Geschichte zwischen Österreich und Tschechien, ging es mir durch den Sinn.

Kurze Zeit später kam ich an dem altmodischen Feuerwehrhaus vorbei, welches ich bereits vom Ortsdurchfahren kannte. Mir fiel auf, dass es offensichtlich erst vor nicht allzu langer Zeit restauriert worden sein muss. Bei der Farbschrift "Feuerwehr Ober Markersdorf" an der Fassade über dem Eingang hatte man dabei die alte, getrennte Ortsnamenschreibweise übernommen.
Gleich darauf erschien das im ländlich-barocken Stil restaurierte Gebäudeensemble aus Post und Rathaus/Musikerheim. Vor der Post tauchte ein kleiner, weißgekalkter Brunnen mit halbrundem Mäuerchenfortsatz auf. Auf letzerem befand sich eine Banksitzfläche.
Mir fiel ein, dass ich gehört hatte, dass im Rathaus Zeichnungen von Volksschulkindern von Kürbisfiguren ausgestellt waren. Ich nahm mir vor, sie mir als Nächstes anzusehen.

Kapitel 46. 10.: Hubschrauberflug am späteren Nachmittag

Ich war wieder bei der Kirche angekommen, wo rechts eine Straße in Richtung Feld abzweigte. Ich erinnerte mich, wie in einer der Festreden bekanntgegeben worden war, dass von dort aus Hubschrauberrundflüge für den Personenverkehr starteten. Ich beschloss, an der Stelle einmal kurz vorbeizusehen.

Der besagte Hubschrauber startete von einer kleinen Wiese kurz hinter dem Ortsausgang. Eine kleine Gruppe von Fluggästen stand in einiger Entfernung davor.
Lautsprecherboxen liefen, aus welchen Lieder erklangen, die alle irgendetwas mit dem Fliegen zu tun hatten. Im Augenblick meines Eintreffens spielten sie dort gerade "Flying" von den "Nice little Penguins".
Ganz spontan kam mir die Idee, ebenfalls eine Runde mit dem Hubschrauber zu drehen. Bei dem Geld, das ich bereits auf dem Fest ausgegeben hatte, dachte ich, kam es darauf nun auch nicht mehr an.

Ungefähr eine halbe Stunde später stieg ich bei dem Fluggerät ein und begann mich anzuschnallen. Der Propeller machte dabei ziemlich viel Krach und Wind.
Mit Ausnahme des Piloten befand ich mich allein in dem Gerät. Der Kundenstrom war zwischendurch gerade wieder einmal abgeflaut.
Laut ratternd erhob sich die Maschine in die Höhe. Nur wenige Augenblicke später sahen die Gebäude des Ortsrandes bereits aus wie Spielzeughäuser.
Immer mehr gewann der Hubschrauber an Höhe. Mit zunehmender Höhe konnte ich auch etliche Straßen erkennen, in denen ich kurz zuvor unterwegs gewesen war.

Eine gewisse Zeit später erreichten wir den Ortsrand von Pulkau. Noch immer klang mir "Flying" in den Ohren nach. Die ganze Zeit über hatte es mich begleitet.
Weingärtensysteme erstreckten sich unter uns. Unzählige Weingärten in verschiedenen Höhenlagen waren zu sehen, durchzogen von einer Vielzahl an Feldwegen. Im Hintergrund war dabei stets der Manhartsberg präsent.
Kurz darauf entdeckte ich auch die Weingärten von Burgstallers. Im selben Moment kündigte mir der Pilot an: "Wir drehen jetzt noch eine Runde über Pulkau und fliegen dann wieder zurück."

Kapitel 46. 11.: Beim Gehege

Es war früher Abend geworden. Dämmerung war eingekehrt. Ich hatte am Rande der Ortschaft, zwischen den letzten Häusern und den leeren Feldern, ein weitläufiges Gehege mit Rehen entdeckt. Auch noch etliche andere Leute, vor allem Familien mit kleinen Kindern, standen entlang des ausgedehnten Maschendrahtzauns, um sich die Tiere anzusehen.
Über dem gesamten Gelände hatte sich inzwischen Dunkelheit ausgebreitet. Einzig der freie Himmel dahinter ließ einen noch etwas erkennen. Er zeigte sich inzwischen in sehr intensiv scheinenden roten, orangen, gelblichen und erdigen Pastelltönen.

Kapitel 46. 12.: Anger im Dämmerlicht

Wenig später war ich wieder auf dem Anger eingetroffen. Die Kirchturmuhr ein ganzes Stück vor mir schlug in dem Moment gerade Fünf. Der Anger war inzwischen in ein fahles, gelbliches Dämmerlicht getaucht. Die letzte Stufe vor der völligen Finsternis. Mit Anbruch der Dämmerung war der Anger nahezu vollständig auf seine Silhouette reduziert worden. Die typische niederösterreichische Dorfstruktur des Platzes wurde dadurch noch eine Spur mehr betont als bei Tageslicht.
Noch immer waren unvermindert viele Gäste da. Es schienen sogar noch mehr zu werden.
Ich drehte mich wieder zu der Marktbude hinter mir und stellte dem Imker aus Wien das Glas wieder hin, in dem er mir eine Kostprobe von seinem Honigwein zu trinken gegeben hatte. Ich hatte beschlossen, eine Flasche davon zu kaufen.

Kapitel 46. 13.: Nach Einbruch der Nacht

Stockfinstere Nacht herrschte, als ich an der provisorischen Haltestelle auf den letzten Shuttlebus zurück nach Retz wartete. Einzig allein neben mir war es etwas heller als ringsherum. Wie ich bei meiner Ankunft noch gar nicht bemerkt hatte, stand in gewissem Abstand vor einem der Bauernhäuser ein Holzregal. Es war dreieckig, mit Seitenbrettern verkleidet, nach oben zu einer Spitze zusammenlaufend. Auf seinen Fächern befand sich eine ganze Sammlung ausgehöhlter Kürbisköpfe mit Gesichtern. In ihren Inneren brannten Kerzen, deren Schein weithin sichtbar war.

Bürgerreporter:in:

Christoph Altrogge aus Kölleda

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