Geschichtliches aus der Südstadt: Schuften unter erbärmlichen Arbeitsbedingungen für den Maschsee

1936 wurde der Maschsee, Hannovers beliebtes Naherholungsgebiet, eingeweiht.
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  • 1936 wurde der Maschsee, Hannovers beliebtes Naherholungsgebiet, eingeweiht.
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Wo heute die Wellen des Maschsees plätschern, wuchsen einst die Gräser der hannoverschen Leinemasch. Und mitten auf der grünen Wiese stand ein Denkmal für den Reichskanzler Otto von Bismarck. Dieses Denkmal wurde in der frühen Nazi-Zeit zum Ort eines Kulturverbrechens. Denn das NS-Regime ließ hier Bücher unerwünschter Autoren verbrennen.

Der Ursprung des wohl beliebtesten Naherholungsgebiets der Hannoveraner wird den Nationalsozialisten zugeschrieben. So ganz stimmt das nicht. Schon lange vor dem ersten Weltkrieg gab es entsprechende Pläne und Überlegungen. Ziel war es, sich durch Deiche, einer Flussregulierung und eben der Anlage einer großen Wasserfläche besser vor den jährlichen Hochwasserfluten zu schützen. Allein, es fehlte zunächst vor allem das Geld für das Projekt.

Für die braunen Machthaber in der Stadt kamen die Maschseepläne aber gerade recht. Konnten damit doch die Arbeitslosen von der Straße gebracht werden. Stadtbaurat Karl Elkart (geb. 15. September 1880 in Altshausen; † 12. Juni 1959 in Hannover) legte 1933 einen Entwurf vor, im November entschied der von den Nazis beherrschte Rat und am 31. März 1934 erfolgte der erste Spatenstich, ein 78 Hektar große, 2,4 km lange und 180 bis 530 m breite Wasserfläche entstand.

Damals wären die arbeitslosen Menschen froh gewesen, wenn schon damals die heute oft so stark kritisierten Hartz 4-Regelungen gegolten hätten. Damals war alles anders. Getrieben von bitterer Not nahmen die Arbeiter jener Tage die schlechte Arbeitsbedingungen und die geringe Löhne in Kauf, die kaum höher als ihre Arbeitslosen-Unterstützung waren. Und dazu mussten sie sogar ihr eigenes Werkzeug noch mit zur Baustellebringen. Allerdings setzten die Bauherren nicht nur auf Muskelkraft ihrer billigen Arbeiter. Es gab auch einige Maschinen wie Bagger und Raupenschlepper. Daneben wurden rund 15 Kilometer Schienen verlegt, auf denen 14 Lokomotiven und 365 Kipploren den Aushub transportierten. Da der Maschsee über den Grundwasserspiegel angelegt wurde – er ist kaum über zwei Meter tief - , musste der Seegrund mit einer Tonschicht abgedichtet werden.

Nach rund zwei Jahren Bauzeit war das Werk vollbracht. Am Himmelfahrtstag des Jahres 1936 (21. Mai) feierten die Hannoveraner die Einweihung. Weil mit dem Maschsee die Verbindung über den alten Damm nach Ricklingen hin unterbrochen worden war, richtete die Stadt einen Fährverkehr ein, Ursprung der heutigen „Maschseedampfer“, die heute aber mehr zum Freizeitvergnügen der Hannoveraner über den Teich schippern.

Die charakteristische Form des Maschsees war aus der Luft gut zu erkennen. Deshalb wurde im Zweiten Weltkrieg der See abgedeckt, um feindliche Bombergeschwader die Orientierung zu erschweren.

Am Südufer des Maschsees befinden sich zwei denkmalgeschützte Anlagen. Das Strandbad wurde 1935/36 nach Plänen des Architekten Robert Barlinghaus angelegt. Ursprünglich mit Turm, der aber zwischenzeitlich in einer modernen Variante an den See zurückgekehrt ist. Ein Stückchen weiter westlich liegt dann das ehemaligen Pump- und Filterwerk, vom Architekt Schlenstedt in Klinkerbauweise entworfen. Erstmals im November 1935 hoben die im Bauwerk integrierten Pumpen das Wasser für den Maschsee aus der Leine empor. Die sogenannte „Maschseequelle“ ist heute nicht mehr in Funktion, jetzt wird Wasser aus den Kiesteichen in den Maschsee geleitet. Zu meiner Kindheit waren in dem großen Becken noch sechs (?) kleine Fontänen in Betrieb und über eine Kaskade floss das Wasser dann in den See.

Über die Skulpturen rund um den Maschsee wurde in einer früheren Folge schon berichtet. Was wenige wissen: Auch die Maschseequelle schmückte einst ein Standbild, die von der Keramikerin und Bildhauerin Ruth Meisner geschaffene Plastik „Fischreiher“ . Das Kunstwerk überstand den Zweiten Weltkrieg, wurde aber 1950 gestohlen und ist seither verschwunden. Zur Bundesgartenschau in Hannover 1951 stellte die Stadt aber im Stadtpark einem Neuguss vom Fischreiher auf.

Gleichzeitig mit den Gebäuden am Südufer entstanden am Nordufer der Musikpavillon und die Hauptgaststätte. Die Hauptgaststätte lag dort, wo später die Spielbank errichtet werden sollte. Die Spielbank am Maschsee ist inzwischen auch schon Geschichte, ein Restaurant gibt es hier aber immer noch.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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