Es hat mich ein ganz tolles Team begleitet und die wechselnden Teilnehmer sind unterschiedliche Etappen mit geradelt. Ich hatte ein kleines Heft dabei und holte mir an einer Fischbude an der Hafenspitze den ersten Stempel. Dem netten älteren Herrn, erklärte ich mein Vorhaben und versprach,“ in sechs Wochen bin ich wieder da“, er hat jedoch nur gelächelt. Von nun an habe ich Stempel von den Ortschaften gesammelt, durch die ich geradelt bin. In Bogen an der Donau hat mir der Bürgermeister eine Widmung hinein geschrieben und uns zum Kaffee eingeladen.
Der Star der Reise war mein acht Jahre altes Treckingrad, das vor der Tour auf den Namen „Winni“ getauft wurde. Am Gepäckträger hatte ich ein Schild „ Winni und Beate auf Deutschlandtour“ angebracht. Des Öfteren wurde ich gefragt, wo denn Winfried mein Mann sei. Nach der Erklärung gab es immer einige Lacher. Die Räder der Anderen, wurden während der Reise getauft. Es fuhren mit: Puschel, Petri, Valle Amigo, Stevie, Treteseli und die adelige Suse von Kruse.
Der Urlaubsarbeitstag, begann jeden Morgen um 9 Uhr (Abfahrt) und meist war erst um 20 Uhr Feierabend. Es wurden durchschnittlich 100 km am Tag geradelt. Das tägliche Etappenziel musste immer erreicht werden, da 43 Übernachtungen in kleinen Pensionen und Privatunterkünften vorgebucht waren. In den Packtaschen war nur das Nötigste, trotzdem hatte Winni 17 kg Gepäck und 3 Liter Getränke an Bord. Um nicht in müffelnden Klamotten zu radeln, wurde abends gewaschen. Die nasse Wäsche in Handtücher einrollen und nach zwei Stunden aufhängen, am nächsten Morgen ist alles trocken.
Jeden morgen habe ich laut gerufen: „Hurra, sie fahren wieder“. Anfangs kam das „Hurra, hurra, hurra“ der Anderen sehr zaghaft und leise. Aber es wurde von Tag zu Tag besser. Endlich im Thema, stiegen diese Radler wieder aus und ich mußte die Neuen anlernen. Als ich eines Morgens allein los radelte, dachte ich: Kannst heute gar nicht rufen, aber ich hatte ja Winni dabei, also ein lautes: „Hurra, sie fahren wieder, hurra, hurra, hurra“.
Die Route führte über folgende Radwege: Ostsee, Oder-Neiße, Frosch, Mulde, Weiße Elster, Grünes Dach, Isar und Bodensee-Königssee. An der Ostseeküste gibt es tolle asphaltierte Wege direkt am Meer, aber auch schlechte Strecken mit Sand und Kopfsteinpflaster. An der Oder fährt man auf gut ausgebauten Wegen. Die Bergetappen im tschechischen Grenzgebiet waren für mich hammerhart, denn ich bin keine Bergziege. An einem Tag waren 1400 Höhenmeter zu überwinden, aber es gab auch rasante Abfahrten. Im Alpenvorland war das Panorama traumhaft, leider war es kalt und regnerisch. „Buckel ab“ wie die Bayern sagen, radelten wir nach Lindau am Bodensee. Die Sonne schien und es wurde ein halber Urlaubstag eingelegt, es standen 2200 km auf dem Tacho. Sehenswert ist Lindaus Insel, die Seebühne in Bregenz und der Rheinfall in Schaffhausen. Die Route führte nun am Rhein entlang, weiter durch das Emsland zur Nordsee. An der Küste wurde es langweilig, den ganzen Tag am Deich radeln, viele Schafe und immer wieder Tore, die man öffnen und schließen musste. Das alles bei Gegenwind und Regen, mit spritzender Schafschiete. Der Spruch“ Regen ist flüssige Sonne“ ließ mich durchhalten.
Nach 4200 Kilometern schloss sich der Kreis am 14. August in Flensburg. Bei Dauerregen und mit den Worten, „da bin ich wieder“, holte ich mir den letzten Stempel an der Fischbude. Von diesem Moment hatte ich sechs Wochen geträumt.
Mit dem Wetter hatte ich viel Glück, denn die Gewitter waren abends oder nachts. Die Unwetter an der Ostsee, sowie die Überschwemmungen an der Oder passierten, nachdem ich dort war. Ein Tornado in Plattling wütete zwei Tage vor meiner Ankunft. Mein Schutzengel fuhr immer mit, denn um Haaresbreite wäre ich von einem Auto erfasst worden und einmal bin ich fast in Stromkabel gefahren, die durch einen umgekippten Baum auf der Straße lagen. Am letzten Tag gab es noch eine Hundeattacke. Auch die Einnahme von Antibiotikum, wegen eines Zeckenbisses, brachte mich nicht aus der Spur. Winni hat, bis auf eine Panne am 2.Tag, die Reise gut überstanden.
Übrigens abgenommen habe ich nicht, die Fettzellen haben sich nur in Muskeln umgewandelt. Leider ist der Urlaub aus zwei Packtaschen vorbei und der Alltag hat mich wieder. Aber im Traum bin ich noch nächtelang weitergeradelt.
Die Deutschlandradlerin
Beate Krüger
Alle Achtung, das war ja ein Mammutprojekt!
Du hast sicher viel erlebt und viele tolle Eindrücke mitgenommen.