Wann darf ich fremdes Eigentum ungefragt fotografieren? Ferienhäuser und Saunen mit Persönlichkeit

Fremde Sachen werden oft durch das Persönlichkeitsrecht des Besitzers vor fremden Objektiven geschützt. Vorsicht beim Veröffentlichen!
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  • hochgeladen von Jens Schade

Fotografie und Eigentum Teil 3 -

Gerade wenn es ums Eigentum geht, reagieren viele Menschen in Deutschland empfindlich. Es finden sich mit Sicherheit auch immer Juristen, die die Jurisprudenz als Schild und Schwert des Eigentumsschutzes verstehen. Als mir klar wurde, dass man als Fotograf (gerade im Internet) auf einen nur äußerst schmalen rechtlichen Grad wandelt, nahm ich mir vor, mich mit dem Thema „Recht und Fotografie“ näher zu beschäftigen.

Es kann ja nichts schaden, zumindest eine Ahndung von dem zu haben, was da alles auf einen zukommen könnte (wohl gemerkt: könnte, nicht zwangsläufig muss, aber allein die pure Möglichkeit kann einen ja schon zu schlaflosen Nächten verhelfen).

Im 3. Teil von „Fotografie und Eigentum“ geht es zunächst hochherrschaftlich zu. Königliche Schlösser sind für Architekturfotografen oft ein lichtbildnerischer Leckerbissen. Doch Vorsicht: Die Veröffentlichung solcher Bilder könnte eine moderne Form der Majestätsbeleidigung sein.

Eine Vorbemerkung noch: Es handelt sich bei diesem Text nur um Überlegungen und Schlussfolgerungen, die ich für mich selbst gezogen habe. Sie müssen deshalb nicht unbedingt richtig sein und sie müssen schon gar nicht auf zwar ähnliche, aber doch ein bisschen anders gelagerte Fälle passen. Sollte man wirklich einmal mit Ansprüchen Dritter konfrontiert werden, hilft nur (wenn überhaupt noch) der Rat eines erfahrenen Rechtsanwaltes, der sich mit diesem Spezialgebiet besonders auskennt. Aber vielleicht kann ich mit diesem Beitrag immerhin zu einer Diskussion und einem Erfahrungsaustausch mit anderen Fotografen beitragen. Ich freue mich schon auf Anmerkungen und Kommentare.

Die Schlösser des alten Fritz

Der folgende Fall ging durch die Presse. Was war geschehen? Verklagt wurde ein Unternehmen, das Bilder und Filme auf DVD über verschiedene Orte und Regionen in Deutschland vertreibt. Potsdam bietet sich durch die Hinterlassenschaften der Hohenzollern dabei förmlich an, ins Sortiment aufgenommen zu werden. Die Schlösser und Gärten in Potsdam befinden sich jedoch in Obhut einer Stiftung, der eine unerlaubte Veröffentlichung von Fotos „ihrer“ Schlossanlagen gar nicht so recht war. Sie klagte, zwar nicht gegen den Fotografen, aber gegen den Verlag, der die Fotos veröffentlichte. Wie unsicher so ein Rechtsstreit sein kann, zeigt der Verlauf der Auseinandersetzung. Das Landgericht Potsdam gab der Klägerin Recht, das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) stand demgegenüber auf Seiten des Verlages und wies unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Klage ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) wiederum hob nun seinerseits das Urteil des OLG auf (BGH, Urteil vom 17.12.2010 - V ZR 46/10 - ). Drei Gerichte, zwei Meinungen.

Das, was in dem „Friesenhaus“-Urteil und der „Schloss-Tegel“-Entscheidung schon vorgezeichnet war, wird nun von Deutschlands obersten Zivilgericht ausdrücklich bestätigt. „Das Eigentum an einem Grundstück wird … dann durch (das Anfertigen und) das Verwerten von Filmaufnahmen von auf ihm errichteten Gebäuden und auf ihn angelegten Gartenanlagen beeinträchtigt, wenn das Grundstück zur Anfertigung solcher Aufnahmen betreten wird“, heißt es in dem Urteil. Diese Rechtsansicht leitet der BGH aus einer sogenannten Parallelwertung zu § 59 UrhG ab. Aus dem Grundsatz, dass die urheberrechtliche Freistellung durch die Panoramafreiheit nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden darf (völlig richtig), ein Argument, was für die Fotografierfreiheit spricht, leiten die Richter nun ein eigentumsrechtliches Verbot ab, Fotos außerhalb des Rahmens der Panoramafreiheit ohne Erlaubnis aufzunehmen und zu veröffentlichen. Und das, obwohl Urheberrechte gar nicht berührt sind. Im Fall von Potsdam sind Bau- und Gartenarchitekten der Schlossanlagen schon länger als 70 Jahre tot.

Die Bundesrichter räumen in ihrer Entscheidung ein, dass es ein „Recht am Bild der eigenen Sache“ nach der bundesdeutschen Eigentumsordnung nicht gibt und dass sie so ein Recht auch gar nicht qua Richterspruch einführen wollen. Diese Absicht ist löblich, ich befürchte nur, mit den hier besprochenen Entscheidungen hat man trotzdem bereits ein gutes Stück des Weges dorthin zurückgelegt.

In dem Urteil wird zur Rechtfertigung des gefundenen Ergebnisses von einer Selbstverständlichkeit ausgegangen. Dem Grundstückseigentümer steht das Recht zu, Früchte aus seinem Grund zu ziehen. Wobei Früchte nicht nur im landwirtschaftlichen Sinne zu verstehen sind, sondern alle Erträge aus einer wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks gemeint sind. Zu den Früchten in diesem Sinne gehören damit auch die Fotos, die man vom Grundstück oder dessen Gebäuden machen kann. Dem soll nicht widersprochen werden. Und, Fotofreunde, jetzt kommt aber der entscheidende Satz im Urteil. Dieses Verwertungsrecht des Grundeigentümers für Früchte in Form von Fotos wird beim BGH zu einem absoluten, alle anderen Personen ausschließenden Recht, „wenn Lage und Nutzung eines Grundstücks rein tatsächlich dazu führen, dass verwertungsfähige Aufnahmen nur von seinem eigenen Grundstück, nicht von öffentlichen Plätzen oder anderen Grundstücken aus angefertigt werden können.“

Fazit: Vorsicht bei Fotos (oder Filmaufnahmen), wo man bei der Aufnahme schon auf dem Grundstück steht, das man gerade fotografiert.

Wer jetzt den 1. und 2. Teil meines Beitrages gelesen hat, wird sich vielleicht etwas verwundert die Augen reiben und fragen, ja, aber wie kann man durch das bloße Abfotografieren denn nun in das Eigentum eingreifen? Man beschädigt oder verändert dadurch das Eigentum nicht, hindert den Eigentümer weiterhin nicht daran, selbst Früchte aus der Sache zu ziehen. Weshalb werden Nutzungsrechte denn zu ausschließlichen Rechten des Eigentümers? Die Antwort des BGH ist wenig überzeugend. Das Eigentum könne auch dadurch beeinträchtigt werden, in dem es „in einer dem Willen des Eigentümers widersprechenden Weise genutzt wird.“ Das geschehe, so die höchstrichterliche Rechtsprechung, bereits durch das ungenehmigte Fotografieren von Gebäuden und Gärten von dem Grundstück aus, auf dem sie stehen. Durch eine Veröffentlichung dieser Bilder würde diese Beeinträchtigung dann vertieft. Aha.

Wenn der BGH auf die urheberrechtlichen Bestimmungen zurückgreift, erlaube ich dies auch mir. Im Ergebnis wird mit dieser Rechtsmeinung einem Grundstückseigentümer auf Dauer ein Recht am Bild eines Gebäudes oder einer Anlage auf seinem Grundstück zugesprochen, das nach dem Gesetz der Urheber dieser Anlagen nur befristet hat und auch nur unter den Einschränkungen des Urhebergesetzes. Weiter: nur wenn ein Eigentümer in der tatsächlichen Nutzung seiner Sache beeinträchtigt wird, können ihm nach dem Regelungsgehalt die Rechte aus §§ 903, 1004 BGB zur Seite stehen. Sie schützen nicht vor der Konkurrenz und eventueller finanzieller Einbußen, wenn beispielsweise neben dem Eigentümer ein Dritter ebenfalls etwa Postkarten von seinem schönen alten Schloss verkauft. Der BGH legt mit diesem Urteil die Zündschnur an das System der immateriellen Rechte. Es ist aber zu bezweifeln, ob dieser Beitrag unsere Richter zu einer Meinungsänderung bewegen wird. Also, Mit-Fotografen, lieber die Rechtsprechung des BGH beachten. Natürlich könnte auch der Gesetzgeber eingreifen und der Fotografierfreiheit zum Durchbruch verhelfen. Bald sind wieder Bundestagswahlen. Sprecht doch mit den örtlichen Kandidaten Eurer Lieblingspartei. Eigentlich müssten die ja froh sein, wenn mal andere Themen als Schulden- und Finanzkrise oder Außeneinsätze der Bundeswehr zur Sprache kommen. Eigentlich. Zu befürchten ist jedoch (wenn man nicht das Glück hat, an einen ausgesprochen rechtspolitisch interessierten Kandidaten zu geraten), dass die Spannweite der möglichen Reaktionen nur von einem eher verständnislosen Blick („Ist das jetzt ein Queru, oder was?“) bis hin zu einer nichtssagenden lapidaren Antwort („keine Ahnung, wovon der da spricht, aber als Politiker muss ich dazu jetzt was sagen“) reicht.

Welche Lehren können wir also aus den bislang referierten Entscheidungen ziehen?

Bei Aufnahmen von fremden Grundstücken gibt es zwei Stolperfallen, in denen sich nichtsahnende Fotografen verheddern können. Stolperfalle Nr. 1 ist der Standort des Fotografen. Stolperfalle Nr. 2 ist wie schon in Teil 2 aufgezeigt, dass „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ des Eigentümers oder Besitzers. Ein ganz gefährlicher Punkt, auf den ich später noch zurückkommen werde. Bleiben wir hier erst einmal nur beim Eigentumsrecht

Auf den Standpunkt kommt es an

Wenn ich die Entscheidung des BGH richtig verstehe, lehnt er sich zwar an die Panoramafreiheit des § 59 UrhG an, beschränkt den zulässigen Standort aber nicht wie im Urhebergesetz auf öffentliche Straßen, Wege und Plätze und den Ausschluss jeglicher Hilfsmittel. In der Entscheidung des BHG wurde zur Bedingung gemacht, dass die Aufnahmen nicht von öffentlichen Plätzen oder anderen Grundstücken aus angefertigt werden können. Daraus würde ich den Schluss ziehen, dass Eigentumsrechte auch nach Ansicht des BGH nicht verletzt werden (im Gegensatz zu etwaigen Rechten des Urhebers), wenn man ein Haus beispielsweise aus einem Fenster eines gegenüberliegenden Gebäudes aus fotografiert oder eben im Garten des Nachbarn steht und da seine Aufnahmen macht. Das ausschließliche Verwertungsrecht des Eigentümers endet dort, wo seine Sachherrschaft endet.

Bitte: dies ist meine Lösung. Und außerdem bezieht sie sich nur auf das Eigentumsrecht, nicht auf das Urheberrecht (hier gilt § 59 UrhG) - und ganz wichtig! - nicht auf die Persönlichkeitsrechte des Eigentümers der fotografierten Sache. Eigentümerpersönlichkeit hebelt oft Fotografenrechte wieder aus. Doch davon später. Bleiben wir noch kurz bei dem Standortproblem eines Fotografen.

Jetzt gibt es nämlich auch Grundstücke, die zwar nicht den öffentlichen Verkehr gewidmet sind wie die meisten Straßen, Wege und Plätze, die aber ohne weiteres öffentlich zugänglich sind, dies vom Eigentümer oder Besitzer auch so gewollt ist und dessen Sachherrschaft dadurch natürlich wesentlich eingeschränkt wird. In der zitierten Entscheidung des BGH zu den Potsdamer Schlössern finden sich auch hierzu Ausführungen.

„Die Verwertungsbefugnis der Klägerin hängt auch nicht davon ab, ob sie, wie die Revisionserwiderung ferner geltend macht, jedermann freien Zutritt zu den von ihr verwalteten Parkanlagen gewährt und ob diese Parkanlagen lückenlos eingefriedet sind oder nicht. Nach der erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs … kann der Grundstückseigentümer einer Verwertung von Filmaufnahmen seines Grundbesitzes zwar nicht entgegentreten, soweit sie von öffentlich zugänglichen oder anderen Stellen außerhalb des Grundstücks aus angefertigt wurden. In diesem Sinne öffentlich zugänglich sind die Parkanlagen der Klägerin aber nicht, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat. Der tatsächlich freie Zugang zu diesen Parkanlagen beruht auf einer Entscheidung der Klägerin, die sie im Rahmen des ihrer Errichtung zugrunde liegenden Staatsvertrags der Länder Berlin und Brandenburg vom 23. August 1994 … jederzeit ändern kann.“, heißt es in dem Urteil.

So hat das auch schon das Brandenburgische Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 18.05.2010 (5 U 12/09) gesehen. Weil das OLG die Sache etwas ausführlicher behandelt, soll die entscheidende Stelle ebenfalls zitiert werden: „Die Parkanlagen der Klägerin und darin befindlichen Wege, von welchen aus die Aufnahmen getätigt worden sind, sind nicht als öffentliche zu qualifizieren. Hierfür erforderlich wäre eine Widmung für den Gemeingebrauch, wenn auch nicht notwendig im öffentlich-rechtlichen Sinne, und die Gewährung des freien Zutritts (Schricker/Vogel, Urheberrecht 3. Aufl., § 59, Rd. 9). Die bestimmungsgemäße Zugänglichkeit der umzäunten Parkanlagen für die Öffentlichkeit durch die tagsüber geöffneten Tore reicht hierfür nicht aus. Zwar spricht allein der Umstand, dass eine Anlage nachts durch Tore verschlossen wird, nicht zwangsläufig gegen die Qualifizierung als „öffentlich“ (Schricker, a.a.O., § 59 Rn 9). Der Inhalt des Staatsvertrages und die auf diesem beruhende Satzung der Klägerin stehen aber der Annahme einer Widmung der Parkanlagen als öffentliche Orte zum Gemeingebrauch entgegen. Nach Artikel 2 des Staatsvertrages i.V.m. § 1 Abs. 1 der Satzung besteht die vorrangige Verpflichtung der Klägerin in der Erhaltung und Pflege der Kulturgüter. Diese Verpflichtung zur denkmalverträglichen Nutzung der musealen Einheit von Schlösser und Gärten, wie sie in § 1 Abs. 2 Ziffer 2, § 2 Abs. 2 der Satzung vorgesehen ist, lässt einen unkontrollierten Zugang für jedermann nicht zu. Das Erscheinungsbild der Parkanlagen mit seinen Bauwerken grenzt sich als geschlossenes Ensemble von den sie umgebenden städtischen Bereichen ab. Die bestimmungsgemäße Nutzung durch die Öffentlichkeit ist gekennzeichnet durch erholungs-, bildungs- und kulturelle Zwecke. Die Wege innerhalb der Parkanlagen dienen auch nicht dem allgemeinen Verkehr sondern haben die Funktion, den Parkbesucher zu den einzelnen, den Park gestaltenden Elementen, hinzuführen.“

Jedenfalls für Hannoveraner kommt nun ein Satz, der zum Nachdenken anregt. „Hinzu kommt, dass der hinter § 59 UrhG stehende rechtfertigende Gedanke, ein an einem öffentlichen Ort aufgestelltes Werk sei der Allgemeinheit gewidmet, auf die Besonderheiten des vorliegenden Falles keine Anwendung finden kann. Die in den Parkanlagen liegenden Gebäude dienten zum Zeitpunkt ihrer Errichtung der Nutzung durch die königliche bzw. kaiserliche Familie und sollten nicht der Öffentlichkeit zugänglich sein.“ Weshalb ich gerade hierauf besonders hinweise? Die königlichen Gärten Hannover-Herrenhausen gehören der Stadt Hannover. Das Fotografieren in den Gartenanlagen ist nach der Parkordnung ohne vorherige Rücksprache nur für privates Filmen und Fotografieren von den Wegen aus erlaubt. Nun verfügten aber die Welfenherzöge über etwas mehr Gemeinsinn als ihre Adelsgenossen in Berlin und Potsdam. „Jedermann ist erlaubt, sich im königlichen Garten eine Veränderung zu machen“, heißt es auf einer schon damals angebrachten steinernen Tafel. Können hannoversche Fotografen da vielleicht doch aus der Entscheidung des Brandenburgischen OLG Honig saugen? Ich würde es zwar nicht darauf ankommen lassen, es ist aber ein interessanter Gedanke.

Wenn die Lok den Fotoamateur lockt

Bahnhöfe und Flughafenhallen sind regelmäßig für jedermann zugänglich. Jedenfalls nach der Ansicht der Rechtsanwälte Schubert und Bauer (Fotorecht für Fotografen) soll es sich hierbei um öffentliche Wege bzw. Plätze im Sinne des UrhG handeln. Doch man befindet sich auf Privatgelände (wie meistens auch in U-Bahnhöfen der großen Städte). Urheberrecht hin, Urheberecht her, nun greift das Eigentumsrecht und der Hausherr kann - so scheint die einhellige im Internet verbreitete Meinung zu sein - trotz aller Anlehnung des BGH an die urheberrechtlichen Regelungen vorgeben, ob fotografiert werden darf oder nicht. Persönlich bin ich zwar anderer Ansicht. Die Eigentümer haben hier den öffentlichen Verkehr auf ihren Grundstücken zugelassen, ja wünschen ihn sogar. Dann müssen sie auch hinnehmen, dass ihre Flächen eben „öffentlich“ sind, solange der Betriebsablauf nicht gestört und andere Mitmenschen behindert werden. Leider besteht die Gefahr, dass die Gerichte meiner Ansicht nicht folgen würden. Ausprobiert habe ich es noch nicht. Also Vorsicht bei derartigen Fotoaktionen. Falls jemand schon rechtliche Erfahrungen damit gemacht hat: ein entsprechende Kommentar wäre klasse und hilft anderen Fotografen weiter.

Bei meinen Recherchen bin ich aber auf ein Schreiben der Deutschen Bahn aus dem August 2010 gestoßen, dass ein User veröffentlicht hat. Für Hobbyfotografen klingt das ja ganz gut. Ob alles seine Richtigkeit hat, insbesondere, ob das Schreiben noch aktuell ist, vermag ich nicht zu sagen. Interessant ist die Seite aber auf jeden Fall. Wer es nachlesen möchte:

http://birgitengelhardt.de/blog/wp-content/uploads...

Gebäude mit Persönlichkeit

Es wurde in den drei Teilen dieses Beitrages schon mehrmals angesprochen. Probleme kann es beim Fotografieren eines Gebäudes und dem Veröffentlichen bzw. Verwerten des Bildes aus einer ganz unerwarteten Richtung geben. Stichwort: „Allgemeines Persönlichkeitsrecht“ des Eigentümers oder Besitzers der Sache. Und das selbst dann, wenn der Hausbesitzer nicht deutlich erkennbar aus einem Fenster schaut, sondern das Foto menschenleer ist.

Im Friesenhaus-Fall (siehe Teil 2) klang es ja schon an. Der BGH handelte die Sache aber kurz und bündig ab, weil der Kläger zur Frage der Persönlichkeitsverletzungen keine Beweise vorgelegt hatte. Im Revisionsverfahren selbst findet keine Beweisaufnahme mehr statt.

Hier liegen nun Fallstricke für Fotografen, wenn sie Bilder veröffentlichen. Möglicherweise reicht schon das Hochladen auf myheimat aus. Erst recht ist Vorsicht geboten, wenn die Bilder weitergeben werden. Der Verkauf von Fotos über Bildagenturen kann für Hobbyfotografen ein kleines Zubrot bringen. Die Käufer von Nutzungsrechten an den angebotenen Bildern verwenden diese, davon darf wohl ausgegangen werden, in vielen Fällen für Zwecke ihres Betriebes und hängen sich nicht nur Ausdrucke des Fotos als Schmuck ins heimatliche Wohnzimmer. Was passiert, wenn dem Hauseigentümer die Verwendung des Bildes nicht passt. Im Teil 1 wurde schon gesagt: Eigentlich nichts. Tatsächlich kann jedoch eine Menge geschehen.

Im Frühjahr 1974 entschieden die Richter des BGH den Teneriffa-Fall (Urteil vom 27.04.1971 - VI ZR 171/69 -). Hier hatte jemand das Ferienhaus des Klägers auf Teneriffa fotografiert und das Foto für Werbezwecke in Prospekten und für eine Werbeanzeige in einer überregionalen deutschen Tageszeitung verwendet. Das passte dem Hauseigentümer gar nicht in den Kram. Er trug vor: Als angesehener Fabrikant erleide er eine Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechtes. Er werde in seinem ausgedehnten Bekanntenkreis unglaubwürdig, wenn die Beklagte die Fotografie seines Hauses veröffentliche. Er habe das Haus selbst gebaut und dies seinen Bekannten auch erzählt. Bei denen sei aber durch die Prospekte der Beklagten der Eindruck entstanden, die Beklagte habe das Haus erbaut und er, der Kläger, habe gelogen. Außerdem entstehe daneben der Eindruck, er lasse sich für die Werbung der Beklagten einspannen.

Der Hauseigentümer zog vor Gericht und - eigentlich unglaublich, aber dennoch wahr - er gewann mit diesem Vortrag den Prozess auch noch. Die Gerichte verneinten zwar sowohl einen Anspruch aus Urheberrecht als auch aus Eigentum, sah aber das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Herrn Fabrikanten aufs schwerste gefährdet, sah sogar Straftatbestände verwirklicht! Also Vorsicht bei Fotos von Häusern, dessen Eigentümer einen großen Bekanntenkreis hat.

Aber ich lasse das Urteil für sich selbst sprechen: „Das Berufungsgericht legt in tatsächlicher Hinsicht seiner Beurteilung … zugrunde, dass die Wiedergabe des Hauses des Klägers sowohl im Prospekt mit der Unterschrift "C Häuser und Terrassenbungalows in Teneriffa" wie in den unbeschrifteten Abbildungen den wahrheitswidrigen Eindruck erweckt, als ob dieses Haus in einem von der Beklagten erschlossenen Gebiet liege und von ihr erbaut worden sei. Weiterhin geht das Berufungsgericht davon aus: Ein Teil der Bekannten des Klägers glaubt, dass er sein Haus ohne Mitwirkung der Beklagten erbaut hat; diese geraten in Zweifel, wie eine solche Werbung der Beklagten mit fremdem Eigentum möglich ist. Ein nicht geringer Teil der Betreffenden werde annehmen, dass der Kläger gegen Vergütung sein Einverständnis zu solcher Werbung erteilt habe. Kaum jemand, so erwägt das Berufungsgericht, werde annehmen, ein großes Unternehmen wie die Beklagte wende die erheblichen Druckkosten für Prospekte auf die Gefahr hin auf, dass sie alsbald geändert werden müssen, wenn der Kläger oder ein Mitbewerber der Beklagten gegen die unrichtigen Werbebehauptungen vorgeht. Andererseits werde der gewöhnliche Empfänger der Werbeschriften kaum annehmen, dass die als Blickfang auf der Vorderseite verwendete Abbildung versehentlich in den Prospekt geraten sei. So entsteht nach der tatrichterlichen Annahme bei einer nicht geringen Zahl von Bekannten des Klägers der Eindruck – zumal der Verdacht erfahrungsgemäß durch Gespräche weitergetragen werde –, der Kläger nehme an dieser Werbung der Beklagten teil. Ein anderer Teil der Bekannten des Klägers glaubt nach der tatrichterlichen Annahme dem beanstandeten Prospekt, nach dem die Beklagte das Haus erbaut hat. Diese nehmen an, der Kläger habe ihnen gegenüber die Unwahrheit gesprochen, dass er sein Haus selbst errichtet habe, und ihnen die Erbauung durch die Beklagte verschwiegen. In solchem Verhalten der Beklagten liegt eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers (§ 823 Abs. 1 BGB). Soweit der Eindruck entsteht, der Kläger wirke an der unwahren Werbung der Beklagten mit, folgt das schon daraus, daß die – dem Anschein nach vom Kläger unterstützte – Werbung der Beklagten einen Verstoß gegen die §§ 1, 3 UWG enthält und strafbar ist. Damit stellt sich das Verhalten der Beklagten als Ehrverletzung des Klägers dar (§§ 185, 186 StGB), so dass das Unterlassungsbegehren auch nach § 823 Abs. 2 BGB gerechtfertigt ist. In der Werbung der Beklagten, mit der das Haus des Klägers als C-Haus ausgegeben wird und in der unter Hinweis auf zahlreiche von der Beklagten errichtete Ferienhäuser für den Absatz von C – Ferienhäusern geworben wird, erblickt das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum einen Verstoß gegen die §§ 1, 3 UWG Dass sich das Verhalten der Beklagten im geschäftlichen Verkehr vollzieht, bedarf keiner weiteren Begründung. Es geschieht entgegen der Auffassung der Revision aber auch zu Zwecken des Wettbewerbs. Objektiv ist es geeignet, den Absatz der Beklagten zu fördern, wodurch notwendig der Absatz seiner Mitbewerber beeinträchtigt wird (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht I 9. Aufl. UWG Einl. Bem. 145 m. w. N.); zudem tritt die Absicht nicht völlig in den Hintergrund, den eigenen Wettbewerb zum Nachteil anderer Wettbewerber zu fördern (Baumbach/Hefermehl aaO Bem. 156 ff, 158 m. w. N.). Der schließlich vorausgesetzte Verstoß gegen die guten Sitten folgt schon daraus, dass die in Wettbewerbsabsicht erfolgende Veröffentlichung nicht der Wahrheit entspricht. Außerdem macht die Beklagte in öffentlichen Mitteilungen Angaben, die unrichtig und geeignet sind, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (§ 3 UWG). Soweit durch das Verhalten der Beklagten der Eindruck erweckt wird, der Kläger habe sich wahrheitswidrig berühmt, er selbst habe sein Haus errichtet, besteht die Gefahr, dass er als unglaubwürdig gilt, es mit der Wahrheit nicht genau nimmt und mit unwahren Angaben prahlt. Durch ein solches Verhalten wird das Persönlichkeitsbild des Klägers verfälscht (§ 823 Abs. 1 BGB).“ Zitat Ende.

Als Fotograf verstehe ich diese Entscheidung so, dass lediglich die vom Foto-Verwender möglicherweise durch den Abdruck des Fotos verursachte Aussage beanstandet wurde und letztendlich zur einer Verurteilung des Verwenders führte, dass aber das Fotografieren des Hauses selbst und eine grundsätzliche Veröffentlichungsmöglichkeit gleichwohl noch zulässig ist. Jedenfalls hoffe ich, dass das Urteil so zu verstehen ist. Aber was macht man - Stichwort: Verkauf des Fotos über Bildagenturen -, wenn der Käufer des Bildes ob seiner Nutzung des Bildes verurteilt wurde und nun seinerseits Schadensersatz vom Fotografen verlangt, weil der ja offensichtlich nicht Inhaber von Veröffentlichungsrechten unter allen erdenkbaren Umständen war? Wie würde so ein Prozess gegen den Fotografen ausgehen?

Intimer Saunabereich

Ein vom Landgericht Köln entschiedener Rechtsstreit zeigt, in welche Gefahr sich ein Fotograf begibt, der sich darauf verlässt, dass alles in Ordnung ist, wenn er das Foto von außerhalb des Herrschaftsbereiches des Eigentümers aufnimmt. Wir hatten ja oben gesehen, dass die Rechtsprechung des BGH hinsichtlich Eigentumsrechte darauf abgestellt hatte, ob der Fotograf auch auf dem Grundstück des betroffenen Eigentümers stand. Auf den öffentlichen Straßenraum kommt es danach nur an, wenn es um urheberrechtliche Fragen geht. Doch nicht jeder Erker oder jede Fassadenfront ist ein Kunstwerk. Dachterrassen und ein Saunabereich jedenfalls eher nicht. Also: munter drauflos fotografiert, Hauptsache man steht nicht auf dem selben Grundstück? Wer so denkt, liegt damit wohl richtig und deshalb auch vollkommen falsch.

Der Fall: Ein Fotograf hatte vom Dach eines Hauses auf die Terrasse unseres Klägers und einen Teil des Saunabereiches geblickt, ein Foto gemacht. Kurz die Voraussetzungen gescheckt: Außerhalb des Herrschaftsbereiches des Eigentümers - ok; ein Kunstwerk stellten die fotografierten Dinge auch nicht dar, ergo alles ok. Nun wird bei dem Wort Sauna vielleicht der eine oder andere hellhörig und denkt …, aber nein, nackte Tatsachen vom Eigentümer oder seiner Familie waren auf dem Foto nicht zu sehen. Es ging schlichtweg um tote Alltagsgegenstände. Gleichwohl, wir ahnen es, der arme Fotograf fand keine Gnade vor den Augen seiner Richter am Landgericht Köln.

„Das Fotografieren von Gebäuden oder Wohnungen kann zu einem Eingriff in das Persönlichkeitsrechts desjenigen führen, der sich dort einen Rückzugsort geschaffen hat.“, meinte das Landgericht. Und weiter: „Denn die nicht von allen Seiten einsehbare Dachterrasse genießt den Schutz der räumlich-gegenständlichen Privatsphäre der Klägerin. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verleiht dem Berechtigten die Entscheidungsbefugnis darüber, ob und wie ein Dritter von den geschützten Erscheinungsformen der Persönlichkeit Kenntnis nehmen soll. Dazu gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selbst zu gehören (vgl. BVerfG, NJW 2000, 1021; KG, NJW-RR 2000, 1714). Räumlich-gegenständlich werden dabei Grundstücksteile erfasst, die den Lebensmittelpunkt einer Person ausmachen. Das unbefugte Fotografieren einer vermieteten Wohnung durch den Vermieter, um deren Zustand festzuhalten, bewirkt deshalb grundsätzlich eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts (OLG Düsseldorf, NJW 1994, 1971; AG Frankfurt a.M., NJW-RR 1999, 596), wobei bereits der Akt der Herstellung zu einem Eingriff führt. Der Bundesgerichtshof erachtet es dementsprechend ebenfalls als Eingriff in die Privatsphäre, wenn jemand unter Überwindung bestehender Hindernisse den räumlichen Lebensbereich eines anderen "ausspäht" (BGH, NJW 2004, 762 - Feriendomizil; vgl. auch KG, NJW-RR 2000, 1714; LG Berlin, AfP 1999, 25). So liegt der Fall hier. Durch das gezielte und zudem teilweise auf den Saunabereich fokussierte Ablichten des Wohnbereichs der Klägerin vom Dach des Hauses der T-Straße 9 wurde ein Einblick in einen Bereich gewonnen, der üblicherweise von der Einsichtnahme durch Dritte ausgeschlossen ist. Ein solcher Eingriff kann auch nicht mit dem Argument verneint werden, die Fotografien seien von einem allgemein zugänglichen Ort angefertigt worden. Eine solche allgemeine Zugänglichkeit liegt gerade nicht vor, weil das Betreten des Daches nicht Jedermann möglich ist (vgl. BGH GRUR 2003, 1035 - Hundertwasserhaus; Wandtke/Bullinger, UrhG, 9. Aufl., § 59 UrhG Rn. 3 zu einer Aufnahme von einem Balkon einer Wohnung aus als nicht öffentlich zugänglichem Ort).“ Zwar heißt es dann, ein wenig einschränkend: „Für die Frage der Rechtswidrigkeit ist bei dem offenen Tatbestand des Persönlichkeitsrechts prinzipiell eine umfassende Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen. Bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht als Rahmenrecht ist die Rechtswidrigkeit durch die Tatbestandsmäßigkeit nämlich nicht indiziert.“ Als Rechtswidrig sah das Landgericht aber den Umstand an, dass der Saunabereich abgebildet wurde: „Die Ablichtung eines der Privat- und Intimsphäre im besonderen Maße gewidmeten Raumes ist in der Regel unzulässig (vgl. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Handbuch des Äußerungsrechts, Kap. 7 Rn. 98). Denn je enger durch die Aufnahme von Gegenständen ein Zusammenhang mit dem persönlichen Umfeld des Besitzers oder Eigentümers hergestellt wird, umso eher erscheint eine Verletzung dessen Privatsphäre möglich, soweit aus den Gegenständen Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit gezogen werden können bzw. persönliche Lebensumstände offenbart werden (vgl. Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 80, 80a).“

Das Amtsgericht München (Urteil vom 19.08.2009 - 161 C 3130/09) musste sich ebenfalls mit der Frage beschäftigen, was zum Intimbereich einer Wohnung gehört. Es machte einige für den Fotografen wichtige Ausführungen. Es ging um Luftaufnahmen, Fotos also auch von außerhalb des Herrschaftsbereiches des Eigentümers. Deshalb soll das Amtsgericht zum Abschluss meines Beitrages noch zu Wort kommen: „Das von dem Kläger genutzte Anwesen ist auch in seinem Außenbereich Teil des räumlichen Schutzbereichs seiner Privatsphäre. So endet die Privatsphäre nicht an der Haustür, wenn sie auch zunächst den räumlich inneren Hausbereich umfasst. Eine schützenswerte Privatsphäre besteht außerhalb des häuslichen Bereichs in gleicher Weise auch dann, wenn sich jemand in eine örtliche Abgeschiedenheit zurückgezogen hat, in der er objektiv erkennbar für sich allein sein will. Danach ist ein umfriedetes Grundstück jedenfalls dann der Privatsphäre zuzurechnen, wenn es dem Nutzer die Möglichkeit gibt, frei von öffentlicher Beobachtung zu sein (BGH, Urteil vom 09.12.2003, VI ZR 404/02). Aus der streitgegenständliche Aufnahme selber sowie aus den weiteren vorgelegten Fotos ergibt sich, dass das Anwesen des Klägers von der Straße nur schlecht einsehbar ist, so dass bis auf die Einfahrt jedenfalls der Garten und die Terrasse erkennbar der Privatsphäre des Klägers zuzuordnen sind. Grundsätzlich muss niemand hinnehmen, dass seine Privatsphäre gegen seinen Willen mit geeigneten Hilfsmitteln (z.B. einem Flugzeug) gleichsam "ausgespäht" wird, um daraus ein Geschäft zu machen und die so gewonnenen Einblicke Dritten gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Das Anbieten der Bilder stellt sich daher als Eingriff in die Privatsphäre des Klägers dar (BGH, aaO).“

Wer sich noch erinnert: beim Wort „grundsätzlich“ sollte man hellhörig werden. Und so bietet das Amtsgericht München doch noch etwas Versöhnliches für uns Fotografen: „Der Kläger hat gegen den Beklagten auch wegen einer möglichen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus §§ 823 I, 1004 BGB keinen Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz. Zwar ist das Verkaufen der Luftbildaufnahmen ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, dieser ist jedoch nicht rechtswidrig. … Allerdings steht wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden. Diese Abwägung ist im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften vorzunehmen und hat die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Insgesamt führt die Abwägung im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das Interesse des Beklagten an der Ausübung seines Gewerbes, das über Art. 12 GG geschützt ist, das Schutzinteresse des Klägers aus Art. 2 GG überwiegt, da mit dem Anfertigen und dem Verkauf der Luftbildaufnahmen weder der Kernbereich der Privatsphäre berührt noch ihr räumlich gegenständlicher Schutzbereich nachhaltig beeinträchtigt wird, so dass die Intensität des Eingriffs in die Privatsphäre des Klägers denkbar gering ist. Hierbei ist von entscheidender Bedeutung, dass eine Verknüpfung der Bilder mit dem Namen des Klägers und seiner Adresse nicht erfolgt und irgendwelche persönliche Gegenstände auf dem Lichtbild nicht zu sehen sind. Unter diesen Umständen ist zwar der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eröffnet, der Eingriff bewegt sich jedoch am untersten Ende. Der Kreis derjenigen Personen, die Kenntnis von dem Lichtbild erlangen, bleibt angesichts der Tatsache, dass der Beklagte seine Bilder im Wesentlichen an Ständen in der näheren Umgebung der fotografierten Gemeinden anbietet, eng begrenzt, die durch das Öffentlichmachen von sonst uneinsehbaren Teilen des Grundstücks eintretende Beeinträchtigung minimal. Soweit der Kläger meint, durch die streitgegenständliche Aufnahme werde die Einbruchs- und Entführungsgefahr gesteigert, kann das Gericht seiner Argumentation nicht folgen. Über die allgemein zugänglichen Luftaufnahmen im Internet, die unter Eingabe der konkreten Adresse zu detailreichen Aufnahmen des Anwesens (z.B. Google maps, suedeutsche.de/maps) führen, können die aus dem streitgegenständliche Bild zu gewinnenden Erkenntnisse problemlos ebenfalls erlangt werden. Die von dem Kläger insoweit vorgenommene Differenzierung ist für das Gericht nicht verständlich, zumal über das Internet ein anonymer, nicht nachvollziehbarer Erkenntnisgewinn möglich ist. Dem Interesse des Klägers gegenüber steht das Interesse des Beklagten, der mit dem Anbieten dieser Aufnahmen sein Gewerbe betreibt und seinen Beruf ausübt. Auch dieses Interesse ist nicht schrankenlos schützenswert. Der Beklagte muss sich bei der Ausübung seines Berufes an die allgemein geltenden Normen halten und darf in Rechte Dritter nicht ohne weiteres eingreifen. So ist der Beklagte gehalten, das Interesse der Eigentümer und Nutzer der von ihm fotografierten Anwesen an ihrer Privatsphäre zu achten und ihre geschützte Rechtsposition nicht zu verletzen. Da der Beklagte bei dem Anbieten der Bilder eine Zuordnung zu den konkreten Adressen nicht vornimmt, Personen auf dem Bild nicht vorhanden sind und auch sonst keinerlei persönliche Gegenstände zu erkennen sind, ist er der ihm insoweit obliegenden Verpflichtung zur Überzeugung des Gerichtes hinreichend nachgekommen. Der verbleibende Eingriff in die Privatsphäre des Klägers ist so gering, dass das Interesse des Beklagten an der Ausübung seines Berufes überwiegt.“ Puh, noch einmal Glück gehabt.

Und was sagt uns das nun alles?

Grundsätzlich darf man fremdes Eigentum ungefragt fotografieren. Der Fotograf darf nur nicht den Herrschaftsbereich des Eigentümers und dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzen. Das ist einfacher gesagt als getan.

Obwohl Eigentums-, Persönlichkeits- und Urheberrechte grundverschiedene Dinge sind, ist es deshalb wohl empfehlenswert, Fotos nur im Rahmen der Vorgaben von § 59 UrhG anzufertigen, unabhängig davon, ob der abgebildete Gegenstand nun ein nach dem Urheberrecht geschütztes Werk darstellt oder nicht. Aufnahmen, die nicht vom öffentlichen Straßenraum aus entstanden, bergen ein großes Gefahrenpotential. Und für Bahnhöfe, Flughäfen u.ä. gilt trotz Öffentlichkeit des Ortes das Hausrecht der Eigentümer.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Eigentümers bietet immer einen Ansatzpunkt, dem Fotografen die Freude an seinem Bild zu verderben. Ob ein Persönlichkeitsrecht überhaupt verletzt ist, und wenn ja, ob der Rechtsinhaber das hinnehmen muss, hängt von der Beurteilung des jeweiligen Richters ab. Ich bezweifele, dass man in jedem Fall das Ergebnis von dessen Rechtsfindung immer genau vorhersagen kann. Manchmal hängt die Frage, ob ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt oder nicht, auch nur davon ab, was der Eigentümer von der Verwendung des Fotos hält und ob er möglicherweise befürchtet, deshalb von Bekannten oder Freunden schräg angesehen zu werden. Es lebe die Rechtssicherheit!

Damit ist meine Trilogie zum Thema Fotografie und Eigentum (mit einem Ausflug in das allgemeine Persönlichkeitsrecht) abgeschlossen. Herzlichen Dank an alle Leser, die es mit mir bis hierher durchgehalten haben. Es gibt natürlich noch eine ganze Menge anderer Fragen zum Thema Fotorecht. Man könnte noch dem „öffentlichen Straßenraum“ im Rahmen der Panoramafreiheit näher nachgehen. Es gibt Marken- und Geschmacksmusterrechte bzw. Designschutz (Vorsicht bei „Duftbäumchen im Bild und nicht die Farbe Lila mit einem Rindvieh in Verbindung bringen) und wie ist das eigentlich mit Fotos, auf denen Menschen zu sehen sind? Mal sehen, ob ich dazu genügend Material für einen Text finde. Aber vielleicht schreibt ja auch jemand anderes mal was dazu.

Nachbemerkungen:

Der Link zu Teil 1 und 2 meines Beitrages zu Eigentumsrechte und Fotografieren:

http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/ratgeber...

http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/ratgeber...

Außerdem hatte ich mir auch schon so meine Gedanken zum Thema der Panoramafreiheit im Urheberrecht - mit dem Fokus auf das Internet - gemacht. Wer sich hierfür interessiert, hier die Links:

http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...
http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/ratgeber...

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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