Sagen aus Hannovers Süden: Von räuberischen Landsknechten und tapferen Kämpfern

Erinnert der Sieben-Männer-Stein an die Verteidiger des Döhrener Turms?
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  • hochgeladen von Jens Schade

Manchmal an Sonntagen bei klarem Wetter, so erzählten sich unsere Vorfahren, sind am Südhang des Kronsberges leise Kirchenglocken zu hören. Es sollen die Glocken einer längst verschwundenen Kapelle sein. Tatsächlich fanden Heimatforscher auf einem Acker Spuren eines untergegangenen Dorfes. Da, wo die Landstraße von Wülferode nach Laatzen abknickt, lag bis zum 15. Jahrhundert die Siedlung Debberode. Und ein kleines Gotteshaus mit Kirchhof gab es hier auch. Noch lange, nachdem das Dorf verschwunden war, machten die Feldwege um den früheren Kirchhof einen Bogen. Offenbar wurden die Geister der Toten gefürchtet. Die Sage von der Debberoder Kapelle ist eine von vielen alten Legenden, die im Süden Hannovers überliefert sind.

Vielleicht hat auch eine blutrünstige Geschichte vom Bockmerholz einen wahren Kern. Der Heimatautor Helmut Zimmermann hat sie in seinem Buch „Die schönsten Sagen aus Hannover und Umgebung“ aufgeschrieben. „Im Dreißigjährigen Krieg sollen die Schweden in Müllingen böse gehaust haben. Sie raubten den Bauern das Vieh, plünderten die Häuser, misshandelten die Einwohner und sprachen dem Branntwein dermaßen zu, dass sie kaum noch auf den Beinen stehen konnten“, weiß Zimmermann zu berichten. Die räuberischen Landknechte sollten zu ihrem Lager nicht mehr zurückkehren. An einer sumpfigen Stelle im Bockmerholz lauerten die Müllinger Bauern ihren Peinigern mit Mistgabeln und Spießen auf. Keiner der schwedischen Soldaten konnte entkommen. Ihre Leichen wurden in eine Grube geworfen. Der Weg, wo die tapferen Müllinger kämpften, wurde deshalb „Schwedenweg“ genannt.

Eine andere alte Legende berichtet, wie das Erbenholz – das ist ein Teil des Bockmerholzes – in den Besitz der Dörfer Ingeln, Oesselse und Müllingen kam. Der Wald gehörte danach einst drei Schwestern. Eines Tages verirrten sich die Damen im dunklen Forst. „Ängstlich und verzweifelt hockten sich die Schwestern unter einem Baum und gelobten, demjenigen das Waldgebiet zu schenken, der sie aus dem finsteren Gehölz hinausführen würde“, schreibt Zimmermann. Am nächsten Morgen hörten die Frauen in der Ferne Glocken. Sie folgten den Geräuschen und sahen bald die Kirche von Oesselse. Zum Dank schenkten die Drei der Kirchengemeinde ihr Waldstück. Seither soll es „Erbenholz“ genannt worden sein.

Der Kronsberg selbst, so notierte Helmut Zimmermann eine weitere Sage, soll seinen Namen von dem germanischen Gott Kroden bekommen haben. Ob aber tatsächlich dieser Saatgott hier in einem Heiligtum verehrt wurde, wird wohl nie geklärt werden können. Auch der Namen des Stadtteils Döhren soll auf ein altes Heiligtum hindeuten. Schließlich wurde hier eine kleine Anhöhe „Wiehberg“ genannt. Die Vorsilben „Wieh“ oder „Weih“ bedeuten „heilig“ oder „geweiht“. Heimatforscher schlussfolgerten, dass deshalb die älteste Namensform des Ortes „Thurnithi“ auf den Wettergott Thor hinweist. Schließlich wurde an der Wiehbergstraße später auch eine christliche Kirche erbaut und dem Petrus – christlicher Nachfolger des germanischen Wettermachers – geweiht. Die Argumentation ist schlüssig, aber wahrscheinlich aber doch nur eine Legende. Heutige Wissenschaftler führen den alten Namen von Döhren auf „Ort mit Dornengestrüpp“ zurück.

Geheimnisvolle Denkmale, deren Ursprung nicht mehr zu erklären ist, gaben den Hannoveranern immer wieder Anlass, interessante Geschichten dazu zu erfinden. Eine davon ist die Sage vom sogenannten „Sieben-Männer-Stein“. Ursprünglich an der Marienkapelle vor dem Aegidientor angebracht, kam er 1648 zur Aegienkirche, wo heute noch seine Nachbildung (das Original ist im Historischen Museum sicher verwahrt) zu sehen ist. Der Stein mit der Inschrift „Gi Eikn unn Armen lat ja desen Dot erbarmen“ zeigt unter einem Kreuz sieben betenden Männer. Es soll sich um die sogenannten „sieben Spartaner“ vom Döhrener Turm handeln. Herzog Heinrich aus Braunschweig ließ danach bei einem Überfall auf die Stadt Hannover die tapferen Verteidiger des Döhrener Turms „zu Tode schmauchen“, als er den Landwehrturm anzündete. Zwar zog Heinrich der Ältere nachweisbar zweimal – 1486 und 1490 – gegen Hannover und brannte bei dieser Gelegenheit auch dem Döhrener Turm nieder. Der Tod von sieben Männern ist jedoch nicht überliefert. So wahrt der uralte Stein bis heute sein Geheimnis.

Ein anderes rätselhaftes Objekt steht in der Seelhorst ein Stück hinter dem alten Jagdhaus. Es ist ein weißer Obelisk mit der Jahreszahl 1852. Nach einer Sage soll hier der treue Hund eines Försters begraben liegen. Doch das ist wohl nur eine Fabel. Wahrscheinlich steht das Denkmal im Zusammenhang mit dem kleinen Jagdschlösschen, das Werner von Grävemeier exakt im Jahr 1852 erbauen ließ.

Einst gab es nahe dem Obelisken ein weiteres Denkmal in der Seelhorst. Auf dem Weg nach Bemerode stand ein Holzkreuz. Die Bauern der Umgebung erzählten sich, hier sei einmal ein Förster von einem Wilddieb ermordet worden. An ruchlose Mörder sollen auch vier verschollene Kreuzsteine erinnern, die früher neben dem Döhrener Turm standen. Während und nach dem 30jährigen Krieg raubten und mordeten Hänschen von Rode, Jasper Hanebuth und ein gewisser Casper Reusche rund um Hannover. Die Legende führt die Steinkreuze vom Turm auf die damaligen Untaten zurück.

Neben Geschichten von bösen Buben und Räubern ist auch die Sage über eine unschuldig des Mordes verdächtige Frau überliefert. Auf dem Gartenfriedhof an der Marienstraße liegt Wilhelmine Magdalene Philipp begraben. Die Tochter des königlich-hannoverschen Kammeragenten Johann Philipp starb 1832 im Alter von 29 Jahren. Angeblich beging Wilhelmine Selbstmord. Sie wurde beschuldigt, ihr Kind umgebracht zu haben. Bevor sie in den Tod ging, wünschte sich die junge Frau, dass zum Zeichen ihrer Unschuld ein Baum mit schneeweißen Blüten aus ihrer Ruhestätte wachsen sollte. Tatsächlich blühte dann eine Akazie auf ihrem Grab.

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Obelisk in der Seelhorst
Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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