Neustart für „Die Nacht von Hannover“ – Greipel und Kittel machen das Rennen

Es geht rund auf dem Hot-Dog-Kurs, wie eine solche Strecke genannt wird.
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  • Es geht rund auf dem Hot-Dog-Kurs, wie eine solche Strecke genannt wird.
  • hochgeladen von Kurt Wolter

Fünf Jahre liegt die letzte „Nacht von Hannover“ zurück. Und sein wir mal ehrlich. Eigentlich hat uns auch als Radsportfans der Profirennsport in den letzten Jahren nicht mehr wirklich interessiert. Das Dopingübel hat gerade in dieser Sportart dafür gesorgt. Und man konnte zu der Meinung kommen, dass Spitzensport in diesem Metier, mehr noch als bei anderen Sportarten, ohne unerlaubte Hilfsmittel gar nicht möglich ist.
Doch der Radsport scheint sich von diesem Tief ein wenig erholt zu haben, obwohl uns nicht bekannt ist, ob nun tatsächlich weniger gedopt wird, oder aber ob sich die Mediziner und Betreuer der Pedalritter geschickter dabei anstellen. Wie dem auch sei. Den Fernseher haben wir bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Tour de France immer mal wieder eingeschaltet. Und am Sonntag haben wir uns dann tatsächlich gefreut, als Andrè Greipel den populären Tagessieg bei der letzten Etappe auf dem Champes Elysees holte. Glückwunsch dazu. Und Greipel war es, der nun, nur zwei Tage später, auch bei der wiederaufgelegten „Nacht von Hannover“ an den Start ging.

Die „Nacht“ hat Tradition. 1975 wurde sie zum ersten Mal durchgeführt. Und das, mit 10 Jahren Unterbrechung, bis 2011, bevor sie im Dopingsumpf mit unterging. Viele Male standen wir, noch voller Unschuld, an der Strecke und waren bei diesem eindrucksvollen Nachtspektakel voller Begeisterung dabei. Und natürlich war es großartig, die Stars, die man sonst nur aus dem Fernsehen kannte, ganz aus der Nähe zu sehen. An große Namen erinnern wir uns, die bei der „Nacht“ in die Pedalen getreten haben: Klaus-Peter Thaler, Gregor Braun, Rolf Gölz, Eric Zabel, Mario Cipollini, Alexander Winokurow und viele, viele andere bekannte Fahrer. Die populärsten aber, die die Massen anzogen, das waren zweifellos Dietrich Thurau, der 1977 bei der Tour de France für Furore sorgte und natürlich Jan Ullrich, der als einziger Deutscher 1997 die Tour gewann. Damals war ganz Deutschland im Radfieber, und der Telemax wurde nachts in den Magenta-Farben des Telekom-Teams angestrahlt. Und wie enttäuscht waren wir gerade bei Ullrich, war er doch unser Idol, als wir von seinem Dopingsünden erfahren mussten. Doch das war (ist es vielleicht noch immer?) scheinbar allgemein üblich.

Nachdem also der Radsport wieder auf die Beine zu kommen scheint, haben sich die Veranstalter der „Nacht von Hannover“ dazu entschlossen, diese wieder aufleben zu lassen. Vielleicht war es ein kleines Wagnis, weil man nicht wusste, ob die „Nacht“ von den Zuschauern angenommen werden würde. Aber es war eine ordentliche Veranstaltung, die an frühere Zeiten erinnerte, auch wenn keine 40.000 Zuschauer an der Strecke standen, wie damals so manches Mal. Aber etliche Tausende waren es dann doch, und die machten die „Nacht“, nur eine Woche nach dem Opernspektakel auf der anderen Seite des Neuen Rathauses, wieder zu einem Erlebnis.
Während die früheren Kurse um die Markthalle und später um die Oper führten, war es nun der Friedrichswall, der dazu herhalten musste. Und es war eine gute Wahl, auch wenn sie viele Autofahrer überraschte, die umgeleitet werden mussten. Auch die Vorderfront des Rathauses bietet eine schöne Kulisse für den Reifen-Spektakel.
850 Meter misst eine Runde. Dazu zwei enge Kurven, die auf die Gegenfahrbahn und damit zurückführten. Man hatte die Akteure nach kurzer Zeit also immer wieder im Blickfeld, sah sie, abgesehen an den Kurven, wo sie das hohe Tempo mächtig drosseln mussten, zumindest aus zweiter oder dritter Reihe, nur so vorbeihuschen. Aber man konnte ja seinen Standort immer mal wieder wechseln und sich andere Perspektiven aussuchen.
Fünf verschiedene Rennen gab es insgesamt. Zwei Rennen für die Jugend, den Nachwuchs, U17 und U15. Ein Ausscheidungsrennen, in dem immer der letzte in einer Runde raus ist und das Max Wallscheid gewann. Ein Dernyrennen, in dem jeder Fahrer im Windschatten eines motorisierten Schrittmachers folgt und dabei Geschwindigkeiten von um die 70 km/h erreichen kann und das Marcel Kittel gewonnen hat. Danach stellten sich die verschiedenen Radsportvereine Hannovers vor, die ein paar Runden drehten. Und dann, es war halb Zehn, begann schließlich das Hauptrennen.
Eine Stunde lang und zehn Runden zusätzlich traten die Fahrer bei hoher Geschwindigkeit mächtig in die Pedalen. Für Spannung wurde gesorgt, gab es doch immer mal Ausreißer, die sich die Punktewertung, die alle 10 Minuten stattfand, sichern wollten. Doch später wurde, bei leicht einsetzendem Regen, der aber kaum störte, wieder aufgeschlossen, sodass das Feld wieder beisammen war. Doch zum Schluss ging es dann auf der Geraden vor der Ziellinie so richtig zur Sache, und Andrè Greipel konnte den Sprint mit nur wenigen Zentimetern Vorsprung vor Marcel Kittel hauchdünn für sich entscheiden. Und natürlich durften diese nach der Siegerehrung auf dem Podest, zusammen mit dem Drittplatzierten Nikias Arndt, nicht lange vor Mitternacht im offenen Cabriolet eine Ehrenrunde drehen und sich ihren verdienten Applaus abholen.

Die neuaufgelegte "Nacht von Hannover" war eine gelungene Veranstaltung, und hinterher waren wohl alle zufrieden. Die Veranstalter, die Zuschauer und wohl auch die Fahrer, denen es sichtlich Spaß gemacht hat, hat doch solch ein Rennen am Abend unter Flutlicht seinen ganz besonderen Reiz. Und natürlich war es auch schön, die Sprinterasse Greipel und Kittel aus der Nähe zu sehen, die immerhin zusammen 19 Etappen bei ihren Tour de France-Auftritten gewonnen haben. Und wir wünschen uns, dass der Radsport in Zukunft nicht so sehr in die Negativschlagzeilen gerät. Denn dann macht auch „Die Nacht von Hannover“ wieder so richtig Spaß und lässt auf Wiederholungen hoffen.

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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