"Istanbul grüsst Hannover!" oder "Ein Beispiel türkischer Menschenliebe!"

17. Dezember 2010
Krankenhaus Friederikenstift, 30169 Hannover

Also, davon muss ich Ihnen erzählen: Es ist praktisch eine Geschichte, die das Leben schrieb, denn sie ist wahr, sie ist mir in diesen vorweihnachtlichen Tagen passiert und sie hat mich sehr gerührt:

In einem hannoverschen Krankenhaus hat meine leidgeprüfte Frau, die nun schon in der vierzehnten Woche in insgesamt drei Kliniken verweilen muss, gerade den ersten Zyklus einer Chemotherapie hinter sich gebracht und freut sich jeden Tag aufs Neue auf meinen regelmässigen Besuch. In ihrem Zimmer ist eine freundliche, traditionell gewandete, ebenfalls leidgeprüfte Türkin ihre Bettnachbarin. Sie spricht nur gebrochen Deutsch, strahlt aber soviel wohltuende menschliche Wärme aus, dass ihr Anblick einfach gut tut, nicht nur meiner Frau, sondern auch mir, dem pünktlichen Besucher.

Wann immer ich das Krankenzimmer betrete, ist jene sympathische Leidensgenossin meiner Frau tagein, tagaus umringt von schier unzähligen Besuchern, die sich - teils sitzend, teils stehend - gestenreich, aber mit rücksichtsvoll gedämpften Stimmen um ihre türkische Landsmännin kümmern. Da ist nicht nur der Stolz der Familie, der junge, wie man hört, gerade erst zum Arzt avancierte Sohnemann, da wieselt nicht nur die kleine, schwarzhaarige, süsse kleine Enkeltochter temperamentvoll, aber voller wohlerzogener Rücksichtnahme auf die drei Patientinnen durch den Raum, und da ist immer wieder die auffallend große Zahl kopftuchbekleideter Türkinnen, die sich, unterstützt von ihren männlichen Begleitern unterschiedlichen Alters, in rührender Weise um die von ihnen besuchte Seniorin kümmern.

Wie von einem unsichtbaren Zeitmesser gesteuert, vollzieht sich nach jeweils einigen Minuten ein dezent und leise vonstatten gehender Wechsel der Besucher aus dem Familienclan: einige Besucher verlassen, mit gedämpfter Stimme sich verabschiedend, das Krankenzimmer, andere "rücken nach", und alles das "auf leisen Sohlen"...

Zwischendurch ist man um möglichst schnelle Beendigung der markanten, fremdartigen Handytöne bemüht, die das dezente Stimmengewirr der Besucherschar ab und an in typisch türkischer Gesangsmanier beleben und deutsche Ohren aufhorchen lassen.

Freundlich wendet sich - offensichtlich die Tochter der kranken Bettnachbarin - meiner Frau zu und erläutert verständnisheischend den nicht verebbenden Ansturm der türkischen Krankenbesucher in fast akzentfreiem Deutsch: "Ich weiß, dass die Deutschen das sehr wundert, wenn so viele Türkinnen und Türken in so großer Zahl zum Krankenbesuch erscheinen. Ich weiß, dass manche Deutschen das stört und manche sich auch darüber beklagen. Aber für die Türken ist das eine Selbstverständlichkeit, dass sie sich um kranke Familienmitglieder so intensiv kümmern, das ist einfach eine Pflicht!" Sprach's und überreichte mit strahlendem Lächeln meiner erstaunten, überraschten Frau einen wunderbaren Strauß roter Röschen! "Sie sind krank, und Kranke brauchen Freude!", so der kurze Kommentar.

Meine Frau war gerührt, und auch ich war angetan von dieser freundlichen, zugewandten Geste unserer türkischen Mitbürgerin, die mich sehr beeindruckt hat!

Nebenan vollzog sich gerade wieder der gleitende "Wachwechsel", und auch des Sängers eindringliche Stimme klang erneut aus einem der Handys... Istanbul grüsst Hannover!

Bürgerreporter:in:

Klaus Perrey aus Hannover-Bothfeld

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