Kastrationspflicht für Freigängerkatzen: Die Stadt Paderborn macht es vor

Ein ewiges Thema unter Tierschützern als auch den Katzenschutzvereinen ist das Kastrieren von Katzen: Wir Tierschützer fordern diesen wichtigen Eingriff seit Jahren und müssen uns dafür zum Teil sogar während unserer aktiven Einsätze und obendrein während der Aufklärungsarbeit beschimpfen lassen, dass wir die Katzen „verstümmeln“ würden!
Katzen, und seien sie noch so Menschen scheu, zählen nicht zu den Wildtieren, sondern nachweislich zu den Haustieren, die auf das Wohlwollen der Menschen angewiesen sind!
Immer wieder wird von vielen Menschen oder auch engstirnigen Katzenhaltern angenommen, dass die Populationen von freilebenden Katzen sich selbst regulieren. Dies ist eindeutig eine falsche Annahme, da Katzen keine natürlichen Feinde haben! Mit ca. sechs Monaten ist die Katze (ob männlich oder weiblich) geschlechtsreif. Katzen bringen durchschnittlich zwei Würfe mit vier bis sechs Jungen zur Welt. Mitunter gibt es auch Katzen, die drei Würfe im Jahr in die Welt setzen!
Der Deutsche Tierschutzbund verweist diesbezüglich immer wieder auf seine Berechnung: Sollte eine Katze wenigstens zweimal im Jahr Nachwuchs bekommen und überleben nur drei Jungtiere pro Wurf, ergibt dies rechnerisch nach einem Zeitraum von zehn Jahren die enorme Anzahl von mehr als 240 Millionen Nachkommen.
Seit Jahren fordern Tierschützer und auch viele niedergelassene Katzenschutzvereine den Bundesgesetzgeber bisher erfolglos dazu auf, die Kastrationspflicht und Kennzeichnungspflicht (Tätowierung oder Mikrochip) für Freigängerkatzen vorzuschreiben und gesetzlich zu verankern. In Österreich wurde diese Kastrationspflicht zum Wohl dieser Mitgeschöpfe schon längst erfolgreich eingeführt.
Da der Bund über die Einhaltung der Tierschutzgesetze zu wachen hat, ist er hierfür zuständig und somit Ansprechpartner in dieser Angelegenheit. Der Bundgesetzgeber ignoriert meiner Meinung nach weiterhin, dass herrenlose Katzen ein mitunter elendes Leben führen. Katzenschnupfen und andere hoch ansteckende Erkrankungen hinterlassen bei den Katzen oft bleibende Schäden wie z.B. Atemnot, Blindheit, durch (nur unter Katzen) ansteckende Viren ausgelöste Geschwüre, Wassersucht etc. Unbehandelt enden diese Krankheiten oft tödlich und der Weg bis zum erlösenden Ende ist für jede freilebende Katze grausam und wie ich finde nicht mit dem bestehenden Tierschutzgesetz in Deutschland vereinbar!
Nun hat Paderborn als erste Stadt bundesweit ab sofort die Kastrationspflicht für freilaufende Katzen durchgesetzt (schon im Oktober 2008, Inkrafttreten dieser Verordnung sechs Wochen später). Gleichzeitig ist die Stadt Paderborn auch ein Vorreiter, der eine Pflicht zur Kennzeichnung von freilaufenden Katzen mittels Tätowierung oder Mikrochip eingeführt hat, da die Notwendigkeit hierzu unerlässlich ist!

Sollte sich der Bundesgesetzgeber dieser wichtigen Thematik endlich einmal annehmen, würde es nicht nur den Katzen in erster Linie bezüglich der Lebensqualität zu Gute kommen, sondern auch den unmittelbar betroffenen Kommunen in finanzieller Hinsicht: Gebietsweise ko-finanzieren (Teilfinanzierung) die Kommunen die Tierheime, die im Auftrag der jeweiligen Städte Fundkatzen aufnehmen oder stark erkrankte Katzen versorgen müssen. In den meisten Fällen ist nicht klar, ob die aufgefundene Katze einen Besitzer hat oder nicht, da viele Katzenhalter aus Kostengründen das Tier nicht durch einen Mikrochip kennzeichnen oder tätowieren lassen haben. Um dann Kosten zu sparen, versuchen die Kommunen die Fundkatzen zu herrenlosen Tieren zu deklarieren und somit zahlen die Steuerzahler. Dies wäre meiner Meinung nach schon ein Grund – auch für „Nichtkatzen-Fans“ und den Bundesgesetzgeber sowie für alle Steuerzahler – an einer Katzenschutzverordnung Interesse zu zeigen.
Immer wieder verhängen Tierheime landesweit Aufnahmestopps für Katzen, weil sie die Tiere nicht mehr aufnehmen, versorgen und vermitteln können. Auch unser Verein ist hiervon betroffen, nur das wir keine Gelder von den Kommunen bekommen, sondern ausschließlich von Mitgliedsbeiträgen und wohlwollenden Spenden bezuschusst dem Katzenelend gegenübertreten.
In Deutschland gibt es mittlerweile die Verordnung, dass Menschen, wenn sie Katzen füttern, als Eigentümer gelten und somit die Kostenträger in jeglicher Hinsicht sind, also für Kastrationen und allgemein für die Gesundheit der Katzen verantwortlich werden. Auch lehnen landesweit Tierheime mit diesem Argument die Aufnahme von Katzen ab, sollten sich dort Menschen melden, die eine Fundkatze vorübergehend gefüttert haben, da sie sehr hungrig und in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand vor deren Tür gestanden hat…Was ist das für eine Tierschutzauffassung? Es wird in einem Debakel zu Ungunsten der freilebenden Katzen enden, die nichts dafür können, dass es sie gibt bzw. dass sie freilebend und menschenscheu leben. Dies haben verantwortungslose (ehemalige oder gegenwärtige) Katzenhalter zu rechtfertigen!
Es gibt immer noch Katzenhalter, die die Notwendigkeit von Kastrationen nicht einsehen und es als Eingriff in das Privatrecht empfinden, sollte die Kastrationspflicht irgendwann einmal durchgesetzt werden. Wenn wir Tierschützer auf eine Kastration bestehen (mittels Aufklärungsgespräch) und vehement auf diese Notwendigkeit hinweisen, sehen wir uns auch immer wieder mit dieser Begründung konfrontiert. Leider müssen die Tierschützer dann immer wieder erkennen, dass eben diese Katzenhalter für den Nachwuchs nicht aufkommen und diesen an die Tierheime oder uns Katzenschutzvereine (versuchen) abzugeben. Sollten die niedergelassenen Tierheime oder Katzenschutzvereine auf Grund von notwendigen Aufnahmestopps dann absagen müssen, werden diese Katzen somit erneut sich selbst überlassen oder als „zu verschenken“ in Inseraten und Aushängen angeboten. Hier ist dann das nächste Problem zu sehen: Die verschenkten Katzen haben mitunter eine ungewisse Zukunft, da sie evtl. an Labors verkauft werden (Berichten zufolge) oder als Pelzbesatz an Kleidungsstücken enden können. Auch wir sind schon bei unseren Vermittlungsplätzen angerufen und gefragt worden, ob alte oder kranke sowie Baby-Katzen zur Verfügung stehen würden, um als Lebendfutter für Würgeschlangen zu enden!
Ich hoffe, dass allen Katzenhaltern und auch meinen Mitmenschen endlich klar wird, wie wichtig eine solche Verordnung ist und ich finde es beachtenswert, dass die Stadt Paderborn den ersten großen Schritt vollbracht hat. Ich sehe es sogar als notwendig an, dass jeder Katzenhalter eine Sorgfalts- sowie eine Verantwortungspflicht (nach den im Artikel erwähnten Argumenten und Erklärungen) gegenüber seiner Katze und seinen Mitmenschen erfüllen muss!
Ich möchte noch anmerken, dass wir Tierschützer schon Katzenbabys und auch erwachsene Katzen aufgefunden haben, die auf Grund von Katzenschnupfen (leider wird diese Erkrankung nach wie vor sehr unterschätzt) keine Gesichter mehr hatten: Aufgeplatzte bzw. kurz vor dem Platzen stehende Augen (da die angeschwollenen Schleimhäute im Innern der Augen einen zu großen Überdruck erzeugen). Vollkommen entzündete und durch Geschwüre zerfressende Maulhöhlen (ausgelöst durch Herpes- oder Caliciviren) und der daraus resultierenden Beeinträchtigung überhaupt noch Nahrung aufnehmen zu können. Darüberhinaus sind die Nasen der betroffenen Tiere von den Viren so in Mitleidenschaft gezogen, dass die Katzen nicht mehr atmen können und auch das Organ selbst als solches nicht mehr erkennbar ist! Automatisch setzen diese Katzen die „Maulatmung“ ein, was für eine Katze absolut untypisch ist. Das Ergebnis dieser Atemtechnik sind dann Lungenentzündungen! Der Tod kommt in diesen Fällen nur langsam und ist dann endlich für die arme Kreatur eine Erlösung. Ich erspare mir an dieser Stelle weitere Einzelheiten oder Fotos…
Liebe Leser, nehmen Sie sich einmal Zeit hierüber nachzudenken, auch wenn Sie kein „Katzen-Fan“ sind oder kein Mitglied in einem Tierschutzverein. Vielleicht sehen Sie nun trotz alledem die Notwendigkeit, uns Tierschützer hierbei zu unterstützen eine Katzenschutzverordnung weiterhin zu fordern und auch durchzusetzen.
Für diejenigen, die sich Zeit genommen haben, diese Problematik einmal zu überdenken und uns ggf. sogar hierbei unterstützen wollen, ein herzliches Dankeschön.

Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt.

(Mahatma Gandhi)

Bürgerreporter:in:

Frauke Ruhmann aus Hannover-Mitte

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