Historische Friedhöfe im Westen von Hannover: Die schöne Anna Margreta schnürte sich zu Tode

Grabmale auf dem Bergfriedhof von Linden
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Alte Friedhöfe sind wichtige Zeugen aus längst vergangenen Tagen. Im Westen Hannovers spürten die Experten des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege gleich eine ganze Reihe von diesen historischen Kleinodien auf. Jetzt steht das Friedhofsgrün unter Denkmalschutz. Die alten Ruhestätten stammen allesamt aus der Zeit, als die heutigen Stadtteile noch selbstständige Gemeinden im Calenberger Land waren.

Einer der schönsten Grünanlagen dieser Art ist der Friedhof auf dem Lindener Berg. Seit er 1965 außer Dienst gestellt wurde, entwickelte sich hier ein wertvoller Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere. Hannover weit berühmt sind im Frühjahr die blauen Scylla-Blüten-Teppiche, die den Friedhof überziehen. Doch nicht nur Naturliebhaber haben ihre Freude an dem Biotop. Im älteren Teil des heutigen Parks finden Spaziergänger neben der Kapelle und einem Brunnen auch zahlreiche Grabmale des späten 19. Jahrhunderts. Einige Relikte erinnern sogar an den einstigen herrschaftlichen Küchengarten in Linden. Durch das barocke Tor am heutigen Haupteingang des Friedhofes schritten vorher schon die Besucher des Küchengartens, und den hübschen Pavillon errichtete der Baumeister Johann Paul Heumann 1741 als Lusthaus und „Point de vue“ ebenfalls am Küchengarten. 1914 wurde der Pavillon zum Lindener Berg umgesetzt und diente zeitweilig als Gefallenen-Gedenkstätte.

Fast 160 Jahre ist der Bergfriedhof alt. Erstmals im Jahr 1862 wurden Lindener zur letzten Ruhe auf den Berg getragen. Bis dahin begrub man die Toten am Kirchhof der Martinskirche. Die noch heute im Winkel herumgeführte Kirchstraße begrenzte den früheren Dorffriedhof und lässt seine Lage erahnen. Doch bis auf einen Gedenkstein für Johann Egestorff sind alle Grabmale mitsamt dem ehemaligen Familienmausoleum der Egestorffs verschwunden.

Nach dem Bergfriedhof legten die Lindener 1907 einen „Hauptfriedhof Linden“ an. Heute heißt die Grünfläche „Stadtfriedhof Ricklingen“. Auch er steht unter Denkmalschutz. „Der als denkmalwerte Grünanlage kartierte Friedhof verdeutlicht heute die Planungen solcher Anlagen zu Anfang dieses (d.h. des 20.) Jahrhunderts“, wird in der Denkmaltopografie von Hannover der historische Wert verdeutlicht.

Bis 1908 mussten die Ricklinger ihre verstorbenen Angehörigen ebenfalls in Linden beerdigen. Seit 1851 plante man zwar schon den Bau eines eigenen Friedhofes. Doch erst als die beiden Ricklinger Bürger Stamme und Knust großzügig das notwendige Kleingeld stifteten, wurde der Begräbnisplatz an der Bauernwiese angelegt. Der Michaelisfriedhof steht jetzt ebenso auf der Denkmalliste wie der 1913 eröffnete Friedhof von Ahlem. Hier fanden die Denkmalpfleger die Kapelle besonders bemerkenswert. „Vorzüglich gestaltet“, lautete ihr Urteil. Unmittelbar vor der Stadtgrenze bei Ahlem erinnern unzählige weiße Kreuze an die Schrecken des letzten Krieges. 2413 englische Soldaten haben hier ihre letzte Ruhe gefunden.

In den Reigen der denkmalwerten Grünanlagen reihen sich daneben der Anfang des 19. Jahrhunderts entstandene Wettberger Friedhof mit seinen schönen Grabsteinen sowie der Mitte des 19. Jahrhunderts erbaute alte Friedhof an der Eichenfeldstraße und der 1912 angelegte neue Friedhof in Badenstedt ein.

Limmer kann gar vier historische Friedhöfe aufweisen. Einige wenige Grabsteine auf dem Rasen vor der Nikolaikirche erzählen noch vom ehemaligen Kirchhof. 1845 wurde der Kirchhof zu eng und die Limmeraner eröffneten außerhalb des Dorfes an der Harenberger Straße einen schon 1901 wieder geschlossenen neuen Friedhof. Im Eichenbrink, dem ehemaligen Gemeindewald von Limmer, entstand dann von 1902 an ein dritter jetzt ebenfalls stillgelegter Begräbnisplatz. Der Vierte im Bunde ist der etwa 1877 angelegte Militärfriedhof im Osten des Stadtteils.

Besonders interessant ist der 1646 von der Gemeinde der Hannoverschen Neustadt geschaffene Friedhof St. Andreas an der Langen Laube. Seit 1876 nicht mehr genutzt, haben hier viele schöne Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert die Zeiten überdauert. So etwa die Grabstätte des „großen Christoffer“, der immerhin „4 Ellen 6 Zoll gemessen haben soll, was heute einer Größe von mehr als zwei Metern entsprechen würde. Um das Grabmal der 1716 verstorbenen Anna Margreta Bocherding rankt sich sogar eine alte Sage. Die Dame soll so eitel und putzsüchtig gewesen sein, dass sie das schönste und schlankste Mädchen der Stadt sein wollte. Aber eines Tages habe sie ihren Reifrock derart eng geschnürt, dass sie an den Folgen starb. Deshalb ist sie auch mit einer Wespentaille auf ihrem Gedenkstein dargestellt.

Mehr lesen?

Hier geht es zu dem Bericht über die Friedhöfe im Norden von Hannover

Hier geht es zum Bericht über die Friedhöfe in Hannovers Osten.

Hier geht es zum Bericht über historische Friedhöfe in Hannovers Süden

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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