Wind- und Wassermühlen in und um Hannover

Holländer-Windmühle in Tündern bei Hameln an der Weser. 1883 wurde sie gebaut. Die Turmhaube ist beweglich und dreht die Flügel automatisch nach dem Wind.
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  • Holländer-Windmühle in Tündern bei Hameln an der Weser. 1883 wurde sie gebaut. Die Turmhaube ist beweglich und dreht die Flügel automatisch nach dem Wind.
  • hochgeladen von Kurt Wolter

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. So steht es schon in der Bibel. Doch ist es für viele Menschen auf der Erde ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Schon vor Jahrzehntausenden in der Steinzeit im Vorderen Orient begann der Mensch die Körner von Wildgräsern zu sammeln und daraus einen Brei herzustellen. Doch mehr Zeit widmete er dieser neuartigen Nahrungsquelle, als er vor etwa 12.000 Jahren sesshaft wurde. Seitdem züchtete er aus Wildsamen Getreide und legte Felder an. Gerste, Weizen, Hirse, Hafer und Reis gehörten dazu. Doch er beließ es nicht beim Brei. Auf heißen Steinen wurde irgendwann auch Fladenbrot gebacken. Und bald waren die alten Ägypter die ersten, die richtiges, lockeres Brot aus Sauerteig backen sollten. Doch eines war dabei sehr mühselig, nämlich das Mahlen der Körner. Zwischen Steinen zerrieben oder mit Mörsern bearbeitet, erforderte es viel Zeit und Kraftanstrengung. Aber der Mensch ist erfinderisch. Und so kam er schon in der Antike in China und in Mesopotamien auf die Idee, die Kraft der Natur zu nutzen. Die ersten Wassermühlen wurden angelegt. Mit den Windmühlen ließ er sich etwas mehr Zeit. Wann genau sie eingeführt wurden, ist nicht wirklich bekannt. Aber es könnte so um das siebte Jahrhundert gewesen sein.

Und der Mensch verstand es, diese ersten Maschinen der vorindustriellen Zeit nicht nur zum Mahlen der Körner einzusetzen, sondern auch als Ölmühlen, als Pump- oder Sägewerke. Es gab also verschiedene Möglichkeiten, die Kraft der Natur zu nutzen. Dabei waren die Wassermühlen im Vorteil, da das Wasser, zumindest meistens, läuft. Der Wind dagegen bläst nicht ständig. Doch um Wasserräder anzutreiben, braucht es auch ein Gefälle, und nicht überall gibt es genug des in manchen Regionen kostbaren Nasses. So kam es, dass im Flachland und in südlicheren Regionen hauptsächlich Windmühlen zum Einsatz kamen. Selten gab es auch den kombinierten Mühlentyp, bei dem eine Windmühle auf eine Wassermühle aufgesetzt wurde. Anbei zeigt es ein Foto der Mühle von Dunau.

Ab dem früheren Mittelalter setzte sich diese Naturkraft-Technik auch bei uns durch. Und da sie bis ins vorige Jahrhundert genutzt wurde, kann man heute noch überall, besonders in dörflichen Gebieten, Mühlen finden. Dabei sind es bei uns im weiteren Umkreis von Hannover hauptsächlich Windmühlen, die als Landmarken irgendwo auffällig in der Landschaft stehen. Wassermühlen findet man nur vereinzelt, auch wenn es sie früher in großer Zahl gab. Und nicht selten sind es nur die Fundamente, die von ihnen irgendwo in irgendwelchen Flüssen oder Bächen übrig geblieben sind.

Mühlen haben für uns etwas Romantisches. Sie stammen aus einer Zeit, als die Welt noch so ganz anders war. Eine Welt ohne Motorisierung, des ländlichen Lebens, der Pferdefuhrwerke, der Handarbeit. Und einer Zeit, in der es zwar lange Arbeitszeiten und so gut wie keinen Urlaub gab, aber in der auch alles geruhsamer zuging. Zeit und Schnelligkeit spielte in dem Maße wie heute noch keine Rolle. Stress und Hektik waren eher unbekannt. Man richtete sich nach dem Wandel der Jahreszeiten und der Helligkeitsphase des Tages. Und vermutlich lebten die Menschen nicht glücklicher oder unglücklicher als wir heutzutage. Nicht der hohe Lebensstandard ist es, der ein Leben lebenswerter macht. Es könnte sogar sein, dass die wenigen Menschen, die vor der Zeit des Sesshaftwerdens vor 12.000 Jahren die Erde bevölkerten zufriedener waren, halsten sie sich doch später mit der Aufgabe des Nomadentums diverse Probleme und Sorgen auf: Führte der Fluss genug Wasser für die Bewässerung der Felder, regnete es, war die Ernte ausreichend um den Winter zu überstehen, gab es genügend Futter für das Vieh, wurde man vor den Angriffen feindlicher Stämme oder Völker verschont? Viele Faktoren sollten ab da eine Rolle spielen, die zuvor nicht beachtet werden mussten. Und natürlich gab es deutlich mehr Arbeit zu erledigen. Das Mahlen der Körner gehörte dazu.

Immer freue ich mich jedenfalls, wenn ich irgendwo eine Mühle sehe. Sie erinnern auch an grimmsche Märchen, in denen sie immer wieder vorkommen und natürlich an Wilhelm Buschs Max und Moritz, denen das Mahlwerk gar nicht gut bekommen ist. Auch in das deutsche Liedergut sind die Mühlen eingegangen. Zumindest die ältere Generation kennt Volkslieder wie Es klappert die Mühle am rauschenden Bach oder In einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad. Und ich muss an meine eigene Kindheit denken, als ich in allen Schulferien zu meinen Großeltern aufs Land gefahren bin. Auf Gut Radau, am gleichnamigen Flüsschen im Harzvorland gelegen, gab es tatsächlich noch eine Wassermühle, die immerhin bis 1968 in Betrieb war. Mitten durch den Gutshof floss der Mühlgraben. Dann ein kurzes Stück durch die Feldlandschaft, ehe er einen kleinen Hang erreichte, über den das Wasser durch den Graben Fahrt aufnahm und hinunterschoss. Danach noch ein paar Meter gerade, bevor es im Mühlenhaus verschwand, denn das Wasserrad befand sich nicht außen an der Hausfront, sondern im Inneren des Gebäudes. Die Wohnung des Müllers lag im dritten Stockwerk. Wenn ich dort hinauf wollte, musste ich zunächst durch den unteren Raum, der fast fensterlos war. Im ewigen Dämmerlicht sah ich das sich drehende Wasserrad, Balken, Holzgestänge, Kränze mit Zahnrädern und andere Dinge. Sie trieben das Mahlwerk mit den schweren Steinen an, das sich in der Etage darüber befand. Die Luft war feucht und modrig, und die typischen Mühlgeräusche waren zu vernehmen. Das Plätschern des Wassers, das Knarren des Holzes und das Mahlgeräusch der Mühlsteine. Im darüber liegenden Mahlraum, der nur durch eine funzlige Glühbirne erleuchtet wurde, standen die Getreide- und Mehlsäcke aneinander aufgereiht. Eine Luke konnte geöffnet werden, durch die mit Hilfe eines Holzkranes die Säcke gehievt werden konnten. Erst über dieser Etage wurde es heller, denn dann kam ich in die Wohnung der Müllersfamilie. Das alles war für mich sehr spannend.
Auch muss ich an meine Urururgroßeltern denken. Die Schliephakes betrieben in Langenstein am Harz ebenfalls eine Wassermühle. Der Goldbach strömte aus Richtung Blankenburg kommend in den großen Mühlteich und von dort durch einen schmalen Kanal mit steilen Wänden, zum Teil in den weichen Sandsteinfels gehauen, auf das Wasserrad. Es könnte sein, dass die Mühle schon damals hunderte Jahre alt war. Noch heute sind nahe des Mühlteiches Reste von ihr vorhanden. Zum Ende der Fotogallerie zeige ich sie.
Doch in erster Linie geht es bei den Bildern um die Mühlen in und in weiterem Umkreis von Hannover. Wer gern Radtouren macht und über Land fährt kann sie überall finden. Es macht einfach Freude sie anzuschauen und sich dabei an eine Zeit zu erinnern, die doch so ganz anders war als unsere heute so hochtechnisierte Welt. Und manch einer sehnt sich vielleicht sogar an diese Zeit unserer Urahnen zurück, wenn er vom alltäglichen Einerlei gestresst ist. Doch so hat wohl jede Zeit ihre Vor- und Nachteile.

Siehe auch: Der Wasserbaum von Ockensen - eine Kuriosität am Rande des Ith
                    https://www.myheimat.de/salzhemmendorf/freizeit/de...

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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