Spannhagengarten Hannover List

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Diese Broschüre/Heft kann in der Stadtbibliothek ausgeliehen werden!

Kommen Sie zu uns -Sie schauen noch etwas schüchtern hinein – doch Sie sind doch neugierig – na, dann kommen Sie doch – Sie sind herzlich eingeladen – Sie werden beeindruckt und überrascht sein ! Sie sind nun in einer burgähnlichen Anlage im Stadtteil List in Hannover, am Stadtwald – im Spannhagengarten – auch wenn diese Festung schon 100 Jahre besteht, hat sie noch nichts von ihrem Charme und ihrer Individualität verloren.
Auch das gibt es noch, mitten im Grünen treffen sich die Familien mit ihren Kindern – der Grill wird aufgebaut, es wird gelacht und ein Schwätzchen gehalten – die Kinder toben sich auf der weitläufigen Rasenfläche oder auf dem Spielplatz aus. Die Innenhofgemeinschaft ist mit sich und der Nachbarschaft zufrieden.
Draußen auf der lebhaften Podbielskistrasse bebt das Leben mit den vorbeifahrenden Autos und der Stadtbahn – doch im Innenhof befinden wir uns in der Oase der Nachbarschaft und Stille.
Innenhof von der Podbielskiestrasse
Hier ist die Abkehr vom tristen Innenhof zum gemeinschaftlichen, begrünten Innenhof gelungen!
Einleitung :
Der Spannhagengarten am Rande der List ist wohl in der Stadt Hannover einzigartig, entstanden in der Not der Arbeitslosigkeit der Handwerker, wurde diese wunderbare architektonische Anlage in burgähnlicher, mit einem begrünten Innenhof von 1913 bis 1915 und 1927 bis 1931 erbaut – wie das Bild aus dem Stadtarchiv belegt, erst Anfang der 30-Jahre zu einem geschlossenen Rundbau fertiggestellt. Dieser fünfeckige Prachtbau mit seinen mächtigen Säulen in der Toreinfahrt und mit aufwendigen liebevollen Details verzierten Stuckarbeiten, sowie Tischler-Drechslerarbeiten und seinen Erkern, und Dachgauben, bilden in Hannover eine einzigartige Anlage, die es unter Gleichen nicht mehr gibt. Die Wohnungen wurden für die damalige Zeit sehr fortschrittlich erbaut, mit eigenem Bad- und Toilette, während sich sonst zwei bis drei Parteien ein WC im Treppenhaus teilen mussten – Bäder waren in Arbeiterwohnungen äußerst selten.
Im begrünten Innenhof können die Kinder ungestört vom Verkehrsfluss spielen und die Bewohner erleben mitten in der Stadt eine ruhige, stille Oase abseits der Verkehrshektik. Dennoch liegt diese Anlage sehr verkehrsgünstig, sodass die Bewohner in 8 Min. mit der U-Bahn, die alle paar Minuten ins Zentrum fährt, zum Hauptbahnhof gelangen. Auch öffnen sich alle wichtigen Verkehrsschnellstraßen innerhalb von wenigen Minuten von diesem Standort aus. Diese Anlage liegt auch für Freizeitsportler äußerst günstig, wie in keinem anderen Stadtteil. Ausgedehnte Kleingartenanlagen liegen in unmittelbarer Nähe, der Mittellandkanal lädt zu Spaziergängen und Joggen ein. Erwähnenswert ist auch der unmittelbar, angrenzende Stadtwald, die Eilenriede, die zu langen Spaziergängen und Radtouren einlädt. Wer aber lieber den Dorfcharakter er schnuppern will, liegt auch hier richtig, unweit mit dem Fahrrad ist man schnell in Isernhagen mit seinen landwirtschaftlichen Flächen, Bauernhöfen mit Kuhweiden und Pferdekoppeln. Auch in der näheren Umgebung bietet sich der Silbersee zum Grillen und Baden hervorragend an – aber auch das städtische Schwimmbad, das Lister Bad, lädt zum Relaxen und baden ein.
Dennoch ist dieser Stadtteil so zentral gelegen, dass die Bewohner in unmittelbarer Nähe alle Einkaufmöglichkeiten, sowie Ärzte und Apotheken vorfinden.
Ach, wollen wir unsere Kinder nicht vergessen – hier bestimmt nicht – im Innenhof des Spannhagengarten wurde durch die Eigentümer ein Spielplatz neu gestaltet – aber auch in der unmittelbaren Umgebung bietet sich ein Spielparadies für Kinder an – so der neue Spielplatz an der Gethsemane Kirche und auf dem Böcklinplatz, sowie am Kanal können sich unsere Kleinen austoben.
Die Gegend zeichnet sich durch kurze Wege aus, sei es die Einkaufsmöglichkeiten, Arztbesuche oder auch die Schulen, die Grundschule, Realschule und auch das Gymnasium sind alle innerhalb von 10 Min. erreichbar. Größere Einkaufszentren befinden sich am Klingerplatz und im Sutelpark ( Noltemeyer ).
Wo in Hannover gibt es so einen Wohnort, indem ich die Weite des Himmels erleben kann, umgeben von der grünen Natur, einen Hauch von Seeschifffahrt auf dem Mittellandkanal – umkreist von Möwen und dahinschwimmenden Enten und Schwänen – aber dennoch sehr zentral gelegen mit Großstadtflair.
Die umgebene Bebauung ist geprägt durch Genossenschaftswohnungen – aber auch durch Ein- und Zweifamilienhäuser, sowie mehrgeschossige Wohnanlagen.
Die Bewohner des Spannhagengarten haben ihre Wohnungen ganz individuell, nach ihren persönlichen Vorstellungen gestaltet, das macht mittlerweise den Reiz dieser Anlage aus, der sicherlich daher einzigartig in Hannover ist, wenn nicht bundesweit.
Ihre Bewohner können sich glücklich und zufrieden schätzen, in dieser historisch einmaligen burgähnlichen Anlage wohnen zu dürfen.
Spannhagengarten um 1929
Spannhagengarten um 1935
Haupt-Eingang Podbielskistrasse
Der Stadtteil im Wandel der Zeit ………….!
Der Jugendstil hinterließ seine Spuren, in der Ausgestaltung der Giebel, Eingänge und Balkongestaltung
Relief „ Krieg „
Relief " Frieden“ "
Spannhagengarten 1998
Klopstockstrasse/Dahnstrasse
Hauseingang 8
Wir Kinder vom Spannhagengarten 1947 - 1963
„Wir Kinder aus dem Spannhagengarten„ ist eine Chronik der 50er und Anfang der 60er Jahre – die Schilderung gibt das Leben und die Eindrücke der Kinder in dieser Wohnanlage wieder.
In der schwierigen Zeit nach dem zweiten Weltkrieg mit weit verbreiteter Wohnungsnot wurde meiner Mutter 1947, nachdem ihr Elternhaus in Vahrenwald ausgebombt wurde , zwei Zimmer im Spannhagengarten 15 , 3 Etage als Untermieterin zugewiesen. Die ausgebombten Einwohner und Flüchtlinge wurden in große Wohnungen zwangseinquartiert – und das nicht zur Begeisterung der Wohnungsbesitzer. In diesem Jahr wurde auch ich geboren und durfte bis zu meiner Konfirmation 1963 meine Kind- und Jugendzeit in dieser Anlage verbringen.
Es war im Nachhinein gedanklich eine schöne, doch wie für die meisten aber auch eine mühsame, von Entbehrungen gezeichnete Zeit. Die Frauen wischten und wachsten ( Schild „Vorsicht frisch gebohnert „) zweimal die Woche die abgetretenen Holztreppen .Wöchentlich wanderte der Boden- Schlüssel von Familie zu Familie – Mutter war an der Reihe und hatte den Schlüssel, nun musste sie die Wäsche im alten Stahltopf kochen und wir gingen auf den Boden, sie spannte eine Wäscheleine auf dem riesigen Dachboden auf, der mit Holzdielen ausgelegt war. Der Wind pfiff durch alle Ritzen der Dachziegel und sie hängte mit Holzklammern, die ich auch zum Spielen gebrauchte, die Wäsche auf. Die geöffneten Dachluken brachten noch zusätzlichen Wind auf den Boden. Anschließend musste ich mit einem Stahleimer in den Keller, um Kohlen zu holen. Wir hatten unseren Keller unter der Treppe, um mir Mut zu machen und meine Angst zu überwinden, ging ich pfeifend und singend in den dunklen Keller. Schnell und nicht um mich blickend, zündete ich eine
Petroleum-Lampe an, die dann ein flackerndes, gespenstisches Licht auf die herunterhängenden Spinnweben abgab.
Schnell schaufelte ich den Eimer mit Eierkohlen voll und verließ dann blitzartig den Keller, um dann schleppend und mühsam den Eimer in die 3.Etage zu tragen. Es war schon als Kind ein Ereignis, wenn der große Lastwagen mit den vielen Kohlesäcken ankam. In der Umgebung gab es zwei große Kohlehändler, einmal Kämmerer auf der jetzigen Podbi Kräutergarten und einen Zweiten auf Höhe von Fahrrad Burckhardt (dahinter war eine DKW-Automobile Niederlassung – später NSU). Die Kohlenmänner schleppten schweißtriefend die Jutesäcke voller Kohlen in den niedrigen Keller hinein, so hatten wir für den anstehenden Winter vorgesorgt – der Winter konnte kommen – und er kam mit Macht – morgens rieb ich mir die Augen aus dem Schlaf, doch ich konnte nicht aus dem Fenster sehen, denn die Scheiben waren total zugefroren und übersät mit Eisblumen, ich hauchte gegen das Fenster und zeichnete mit dem Finger Figuren an die Scheibe. Auch hörte ich den Autoverkehr nicht mehr, die vorbeifahrende Straßenbahn versank geräuschlos, was war da draußen los? Die Podbi war damals mit Kopfsteinpflaster belegt und nun hatte es die Nacht geschneit, der Schnee legte sich in die Fugen der Steine und so war die gewohnte Geräuschkulisse verschwunden – eine wohltuende unheimliche Ruhe strömte in unser Zimmer. Und dennoch war es aufregend als Kind, denn es hatte geschneit – na denn aber schnell mit dem Nachkriegsschlitten in die gegenüberliegende Eilenriede – nach der Schule traf ich mich mit einem Schulfreund- der Schlitten war schon startklar- und so zog uns die Mutter durch den frischen, lockeren Schnee der Eilenriede. Wir kamen dann frierend, gefrostet nach Hause, sodass ich meine angefrorenen Handschuhe, Schal und Schuhe erst einmal zum Auftauen an den glühenden Guss Ofen hängen musste. Anschließend legte ich einen frischen Apfel auf die Gussplatte des Ofens- langsam brutzelte er vor sich hin – die wohlige Wärme des Ofens durchdrang meinen Körper zu einem glücklichen Moment- dann verzehrte ich heißhungrig den warmen, gebratenen Apfel (Puttapfel )und draußen rieselte leicht der Schnee.
In der Woche war dann wieder Alltag angesagt, morgens ging es zur Gottfried-Keller Schule, wir plagten uns mit dem Unterrichtsstoff herum, dann wurden noch nachmittags schnell die Schularbeiten erledigt, – aber dann nichts wie auf den Spielplatz im Spannhagengarten – wir hatten ein Klettergerüst, das wir als Schiff oder U-Boot spielerisch nutzten – wir spielten „Packen“ auf dem Gerüst oder spielten, indem wir einen Kreis im Erdboden zogen, um mit einem Stock zu werfen, „Lange Nase“.
Wir trafen uns mit anderen Kindern im Hof, tauschten im Mai Maikäfer , die wir zuvor in den Gärten an der Eilenriede aus dem Erdreich ausgegraben hatten - oder wir tauschten, die im Schreibwarenladen Zornikau (heute Adam), gekauften Liebesmarken aus, die wir dann liebevoll in ein Album klebten .
Der Hof bot mir eine Menge Möglichkeiten, wir spielten mit dem Ballonroller Taxi oder Polizei , den ich mir von anderen Kindern ausgeliehen hatte, dafür bekamen sie meinen Nachkriegs-Tretroller, indem wir durch die Mitnahme anderer Kinder innerhalb des Hofes oder auch um den Block unsere Runden fuhren – auch waren Radrennen im Hof sehr beliebt – doch der Hausmeister hatte auf uns Kinder immer ein wachsames Auge, so dass er uns vieles untersagte. Im Winter legten wir uns im Hof eine lange Rutschbahn an – doch der Hausmeister war da schnell zur Stelle und streute diese rasch mit Kohlenasche wieder ab – da waren unsere Winterträume schnell dahingeschmolzen.
Der Rasen war für uns Kinder tabu – er durfte nicht betreten werden – hatte sich mal ein Hund auf dem Rasen verirrt, so wurde er durch den Hausmeister durch Bewerfen von Gegenständen (Schaufel-Harke-Schlüsselbund) vertrieben.
In der Ecke im Spannhagengarten 15 befindet sich eine kleine Empore, die durch eine kleine Treppe zu erreichen ist, die nutzten wir, um vor den Kindern im Spannhagengarten ein Kasperle Theater aufzuführen. Diese Ecke war für uns Kinder oft ein Treffpunkt zum „Murmeln“ – die Tonkugeln kauften wir hundertfach bei Seitz
(Spielzeuggeschäft – Ecke Podbi/Klopstockstrasse). Es wurde ein ca. 10 cm großes Loch gegraben und dann ging es los. Der Erste warf aus ca.3 Meter Entfernung z.B. 5 Tonkugeln, hatte er z.B. 3 Kugeln im Loch und der zweite Spieler nur 2 Kugeln, so durfte der Erste beginnen, um mit dem abgewinkelten Zeigefinger die restlichen Kugeln ins Loch zu schieben – wer dabei das Loch nicht verfehlte und alle Kugeln ins Loch bekam, hatte gewonnen und bekam alle Kugeln – so hatte ich manchmal Hunderte Kugeln in meinem Leinenbeutel.
Für uns Kinder war es ein besonderes Ereignis, wie zu damaliger Zeit die kleinen Pflastersteine auf dem Fußweg der Podbi durch Steinplatten ausgetauscht wurden – von nun an konnten wir ungehindert auf dem Fußweg mit unseren Rollschuhen (noch mit Stahlrollen – und den Schlüssel um den Hals, um die Rollschuhe an den Schuhen zu befestigen ) die Podbi entlang Rollschuh laufen. Auch zum nahen Pelikangelände auf dem in einem Gehege Pelikane gehalten wurden, war ein Anlaufs Ziel. Oft spielten wir stundenlang auf dem Hof Federball oder tauschten mit anderen Kindern die herrlich glitzernden Liebesmarken aus.
Bei schönem Wetter ging es in die gegenüberliegende Eilenriede, um dort in den Bächen Stichlinge zu fangen, mit einem Nylonstrumpf stellten wir einen Kescher her, um dort die Stichlinge zu fangen, die wir dann in ein großes Glas verfrachteten – doch leider waren sie am nächsten Morgen zu unserem Erstaunen nicht mehr am Leben.
Wir konnten uns in der nahen Eilenriede so richtig austoben, wir bauten uns Buden aus dem dort wachsenden Farn und waren mit uns und der Natur im Reinen – pflückten Gräser und Blumen oder fingen Frösche, die wir dann mit nach Hause nahmen. So waren es unbeschwerte Zeiten, die wir meistens nach schnellen Hausaufgaben, erleben durften.
Angezogen mit der speckigen Lederhose sind wir als Buben in die Constantinstrasse Höhe HSC-Sportplatz zum damaligen Dreckberg (alte
Müllkippe) gegangen, um uns dort auszutoben – dort gab es noch viel Natur, Wildpflanzen und Tiere, wie Marder, Wiesel und Fuchs waren da noch heimisch. Es war schon manchmal unheimlich in der dichten Pflanzen-und Strauchlandschaft umherzustreifen, die schmalen Pfade der Berge zu erklettern – auch die Blutegel aus dem Tintengraben der von den Pelikanwerken kam, herauszuholen. Aber auch das Brachgelände, heute Böklinplatz, war unser Freizeitrevier.
Wenn der Hausmeister der Gottfried-Keller Schule in der großen Pause eine Temperatur von 27 Grad gemessen hatte, war für uns schulfrei (hitzefrei), dann ging es mit dem Fahrrad zum nahegelegenen Silbersee oder durch die Schrebergärten zum Lister Bad – was konnte uns Besseres passieren? – 30 Pfennig für ein Capri-Eis und in das Wasser des Lister Bades, wo noch die Wasserbecken unmittelbar zum Kanal mit einer Spundwand abgetrennt waren.
Gefährlich und mutig zugleich zeigten wir uns im Sommer, wenn die Kinder von der Kanalbrücke an der Spannhagenstraße sieben Meter ins Wasser sprangen – oder zu einem herannahenden Kanalschiff schwammen, hinaufkletterten und bis zur Schleuse Anderten mitfuhren – doch nicht selten vertrieb uns die Schiffsbesatzung, so dass wir kopfüber wieder im Mittellandkanal landeten. Ich unterließ bald das Schwimmen im Kanal, nachdem ich gehört hatte, dass dort Wasserratten zu Hause sind.
Damals wurden nicht nur die Kohlen im Stadtteil direkt ausgeliefert, sondern im Herbst auch die Kartoffeln zum Winter. Die Bewohner bestellten direkt beim Bauern ihre benötigten Winterkartoffeln. Was war das aufregend, wenn die Bauern mit ihrem Traktor und beladenem Anhänger durch die Straßen fuhren. Ein besonderes Erlebnis war es, wenn wir dem Anhänger hinterherliefen, uns hinten während der Fahrt an ihm festklammerten oder auf ihn aufspringen durften, um uns dann gemütlich zwischen den Kartoffelsäcken zu machen – so tuckerten wir durch unseren Stadtteil, legten Jutesäcke zusammen und genossen die rumplige Fahrt auf dem Anhänger.
Im Mai gingen wir mit einer leeren Zigarrenkiste durch die nahen Kleingärten, um Maikäfer aus der Erde zu holen, diese tauschten wir dann im Innenhof untereinander, Weibchen gegen Männchen.
Unterhaltung gab es zeitweilig im gegenüberliegenden Adler Kino (heute Elektromarkt)Die Nachmittagsvorstellungen für 60 Pfennig nahmen wir mit Spannung gerne an, zumal wir noch keinen Fernseher besaßen. Kinos gab es noch auf Höhe der Podbi (gegenüber Pelikan) und am Vier Grenzen, sowie am Lister Platz.
Ein besonderer Tag war es für mich- und wohl auch für die Hannoveraner- wenn am Sonntag die Motorradmeisterschaften in der Eilenriede ausgetragen wurden. Frühmorgens machten wir uns mit dem Opa auf den Weg, um noch nahe am Steuerndieb in der Eilenriede einen guten Zuschauerplatz, hinter den aufgestellten Strohballen, zu ergattern. Die Strecke war mit Strohballen abgesichert, hinter denen sich Hunderte Zuschauer verschanzt hatten. Nun war der Start und die Zuschauer fieberten mit den knatternden, dröhnenden Motorrädern auf der Rennstrecke Zoo- Steuerndieb- Lister Platz entgegen. Dichter qualmender Benzingeruch durchwehte den Wald – es waren aufregende Stunden.
Der Wirtschaftaufschwung kam so langsam in Gang- doch bei meiner alleinerziehenden Mutter war es nicht so einfach- andere Kinder hatten inzwischen schon ein neues Fahrrad, doch ich fuhr noch mit meinem Vorkriegs-Tretroller- so drängte ich meine Mutter auch mir ein Fahrrad zu kaufen. So bekam ich aus der Nachbarschaft ein gebrauchtes Fahrrad- und die Welt war für mich in Ordnung- ich ein eigenes Fahrrad! Ich nahm Farbe in die Hand und pinselte es wieder auf neu an – in dieser Zeit durften auch einige Dinge nicht fehlen, so kaufte ich mir von meinem Taschengeld Kilometerzähler, Sturmklingel und einen Propeller, so wurde das Fahrrad auf den aktuellen, modernen Stand gebracht – ich war sehr stolz darauf.
Die Umgebung um den Spannhagengarten hatte eine Menge Überraschungen für uns parat, die Gegend war geprägt durch die vielen Geschäfte und Verkaufsstände des täglichen Bedarfs. Die Mutter schickte mich zum Einkaufen los, im Spannhagengarten gab es zwischen den Häusern 8 und 9 einen kleinen Lebensmittelladen, dort gab ich der Kauffrau meinen Einkaufszettel und sie stellte
die Waren zusammen, die sie dann auf den Verkaufstresen platzierte. Mit den Worten „Willst du gleich bezahlen oder anschreiben lassen“ gab sie mir zu verstehen, wie die Rechnung bezahlt werden sollte. „Anschreiben“ lautete meine Antwort, sie kramte ein großes Buch hervor und notierte unter unserem Namen den Rechnungsbetrag. Zu den Festtagen gab es dann noch eine süße Tüte dazu oder die Frauen bekamen ein Päckchen mit Nylonstrümpfen.
„Die Rabattmarken nicht vergessen“ rief sie mir noch hinterher, natürlich durfte ich diese nicht vergessen, sie wurden von mir in ein kleines Heft eingeklebt und wenn dieses voll war, durfte ich es bei der Kauffrau gegen 3 DM als zusätzliches Taschengeld eintauschen.
Die 50 Pfennig Taschengeld mussten natürlich noch aufgebessert werden, indem ich zu Weihnachten vor der Esso-Tankstelle Weihnachtsbäume verkaufte, auch trug ich eine Zeitlang Montags/Dienstags-Nachmittag Illustrierte aus, die Podbi und Nebenstrassen links und rechts, bis zum Lister Platz. Auch wurden Werbeprospekte in den Stadtteilen ausgetragen, sodass schnell mal ein zusätzliches Taschengeld von 5,-DM hereinkam. Dazu kam die einen 50 Pfennig zur anderen, für Pfandflaschen oder von Nachbarn, für das tragen der Einkaufstaschen.
Zum Wochenende ging ich in die Boiestrasse, da war in der Garage 11 ein Milchladen. Eine blecherne Milchkanne, die schon etwas verbeult war, hatte ich dabei. Frische Milch wurde durch ein Hebel hub in meine Kanne gespült, noch einen von dem triefenden Quark aus der Holzkiste dazu und schon ging es, die Milchkanne kopfüber kreisend, nach Hause. Wenn sich einmal Besuch angesagt hatte, gaben wir beim Bäcker Dreyer Spannhagengarten 15 (heute Arztpraxis) eine Kristallschale ab, die wir dann am Sonntag klingelnd von hinten übers Treppenhaus wieder mit geschlagener Sahne abholten.
Aus unserem Fenster zur Podbi konnte ich täglich ein interessantes Schauspiel beobachten, da gab es direkt an der Podbi (heute vor der Tankstelle) die Holzbuden der Kaufleute Schneider und Kienzle, die beiden Verkaufsbuden hatten frisches Obst und Gemüse, dahinter eine große Baumschule. Die beiden wetteiferten kritisch um jeden Kunden, brachte der Eine eine Kiste mit Äpfeln, Birnen, Blumenkohl heraus, tat es eifrig der andere auch. Somit vergrößerten sich die
gestapelten Auslagen mit Obst und Gemüse zusehends – doch die meisten Kunden hatten zum Verdruss des anderen, den Verkaufsstand von Kienzle im Auge, da er flotter und freundlicher war. Ein weiteres Gemüsegeschäft gab es in der Klaus-Groth Straße (gegenüber vom Bäcker), da kauften wir unser gebündeltes Holz für den Ofen.
An allen Ecken gab es Geschäfte, wie Lebensmittel an der Boiestrasse /Spannhagenstrasse (heute Kiosk),den Konsum an der Podbi (heute Schuhgeschäft),sowie in der Klopstockstrasse und der Constantinstrasse, sowohl auch Ecke Dahnstrasse/Klopstockstrasse (heute Massagepraxis) den Lebensmittelhändler Gehrke. Der führte als erster in der Gegend ca.1960 die Selbstbedienung ein. Die Waren wurden nicht mehr dem Kaufmann angesagt und über den Verkaufstresen geschoben, sondern am Eingang standen Einkaufskörbe und man ging durch den Laden und nahm sich die Waren die man benötigte, legte sie in den Korb und am Ausgang notierte der Kaufmann über eine Kasse die Waren- es war für uns eine ganz neue Erfahrung – sehr aufregend.
Den täglichen Bedarf konnte man überall bekommen, da gab es sogar eine Ladenzeile mit einigen Geschäften, an der Podbi, beginnend von der Grillparzer Straße - Ampelanlage aus (heute Tatoo-Laden), da gab es Drogerie, Bäcker, Friseur, Textil und einen Fischladen.
Auch im Kreuzkampe gab es Bäcker und Drogerie, sowie ein Malerfachgeschäft, ebenso an der Spannhagenerstrasse und an der Podbi (heute vor Fischgeschäft).
In der Weihnachtszeit drückte ich mir oft am Schaufenster des Bäckers Harry (Podbi – vor Schreibwaren Adam) die Nase platt, waren doch da die vielen kleinen und ein riesiges Knusperhaus aus Lebkuchen ausgestellt. Die Zeit um Weihnachten war für uns Kinder ohnehin eine ganz besonders aufregende Zeit. Zum Heiligenabend trafen sich die Familien zum Gottesdienst in der Gethsemane-Kirche. Leuchtende Kinderaugen schauten auf dem Heimweg auf die flackernden Kerzen der geschmückten Tannenbäume, die durch die Fenster der Wohnungen ihr strahlendes, sanftes Licht abgaben. Als wir den Spannhagengarten erreichten, strahlte uns auf der Rasenfläche der aufgestellte, beleuchtete Tannenbaum einladend entgegen, es war Weihnachten, die Luft war erfüllt von unendlicher Harmonie und Liebe. Wir waren hoch erregt, was uns dieser
Abend noch an Überraschungen zu bieten hatte. Am 1.Weihnachtstag führten wir dann stolz unsere Geschenke vor, sei es bei einem Rundgang im Hof der neue Wintermantel oder in den Wohnungen der Eltern die aufgebaute elektrische Eisenbahn. Zum Mittagessen gab es das Beste des ganzen Jahres, wie gebratenes Huhn, Puter oder die Gans, auch die Süßigkeiten waren auf unseren „bunten Tellern“ reichlich vorhanden – es war eben eine außergewöhnliche Zeit.
Das Fleisch und die Wurst kauften wir beim Schlachter Holtz Spannhagengarten 3, sein Geschäft war an der Spannhagenstrasse (heute Massagepraxis), das mit hellem, kühlem Marmor ausgekleidet war.
Das Fleisch und die Wurst wurde in großen rötlichem Papierbogen eingeschlagen, doch nicht bevor die Schlachterfrau mit einem übermäßig großen Bleistift, auf dem Papier die einzelnen Positionen vermerkte, zusammenrechnete und uns dann das Paket übergab.
Einen weiteren Schlachter gab es an der Podbi (heute Juwelier) und in der Grillparzer Straße. Den guten Gesundheitstee kauften wir im Reformhaus an der Podbi ( neben Friseur Schumacher – heute Autofelle ).
Es gab alles in der Umgebung, so auch ein Bettenfachgeschäft, das im Schaufenster große durchsichtige Behälter hatte, in denen wurden die Federn zum Trocknen durcheinander gewirbelt. Weiter gab es Textilgeschäfte, Haushaltswaren und viele Blumengeschäfte.
Zu dieser Zeit hatten wir noch keinen Kühlschrank, wie viele von uns. Im Winter lagerten wir die Frischwaren wie Wurst und Käse auf dem Fensterbrett zur Podbi hinaus, im Sommer war es nicht anders – doch da hieß es oft „das kannst du nicht essen, da war der Brummer dran“ – ja die Maden waren schon zu sehen – oder die Tauben suchten an unseren Lebensmitteln ihr Futter. Das Brot wurde in einem Tontopf gelagert, das ich zuvor vom Bäcker frisch, auf dem Nachhauseweg die Außenrinde abknabbernd, gekauft hatte.
Zu dieser Zeit waren wir Kinder besonders auf Süßes scharf gewesen, ganz gleich welcher Art. Da gab es einen Verkaufswagen an der Spannhagenstrasse vor Schlachter Holtz ( heute Massagepraxis ) der hatte für uns Kinder eine große Auswahl an Süßigkeiten, ob Lakritze, Brausetabletten oder Stundenlutscher, es
war für Jeden etwas dabei. Da konnten wir nicht widerstehen und gaben unser erspartes Taschengeld zu einem Teil dafür aus.
Aber auch aus der Bäckerei holte ich mir so manch leckeren Bissen, wie Rumkugel oder Amerikaner für 10 Pfennig – wenn das Geld nicht reichte, brannte ich Zucker im Topf (diesen musste man dann tagelang einweichen, um ihn wieder sauber zu bekommen ) und stellte Lutscher her, auf denen konnte man dann eine Stunde rumlutschen, bis die Lippen wund waren, diese verkaufte ich an die Kinder im Spannhagengarten.
Die Tücken der Zeit hatten es zuweilen in sich, im Winter hatte meine Mutter den Ofen vorbereitet – Zeitungspapier – darauf ein paar Holzscheite und dann zwei Schaufeln Eierkohle. Nach der Schule zündete ich das Papier an und nach einer Weile glühten die Kohlen, die dann nachgefüllt wurden und der Ofen wurde kleingestellt, so konnte sich der Raum mit Wärme füllen. Doch es kam auch vor, das der Ofen nicht zog ( der Wind stand auf dem Schornstein ) und so glimmte es vor sich hin und nach einiger Zeit war alles aus – es blieb im Raum kalt und frostig.
Um mich aufzuwärmen bis meine Mutter von der Arbeit kam (gegen 17.00 Uhr) habe ich mich dann in der Apotheke an der Podbi auf eine Holzbank gesetzt und in den Werbeauslagen geblättert (diese Holzbank gibt es immer noch in der Johannis-Apotheke) oder ich suchte die Wärme auf der Bank in der Postfiliale an der Podbi (heute etwa hinter Schreibwaren Adam).
Als sogenannte Lausbuben machten wir den Spannhagengarten und Umgebung mit unseren Streichen unsicher. Von der 3.Etage auf dem Treppengeländer runterrutschend ging es im Winter in die Klopstockstrasse zum Bäcker, der hatte ebenerdig das Fenster zur Backstube geöffnet, sodann warfen wir Schneebälle in die Backstube oder auch in andere geöffneten Fenster. Oder wir kletterten an den Hauswänden empor und klopften an die Fenster. Besonderen Spaß bereitete es uns, an der Bude für Süßigkeiten viele einzelne Teile auszusuchen, die er dann in eine Tüte gleiten ließ – doch ohne sie mitzunehmen, liefen wir dann davon und der
Kaufmann konnte alle Teile wieder in die verschiedenen Behälter einsortieren; wir konnten vor lauter Lachen kaum davonrennen.
Die Kinder im Spannhagengarten hatten auch immer viel Freude, wenn in der Nachbarschaft geheiratet wurde. Wir spannten vor der Gethsemane-Kirche ein Seil und wenn das Brautpaar heraustrat, warf der Bräutigam aus seiner Tasche heraus Münzen zu uns und dann gab es um jede Münze eine regelrechte Rauferei.
Im Innenhof gab es dann nachmittags von der Braut für alle Kinder noch Kuchen – das waren für uns alle aufregende Momente.
Aus dem Fenster zur Podbi konnte ich direkt auf die Haltestelle der Straßenbahn hinuntersehen, die noch unmittelbar vor dem Spannhagengarten war. Es war aufregend, wenn sich die Straßenbahn in Bewegung setzte und einige Menschen hastend hinterherliefen, um noch aufspringend das Trittbrett zu erreichen – einige verpassten dieses jedoch und landeten dann auf dem Kopfsteinpflaster der Podbi.
Die einfache Fahrt kostete 20 Pfennig, der Umsteiger 30 Pfennig, dem durch den Wagen gehenden Schaffner gab man an: „Geradeaus oder Umsteiger„ daraufhin zog er aus seiner Holzklappbox einen Fahrschein.
Um mir das Fahrgeld zu sparen, ging ich die Strecke zum Goseriedebad (neben Anzeigerhochhaus) zum Schwimmverein zu Fuß – so hatte ich wieder etwas Geld für persönliche Ausgaben.
Der Blick aus dem Fenster zur Podbi war im Frühjahr besonders eindrucksvoll, da blühten auf der Obstplantage von Bahlsen (heute Käthe-Kollwitz-Gymnasium) unzählige Apfelbäume – daneben schlängelte sich die Kopfsteinpflaster Straße (heute Herrmann-Bahlsen-Allee) neben der alten Tankstelle Esso, eingerahmt von altem Baumbestand.
Die Zeit blieb auch im Spannhagengarten nicht stehen und die Technik machte vor uns nicht halt – so bekamen wir ca. 1958 eine elektrische Haussprechanlage, wir waren begeistert – zuvor musste der Besuch an der Etagentür sich durch drehen der Klingel bemerkbar machen (Untermieter 2x klingeln). Eine Revolution in unserem Alltag war dann der Beginn des Fernsehzeitalters – so wurden auf dem Dach Gemeinschaftsantennen installiert. So kauften wir uns 1959 auch einen gebrauchten Fernseher, zuvor hatte ich bei Freunden nach der Schule die Filme auf
dem „DDR Nachmittagskanal“ gesehen (z.B. Willi Schwabes Rumpelkammer). Nun hatten wir einen eigenen Fernseher, der im 1.Programm nachmittags das Testbild ausstrahlte, vormittags gab es in der Schule über das 3.Programm Schulfernsehen – durch ein Zusatzgerät konnten wir später das 2.Programm (ZDF) empfangen. Samstagabend saß dann die gesamte Familie im dunklen Wohnzimmer, nur durch einen erleuchteten Rauchverzehrer, in Form eines Porzellanhundes, der diffuses Licht in den Raum abgab, um die ausgestrahlten Familiensendungen wie „Einer wird gewinnen„ oder Übertragungen aus dem Ohnesorg- oder Millowitsch-Theater zu sehen; es war für uns ganz was Neues. Zuvor lauschten wir den zahlreichen Hörspielen am Radio.
Große Investitionen wurden im Spannhagengarten nicht vorgenommen, doch wir Kinder schauten interessiert zu, wenn einmal der Malermeister zu uns kam, um die Fenster neu zu streichen – die alte Farbe wurde abgebrannt, durch einen Zwischenanstrich ersetzt, um dann mit frischer Farbe lackiert zu werden.
Wir kamen langsam in die ältere Jugendzeit, die Konfirmation war in Sicht. An einem Tag der Woche schlenderten wir mit Bibel und Testament zum Konfirmationsunterricht in die Gethsemane Kirche, den wir zwei Jahre besuchten. Wir mussten an etlichen Gottesdiensten teilnehmen, diese wurden auf einer Karte registriert, die zur Anmeldung vorzulegen war. Der große Tag für uns Kinder war gekommen – die Konfirmation – gespartes Geld wurde in die Hand genommen, um uns mit einem Konfirmationskleid/-Anzug auszustatten. Einladungen wurden verschickt, Essenvorbereitungen getroffen und so wurden wir in der Kirche als Christen aufgenommen – wir waren erwachsen geworden.
Ich kann mir zu heutigen Zeiten keine bessere Kind-Jugendzeit vorstellen, der Einklang mit der Natur, das tägliche Spielen im Innenhof – die Neugier und die Wahrnehmung auf Veränderungen der Umgebung – diese Lebensphase prägt den jungen Menschen insbesondere, im Gegensatz zu der heutigen Zeit, wo doch mehr die virtuellen Eindrücke über moderne Medien die Jugend beeinflusst und ablenkt. Heute kommt der Rotkohl aus dem Glas, das Schweinefleisch aus der
Folienverpackung, die Kommunikation wird durch MP3-Player / Kopfhörer unterdrückt oder findet allein über Handy oder PC statt.
Im Frühjahr 1963 zogen wir dann in eine eigene Mietwohnung nach Kleefeld, wir waren nun keine Untermieter mehr und hatten unsere eigene abschließbare Wohnung.
Die Kontakte zum Spannhagengarten liefen langsam aus – die Kommunikation war noch nicht auf dem heutigen Stand – wenige besaßen ein Telefon – so mussten wir uns über Postkarten verabreden und verständigen – jeder war eben in seiner Umgebung integriert.
Der Spannhagengarten wurde später an den Immobilienbesitzer Kaußen verkauft, der die Wohnungen und deren Zimmer einzeln vermietete – viele alteingesessene Bewohner zogen aus und der Spannhagengarten geriet in einen schlechten Ruf.
1977 wandelte Kaußen die Wohnungen zu Eigentumswohnungen um – Renovierungsmaßnahmen wurden ergriffen ( Fassade neu gestrichen- alle Fenster erneuert – Steigleitungen Wasser-Strom-Abwasser erneuert – Treppenhäuser renoviert ) um dann verkauft zu werden.
Da mein Sohn zu dieser Zeit geboren wurde, mussten wir uns auf eine größere Wohnung einstellen- so kamen wir durch eine Immobilienanzeige auf den Spannhagengarten in dem wir dann im April 1977 eine Wohnung kauften.
So hat es mich von meiner Kinder-Jugendzeit im Spannhagengarten, wieder in die Vergangenheit zu meinen Wurzeln verschlagen. Mein Sohn trat das Erbe in dieser Hinsicht an, indem er die gleichen Stationen und Eindrücke im und um den Spannhagengarten erleben durfte, wie ich sie erlebt habe – nur im Licht der heutigen Zeit.
Ich möchte mit diesen, hoffentlich unterhaltsamen Erinnerungen an die damalige Zeit im Spannhagengarten, einen Zeitabschnitt der Kinder in diesem Stadtteil wiedergeben.
Heute stehen die Eltern und Großeltern unter dem Druck der Anpassung der heutigen Zeit, indem alles erdenkliche möglich gemacht wird, die Kinder werden überschüttetet mit Spielsachen – Fahrräder und Freizeitangeboten – doch wo bleibt dann die individuelle, überschwängliche Freude und Begeisterung, über das Einzelne – und wie lange hält dieses Geschenk und die Freude an ?
Wir Kinder konnten uns noch monatelang, vielleicht sogar noch heute darüber erfreuen und begeistern – und wie lange hält heute diese, wenn überhaupt Begeisterung an …? Sie lebt noch heute in uns weiter!
Wir „ Kinder vom Spannhagengarten „ wollen und würden mit der heutigen Kind-und Jugendzeit nicht mehr tauschen wollen …!
Bildergalerie vom Spannhagengarten und Umgebung 1955 - 1972
Innenhof 1960
“Bartels Ruh „ Kneipe – gegenüber Spannhagengarten
Lebensmittel-Laden 1960
Ecke Podbi / Spannhagengarten 1960
1956 Neubau Friseurmeister Schumacher Schumacher1
Friseursalon Schumacher und das Reformhaus-Geschäft 1968
Adler – Kino 1958
Kinokarte 1962
Zur damaligen Zeit fuhren auf der Podbi zwei Linien, die *3* bis Noltemeyer und die *7* bis Fasanenkrug.
Die alte Straßenbahn 1956 noch mit Trittbrett und geschlossenem Vorbau, Schiebetüren und mit Raucherwagen, sowie mit einer durchgängigen Reißleine, sie diente dem Schaffner dazu, dem Fahrzeugführer das Abfahrtssignal zu geben.
Die dann folgende Generation 1960 im Begleitwagen mit einem Schaffnerpult zum Bezahlen der Fahrkarte.
Esso-Tankstelle gegenüber Spannhagengarten 1972
1960/70/80
Ecke Podbi Klopstockstrasse
Lotto und Zeitschriften
Bereits in den fünfziger Jahren war hier eine Holz Bude für Zeitschriften.
in den fünfziger bis in die siebziger Jahre befand sich an der Ecke Podbi/Spannhagenerstr. die beliebte“ Stadtschänke“ sie war die Anlaufstelle für die Wandergesellen der Zimmermann-Zunft. Nach Feierabend trafen sich dort die Väter aus der Nachbarschaft zum Umtrunk-nicht selten mussten die Frauen ihnen die Lohntüten entnehmen, um noch das letzte Haushaltsgeld zu retten-ebenso fanden hier gerne die Familienfeste aller Art statt. Später übernahm ein neuer Pächter diese Gaststätte für griechische Spezialitäten – danach wurde sie zu einer modernen, architektonisch gelungenen Zahnarztpraxis umgebaut.
griechische Gaststätte-frühere "Stadtschänke"
1993 im Umbau zur Zahnarztpraxis
Industrialisierung im Stadtteil
Erstaunlicher Weise hatte sich die Industrie in dieser Ecke des Stadtteils angesiedelt, die eine große Anzahl von Beschäftigten anzog. Da gab es die Fabrik Pelikan und die Geha - Werke ( Büroartikel ) sowie die Grammophon Werke (Schallplatten) an der Podbielskistrasse und auch in der Constantinstrasse die Reemtsma – Werke (Zigaretten), unweit am Lister Platz die Bahlsen Produktion. Was damals auf der grünen Wiese lag, war nun im Stadtteil innerhalb der Wohngegend angesiedelt, so hatten es die Beschäftigten nicht weit zu ihrer Arbeit.
Pelikan-Werke 1960
Pelikan Viertel 1995
Pelikan-Gully-Deckel
Bahlsen-Keksfabrik in der List
frühere Grammophon-Werke an der Podbi
Gebäude heute, die Geha-Werke
Reemtsma-Zigaretten-Fabrik an der Constantinstrasse
Der Spannhagengarten Gestern & Heute
Im Jahr 1977 wurden die Wohnungen, die nunmehr in einem schlechten Zustand waren, da sie zu Spekulationszwecken an Gastarbeiter aufgeteilt, möbliert vermietet waren – die in menschenunwürdigen Zuständen mit bis zu acht Mitbewohner in ihren Zimmern untergebracht waren, in Eigentumswohnungen umgewandelt. Zu dieser Zeit sind viele Altbauwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt und veräußert worden. Die Vermarktung übernahm Immobilien Schukey mit dem Hinweis, dass es sich bei diesem Objekt um eine gute Altbausubstanz mit individueller Ausbaumöglichkeit handelt.
Seitens des Verkäufers Günter Kaussen wurde die Renovierung der Fassade zugesagt, die jedoch sehr mangelhaft durchgeführt wurde, sodass die Eigentümer in den folgenden Jahren noch tief in die Tasche greifen mussten. Ebenso wurden alle Fenster ausgewechselt, die Steigleitungen für Wasser und Strom erneuert, sowie die Treppenhäuser gestrichen und die Vorplatztüren erneuert.
Die Wohnungen wurden von den neuen Eigentümern aufwendig, individuell renoviert und ausgebaut. Durch diese gemeinsamen Anstrengungen jedes Einzelnen, bildete sich eine sehr intensive, nachbarschaftliche Eigentümergemeinschaft. Es folgten in den Jahren gemeinsame Haus- und Hoffeste, sowie auch gemeinschaftliche Keller und Treppenhausrenovierungen. Zum Beispiel am Haus 6, der Hauseingang mit Treppenstufen und Wandfliesen individuell gestaltet, die Waschküche elektrisch saniert-gestrichen, mit Kohleofen versehen und zum Partykeller umgebaut- die Kellergänge/Wände gestrichen, nicht zuletzt wurde das gesamte Haus bis auf das Fundament trockengelegt und isoliert-finanziert durch Hoffeste und von den Eigentümern des Hauses ,können wir uns heute eine so geschlossene Hausgemeinschaft vorstellen? Seither wurden von der Eigentümergemeinschaft viele Millionen DM für die Sanierung der Fassade, ebenso für die riesigen Dachflächen aufgebracht. Anfang der 80er Jahre wurde auch der komplette Innenhof, sowie außerhalb der Anlage, die Vorgärten gartenarchitektonisch neu gestaltet. Durch den Eigentümerwechsel ist die Gemeinschaft nicht mehr so verschweißt, wie zu Anfang – doch lässt es sich hier immer noch hervorragend wohnen.
Haus-Eingang 6
Ansicht der Anlage 1988
1977 Anlage noch mit alten Sprossenfenstern
damals ansprechende Beschreibung
Klopstockstrasse noch mit Bäckerei
Verkaufsprospekt 1977
Interessante Dachlandschaften, aufwendig mit Ziegeln eingedeckt, geben dem Haus eine ganz besondere Note
im April 1977 wurden bereits die ersten Wohnungen übernommen – wie die Bilder beweisen, waren sie in einem sehr schlechten Zustand – das Mobiliar der vielen Mitbewohner waren noch in der ganzen Wohnung
erteilt. So mussten die Wohnungen komplett entkernt werden.
Chaos im Hof – jeder baut seine Wohnung aus – Container und Schuttberge versperren den Innenhof 1977
Wohnzimmer, das mit zwei Betten ausgestattet war
Schlafzimmer für zwei Mitbewohner
Ansichten Boiestrasse
An der Fassade verbergen sich überraschende Details, zudem verzieren aufwendige Holzfacharbeiten die oberen Fenster
der alte Asphalt Belag und die Weide auf dem Rasen-
nach Regen und Frosteinwirkung ist die Weide umgefallen.
Gemeinschafts-Küche 1977
Gemeinschafts-Bad - Toilette
1981 - Haus 6 mit Weinladen
Der Laden hat Vergangenheit, viele Jahre war hier eine Schreibmaschinen-Reparatur ansässig-dann kam der Weinladen über das Handarbeitens-Geschäft-etliche Jahre als Videothek genutzt, bis hin zum heutigen Trödel-Laden
Plausch über dem Balkon-die gute Nachbarschaft war die Grundlage für den Aufbau der Eigentümergemeinschaft (1980)
Schneetreiben im Hof - 1980
Hallo-hier bin ich zu Haus-auf meiner grünen Spielwiese - 1980 -
herrlich blühender Flieder
Innenhofsanierung 1982
Auskofferung der Wege
alter Spielplatz mit Einzäunung
Frühling in der Anlage (1980 )
*** 2 0 1 1 ***
der Winter zeigt sich in der Anlage von seiner schönsten Seite
der Frühling zieht farbenfroh in den Spannhagengarten ein
Fassaden-Sanierung 1989
Spielplatz 1989
Ansicht Boiestrasse
Klopstockstrasse
der neu gestaltete Kinderspielplatz
Haus 6 - Zugang Boiestrasse
die alten Wand- Fliesen aus der Gründerzeit in den Zugängen
Rundgang im Frühling
Auch wenn die unmittelbare Nahversorgung durch Lebensmittelketten im Spannhagengarten nicht mehr existiert, so können die Bewohner doch auf die Annehmlichkeiten in dieser Anlage zurückgreifen, indem sie hier noch ein Restaurant, Arztpraxis, Massagepraxis und für den schnellen Bedarf ein Kiosk vorfinden.
Der Vollmond breitet sein kaltes Licht eindrucksvoll in der burgähnlichen Anlage aus!

Bürgerreporter:in:

Günter Schulz aus Hannover-Groß-Buchholz

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