Mit Katja durch Hannover
Alle Wege führen nach Rom - 24 Brücken in die Calenberger Neustadt

Detail (siehe Liebesschloss am Finger der Nixe) am Kandelaber Leinebrücke Königsworther Str. Hannover (©Katja Woidtke)
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  • Detail (siehe Liebesschloss am Finger der Nixe) am Kandelaber Leinebrücke Königsworther Str. Hannover (©Katja Woidtke)
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Wusstet ihr schon, dass die Calenberger Neustadt fast so etwas wie eine kleine Insel in Hannover ist? 24 Brücken führen über Leine und Ihme in diesen schönen Stadtteil, der viele hübsche Ecken zu bieten hat. Was für das Stadtzentrum der Rote Faden ist, ist in der Calenberger Neustadt der Blaue Faden. Auch wenn er nicht auf das Pflaster gemalt ist, sondern nur auf dem Papier existiert, führt er doch an den schönsten Ecken und historischen Gebäuden des Stadtteiles vorbei. Wer nicht die ganze Runde drehen will, kürzt seine Tour einfach ab so wie wir.


Mit dem kleinen Stadtführer "Der Blaue Faden durch die Calenberger Neustadt" im Gepäck starten wir am Duvebrunnen am Leibnizufer. Zwischen den Spuren der viel befahrenen Straße steht der Brunnen mit dem Sämann. Er wurde zur Erinnerung an den Kaufmann Johann Duve gebaut. Duve war im 17. Jahrhundert einer der bekanntesten Bürger der Stadt. An der Kreuzkirche in Hannovers Altstadt hat er sich in Form einer Taube, die im Plattdeutschen "Duve" heißt, selbst verewigt und so Schleichwerbung für sich als Gönner gemacht. Dabei hat der listige Geschäftsmann an der Restaurierung des Kirchturmes ordentlich verdient.

Gleich gegenüber des Brunnens auf der anderen Straßenseite steht das Niedersächsische Umweltministerium. Das vierflügelige Gebäude wurde aus Sandstein im hannoverschen Rundbogenstil erbaut. Es stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und besticht heute noch durch seine schöne Architektur.

Wir machen einen Schlenker, um das Hauptstaatsarchiv Ecke Leibnizufer / Lavesallee von außen zu besichtigen. Wie der Name dieses Gebäudes schon verrät, werden dort auch heute noch Urkunden, Karten und Akten archiviert. Es wurde 1713-1725 nach Plänen von Remy de la Fosse gebaut und Ende des 19. Jahrhunderts um das neobarocke Geschoss erweitert. Im Archiv wurde die im Krieg verbrannte "Ebstorfer Weltkarte" aufbewahrt. Eine Nachbildung davon befindet sich im Landesmuseum Hannover.

Stolz blickt von seinem Sockel vor dem Archiv General Graf Carl August von Alten auf uns herab. Er war an der entscheidenden Schlacht bei Waterloo gegen Napoleon beteiligt. Rings um das Denkmal stehen Kanonenrohre, die in der Schlacht erbeutet wurden. Etwas verborgen unter einem Busch liegt das Denkmal für den Freiherren Georg von Baring, der ebenfalls in Waterloo gekämpft hatte. Sein Denkmal steht auf alten Kanonenkugeln.

Auf dem Waterlooplatz schräg gegenüber streckt die Victoria auf der Waterloosäule den Lorbeerkranz zum Himmel. Vorbild für die Waterloosäule war übrigens die Trajanssäule in Rom, von der sich Georg Ludwig Laves inspirieren ließ. Auch am Fuß der Säule finden wir erbeutete Kanonenrohre aus der Schlacht bei Waterloo. Wer Hannover einmal aus anderer Perspektive betrachten möchte, sollte während der Öffnungszeiten auf die Säule steigen.

Mit der evangelisch-reformierten Kirche an der Archivstraße beginnt die "Straße der Toleranz" in der Calenberger Neustadt, in der schon immer Religionsfreiheit herrschte. Auch zu Zeiten, als Wohnraum in der Altstadt nur an Lutheraner vergeben wurde. Daher siedelten sich in der Calenberger Neustadt neben der ev.-ref. Kirche auch die ev.-luth. Neustädter Hof- und Stadtkirche, die jüdische Synagoge und die katholische Clemenskirche an. 1696 wurde mit dem Bau der Kirche für die französisch-reformierte Gemeinde begonnen. Im Krieg stark zerstört, wurde die Kirche 1960 von Oesterlen wieder aufgebaut. Dabei wurde die Spitze des Kirchturmes allerdings nicht berücksichtigt.

In der ehemaligen Weinstube Ahles kehrten schon Wilhelm Busch und Wilhelm Raabe ein. Das Haus ist eines der wenigen Häuser, die den Krieg unbeschadet überstanden haben. Heute wird die ehemalige Weinstube und Weinhandlung als Wohnhaus genutzt.

Unsere Tour führt uns weiter in die Adolfstraße. Gleich hinter den Ministerien gibt es noch einige schöne Wohnhäuser, die einen genaueren Blick lohnen. Auch in der Dachenhausenstraße stehen noch schöne Altbauten. Gegenüber der modernen Calenberger Esplanade an der Adolfstraße, die nach dem Herzog Adolph Ferdinand von Cambridge benannt ist, steht das Gebäude der ehemaligen Militärbekleidungskommission. Was für ein Kontrast der Architekturen!

Letzte Ruhestätte von Leibniz

Etwas von dem Flair der Calenberger Neustadt vergangener Zeiten lässt das ehemalige Palais von Dachenhausen in der Calenberger Str. erahnen. Das Palais wurde 1798 erbaut und war u.a. Sitz des Landdrosten Friedrich Wilhelm von Dachenhausen. Unser Weg führt uns am urigen Pfannkuchenhaus vorbei zur Ev.-luth. Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis. Auf dem Neustädter Markt vor der Kirche steht ein Brunnen, der aus dem Schlaraffenland stammen könnte: Der Tischbrunnen aus den 1970er Jahren kann nicht nur Wasser, sondern auch Bier und andere Getränke spenden. Der Bücherschrank vor der Kirche lädt zum Schmökern und Tauschen ein. Aber auch ein Blick in die Kirche lohnt sich. Wusstet ihr, dass sich im Kirchenraum das Grab des Universalgelehrten Leibniz befindet? Der Turm der Kirche ist momentan wegen Renovierungsarbeiten dick eingepackt.

"Warte, warte nur ein Weilchen, dann kommt Haarmann auch zu dir..." Fritz Haarmann, der Massenmörder, der in den 1920er Jahren Hannover in Angst und Schrecken versetzte, hatte in der Roten Reihe 2 eine kleine Mansardenwohnung. Das Haus, in dem er seine Opfer umbrachte, steht inzwischen nicht mehr. Karl Jakob Hirsch griff in seinem Roman "Kaiserwetter" die Geschichte Haarmanns auf und fängt das spießige und teils verlogene Leben einer Kleinstadt (Hannovers) im späten Kaiserreich ein.

In der Roten Reihe setzte sich einst die "Straße der Toleranz" mit der jüdischen Synagoge fort. Heute erinnert eine Gedenkstätte an die 1938 in der Reichsprogromnacht zerstörte Synagoge. Edwin Oppler hatte die Synagoge 1863 - 1870 erbaut. Ein Modell kann im Historischen Museum Hannover besichtigt werden. Die Gedenkstätte trägt die Inschrift "Vergesst nie!".

Die röm.-katholische Probsteikirche St. Clemens ist das vierte Gotteshaus der Calenberger Neustadt. Besonders abends, wenn die Kuppel der Clemenskirche beleuchtet wird, kommt die schöne Architektur der Kirche gut zur Geltung. Der italienische Baumeister Tomasso Giusti lieferte die Pläne für den Bau der Kuppelkirche auf griechischem Kreuzgrundriss. Die Kuppel wurde nach Zerstörungen im 2. Weltkrieg in leicht veränderter Form wieder aufgebaut.

Brücke mit Fabelwesen

Eine der 24 Brücken, die in die Calenberger Neustadt führt und für mich die schönste Brücke Hannovers ist, findet ihr in der Königsworther Strasse. Die von Carl Dopmeyer geschaffenen Kandelaber und Fabelwesen auf der Brüstung lassen ein wenig von dem Flair Ende des 19. Jahrhunderts in der Gartenvorstadt erahnen.

Wir beenden hier unseren Rundgang durch die Calenberger Neustadt. Wenn ihr euch auch jenseits der Lavesallee auf Spurensuche begeben wollt, solltet ihr euch unbedingt den Reiseführer "Der Blaue Faden" besorgen. Er ist für 2,-€ u.a. in der Tourist-Information am Hauptbahnhof und im Neuen Rathaus Hannover zu erwerben. Viel Spaß!

Mit Katja durch Hannover

Quellen:

"Der Blaue Faden durch die Calenberger Neustadt" Wirtschaftsleben Calenberger Neustadt e.V.
"Hannover zu Fuß - 18 Stadtteilrundgänge durch Geschichte und Gegenwart" Ingo Bultmann, Thomas Neumann, Jutta Schiecke
"Hannover - Führer durch die Stadt und ihre Bauten" Curt R. Vincentz-Verlag
"Hannover - Kunst- und Kulturlexikon" Helmut Knocke, Hugo Thielen

Bürgerreporter:in:

Katja Woidtke aus Langenhagen

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