Georgengarten und Welfengarten – Grünanlagen in und um Hannover

Georgen- und Welfengarten sind englische Landschaftsgärten.
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Nicht weit vor den Toren der Residenzstadt Hannover, etwa drei Kilometer nordwestlich davon, war im 17. Jahrhundert zurzeit Herzog Johann Friedrich von Calenbergs eine Sommerresidenz mit Schloss und Barockgarten entstanden, die dieser Herrenhausen nannte. Um dem Fürstenhof nahe und präsent zu sein, legten sich auch Adlige in den davorliegenden Überschwemmungsgebieten der Leine, der Steintormasch, Gärten mit Lusthäusern an.
Ein Jahrhundert später war es der Reichsgraf Ludwig von Wallmoden-Gimborn, Sohn der Amalia Sophie Wallmoden, einer Mätresse König Georg II., der sich in Hannover niederließ. Er war ein weltgewandter Mann und sehr kunstinteressiert. Von seinen Italienreisen brachte er Skulpturen mit, besaß 600 Gemälde und eine Bibliothek von 8.000 Büchern. Dieses alles musste standesgemäß untergebracht werden. Dazu ließ er sich ein Palais bauen, das heutige Wilhelm-Busch-Museum. Im Jahr 2014, dem Jubiläumsjahr zum Beginn der Personalunion mit England, die 1714 begann, stellte doch das Haus Hannover ab dieser Zeit für einen längeren Zeitraum die englischen Könige, von denen als letzte die große Viktoria das Königsamt innehatte, konnten Interessierte im Schlossmuseum von Herrenhausen einen Teil der Wallmoden-Kunstwerke bestaunen, die aus der ganzen Welt zusammengetragen worden waren. Es war eine eindrucksvolle Ausstellung.

Doch allein die Kunst genügte dem Grafen und seiner Ehefrau Christiane Auguste Wilhelmine von Wangenheim nicht. Er kaufte diverse Grundstücke, auch kleinere Barockgärten, um einen großen Landschaftspark anzulegen. Am englischen Hof aufgewachsen und erzogen, sollte es natürlich kein französischer Barockgarten wie der Große Garten sein, sondern einer dieser neuartigen englischen, die auf der Insel in Mode gekommen waren. Ein naturnaher Raum, der um die Fürsten- und Königshäuser verloren gegangen war, sollte entstehen. Dabei sollte die Landschaft möglichst abwechslungsreich sein. Ein alter Leinearm und andere kleine Gewässer wurden zu Teichen umgewandelt. Ein Kanal mit schönen Brücken wurde angelegt. Bäume, lockere Gehölzgruppen und Blumenrabatten wurden angepflanzt und es wurde ein Obelisk aufgestellt. Das alles und noch viel mehr wurde von gewundenen Wegen durchzogen, die an verschiedenen Stellen Sichtschneisen freiließen. So zum Beispiel auf die Kirchtürme der nahen Stadt, die großen Fontaine oder die Leinemasch. Hier konnte nun von den hohen Herrschaften in schönster Landschaft lustgewandelt werden. Der Leibniztempel, der heute den Mittelpunkt des Gartens bildet, sollte zu diesem Landschaftsensemble allerdings erst später dazukommen. Ursprünglich auf einem Hügel am Waterlooplatz stehend, wurde er erst 1939 in den Georgengarten versetzt.

Nach Wallmodens Tod ging der Besitz des Landschaftsparks mit seinen Gebäuden in das Hannoversche Herrscherhaus über, und weitere Ländereien wurden dazu gekauft. Ab 1830 erneuerte der königliche Hofgarteninspektor Cristian Schaumburg die Parklandschaft. Zu Ehren König Georg IV., der nun König von Großbritannien, Irland und Hannover war, erhielt diese den Namen Georgengarten. Und auch in der Zeit danach veränderten sich die Gartenanlagen immer wieder. Sein heutiges Aussehen erhielt er erst Mitte des vorigen Jahrhunderts, nachdem er im 2. Weltkrieg auch zum Gemüseanbau benutzt worden war.

Auch östlich der zwei Kilometer langen Herrenhäuser Allee, die eine Verbindung vom Stadtschloss zum Sommerschloss darstellte, entstanden zu Beginn des 18. Jahrhunderts Gartenanlagen. Dort hatte sich Graf von Platen niedergelassen, der ein Lustschloss erbauen ließ, Schloss Monbrillant. Dieses wurde allerdings zwei Jahrhunderte später wieder abgerissen und nach Georgsmarienhütte versetzt. Anstelle dessen ließ sich dort König Georg V. als Sommerresidenz ein neues Schloss errichten, das Welfenschloss. Doch es sollte seinen Zweck nicht mehr erfüllen. Im Jahr 1866 wurde nach der Schlacht von Langensalza der Hannoveraner gegen die Preußen das Königreich von diesen annektiert.
Auch der Welfengarten, zunächst ebenfalls als Barockgarten angelegt, verwandelte in den drei Jahrhunderten seines Bestehens immer wieder sein Aussehen. Heute wirkt er zusammen mit dem Georgengarten wie eine Einheit, nur getrennt durch die Nienburger Straße. Und diese beiden englischen Landschaftsgartenanlagen bilden einen schönen Kontrast zu dem barocken Großen Garten mit seinen geometrischen Linien und Mustern und auch dem Berggarten, der ein botanischer Garten ist. Dieses ganze Ensemble der vier Herrenhäuser Gärten ist wohl einzigartig.

Wer die Gartenanlagen von Georgen- und Welfengarten erkunden will, der sollte sich viel Zeit mitbringen, oder immer mal wiederkommen. Wollte man alle Wege abschreiten, hätten man viel zu gehen. Wenn man auf den Stufen des Leibniztempels sitzt und auf das Wasser und in die Runde schaut, dann ist man dem hektischen Treiben der Stadt weit entrückt. Hier kann man eine schöne Natur in aller Ruhe auf sich wirken lassen, und das tut einfach gut. An schönen Sommertagen sind die vielen Wiesen ein beliebter Ruheplatz. Sich sonnen, lesen, oder einfach nur abschalten. In anderen Gartenbereichen wird gegrillt. Von unseren türkischen Mitbürgern besonders beliebt dazu ist die Wiese jenseits der kleinen Jägerstraße, die zum Wilhelm-Busch-Museum führt. Dort herrscht oft ein reges Treiben. Dampfwolken steigen in den Himmel, Grillgerüche breiten sich aus, Kinder laufen fröhlich umher. Andere mögen es sportlicher. Auf einer Rasenfläche wird Fußball oder Frisbee gespielt, an anderer Stelle rollen die Boulekugeln. Radfahrer und Inliner sind in der schnurgeraden Allee unterwegs, viele Studenten auch zur Leibniz-Uni. Touristen des Großen Gartens machen eine Kutschfahrt. Spaziergänger beobachten das Federvieh auf den Teichen. Schwäne, Enten, Möwen und manchmal ein Graureiher oder ein Kormoran. Mit etwas Glück kann man auch Schildkröten beobachten, die inzwischen in vielen hannoverschen Parkgewässern leben. Handelt es sich dabei um ausgesetzte oder die Europäische Sumpfschildkröte, die bei uns ganz natürlich ist? Und überall bestaunt man die schönen Bäume, die an vielen Stellen Platz haben, sich mit ihren Zweigen weit auszubreiten. Einmal im Jahr, am letzten Augustsonntagnachmittag, findet vor dem Wilhelm-Busch-Museum ein klassisches Konzert der Chopin-Gesellschaft statt. Dann ist die ganze Wiese davor voller Menschen. Picknickdecken sind ausgebreitet, meist scheint die Sonne dazu. Eine wundervolle Stimmung. Und so ist es auch überall in diesen Gartenanlagen. Überall findet man stimmungsvolle Bereiche. Weite Wiesenflächen oder versteckt liegende romantische, lauschige Ecken. Die Gärten sind eine Wohlfühllandschaft, egal ob für sportliche Aktivitäten oder zur Erholung. Und deswegen macht es in der Freizeit immer wieder Freude, sie aufzusuchen.

Siehe auch: Parkanlagen und Grüngebiete in und um Hannover

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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