Zu Besuch in der größten JVA Niedersachsens

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Als Gerichtsschöffe führte es mich heute hinter die schweren Türen der JVA-Hannover, Sightseeingtour der anderen Art. Es ist für mich wichtig auch zu wissen, was genau mit den Verurteilten passiert, nachdem der Hammer gefallen ist.

Kaum einer sitzt zwangsweise im Knast, jeder ist freiwillig da. Er hat für sein Zimmer bezahlt. Einer mit Mord, einer mit Todschlag, mit Vergewaltigung oder Diebstall.

In der größten Justizvollzugsanstalt Niedersachsens sind ca. 900 Inhaftierte und 550 Mitarbeiter untergebracht. Es ist wie eine Insel in der Großstadt, auf der viele mitwirken. Neben den Inhaftierten gibt es die Beamten im Vollzugsdienst, Sozialarbeiter, Ärzte, Pädagogen, Seelsorger, Psychologen, Küchenpersonal, sowie Fachleute für die Technik und Verwaltung.
Hier werden vielfältige Aufgaben ausgeführt. Neben der Strafhaft nach der Verurteilung gibt es auch die Untersuchungshaft z.B. bei Fluchtgefahr und die Abschiebungshaft für das Innenministerium. Zusätzlich werden Gefangene hier aus medizinischer Sicht begutachtet, sowie ärztlich behandelt und betreut, dies gilt auch für psychiatrische Häftlinge.

Gefängnisse gibt es bereits seit 1739 (Clevertorgefängnis) in Hannover, aber die Zeiten der Folter und des Fallschwertes sind endgültig vorbei.
Der wohl bekannteste Zellengenosse war der Massenmörder Haarmann, der in den 20er Jahren im Königlichen Gerichtsgefängnis zu Hannover beherbergt wurde, das 814 Haftplätze bereitstellte.
Unsere heutige JVA an der Schulenburger Landstraße hat 1963 den Betrieb (die Gefangenen) aufgenommen und einen jährlichen Durchlauf von 12.000 Straffälligen, da hier die größte Untersuchungshaftabteilung untergebracht ist.

Die Transportabteilung ist täglich mit drei Bussen in Norddeutschland im Einsatz.
Die Einweisungsabteilung besteht aus Psychologen, Pädagogen und Juristen, die den "Patienten" testen und beurteilen um ihn wieder auf den richtigen Weg zu bringen, damit weitere Straftaten vermieden werden.
Die Inhaftierten sollen nicht nur ihre Strafen verbüßen, sondern sie sind auch zur Arbeit verpflichtet. Es werden vielfältige Dinge produziert z.B. Büromöbel oder Metallgegenstände und die Ausbildung als Koch hat einen hohen Stellenwert. Von der hervorragenden Leistung des Küchenteams haben wir uns beim Mittagessen überzeugen können. Das viergängige Menü war ein Genuss, auch für die Augen, ein großes Lob an alle ! Zusätzlich werden weitere Lehren als Metallbauer, Orthopädieschuhmacher oder Tischler, die in der 1987 erbauten Abteilung Rehagen mit drei Häusern stattfinden, angeboten. Auch die handwerklichen Holzarbeiten hatten einen qualitativ sehr guten Eindruck hinterlassen. Es zeigt sich in jeder Hinsicht, das hier etwas zu lernen ist .
Zur Expo 2000 hatte die Stadt mit vielen Straffälligen gerechnet und diesbezüglich in Langenhagen am Flughafen eine Abteilung für Abschiebehäftlinge erstellt, das heute für Frauen oder Männer mit geringen Freiheitsstrafen genutzt wird. Des weiteren gibt es in der Haltenhoffstrasse noch eine Einrichtung für den offenen Vollzug.

Um den Jungs im Gefängnis sportliche Aktivität zu bieten, wurde der hauseigene Verein Justiz-SV ins Leben gerufen, in dem die Inhaftierten mit dem Gefängnispersonal spielt. Dort wird Tischtennis, Fußball, Volleyball, Jujutsu und Laufen (aber nicht Entlaufen) angeboten. Sollte es zu Wettkämpfen mit anderen Vereinen kommen, genießt diese Mannschaft jedes Mal den Vorteil des Heimspieles.

Ein eigenes Museum mit vielen erprobten Ausstellungsstücken ist auch zu bewundern, man bekommt einen Einblick über die kreativen Dinge, die zur Freiheit verhelfen sollen. Aber wir wollen unsere Gäste, die den Steuerzahler umgerechnet 94,-€ pro Tag kosten, lieber sicher verwahrt wissen !
Das Besuchsrecht eines Gefangenen beträgt hier großzügige 2 Stunden im Monat, andern Ortes ist es nur halb soviel.

Bei unserem Rundgang bekamen wir einen Überblick dieser geschlossenen Einrichtung, die baulich in einem desolaten Zustand ist. Wie bereits seit langer Zeit wird hier stets weiter gewerkelt, gebaut, abgerissen oder renoviert, diese Anstalt hinterließ größtenteils einen maroden Zustand, ein Leben auf Zeit ist hierin sicherlich nicht erstrebenswert !

Nach §5 des Nds. Justizvollzugsgesetzes sollen die Inhaftierten im Vollzug der Freiheitsstrafe fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Hierbei wünsche ich gutes Gelingen und jedem einen erfolgreichen Neustart !

Wer sich für dieses Thema interessiert, kann auch in den Onlineknast wandern. Unter knast.net steht jedem die Tür offen !

Bürgerreporter:in:

Steffen Liekefett = dl1osl aus Hannover-Bothfeld

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