Bergtouren in den Alpen
Zwischen Marmolata und Montblanc (Fotos: Kurt und Markus Wolter)

Das Dach der Alpen, der Montblanc.
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Die Alpen sind, wenn auch sie nicht zu den höchsten Gebirgen gehören, doch eine der schönsten und vielseitigsten Gebirgslandschaften der Erde. Ob die Dolomiten mit ihren bizarren und markanten Gipfeln, die grauen Kalkalpen oder der glatte Granit des Montblanc-Massivs. Diese und noch viel mehr unterschiedliche Gesteine prägen die 1200 Kilometer lange Gebirgskette, die mit dem Montblanc knapp an die 5000 Meter Höhe heran reicht. Fast jedes Jahr sind wir in den Alpen unterwegs und suchen uns dann jedes Mal andere Regionen aus, die es zu erkunden gilt und in denen attraktive Bergbesteigungen locken. Nicht immer klappt es mit dem Gipfel, wenn wir ihn auch meistens erreicht haben. Aber natürlich ist, wie es so schön heißt, der Weg auch das Ziel. Und dieser konnte für uns nach Möglichkeit ruhig etwas spannend und abenteuerlich sein.

Zum einen ist es die Großartigkeit und Vielseitigkeit der Landschaft, die eine reizvolle Bergtour ausmacht und die uns durch die verschiedenen Vegetationszonen führt. Zunächst geht es durch die dichten Fichten- und Lärchenwälder der tieferen Regionen, die irgendwann zu den lichter stehenden gedrungeneren Zirbelkiefern oder Arven überleiten. Daran schließt sich das nachfolgende Wiesengelände an, dann Moose und Flechten und noch höher hinauf Schotter- und Geröllgelände. Schließlich folgt der mehr oder weniger kompakte Fels, der von dem Firn und Eis der Gletscher umschlossen wird. Für Abwechslung ist also gesorgt. Und wie freut man sich, wenn man sich länger in den vegetationslosen Hochregionen aufgehalten hat, beim Abstieg wieder in das satte Grün und die prächtige Blumenwelt der unteren Bergregionen einzutauchen.

Zum anderen ist es der sportliche Aspekt, wird doch der Körper oft bis an seine Grenzen gefordert. Nicht selten dauern große Bergtouren bis an die 16 Stunden, die mit nur kurzen Pausen verbunden sind, hat man dann doch keine Muße für längere Aufenthalte. Und gerade in einer Höhe um die 4000 Meter ist die Luft schon ziemlich dünn. Das funktioniert dann nur mit ausreichender Akklimatisation. Sind für mich in den niedrigeren Ostalpen noch über 2000 Höhenmeter am Tag gut machbar, so sind es in den höheren Lagen der Westalpen nur noch höchstens 1500 Meter. Wenn wir dann meist schon am Morgen auf dem Gipfel stehen, dann liegt uns die Welt zu Füßen. Mal über den Wattebäuschen eines Wolkenmeeres, einmal auch inmitten einer Wolke, so dass wir nur wenige Meter Sichtweite hatten, mal bei vollkommen freier Sicht, so dass wir die halben Alpen überschauen können. Wir bewundern dann die oft formschönen Gipfel anderer Berge. Den Langkofel z. B., die Eiger-Nordwand, den Monte Rosa, das Weißmies, die Jungfrau und natürlich das Matterhorn, dass sich von allen anderen Gipfeln abhebt und das wohl jeder kennt.

Und wenn man von dort oben dann in der Mittagssonne auf dem Rückweg durch den sulzigen, aufgeweichten Firn, in den man tief einsinkt, stapft, dann müssen oft, zumal es zum Schluss manchmal wie am Großglockner, am Piz Palü oder am Montblanc zur Aiguille du Midi noch heftige Gegenanstiege gibt, die letzten Kräfte mobilisiert werden. Aber natürlich macht das, auch wenn es nicht selten mit Quälerei verbunden ist, doch irgendwie Spaß. Man hat am eigenen Körper erfahren, was er zu leisten imstande ist. Und das gibt einem ein gutes Gefühl und beschert so manchen Glücksmoment. Auch und gerade dann, wenn es für die eigenen Verhältnisse schwierig war.

Oft liegen diese Berggiganten unweit bekannter Alpenorte. Cortina, Heiligenblut, Saas Fee, Meran, Sulden, Grindelwald, Zermatt, St. Moritz, Chamonix, um nur einige zu nennen. Es ist auch interessant, diese Orte kennenzulernen. Doch nicht weit von ihnen hört der Trubel auf. Die Stille der Landschaft nimmt uns in sich auf, in der wir oft genug nur selten anderen Bergsteigern begegnen. Ein eindrucksvoller Kontrast.

Noch ein Aspekt macht eine Bergtour interessant. Nämlich dann, sein wir mal ehrlich, wenn es nicht ganz ungefährlich ist. Natürlich versucht man jeder Gefahr aus dem Weg zu gehen oder diese zu minimieren. Aber nicht immer ist das möglich, und gerade das macht eine Tour natürlich spannend und aufregend, jagd manchmal die Endorphine durchs Gehirn. Und wie immer und überall in den Gebirgen dieser Welt kommt es zu Unfällen, die auch tödlich verlaufen können. Nicht nur an den Achttausendern des Himalaya. So ist der Montblanc mit seinen Nebengipfeln ein abschreckendes und warnendes Beispiel dafür. Geschätzt 7.000 Menschen sind in diesem höchsten Gebirgsteil der Alpen ums Leben gekommen, und jedes Jahr kommen etwa 100 weitere dazu. Wir selber haben dort den Tod eines Bergsteigers miterleben müssen, der, von großen Felsbrocken getroffen, hunderte Meter in die Tiefe stürzte. Geschockt hatten wir damals unseren Besteigungsversuch aufgegeben. Oft passiert ein Unfall durch eigene Fahrlässigkeit. Meist im Abstieg, wenn die Kräfte und die Konzentration nachlassen. An anderen Situationen kann man nichts ändern. Ob z. B. Steinschlag, der Abbruch einer Felswand, wie wir es selbst erlebt haben, Eisbruch oder ein nicht vorher gesagter Wettersturz. Das und viel mehr kann zu nicht vorhersehbaren Gefahren führen. Man ist dann einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Doch sollte einen das von einer großartigen Bergtour abhalten? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Und natürlich ist es auch der Kick des nicht ganz Ungefährlichen, der eine Bergtour reizvoll macht. Es entsteht eine Spannung dabei, die einen dem mehr oder weniger eintönigen Alltagsleben vollkommen entrücken lässt.

Und dann kommt noch dazu, dass wir vollkommen frei sind. Keine feste Unterkunft, auf die wir angewiesen sind. Wir stellen unser sturmsicheres Kuppelzelt in allerschönster Landschaft auf, weitab vom Trubel der Touristenorte. Dort wo es besonders schön ist oder wo sich der günstigste Standort für die nachfolgende Besteigung befindet. Mal auf einer Wiese, mal im Fels, mal auf einem Gletscher. Doch meistens biwakieren wir unter freiem Himmel. Eingepackt in Biwaksack und Schlafsack machen da auch Minusgrade nichts aus. Und wenn man dort gemütlich liegt, vor dem in der Nacht beginnenden Aufstieg, dann kann man oft vor lauter Begeisterung mit dem Blick auf diese umgebende, fantastische Bergwelt nicht leicht in den Schlaf finden, muss man doch immer wieder gucken. Und tief unten sehen wir dann so manches Mal die Lichter einer Hütte oder die kleiner Ortschaften, in denen uns die Menschen dann fast schon leidtun, die in ihren langweiligen Unterkünften übernachten müssen.

Wenn wir dann bei großen Touren etwa gegen ein, zwei Uhr aufbrechen, so früh, um längst möglich den gefrorenen Firn nutzen zu können, auf dem es sich gut gehen lässt und um vor Anderen unterwegs zu sein, die von den Hütten erst später starten, dann haben wir einen funkelnden Sternenhimmel mit dem gleißenden Band der Milchstraße über uns oder der Mond leuchtet uns wie eine Laterne, so dass wir die Kopflampen auslassen können. Und dann das Stapfen in den sich rötlich einfärbenden Morgenhimmel hinein. Diese Stunden, die von der Nacht zum Tag übergehen, sind die schönsten des Tages, die unglaubliche Glücksgefühle erzeugen können. Zumal dann, wenn die tiefstehende Venus wie ein Diamant am Himmel funkelt und wenn bald darauf die höchsten Gipfel von der aufgehenden Sonne in glutrotes Licht getaucht werden.

Das alles und noch viel mehr machen Bergtouren so reizvoll, die uns immer wieder in diese eindrucksvollen Landschaften führen. Und darüber möchte ich in den nachfolgend aufgeführten Berichten erzählen, die ich in den vergangenen Jahren veröffentlicht habe. Von Touren in den unterschiedlichsten Regionen der Alpen. Egal in welcher wir auch unterwegs waren. Alle haben ihren besonderen Reiz und wir haben an jede von ihnen, und noch viel mehr andere, ganz besondere Erinnerungen, die wir nie vergessen werden. Sie können das Leben so sehr bereichern. Und das müssen nicht die Touren sein, die wir gemacht haben. Es reicht dazu auch ein Urlaub in einem schönen Alpenort, eine Bergwanderung durch bunte Blumenwiesen oder vielleicht der Besuch einer Hütte mit einer Seilbahn vollkommen aus. Für jeden gibt es das Passende. Und für jeden, der in diesem wunderbaren Gebirge wie auch immer unterwegs ist, ist Staunen angesagt. Staunen über so viel Großartigkeit der Natur.



Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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