Der Mensch - das gnadenloseste Raubtier der Erde

Man muss nicht unbedingt die Zähne eines Tyrannosaurus Rex haben, um ein großes Raubtier zu sein. Der Mensch bedient sich anderer Mittel. Und die sind viel effektiver.
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  • Man muss nicht unbedingt die Zähne eines Tyrannosaurus Rex haben, um ein großes Raubtier zu sein. Der Mensch bedient sich anderer Mittel. Und die sind viel effektiver.
  • hochgeladen von Kurt Wolter

Es gab den Tyrannosaurus Rex und den Säbelzahntiger. Es gibt den Weißen Hai, den Kodiakbär und den Löwen. Sie alle waren oder sind große Raubtiere, für den Menschen die letztgenannten, wenn er ihnen denn begegnet, mehr oder weniger gefährlich. Doch alle werden von einer Säugetierart an Gefährlichkeit übertroffen, die sämtliche anderen Raubtiere weit in den Schatten stellt. Und das ist unsere Spezies, der Mensch. Kein anderes Raubtier kann da konkurrieren, denn dieses eine tötet nicht nur um zu überleben, sondern oft unbewusst, um sich zu bereichern, oder sogar einfach nur aus Spaß. Eben mal auf einer Zugfahrt durch den Wilden Westen Tausende Bisons abknallen und den Großteil der Kadaver ungenutzt liegenlassen oder auf einer Elefantenjagd im indischen Dschungel Hunderte dieser eindrucksvollen Dickhäuter erlegen, weil es Freude bereitet, und auch der Trophäen wegen, mit denen man sich dann brüsten konnte. Oder er fängt heute Haie, schneidet ihnen die Rückenflosse ab und wirft sie wieder ins Meer, wo sie dann qualvoll verenden, damit wir beim Chinesen eine Haifischflossensuppe essen können. Geschätzt 10 bis 100 Millionen Haie jährlich werden gezielt oder durch Beifang deswegen getötet. Und der Mensch tötet nicht nur einzelne Tiere, sondern löscht ganze Arten aus, die einen dreieinhalb Milliarden Jahre alten Stammbaum haben. Von den ersten Bakterien bis zu den komplexesten Lebewesen der Gegenwart. Unwiederbringlich schneidet dieses größte aller Raubtiere den Lebensfaden der Evolution ab. Bei Tieren und Pflanzen, die große Klimaveränderungen, Meteoriteneinschläge und gewaltige Magmaausbrüche aus dem Erdinneren überlebt haben. Und das bei Lebewesen, die noch lange Zeiträume auf der Erde gelebt hätten, Millionen von Jahren und noch viel mehr. Dass dieses mörderische Raubtier dabei selbst seinen möglichen Untergang in Kauf nimmt, ist ihm zwar mehr oder weniger bewusst, scheint vielen dieser Spezies aber egal zu sein. Sie denken nur an ihren eigenen Vorteil. Manchmal auch um überleben zu können, meist aber aus Unbedachtheit und Gier.

Dabei kann man den früher lebenden Menschen keinen Vorwurf machen. Sie töteten wirklich, um überleben zu können, um Nahrung und Kleidung zu haben. Und auch wenn sie Arten zum Aussterben brachten - in nördlicheren Gebieten in Kombination mit einem Klimawandel, dem Rückgang der Eiszeit -, so war ihnen das doch nicht bewusst. Ob die Stellersche Seekuh, ein acht Meter langes und 10 Tonnen schweres Tier, das elefantenschwere Riesenfaultier Amerikas, den Auerochsen Eurasiens, das Wollnashorn, den riesigen Höhlenbären, die Säbelzahnkatze, den Riesenhirsch, den Tasmanischen Beutelwolf, den Elefantenvogel auf Madagaskar, der um die 700 Kilogramm schwer werden konnte und viele, viele andere. Vermutlich auch das Mammut, dessen letzte Vertreter sich bis vor 3700 Jahren auf einer sibirischen Insel halten konnten, wo sie dann an Nahrungsmangel starben. Sie alle rottete der Mensch unwissentlich aus. Und es war nicht der Neandertaler, der Eurasien nur äußerst dünn besiedelte. Es war unsere Gattung, der Homo sapiens, der vor 40.000 Jahren aus Afrika eingewandert war und sich schnell vermehrte. Überall, wo diese Spezies auftrat, starben die Großtiere in kurzer Zeit aus. Besonders gut erkennbar an abgeschotteten Gebieten wie Australien, Papua Neuguinea oder Madagaskar.

Heute jedoch ist das anders, weiß doch dieser Mensch um die Bedrohung zumindest der größeren Tiere. So leben vom Sibirischen Tiger in freier Wildbahn keine 500 dieser Großkatzen mehr. Den Berberlöwen gibt es in freier Wildbahn nicht mehr, nur noch in Zoos. Von den letzten 80 bis 90 sind aber nur noch wenige reinrassig. Vom Sumatra-Nashorn gibt es nur 80 Exemplare. 15 - 20 davon in freier Wildbahn, im Dschungel. Der Bestand der Elefanten in Afrika hat in den letzten 50 Jahren um 80 Prozent abgenommen. Ende dieses Jahrhunderts werden die grauen Riesen in freier Wildbahn dort wahrscheinlich nicht mehr leben, wird sich doch den Prognosen nach die Bevölkerung auf dem schwarzen Kontinent bis dahin vervierfachen. Diese zukünftigen Menschen brauchen Land. Für Städte, für Feldflächen, für ihr Vieh. Für sie ist das Überleben wichtiger als der Schutz der Arten, der Flusspferde, der Berggorillas, sogar der Löwen, deren Lebensraum in den letzten 50 Jahren um 75 Prozent abgenommen hat, oder der Nashörner. Das Nördliche Breitmaulnashorn wurde bereits vor wenigen Jahren ausgerottet. Es ist für immer von dieser Welt verschwunden. Die meisten Breitmaulnashörner leben in Südafrika. Allein in den letzten 10 Jahren wurde ein Drittel der 10.000 lebenden Nashörner von Wilderern getötet. Des Horns wegen, für das in China hohe Beträge gezahlt werden. Nach wie vor auch für Stoßzähne von Elefanten. Manche Wilderer sind mit militärischen Mitteln ausgerüstet, gehen sogar mit Hubschraubern auf Jagd. Die Gier und der Profit siegen. Da haben auch die Wildhüter keine Chance, die um ihr Leben fürchten müssen. So werden nach und nach immer mehr Tierarten verschwinden. In erster Linie aber wegen des Lebensraums, den ihnen der ganz gewöhnlich Mensch nimmt. Und da brauchen wir auch gar nicht wütend oder verächtlich auf Afrika oder Amazonien zu schauen. Haben wir es bei uns in Europa, in Deutschland anders gemacht? Nein! Wir haben den Bär, den Wolf, das Wisent, den Auerochsen, den Luchs, den Adler, den Biber und anderes Getier bis zum Aussterben verfolgt und getötet, weil sie uns lästig waren, unser Vieh gerissen haben, wir uns durch sie bedroht fühlten. Und nun, da manche dieser Tiere von allein oder durch mühsame Auswilderung zurückkommen, beklagen sich viele Menschen wieder darüber, sind sie ihnen doch wieder lästig. Wieder reißen diese Tiere Schafe, überschwemmen so manches Feld oder ängstigen Schwarz- und Rotwild in den Wäldern und machen es scheu, das die Jäger schließlich vor ihren Flinten bekommen wollen. Dass wir aber die wenige Natur, die wir immer noch haben, immer weiter mit Beton und Asphalt versiegeln, dass scheint einem Großteil der Menschen unseres Landes, die sich aber über die Vernichtung des Amazonasregenwaldes brüskieren, egal zu sein. Erstmal mit den Finger auf andere zeigen, dass scheint vielerorts die Devise zu sein. Dabei könnten wir, und was für die Erhaltung unzähliger Arten besonders wichtig wäre, zumindest Teilflächen unseres Landes der Natur überlassen. Doch das scheint aus Profitgründen kaum zu funktionieren. Natürliche Flächen machen nur einen winzigen Bruchteil unserer Landesfläche aus. So sind zum Beispiel nur 0,3 (!) Prozent unserer Wälder in einem natürlichen oder naturnahen Zustand. Das ist lächerlich und das ist ein Armutszeugnis. Wie sollen da Arten geschützt werden und überleben können?

Was das alles für Folgen haben kann und vermutlich haben wird, ist bei den meisten Menschen noch nicht ins Bewusstsein vorgedrungen. Es geht ja nicht nur um die Großtiere, sondern auch um die kleinen wie die Insekten und auch die Mikroorganismen im Boden. In einer Hand voll Erdreich leben mehr, als es Menschen auf diesem Planeten gibt, und das sind zurzeit, Tendenz stark steigend, fast acht Milliarden. Auf unseren Äckern töten wir diese Mikroorganismen, die den wertvollen Humus herstellen. Wir vergiften sie mit Pestiziden und überdüngen den Boden mit chemischen Substanzen. Bei immer weniger Bodenmikroorganismen muss in Zukunft immer mehr gedüngt werden. Und noch mehr Organismen sterben dadurch. Ein Teufelskreis. In den Forstplantagen, die den Großteil unserer Wälder ausmachen und die oft nichts anderes als ökologische Forstwüsten sind, werden die Bäume mit superschweren Harvestern geerntet, die den Boden bis in zwei Meter Tiefe verdichten und darin einen Großteil der Organismen den Lebensraum nehmen. Früher wurde das bodenschonend mit Pferden oder leichten Arbeitsgeräten gemacht, so dass auch Arbeitsplätze erhalten werden konnten. Auch kann das Regenwasser durch die Bodenverdichtung nur noch eingeschränkt versickern. Schon an leichten Hanglagen fließt das Wasser ungenutzt ab. Bäume verdursten und sterben.

Man sieht also, dass der Mensch im Gegensatz zu anderen Raubtieren, die nur die Tiere jagen, die sie auch fressen, ein riesiges Spektrum an Lebewesen vernichtet. Auch die, die er noch nicht einmal als Nahrung benötigt. Viele indirekt, indem er ihnen die Lebensgrundlage entzieht. Von den kleinsten Organismen bis hin zum Blauwal, der ebenfalls bedroht ist und der das größte Tier ist, das je auf der Erde gelebt hat. So hat der Mensch den Wal nicht nur Jahrhunderte gejagt und durch Explosivgeschosse in seinem Körper qualvoll getötet, sondern ihn auch seiner Lebensgrundlage beraubt. Durch den menschengemachten Klimawandel und die dadurch bedingte Erderwärmung schmilzt das Schelfeis der Pole dramatisch schnell ab. Die kleinen im Meer lebenden Algen, die auf die über ihnen schwimmende Eisdecke angewiesen sind, nehmen dadurch dramatisch ab. Sie dienen dem Krill, kleinen Krebstierchen, als Nahrung, der wiederum die Blauwale ernährt. So ist, wie auf unzähligen anderen Gebieten des Lebens, das eine mit dem anderen verbunden. Stört der Mensch diese Nahrungsketten und vernichtet einzelne Glieder davon, so kann das negative Folgen für ganze Populationen bedeuten. Alles hängt irgendwie mit allem zusammen. Kein Mensch weiß, wie viele Arten an Tieren und Pflanzen es auf unserem Planeten gibt. Der Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen schätzt die Zahl – wobei vermutlich ein Großteil der Arten noch gar nicht entdeckt ist – auf neun Millionen. Und eine Million davon soll durch den menschengemachten Klimawandel gefährdet sein, wobei viele Arten durch den Menschen bereits ausgerottet wurden.

Das alles und noch viel mehr ist eine ernsthafte Bedrohung für den Menschen selbst, der sich das meist nicht wirklich klarmacht und der den Artenschwund unterschätzt, der genauso von Bedeutung ist wie der Klimawandel auch. Wenn unzählige Arten verschwinden, beginnend bei den Kleinsten, den Mikroorganismen im Meer und im Erdboden, die den Anfang der Nahrungskette bilden, dann haben es auch aufsteigend die immer größer werdenden Arten schwer. Schlimmstenfalls können auch sie nicht mehr existieren. Der Kreislauf des Lebens wird unterbrochen. Und wir Menschen, das gefährlichste aller Raubtiere, sind es, die etwas dagegen tun könnten. Warnende Stimmen aus der Wissenschaft gibt es genug. Aber die Politik reagiert kaum darauf, macht hin und wieder durch Renaturierung von Landschaften oder Auswilderungen von Tieren in dieser Richtung auf sich aufmerksam und verkauft das dann als große Erfolge. Aber im Gesamtgefüge sind es, so erfreulich sie auch sind, eben nur Minierfolge und die Situation im Großen und Ganzen wird immer ungünstiger für ein vielfältiges Leben auf der Erde. Und das Mantra, dass uns das selbst gefährden könnte oder sogar wird, scheint das Raubtier Mensch nicht zu beeindrucken. Es macht ungebremst weiter wie bisher.

Nachtrag

Im Mai 2019 stellt der Biodiversitätsrat der Vereinten Nationen fest:
- Seit es Menschen gibt ging es der Natur noch nie so schlecht wie heute.
- Eine Million Tier- und Pflanzenarten könnten bis Ende des Jahrhunderts aussterben.
- Drei Viertel des Landes und zwei Drittel der Meere sind stark von Menschen verändert.
- Die Fläche der Städte hat sich seit 1992 verdoppelt.
- Die Plastikverschmutzung hat sich seit 1980 verzehnfacht.
- Selbst wenn die Menschheit umsteuern würde, was sie nicht tut, ginge das Artensterben noch jahrzehntelang weiter.

Siehe auch: https://www.myheimat.de/hannover-bemerode-kirchrod...

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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