Pilgern heute

Monte de Gozo (Berg der Freude). Von hier aus sieht der Pilger erstmals die Türme von Santiago de Compostela
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  • Monte de Gozo (Berg der Freude). Von hier aus sieht der Pilger erstmals die Türme von Santiago de Compostela
  • hochgeladen von Manfred Hermanns

Pilgern ist ein weltweites altes und gleichzeitig wieder neues aktuelles Phänomen. Uralt sind interkontinentale Handelswege und Heerstraßen, aber auch religiöse Pilgerwege. Menschen machen sich weltweit auf den Weg, um zu sich selbst und über sich hinaus zu Gott zu finden. Sie scheuen dazu keine Mühen und Strapazen. Hindus pilgern zum Ganges, Muslime nach Mekka und Christen seit mehr als einem Jahrtausend nach Jerusalem, um Jesus von Nazareth, der dort gewirkt, gepredigt und gelitten hat und am Kreuz starb, als Christus zu finden und zu verehren. Ferner pilgern Gläubige nach Rom, wo Simon Petrus und Paulus in der Nachfolge Christi ihr Leben als Zeugnis für Christus hingaben, und schließlich auch nach Santiago de Compostela, wo der Überlieferung nach Jakobus der Ältere, der erste Bischof von Jerusalem, begraben ist. Zwar vermag der Mensch den Sinn seines Lebens auch zu Hause finden, wenn er ganz still und ruhig bei sich selbst ist, aber viele zieht es eben doch zu den Ursprüngen, zu den sichtbaren geographischen Räumen, an denen Heil für die Menschheit gewirkt worden ist, zu heiligen Orten, die Geheimnisvolles in sich bergen, das die Ratio allein nicht erfasst, das sich aber doch dem Herzen der Menschen im vertrauensvollen Glauben und Sehnen ahnungsvoll erschließt.

Wer pilgert, macht sich auf einen Weg. Auf dem Weg sein, ist mit körperlichen Anstrengungen verbunden. Der Weg ist oft mühsam und beschwerlich. Er kann an die Grenzen seiner Kräfte gelangen. Dabei vollzieht sich auch etwas im Innern des Pilgers. Er kann neue Erfahrungen an Körper, Geist und Seele machen, in Gebet und Meditation, in der Einsamkeit des Weges oder auch in der Begegnung mit anderen Menschen. Manche erfahren dabei Glück und Gottesnähe. Pilgern kann helfen, über persönliche Probleme und Krisen hinwegzukommen. Pilger blicken nach vorn, sie wollen ein Ziel erreichen, auch wenn es nicht immer Santiago, Jerusalem oder Rom ist, sondern ein gewähltes Teilziel. Das Wort Pilgern geht auf das lateinische Wort „peregrinus“ zurück, das Fremdling bedeutet. Der Pilger geht in die Fremde. Er erfährt dabei etwas von der Wanderschaft des Lebens, er erfährt, dass der Mensch letztlich Fremdling auf dieser Erde ist. Das Pilgern ist kennzeichnend für den Lebensweg des Menschen.

Die Neuzeit entdeckt das Pilgern wieder. Jahrhunderte nach Renaissance und Reformation war das Pilgern nach Santiago im Nordwesten Spaniens und auch zu anderen Pilgerzielen wie Rom, Jerusalem oder Trondheim nur ein Anliegen von kleinen Minderheiten. Seit wenigen Jahren vollzieht sich ein Aufbruch, eine Bewegung hin zum Grab des heiligen Jakobus. Hunderttausende machen sich auf, manche vom eigenen Haus wie im Mittelalter, andere nach einer Auto-, Bahn- oder Flugreise erst von den Pyrenäen. Wieder andere entscheiden sich dafür, eine Teilstrecke zu gehen - dafür gibt es viele gute Gründe. So hat die 2006 gegründete Region Norddeutschland der schon 20 Jahre älteren Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft e.V. beschlossen, die alten Wege der Jakobspilger in Norddeutschland wieder zu entdecken, aber dort, wo heutiges Pilgern wegen allzu großer Siedlungs- und Industriedichte wenig sinnvoll erscheint, auch neue Pilgerwege zu erschließen, z.B. den Weg über das Benediktinerkloster Nütschau, das es im Mitttelalter nicht gab. Der Pilger soll sich auch an den landschaftlichen Schönheiten erfreuen. Kirchen und Kapellen am Weg laden zur Besichtigung, zum Erleben des sakralen Raumes, zum Gebet und zur Meditation ein. Die Routen wurden durch ehrenamtlich tätige Mitglieder festgelegt und markiert, insgesamt rund 1300 km. Dazu hat die Gesellschaft es sich zum Ziel gesetzt, preiswerte Pilgerherbergen und Unterkünfte ausfindig zu machen, die bei der Region Norddeutschland der St. Jakobus-Gesellschaft zu erfragen sind. Den Pilgerausweis (Credential) erhält der Pilger gegen eine Spende von 3-5 € bei der Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft e.V., Tempelhofer Straße 21, D-52068 Aachen, Fon 0241 4790127, FAX 0241 4790112 oder auch im Pilgerbüro von St. Jacobi in Hamburg.

An dem Entstehen dieses Pilgerführers durch einen Teil der norddeutschen Region, von der Hansestadt Lübeck über die Hafen- und Weltstadt Hamburg und über Wedel bis zur Hansestadt Bremen, der bei myheimat in mehreren Beiträgen (Pilgerweg Lübeck - Hamburg, Jakobspilgerweg in Hamburgs Innenstadt, Pilgerweg von St. Jakobi bis Wedel, Pilgerweg Wedel - Bremen u.a.) erscheint, hat außer dem Verfasser vor allem Klaus Letulé durch Wegerkundung und Wegbeschreibung entscheidend beigetragen. Zudem haben direkt oder indirekt weitere Personen mitgewirkt. Dank ihrer Arbeit, ihrer Informationen, Hinweise, Ratschläge und Korrekturen ist zu hoffen, dass mit diesem Internet-Pilgerführer dem norddeutschen oder auch skandinavischen und baltischen Pilger ein Wegweiser an die Hand gegeben ist, der ihm kulturelle Anregungen, geschichtliche Erklärungen, spirituelle Impulse und sachdienliche Informationen mit auf den Weg gibt.

Dieser Beitrag, der als Einladung zu weiteren Beiträgen gedacht ist, will mit seinen Bildern auf die Pilgerwege Frankreichs und Spaniens hinweisen, aber auch schon die Freude an den Pilgerwegen über Norddeutschland wecken. Von St. Jacobi in Hamburg bis zum Grab des heiligen Jakobus hat der Pilger noch 2700 km zu bewältigen. Vorfreude ist ein starker Antrieb sich auf den Weg zu begeben. Deshalb geben die folgenden Bilder einen ersten Einblick in die Jakobspilgerwege in Deutschland (Münster i.W., Köln, Trier), Frankreich (Reims, Tours, Vezelay, Arles, St. Gilles, Toulouse), der Schweiz (Rapperswil, Einsiedeln, Flüelen) und Spanien (Roncesvalles, Punta La Reina, Eunate, Burgos, Leon) und dem Ziel Santiago de Compostela.

siehe auch: http://www.myheimat.de/buchholz-in-der-nordheide/k...
http://www.myheimat.de/hamburg/kultur/pilgerweg-lu...
http://www.myheimat.de/hamburg/kultur/pilgerweg-vo...
http://www.myheimat.de/harsefeld/kultur/pilgerweg-...

Weitere empfehlenswerte Literatur:
Friedemann Bedürftig: Bildatlas Pilgerstätten und heilige Orte. Köln: Naumann und Göbel Verlagsgesellschaft 2010. ISBN 978-3-625-12414-6
Patrick Heiser, Christian Kurrat (Hrsg.): Pilgern gestern und heute. Soziologische Beiträge zur Religiösen Praxis auf dem Jakobsweg. Münster: LIT Cerlag 2012, 2. Aufl. 2014. ISBN 978-3-643-11889-9
Raimund Joos: Pilgern auf den Jakobswegen (= OutdoorHandbuch, Bd. 197). Welver: Conrad Stein Verlag . ISBN 3-86686-197-4

Bürgerreporter:in:

Manfred Hermanns aus Hamburg

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