Das Emsland - vom Elends-Land zum Erfolgs-Land

Torf im Moormuseum
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Für den Landkreis Emsland - nach dem ihn durchfließenden Fluss Ems benannt - im Westen Niedersachsens steht das Autokennzeichen EL - für Spötter Elendsland. Das war es auch - bis in die 50er Jahre. Es war in der Tat von Armut geprägt, denn große Teile der Region waren und sind Moor- und Heidegebiete, das größte Moor das Bourtanger Moor, das sich im Westen bis in die Niederlande erstreckt und nach dem niederländischen Festungsstädtchen Bourtange benannt ist. Die Menschen lebten vom mühsamen Torfabbau ohne Maschinen. Man erinnere sich an nicht gerade ruhmreiche Zeiten, als das Moorlied geschaffen wurde: „Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor…“ 1933 sangen es Häftlinge des Konzentrationslagers Börgermoor bei Papenburg, einem von drei Lagern des Emslandes, in dem vorwiegend politische Gegner des Nazi-Regimes gefangen gehalten wurden. Mit einfachen Werkzeugen wie dem Spaten mussten sie das Moor kultivieren. Einer der bekanntesten „Schutzhäftlinge“ im KZ Esterwegen war der Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky.

Aber dann, als der Spuk vorbei war, wurde das EL zum Erfolgs-Land. Man hatte Erdöl unter dem Moor entdeckt und förderte es. Bis heute sieht man die Ölnicker - so genannt, weil die Tiefpumpen ein Gestänge im Bohrloch auf und ab bewegen, was aussieht, als ob sie nickten. Künstler haben sogar einige bemalt. Maximilian Ziegner machte aus einem den „Emsland-Storch“.

Dass es ein Moormuseum gibt - es befindet sich in Groß Hesepe -, das nicht nur die Unterschiede zwischen hellem und schwarzem Torf erklärt sowie Hoch- und Niedermoor und wieviel es in einem Jahr wächst und dass ein Handarbeiter für einen Hektar 500 Stunden brauchte, während der spätere Tiefkultur-Pflug Mammut mit einem Gewicht von 30 Tonnen und vier Meter hohem Rad den Hektar in fünf Stunden bewältigte bei einem Tiefpflug bis 2,20 Meter, sondern auch über Flora und Fauna des Moors berichtet, versteht sich von selbst. Wie die Bauern damals lebten, wird ebenfalls eindrucksvoll belegt. Auf dem „Siedlerhof“ werden alte vom Aussterben bedrohte Haustierrassen wie Bentheimer Landschafe, Bunte Bentheimer Schweine und Westfälische Totlegerhühner gezüchtet und vermarktet (www.moormuseum.de). Im Museumscafé kann man Bratwürste vom Schaf und Schwein probieren oder Buchweizen-Pfannkuchen, ebenfalls eine Spezialität.

Alle, ob Sport-, Kultur- oder Natururlauber, werden das Emsland mögen. Radtouren entlang Ems und Hase, einem Nebenfluss der Ems, die bei Meppen in den Dortmund-Ems-Kanal fließt und auf dem über 110 Kilometer Kanufahren möglich ist. Meppen, „Stadt im Grünen - Stadt am Wasser“, besitzt ein sehenswertes Rathaus aus dem Jahr 1408, in dessen historischem Ratssaal man sich eine Führung gönnen sollte.
Große Faszination löst Schloss Clemenswerth am Ortsrand von Sögen aus. Als barockes Jagdschloss 1737 als Alleesternanlage erbaut durch den Wittelsbacher Clemens August (1700-1761), Kurfürst und Erzbischof von Köln, auch „Herr der fünf Kirchen“ geheißen - er besaß zudem die Bischofsstühle von Paderborn, Münster, Hildesheim und Osnabrück und war Hochmeister des Deutschen Ordens -, ist der Prunkbau von acht Pavillons umringt. Der Pavillon mit dem kleinen Turm ist die Schlosskapelle, die wegen ihrer reichhaltigen Ausstattung gern als die „nördlichste Rokoko-Kapelle Bayerns“ bezeichnet wird. Acht Lindenalleen, jede zweite davon doppelreihig angelegt, führen zum Mittelpunkt, dem Jagdschloss. Sieht man von einem Punkt im Innern des Schlosses durch die jeweiligen Fenster, glaubt man es kaum, man sieht die Alleen, aber nicht die Pavillons, ein Wunderwerk der Architektur und heute die einzige noch erhaltene Alleesternanlage weltweit. Von den diversen Ausstellungen in den Räumlichkeiten sind barocke Glaskunst, die Sammlung Straßburger Fayencen und die Porzellan-Sammlung als herausragend zu nennen.

Das ganze Emsland ist ländlich und von der Natur geprägt, viel Wald, alle Wälder tragen Herzogsnamen: Eleonorewald, Karlswald… Gärten sind die Leidenschaft vieler Einwohner. Bauernhöfe öffnen ihre Gärten für Besucher, etwa der Kräuterhof Rosen in Bramhar mit Hofladen und angeschlossenem Café und selbst gebackenem Brot und Kuchen. Auch wer Mühlen mag, wird im Emsland fündig. Die Hüvener Mühle etwa ist eine der letzten komplett erhaltenen kombinierten Wind- und Wassermühlen Europas, die vom Fluss Mittelradde seit 2006 wieder angetrieben wird, idyllisch gelegen und ist Standesamt für Romantiker und alle Ja-Sager.

Kultur und Natur vereint findet man auf der „Straße der Megalithkultur“, aus der Jungsteinzeit stammende Großsteingräber so dicht aneinander gereiht wie wohl kaum anderswo, und die Findlinge sind teilweise drei Meter groß.

Auch an Genießer ist gedacht. Der radlerfreundliche Landgasthof Backers in Twist mitten im Naturpark Bourtanger Moor serviert neben mediterranen Köstlichkeiten mehrfach ausgezeichnete regionale Jahreszeitenküche, er verleiht Räder und hat auch eine E-Bike-Ladestation, und er vermietet Zimmer (www.gasthof-backers.de).
Mitten im Herzen des Hasetals zwischen Meppen und Haselünne bietet der familiengeführte Landgasthof Redeker Gastlichkeit und Gaumenfreuden von früh bis spät (www.landgasthof-redeker.de). Das Jagdhaus Wiedehage in Haselünne, ein ehemaliger Adelshof, lädt vom 23. August bis 7. September zu Spezialitätenwochen, in denen der Besitzer seine Kochkunst präsentiert (www.jagdhaus-wiedehage.de). Sogar Emsland-Biere und die Emsländer Brennereikunst kann man überall kennenlernen.

Bürgerreporter:in:

Elke Backert aus Hamburg

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