Was blieb, war die Erinnerung- Ausstellung in der Blauen Ente wird verlängert

Im Gepäck der vertriebenen Familien befanden sich nicht nur notwendige Gegenstände für den Haushalt in der neuen Heimat, auch Erinnerungsstücke gehörten natürlich dazu. Die Familie Martin hatte unter anderem ein 90 Jahre altes Kreuz, einen 100 Jahre alten Rosenkranz, 150 Jahre alte traditionelle Tücher sowie ein in der Kriegsgefangenschaft des Vaters gefertigtes Zigarettenetui im Gepäck. | Foto: Nicole Schneider/ Stadt Leipheim
  • Im Gepäck der vertriebenen Familien befanden sich nicht nur notwendige Gegenstände für den Haushalt in der neuen Heimat, auch Erinnerungsstücke gehörten natürlich dazu. Die Familie Martin hatte unter anderem ein 90 Jahre altes Kreuz, einen 100 Jahre alten Rosenkranz, 150 Jahre alte traditionelle Tücher sowie ein in der Kriegsgefangenschaft des Vaters gefertigtes Zigarettenetui im Gepäck.
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Die Ausstellung „Heimat? Neubeginn in Leipheim nach 1945“ im Heimat- und Bauernkriegsmuseum Blaue Ente in Leipheim liefert Einblicke in die Lebensgeschichten von Menschen, die nach 1945 auf der Suche nach einer neuen Heimat waren – oder aus dem Krieg zurück kamen und ihren Platz in der Gesellschaft wiederfinden mussten. Auf Grund des anhaltenden Interesses wird die Ausstellung bis zum 24. März verlängert.

Am 26. April 1945 war der Krieg für die Leipheimer zu Ende – ihre Stadt hatte sich verändert und veränderte sich weiter. Neue Bürger und Bürgerinnen kamen an: Vertriebene, befreite Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge sowie aus dem Krieg zurückkehrende ehemalige Soldaten. Sie alle fanden in Leipheim eine neue oder vorübergehende Heimat.

Im September 1946 kam so auch Josef Martin mit seiner Familie nach Leipheim – vertrieben aus seiner Heimat im Sudetenland. Er versuchte so schnell wie möglich Fuß zu fassen. Als Obmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Ansprechpartner für andere Vertriebene, die in Leipheim eine neue Heimat gefunden hatten, machte er sich in der Stadt einen Namen. Auch in der Politik engagierte er sich: 16 Jahre lang war er Stadtrat und außerdem Kreisrat. Er wollte in seiner neuen Heimat mitbestimmen und mitgestalten. Auch wenn die alte Heimat ihn bis zu seinem Tod im Jahr 1985 nie los ließ. 1909 in Sandhübel im Sudetenland geboren, war er nach Kriegsende inhaftiert worden. Seine Familie landete nach der Vertreibung in einem tschechischen Sammellager. 40 Wochen warteten sie dort auf ein Wiedersehen mit dem Vater. Mit einem der letzten Transporte fuhren die Martins schließlich in Richtung Westen. Nach einem kurzen Aufenthalt in Augsburg wurde die Familie nach Günzburg transportiert. Dort fand die endgültige Zuteilung statt, die Familie Martin sowie weitere Verwandte wurden nach Leipheim geschickt. Josef Martin suchte und fand Arbeit - in Neu-Ulm, aber auch bei der Firma Kübel in Leipheim als Steinmetz. Später war er bei der Firma Wanzl beschäftigt. Seine Freizeit widmete er der Hilfe für andere Vertriebene, unterstützte sie in jeglicher Art und Weise. Unermüdlich schrieb er auch Gedichte über den Verlust der Heimat und das neue Leben in der Fremde. Erhalten geblieben sind nicht nur diese Gedichte, sondern auch viele Gegenstände, die Josef Martin sowie die Schwiegereltern, die Familie Hauke, mit nach Leipheim brachten – die Aussiedlungskiste, ein Kruzifix, eine Mohnmühle und vieles anderes werden heute von den Kindern von Josef Martin in Ehren gehalten.

Nun sind diese Erinnerungsstücke erstmals zu sehen – in der Sonderausstellung „Heimat? Neubeginn in Leipheim nach 1945“, die noch bis 24. M#rz jeden Sonntag zwischen 14 und 17 Uhr im Heimat- und Bauernkriegsmuseum Blaue Ente zu sehen ist. Führungen sind auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Führungen, auch außerhalb der Öffnungszeiten, können bei Jörg Grafe, Tel. 08221/72 199 vereinbart werden.

Bürgerreporter:in:

Thomas Rank aus Günzburg

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