Daniela Böhm:"Jede(r) Einzelne ist durch seinen Fleisch- und Fischkonsum mitverantwortlich daß Tiere leiden " - Ein Interview über Mahnwachen am Schlachthof mit der Tierschützerin und Autorin

Daniela Böhm im Interview | Foto: Florian Blau
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Sie ist Buchautorin und auch Tierschützerin. Daniela Böhm. An rund 25 Mahnwachen hat Daniela Böhm bereits vor dem Münchener Schlachthof teilgenommen. Die Mahnwachen werden oft Bundesweit veranstaltet und die Teilnehmer sind während dieser Zeit miteinander vernetzt. Über die Mahnwache und was Daniela Böhm erlebt hat, darüber habe ich mit ihr ein Interview geführt.

Thomas Rank: Wie viele Mahnwachen hast d



u bis jetzt abgehalten?

Daniela Böhm:Ungefähr 25 Stück in den letzten vier Jahren. Das klingt wenig, aber in München gehen die Mahnwachen ja oft über zwanzig Stunden,
also auch die ganze Nacht hindurch. Der Hintergrund dabei ist, dass die Schweine dort ab den späten Abendstunden angeliefert
und tief in der Nacht geschlachtet werden. Die Rindertransporter hingegen kommen morgens.

Thomas Rank: Wie bereitet man sich auf die Mahnwache vor?

Daniela Böhm:Ich weiß nicht, ob man sich darauf „vorbereiten“ kann. Mittlerweile weiß ich ja zu gut, was mich an diesen Tagen erwartet.
Meistens nehme ich mir vor, früh schlafen zu gehen, das klappt aber in der Regel gar nicht. Ich betreue die jeweiligen Veranstaltungsseiten
auf Facebook und gerade beim Mahnwachenaktionstag, der vier mal im Jahr in ganz Deutschland stattfindet, gibt es kurz vorher dann noch einiges,
was kommuniziert oder beantwortet werden muss. Natürlich stimme ich mich innerlich auf die vor mir liegende Mahnwache ein - d.h. in München
oder Buchloe.

Thomas Rank: Wie fühlt man sich, wenn man machtlos vor dem Schlachthof steht und die Tiere hört?

Daniela Böhm:Die Antwort ist teilweise in der Frage enthalten - machtlos! Es ist eine ohnmächtige Hilflosigkeit, die einen da immer wieder überfällt.
Man kann nichts tun, um den Tod dieser armen und verzweifelten Wesen zu verhindern. Wenn man die verzweifelten Blicke aus den Transportern sieht, die Angst spürt und riecht, die Schreie der Schweine und Rufe der Rinder hört - das ist erschütternd. Man empfindet Trauer und tiefen Schmerz, manchmal auch eine
große Wut. Wut gegen das gnadenlose System der Fleischindustrie, welches Mitlebewesen dieses Planeten, die lange vor uns Menschen hier waren, das Leben gewaltsam entreißt. Eine Industrie, die über Leichen geht, im wahrsten Sinne des Wortes, und der es egal ist, dass sie mitverantwortlich ist, dass unser Planet durch den massiven Fleischkonsum und die enorme Überproduktion zugrunde geht. Ein System, dessen Verantwortlichen es gleichgültig ist, ob die Menschen durch antibiotikaverseuchtes Fleisch und andere tierische Produkte der Massentierhaltung, alle möglichen Krankheiten bekommen. Eine Vernichtungsmaschinerie, die Menschen ausbeutet, indem sie diese für einen Hungerlohn und unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten lässt; ein Industriezweig, dem es einerlei ist, dass in Südamerika Regenwälder für den absurden Fleischwahn abgeholzt werden, um Soja an Nutztiere in Europa zu verfüttern. Die Ressourcenverschwendung dieser durch und durch rücksichtslosen Industrie an Wasser, Weideland, Soja und Getreide ist enorm! Wäre dieses System eine Firma, wäre sie schon längst bankrott. Es ist ein System, das durch und durch krank ist - ich würde es pervers nennen. Die gesamte Bilanz ist einfach nur negativ, ganz gleich, wie man es betrachtet. Jeder Einzelne ist gefragt, damit dieser Wahnsinn gestoppt wird und jeder Einzelne ist durch seinen Fleisch- oder Fischkonsum mitverantwortlich, wenn es nicht endlich aufhört, dass Tiere in jeder Sekunde milliardenfach leiden und unser Planet dabei zugrunde geht.

Thomas Rank: Wie läuft eine Mahnwache ab?

Daniela Böhm:Es dauert immer eine Zeitlang, bis alle Grablichter angezündet sind - je nach Wetterverhältnissen auch länger, wenn z.B. viel Wind geht.
Meistens sind dann aber schon ein paar Leute vor Ort und helfen mit. Mir ist es wichtig, immer wieder zu betonen, dass die Mahnwachen keine Demos sind,
sondern zum Gedenken an die Tiere stattfinden. Es sollen auch Lichter der Hoffnung für eine bessere und tierleidfreie Welt sein, und in München ist damit immer eine Spendensammlung für Lebenshöfe verbunden - Orte, an denen Tieren ein glückliches Dasein beschieden ist. Gleichzeitig ist es natürlich eine friedliche Protestaktion, die ein Teil der Widerstandsbewegung für die Tiere ist. In München stehen wir, bzw. die Aktivist*innen, immer wieder an der Einfahrt Spalier und halten Bilder hoch, um sie den Fahrern der Tier- und Fleischtransporter entgegenzuhalten. Es ist wichtig, und zeichnet die Mahnwachen aus, gerade hier, an diesen Orten, Nein zu dem großen Unrecht an den Tieren zu sagen. Den Leuten, die unmittelbar an ihrem Tod beteiligt sind, zu zeigen, dass es andere Menschen gibt, denen das, was hier geschieht, nicht gleichgültig ist, und die für die Tiere einstehen.

Thomas Rank: Wie ist die Resonanz auf die Mahnwachen?

Daniela Böhm:Vor Ort ist das ganz unterschiedlich und reicht von Verständnis, Zustimmung, Ablehnung, die Aktion ins Lächerliche ziehen, Gleichgültigkeit bis hin zu konstruktiven Diskussionen mit Mitarbeitern und zu wuterfüllter Ablehnung und Unverständnis für das, was wir tun, bzw. wofür wir mit unserer Aktion einstehen. Da ist wirklich alles dabei.

Thomas Rank: Diese Mahnwachen laufen teilweise zeitglich Bundesweit. Seid ihr während dieser Zeit in Kontakt?

Daniela Böhm:Ja - zu den Mahnwachenaktionstagen sind wir untereinander über die einzelnen Veranstaltungsseiten auf Facebook vernetzt.

Thomas Rank::Viele Prominente sind Veganer. Haben die von diesen Aktionen schon mal erfahren?

Daniela Böhm:Das kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall hat der Schauspieler und Tatortkommissar Udo Wachtveitl schon davon erfahren -
er hat die Petition an den Bürgermeister der Stadt München zur Aufklärung der Strafanzeige von PETA e.V. gegen den Münchner Schlachthof unterstützt.
Für die Presse war er dann vor Ort; das war aber nicht direkt bei einer Mahnwache.

Bürgerreporter:in:

Thomas Rank aus Günzburg

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