War das ein Weihnachtsmarkt ?!

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Nikolaustag und ich habe frei. Ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt soll es werden. Ich steige in den Bus, der Richtung Bahnhof fährt. Noch ist gut Platz. Nur eine Station weiter ändert sich das. Junge Familien mit Kinderwagen wollen einsteigen. Eine junge Mutter steht allein mit ihrem Kinderwagen und hat sichtlich Schwierigkeiten. Keiner macht auch nur den Versuch der Frau zu helfen. Im Gegenteil, da werden noch schnell Rücksäcke auf die wenigen Sitze gestellt, damit da bloß niemand auf die Idee kommt, sich neben einen zu setzen. Eine andere junge Frau zeigt dann erbarmen und hilft der Frau beim Einsteigen. Böse Blicke muss die junge Mutter erdulden, weil der Kinderwagen nun mal Platz braucht. Ist dass Weihnachtsstimmung in Gießen?
Am Bahnhof steige ich aus. Im Bahnhof fallen mir die vielen Polizisten auf. Adventstimmung fühlt sich anders an. Sie sollen Sicherheit vermitteln, aber bei mir stellt sich ein ungutes Gefühl ein. Wirklich Weihnachtsmarkt oder doch zu Hause bleiben? Nein, ich will Weihnachtsstimmung ernten. Ich steige in den Zug ein und fahre nach Grünberg. Der Himmel ist grau und der Wind pfeift einem um die Ohren. Die Temperaturen sind zu mild. Man könnte denken, es ist Oktober. Immer noch keine Weihnachtsstimmung zu erkennen. Der Weg geht über die B49 in die Altstadt. Auf dem Marktplatz stehen die Buden des Grünberger Weihnachtsmarktes. Eine Bühne aus Stahl und schwarzem Stoff, auf der ein Musiker keine Weihnachtsmusik spielt. Schlager wie auf dem Oktoberfest dröhnen über die Lautsprecher. Der Duft von Glühwein und heißem Met steht in der Luft. Bratwurst, Bratwurst und wieder Bratwurst. Schade, hier ist Weihnachten so weit weg. Plötzlich bekomme ich einen Teller in die Hand gedrückt. Ein junger Mann steht da vor mir und schaut mich lächelnd an. Danke sagt er und zeigt auf ein Schild an einer Marktbude. Darauf kann ich folgendes Lesen: Die Flüchtlinge aus Eritrea und Äthiopien sagen Danke Grünberg. Wir sind glücklich hier sein zu dürfen und laden sie ein!
Mit Speisen aus ihrer Heimat versuchen sie sich zu bedanken. So erschrocken wie ich waren viele Menschen, die einen Teller in die Hand bekamen. Da sagt jemand Danke! Man kann sich kaum verständigen, weil die Sprache noch nicht sitzt, aber Augen und Gesichter können viel sagen. Diese Flüchtlinge möchten den Kontakt und manche Weihnachtsmarktbesucher lassen sich darauf ein. Ein Stück Weihnachten? Mein Weg führt mich am alten Rathaus der Stadt vorbei. Ein Holzschild zeigt den Weg zum Mittelalterlichen Dorf. Auf dem Platz beim Diebsturm stehen die Zelte. Der Geruch von Holzfeuer begrüßt den Besucher. Das Hämmern der Schmiede und die Lieder der Musikanten dringen ins Ohr. Bunte Farben bei den Marktständen leuchten und ziehen den Besucher an. Hier findet man handgearbeitete Dinge. Gefilzte Mützen und Taschen und die Marktfrau züchtet gerade eine Filzmaus. Die Kunstschmiede zeigt, wie die Spange entsteht oder eben die Klinge für ein Messer. Holzdeko und Ledersachen, mittelalterliche Gewandung und ja auch hier gibt es was zu Essen und heiße Getränke. Ich stehe und beobachte. Die Menschen werden langsam und ab und zu hört man leise jemanden sagen: Hier ist ja der Weihnachtsmarkt. Man hört dem Namenkundigen zu und endschleunigt. Der Nikolaus wird von den Gauklern durch die Straßen begleitet. Er hat Handgenähte mittelalterliche Gewandung an und ein goldenes Buch. Am Diebsturm empfängt er die Kinder. Manchem Kind wird es unheimlich, denn Nikolaus liest aus dem Buch die Schandtaten und die guten Taten vor, nachdem er das Kind aufgerufen hat. Große ungläubige Augen bei vielen. Ist das der echte Nikolaus, fragt das eine oder andere Kind. Ich muss schmunzeln, denn jetzt bekomme ich langsam Weihnachtsstimmung. Noch immer pfeift der Wind. An der Taverne gönne ich mir einen Glühwein. Im Hintergrund klappern plötzlich Rüstungen. Ein Schwertkampf belustigt das Volk. Solange bis die Rüstung zerbeult und ein Schwert gebrochen ist. Ein gebrochenes Schwert. Merkwürdig, plötzlich dieser Gedanke. Ein gebrochenes Schwert, damit kann keiner kämpfen. Die Ritter reichen sich die Hand. Aufeinander zu gehen, sich die Hand geben, Frieden schließen, Gemeinsamkeit. Ein gebrochenes Schwert hat Symbolkraft. Friede auf Erden! Weihnachtsgefühle sind da. Langsam wird es dunkel und die Fackeln und die Feuerkörbe geben dem ganzen noch einen romantischen Glanz. An den ersten beiden Tagen gab es eine Feuershow, die ich leider verpasst habe. War das ein Weihnachtsmarkt?! Auf dem Marktplatz gab es wenig Weihnachtliches. Es waren die kleinen Dinge, die mich in Stimmung gebracht haben. Das Handgemachte, das Kinderlachen beim Nikolaus, die überraschten Augen der Menschen denen Danke gesagt wurde. Die Geselligkeit am Feuer und das einfach mal stehen bleiben und zuhören haben mir lust auf Weihnachten gemacht.

Bürgerreporter:in:

Nicole Freeman aus Heuchelheim

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