Wenn Kinder anders fühlen – Identität im anderen Geschlecht

Als mir dieses Buch zur Stellungnahme vorgelegt wurde, dachte ich im ersten Moment: „Ach, mal wieder so ein Ratgeber, der mit viel Blabla Nichtigkeiten und Stammtischparolen widerspiegelt.“ Nachdem ich angefangen hatte, das Buch durchzuarbeiten, wurde ich eines Besseren belehrt. Nach dem letzten Satz war mir klar, dass dieses Buch ein absolutes Muss für alle Eltern transidenter oder geschlechtsvarianter Kinder darstellt. Obendrein sollte es zur Pflichtlektüre aller Lehrer, Trainer und anderer Menschen gemacht werden, die sich beruflich mit Kindern beschäftigen. Auch allen nicht betroffenen Interessierten kann ich dieses Buch nur ans Herz legen. Der Inhalt deckt sich absolut mit meinen eigenen Erfahrungen, die ich im Laufe von gut dreißig Jahren als Berater von Betroffenen gesammelt habe.

Die Autorinnen Stephanie Brill und Rachel Pepper lassen sich nicht einfach über Binsenweisheiten oder angeblich hochwissenschaftliche Erkenntnisse aus, sondern haben durch eigene Studien bewiesen, dass es im Grunde genommen ganz einfach ist, transidenten oder geschlechtsvarianten Kindern und Jugendlichen ein glückliches Leben zu ermöglichen.
Mit Erkenntnissen und Hinweisen, die sofort und problemlos umzusetzen sind, wird Eltern und Erziehern unter die Arme gegriffen. Selbst die wissenschaftlich basierten Teile des Buches sind so geschrieben, dass jeder Laie sie sofort verstehen kann. Unterbrochen und aufgelockert durch nachweislich nicht erfundene Elternaussagen, ist ein Buch entstanden, das Seinesgleichen sucht. Kein wichtiges Detail wurde ausgelassen. Von der verständlichen Erklärung relevanter Fachbegriffe und sofort umsetzbarer Ratschläge zu den Themen „Familie, Verwandtschaft, Schule und Recht“ reicht die Palette bis zu exakten Erläuterungen hormoneller und operativer Behandlungsmaßnahmen. Sogar Musterbriefe für Verwandte und Ärzte sind enthalten, die in individuell abgewandelter Form für jeden sofort verwendbar sind.

Obendrein vertreten die Autorinnen eine Null-Toleranz-Regel, die besagt, dass Eltern, Lehrer, Trainer etc. rigoros gegen Aggressionen jeglicher Art, die gegen Betroffene gerichtet werden, vorgehen und sofort Partei für das betroffene Kind ergreifen müssen. Auch diese Regelung vertrete ich selbst seit vielen Jahrzehnten. Jeder Angriff von außen kann große psychische und in Ausnahmefällen auch körperliche Schäden bei transidenten oder geschlechtsvariablen Kindern und Jugendlichen hervorrufen und muss auf der Stelle unterbunden werden. Nur so kann ein Zeichen gesetzt werden. Nur so können weitere Übergriffe verbaler oder körperlicher Art unterbunden und in Zukunft vermieden werden. Aufklärung in Kindergärten und Schulen kann Schlimmes verhindern und Vorurteile erst gar nicht entstehen lassen. Stehen Eltern, Lehrer, Trainer etc. fest hinter einem betroffenen Kind, steht einem Leben in der angestrebten Geschlechterrolle nichts im Wege.

Hervorheben möchte ich noch die zahlreich aufgezählten Hilfsangebote für verschiedene Länder, die zur individuellen Beratung vor Ort herangezogen werden können. Viele Erfahrungsberichte und eine umfangreiche Datenbank sind z. B. auf www.trans-eltern.de zu finden.
Der aus meinen Selbsthilfegruppen entstandene gemeinnützige Verein „TransBorderLes e.V.“ berät seit vielen Jahren Betroffene z. B. auf den Christopher-Street-Days in Oldenburg und Hamburg. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Eltern transidenter Kinder oder betroffene Kinder und Jugendliche können sich dort informieren und beraten lassen.
Sehr gute Erfahrungen haben wir außerdem mit dem Transidenten-Zusatz-Ausweis gemacht, der von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. herausgegeben wird.

Wenn ich an meine Anfänge als Berater zurückdenke und mir in Erinnerung rufe, wie schwer es die damalig Betroffenen hatten, toleriert zu werden; wie wir noch kämpfen mussten, um Johanna Winter ein für sie lebbares Leben zu ermöglichen, muss ich sagen: „Es ist viel erreicht worden.“ Dieses Buch wird dazu beitragen, dass Betroffene in ein oder zwei Generationen nicht nur toleriert, sondern akzeptiert werden, dass von allen Menschen begriffen wird, dass Transidenten, Geschlechtsvariable oder Homosexuelle keine perversen Monster sind, sondern das Leben auf unserer Erde naturgegeben bereichern.

Hans Georg van Herste
Lebensberater, Autor, Filmemacher

Buchtipps
Stephanie Brill & Rachel Pepper
Wenn Kinder anders fühlen
Identität im anderen Geschlecht
248 Seiten
26,90 Euro
ISBN: 3497022160

Hans Georg van Herste
Der wahre Traum von Freiheit
Hilfe für Menschen zwischen den Geschlechtern
100 Seiten
6,80 Euro
ISBN: 9783839105979

Bürgerreporter:in:

Elisabeth Keller aus Gnarrenburg

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